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Lesejahr 2013 (C)

Homilie am Fest des heiligen Kaisers Heinrich II unseres Bistumspatrons und Titularfest in St, Heinrich in Zell - Predigt in der Sonnntagabendmesse in Neunkirchen St. Michael

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Sich für das Gemeinwohl einzusetzen ist eine christliche Pflicht [1]
1 Wahlen stehen ins Haus
In Bayern steht im September die Wahl des neuen Landtags an, im Bund die Neuwahl des Bundestages. Es darf uns Christen nicht gleichgültig sein, wer uns regiert.
1.1 Demokratie bedeutet „alle Herrschaft geht vom Volke aus.“
Unser Grundgesetz ist nach der bitteren und schrecklichen Nazidiktatur entstanden. Christen haben daran intensiv mitgewirkt. Regierung und Volk sind daran gebunden. Müssen sich in ihrem Denken und Handeln davon leiten lassen.
1.2 Was aber ist, wenn ein Volk gottlos wird?
Die Gebote Gottes nicht mehr kennt und beachtet?
Wenn nicht mehr Gerechtigkeit und Liebe herrschen, sondern die Gier nach Geld und Reichtum?
Wenn die Würde des menschlichen Lebens von der Zeugung bis zu seinem natürlichen Ende nicht mehr geachtet wird?
Wenn sich der Mensch zum Herren über Leben und Tod aufspielt?
Und wenn die Mehrheit das Böse und Unmenschliche will?
Dann bringt sich Demokratie selber um.
1.3 Alle Macht geht von Gott aus
  • Es ist also wichtig, sich Parteien und Politiker genau anzuschauen und genau hinzuhören, was sie sagen, was sie vertreten, ob sie die unverletzliche Würde des Menschen achten oder das christliche Menschenbild in Frage stellen oder sogar bekämpfen.
  • Unter dem Deckmantel der „Selbstbestimmung“ wird das christliche Menschenbild in Frage gestellt und geleugnet. Papst Franziskus hat bei der Generalaudienz am 5. Juni 2013 vor 80 000 Gläubigen Klartext gesprochen: „Wir durchleben gerade eine Zeit der Krise, in der auch der Mensch selbst in Gefahr ist. Es ist nötig auf seine wahren Nöte aufmerksam zu machen und Lösungen zu erschließen. Wir dürfen keine „Wegwerfgesellschaft“ sein, die das menschliche Leben geringschätzt, wenn es vor seiner Geburt lästig wird oder im Alter nicht mehr nützt.“
2 Kaiser Heinrich - Politik im Geist der Heiligen Schrift
Die biblischen Texte am Fest unseres Bistumspatrons und unserer Kapelle St. Heinrich in Zell am Waldstein weisen uns den Weg.
In der ersten Lesung aus dem Buch der Könige erfahren wir,
2.1 Was Gott von einem Politiker erwartet, der das Volk regieren will.
2.1.1 Er soll ein Gott bittender Mensch sein
  •  Sich der Treue und Gerechtigkeit seines Vaters David erinnernd bittet der König Salomo Gott um ein hörendes Herz, damit er verstehe, das Volk zu regieren und das Gute vom Bösen zu unterscheiden. Salomon versteht sich nicht als Herr sondern als Knecht Gottes, ihm verantwortlich.
  • Es gefällt Gott, dass er nicht um langes Leben, um Reichtum oder den Tod seiner Feinde bittet. Weil Salomo sein Herz für Gott öffnet, um auf ihn zu hören, gibt ihm Gott alles andere dazu.
  • Im Neuen Testament wird Jesus diese Erwartung Gottes seinen Jüngern und Jüngerinnen einschärfen: „Euch aber muss es zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen; dann wird euch alles andere dazugegeben.“ [2]
  • Auch der Antwortpsalm 112 bestätigt diese Zusage Gottes: „Wohl dem Mann, der den Herrn fürchtet und ehrt, und sich herzlich freut an seinen Geboten.“ Nicht nur ihm auch seinen Nachkommen wird es gut gehen, sie werden gesegnet sein. „Wohlstand und Reichtum füllen sein Haus, sein Heil hat Bestand für immer.“  „Der gnädige, barmherzige und gerechte Gott“ macht sein Leben hell. Sich  Gott zum Vorbild nehmend ist er gütig und zum helfen bereit. Er führt ein geordnetes Leben. Darum kann er anderen Halt und Hilfe sein.
2.1.2 Wem Macht verliehen hütet sich vor dem Missbrauch der Macht
  •  Irdische Macht kann nämlich blind machen für die Not der Menschen und ihre Bedürfnisse. Papst Franziskus beklagt bei seinem Besuch auf der ital. Insel Lampedusa die Globalisierung der Gleichgültigkeit: “Wir haben uns an das Leiden des Nächsten gewöhnt, es geht uns nichts an, es interessiert uns nicht, es ist nicht unsere Angelegenheit!“[3]
  •   Unter dem Deckmantel der Anonymität versuche jeder, die Verantwortung von sich zu weisen. „Auch heute stellt sich mit aller Stärke diese Frage: Wer ist verantwortlich für das Blut dieser Brüder und Schwestern? Niemand! Wir alle antworten so: Nicht ich, ich habe damit nichts zu tun, das sind andere, aber nicht ich. Aber Gott fragt uns alle: „Wo ist das Blut des Bruders, das bis zu mir schreit?“ Heute fühlt sich auf der Welt keiner verantwortlich dafür; wir haben den Sinn für die geschwisterliche Verantwortung verloren.“[4]
  • Die Welt habe das Weinen verlernt; niemand beklage die toten Flüchtlinge,“ sagte der Papst und scheint selbst zu schluchzen. Aber Franziskus hat auch Hoffnung; denn für ihn sind die Bürger der Insel ein „Vorbild der Solidarität“.
2.2 Jede irdische Macht ist nur geliehen.
  • Irdische Macht muss sehend werden für die Macht Gottes. Der heilige Petrus glaubt an die Macht Gottes als Quelle alles Guten. „Alles was für unser Leben und unsere Frömmigkeit gut ist hat seine göttliche Macht uns geschenkt.“[5] Jeder, dem Macht verliehen ist, muss daher diese vor Gott verantworten.
  • Irdische Macht kann verführerisch sein, darum ist es gut, sie zu kontrollieren. Das gilt nicht nur für den Vatikan, sondern auch für die Pfarreien. Zur Zeit Kaiser Heinrichs haben die Bischöfe diese Aufgabe gegenüber dem König erfüllt, heute nimmt diese Aufgabe das Parlaments und letztlich des Bundesverfassungsgerichts wahr.
  • Christliche Politiker werden sich bemühen, ihr Denken, Reden und Tun an den Geboten Gottes und am Evangelium Jesu Christi auszurichten. Natürlich sind auch sie schwache sündige Menschen wie wir alle. Sie müssen sich in Wahlen dem Votum der Bürger stellen. Nur wenn sie wieder gewählt werden, haben Sie die  Möglichkeit, Politik mit christlichem Geist zu füllen.
Als Drittes  legt uns die Heilige Schrift ans Herz:
2.3 Wir müssen immer für unsere Politiker beten.
  • Damit Sie angesichts des moralischen Niedergangs unserer Gesellschaft nicht resignieren. Als Christen dürfen Sie wissen, in der Taufe habe ich „Anteil an der göttlichen Natur“[6] erhalten. Wir bitten Gott, er möge den Regierenden den Willen und die Kraft geben, den Glauben zu leben und „mit ihm die Tugend zu verbinden, mit der Tugend die Erkenntnis, mit der Erkenntnis die Selbstbeherrschung, mit der Selbstbeherrschung die Ausdauer, mit der Ausdauer die Frömmigkeit, mit der Frömmigkeit die Brüderlichkeit und mit der Brüderlichkeit die Liebe.“[7] Gerade unsere Politiker brauchen diese aus dem Glauben kommenden Fähigkeiten, damit sie mutig und glaubhaft ihre Aufgaben erfüllen können.
2.4 Diese Haltungen des Glaubens sind an Kaiser Heinrich ablesbar.
  • Die dem Kaiser zur Seite stehenden Bischöfe sahen den in der Theologie und Frömmigkeit geschulten Herrscher geradezu als einen der ihren an. Sie wussten um seine geistliche Prägung und Verantwortung vor Gott.
  • Bei festlichen Gottesdiensten angetan mit dem Gewand des Diakons trug Kaiser Heinrich das Evangelium vor.
  • Damit brachte er zum Ausdruck, dass er als Herrscher dem Evangelium und dem Dienst an seinem Volk verpflichtet ist. Diese aktive Teilnahme am Gottesdienst war für ihn nicht nur eine Ehre, sondern ein Anruf an sein Gewissen, nach dem Evangelium zu handeln.
  • Das Evangelium des heutigen Festes zeigt, wem Macht geliehen soll nicht ängstlich mit der anvertrauten Macht umgehen, sondern die anvertraute Macht in Verantwortung vor Gott zum Wohl des Volkes und der Kirche einsetzen.
  • Heinrich wusste aus der Bibel, dass Jesus Christus als Weltenrichter von ihm Rechenschaft von seiner Verwaltung verlangen wird. Er kannte das Gerichtswort aus Buch der Weisheit: "Der Geringe erfährt Nachsicht und Erbarmen, doch die Mächtigen werden gerichtet mit Macht."[8]
  • Doch durfte ihn das nicht daran hindern, zu handeln. Heinrich und Kunigunde wussten, dass sie als Regierende auch schuldig werden. Deshalb gründeten sie das Bistum Bamberg zu ihrer Memoria, damit ihrer vor Gott betend und das Opfer Christi feiernd immer gedacht werde.
3 Der Christ mischt sich in die Politik ein

3.1 Papst Franziskus macht es vor.
  • An den britischen Premier David Cameron schrieb er zum G8 Gipfel: "Frieden erfordert den weitblickenden Verzicht auf gewisse Forderungen, um gemeinsam einen faireren und gerechteren Frieden aufzubauen." Der Papst weist auf die tiefen ethischen Wurzeln der gegenwärtigen Krise in der Welt hin; "denn die gegenwärtige Krise zeigt wie bereits mein Vorgänger Benedikt XVI. klar gesagt hat, dass Ethik nicht etwas ist, das außerhalb der Wirtschaft liegt, sondern dass sie ein inneres und unerlässliches Element des wirtschaftlichen Denkens und Handelns bildet."
  • Klar und unmissverständlich zeigt Papst Franziskus das Ziel von Wirtschaft und Politik auf: "der Menschheit zu dienen, beginnend bei den Ärmsten und Schwächsten, wo auch immer sie sein mögen, auch im Mutterleib. Jede wirtschaftliche und politische Theorie oder Aktivität muss sich dafür einsetzen, jedem Bewohner der Erde das Minimum für ein Leben in Würde und Freiheit zur Verfügung zu stellen, mit der Möglichkeit, seine Familie zu ernähren, die Kinder zu erziehen, Gott zu loben und die eigenen menschlichen Fähigkeiten zu entfalten."
Vor den Schülern, der von den Jesuiten geführten Schulen in Italien und Albanien, sagte vor kurzem Papst Franziskus:
3.2 „Sich in die Politik einzubringen ist eine Pflicht für einen Christen.“
  • „Wir Christen können nicht »Pilatus spielen«, uns die Hände waschen: Wir können das nicht. Wir müssen uns in die Politik einbringen, denn die Politik ist eine der höchsten Formen der Nächstenliebe, da sie das Gemeinwohl sucht. Und die christlichen Laien müssen in der Politik tätig sein."
  • Der Papst will ermutigen, Verantwortung in Kirche und Welt zu übernehmen. Er weiß aber auch aus eigener Erfahrung, dass dies alles andere als einfach ist. Er sagte zu den Lehrern und Schülern: "Es gibt nichts Einfaches im Leben. Es ist nicht einfach, die Politik ist zu schmutzig geworden; aber ich frage mich: Warum ist sie schmutzig geworden? Weil die Christen sich nicht mit dem Geist des Evangeliums in die Politik eingebracht haben? Über eine Frage solltest du nachdenken: Es ist einfach zu sagen: »Der da hat Schuld!« Aber was tue ich? Es ist eine Pflicht! Sich für das Gemeinwohl einzusetzen ist eine Pflicht für einen Christen!"
  • Das 4. Kapitel der Enzyklika des Papstes Franziskus »Lumen fidei – Licht des Glaubens« zeigt »Der Glaube und das Gemeinwohl« gehören zusammen. Er spricht von der die Menschen verbindenden Kraft des Glaubens:
 „Der Glaube offenbart, wie fest die Bande zwischen den Menschen sein können, wenn Gott in ihrer Mitte gegenwärtig wird.“[9] Er hilft Strukturen der Liebe aufzubauen und wird so „zu einem Dienst am Gemeinwohl.“[10]
[1] Papst Franziskus auf der ital. Insel Lampedusa am 8. Juli 2013
[2] Mt 6,33
[3] Papst Franziskus am 8.7.2013 auf Lampedusa – Internetseite des Vatikan
[4] ebd
[5] 2  Petr 1,3
[6] 2 Petr 1,4
[7] 2 Petr 1,6f.
[8] Weih 6,6
[9] Lumen fidei 50
[10] ebd 51

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