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Lesejahr 2012 (B)

Predigt am Gedenktag des heiligen Antonius von Padua in der Nagelkapelle des Bamberger Doms anllässlich des Trefens des Abiturjahrgangs 1953

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 Der Weg nach unten führt nach oben
1 Ich glaube an die Gemeinschaft der Heiligen

  • Je älter wir werden desto kleiner wird hier auf Erden die Schar der mit uns ins Leben und in den Beruf Aufgebrochenen. Von unserem Weihekurs ist schon die Hälfte in die Ewigkeit vorausgegangen. Viele geliebte Menschen mussten wir schon loslassen. Mit steigendem Alter wird die Zahl der uns Nahestehenden kleiner. Wir sind der kleiner werdende Rest.
  • An die Minderungen und Beschwernisse des Alters denkend sind wir uns nicht einmal sicher, ob es ein Segen ist, zu den Übriggebliebenen zu gehören.
  • Besser ist es an das zu denken, was wir im Kredo bekennen: „Ich glaube an die Gemeinschaft der Heiligen“, der von Gott Geheiligten.
  • Seit unserer Taufe wohnt Gott durch seinen Heiligen Geist in uns, ist seine Liebe in uns ausgegossen. Durch Gottes Geist sind wir mit den hier auf Erden Glaubenden, aber auch mit den zu Gott Heimgegangenen immer verbunden, ob sie noch im Zustand der Reinigung sind oder schon vollendet in der Anschauung Gottes leben.
  • Freunde Gottes nennen wir die an der Fülle des göttlichen Lebens Teilhabenden. Sie möchten auch unsere Freunde sein, die fürbittend bei Gott für uns eintreten. Die Selig- und Heiligsprechungen der Kirche machen uns Mut, die Freundschaft mit den bei Gott vollendeten zu suchen.
2 Antonius von Padua ein Freund Gottes
Seine hilfsbereite Freundschaft haben viele Christen erfahren bis heute.

 2.1 Meine Mutter gehörte zu diesen Menschen.
  •          Suchte sie etwas, was unauffindbar schien, dann bat sie den heiligen Antonius, er möge ihr beim Suchen helfen. Jung und skeptisch konnte ich anfangs nicht glauben, dass dies möglich sei. Doch der Erfolg meiner Mutter bewirkt durch den heiligen Antonius überzeugte mich schließlich, dass der Himmel auf ihrer Seite war.
  •          Kurz vor ihrem Tod fragte ich sie, wie und wann es denn zu dieser vertrauensvollen Freundschaft mit dem heiligen Antonius gekommen sei. Sie antwortete: „Das war von meiner Kindheit an so“.
  •  Zwei Wochen vor ihrem Sterben fuhr unsere Kolpingsfamilie nach Padua und Venedig. Ich wollte meine Teilnahme wegen meiner todkranken Mutter absagen. Sie aber sagte: „Fahr mit, ich sterbe noch nicht.“ Es war ihr wichtig, dass ich das Grab ihres Lieblingsheiligen besuchte. Am Samstag kamen wir zurück.
  • Am Dienstag dem Gedenktag des heiligen Antonius also heute vor 17 Jahren feierte ich mit ihr an ihrem Sterbebett die heilige Messe. Sie empfing den Leib und das Blut des Herrn als Wegzehrung. Nach dem Schlusssegen fiel sie ins Koma.
  • Drei Tage später an Fronleichnam und meinem Namenstag hatte ich am Vormittag die Fronleichnamsprozession gehalten während mein Bruder bei ihr wachte. Am Nachmittag um 15 Uhr starb sie in meinen Armen. Sie hatte sich am Fest ihres Lieblingsheiligen auf den Weg gemacht. Am Fest des Leibes und Blutes Christi ist sie beim Herrn endgültig angekommen.
 2.2 Der Glaubens- und Lebensweg des hl. Antonius fasziniert und überzeugt
  •          Zugleich zeigt er beispielhaft, wie ein Mensch in der Freundschaft mit Jesus auf dem Weg der vollkommenen Liebe und intensiven Nähe zu Christus Gottes Werkzeug in seiner Zeit und Welt wird.
2.2.1 Zunächst führte sein Lebens und Glaubensweg nach oben
  • Als Kind einer adeligen wohlhabenden Familie wurde er für den geistlichen Stand bestimmt. Mit 15 „trat er bei den Chorherren ein, die die monastische Regel des heiligen Augustinus befolgten – zunächst im Kloster von Sao Vicente in Lissabon und dann im Kloster Santa Cruz in Coimbra, einem bekannten kulturellen Zentrum Portugals. Er widmete sich eifrig und interessiert dem Studium der Bibel und der Kirchenväter und erwarb jene theologische Wissenschaft, die er in der Lehre und in der Verkündigung gewinnbringend einsetzte.“ [1]
  •          Antonius erlebte aber auch, wie diese beiden reichen königlichen Klöster in die Auseinandersetzungen zwischen König und Bischof, zwischen König und Papst hineingezogen wurden und den Konvent spaltete. Sein Vorsatz ganz für Gott zu leben wurde von weltlichen Einflüssen erheblich gestört. Der Protest gegen eine verweltlichte Kirche brachte damals eine Reihe von Armutsbewegungen hervor, die z.T. in sektenhaftes Verhalten abdrifteten. Das alles bewog ihn zu radikaler Umkehr.
2.2.2 Fernando betrat nun den Weg nach unten
Zwei Ereignisse sollten dem Leben Fernandos die endgültige Wendung geben:
a) Die Übertragung der Gebeine der Erstlingsmärtyrer aus dem Franziskanerorden
in das Stift Santa Cruz und die Begegnung mit deren Mitbrüdern aus dem nahen Klösterlein Santo Antonio dos Olivais.
Diese an der Pforte des Stiftes um Almosen bittenden weckten sein Verlangen nach einem ungehinderten Leben für Gott in der Gemeinschaft dieser Armen. Noch im Sommer des Jahres 1220 schloss Fernando sich ihnen an, empfing ihr armes Kleid, vertauschte seinen Taufnamen mit dem ihres Kirchenpatrons, des heiligen Einsiedlers Antonius, und erbat voll Verlangen nach dem Martyrium die Erlaubnis, als Missionar in Marokko das Evangelium verkünden zu dürfen.
b) Auf dem Weg nach unten ist Gott eingreifend gegenwärtig.
Gott braucht nicht nur Zeugen für seine Liebe durch die Hingabe des Lebens, er braucht sie auch in den Nöten und Problemen des Alltags.
Zwar gelangte Antonius glücklich nach Marokko. Aber eine schwere Krankheit zwang ihn im Frühjahr 1221 zur Rückkehr. Infolge schwerer Stürme landete er statt in der Heimat an der Küste Siziliens. Von dort begab er sich mit den sizilianischen Mitbrüdern nach Portiuncula bei Assisi zum Generalkapitel seines Ordens. Der Weg nach unten setzte sich fort.
c) Für die dreitausend dort versammelten Franziskussöhne war er ein Unbekannter.
Niemand wusste von seiner Herkunft und seiner Bildung. Am Ende verteilte man die Brüder auf die einzelnen Ordensprovinzen. Er allein blieb übrig. Keiner wollte ihn; darum bat er den Provinzial von Norditalien, er möge ihn mitnehmen und ihn im Ordensleben unterweisen.
Der Provinzial aber schickte ihn in die Einsiedelei Montepaolo, damit er sich dort dem beschaulichen Leben widme und den Mitbrüdern nützlich mache. Bereitwillig nimmt er das auf sich. Antonius hielt sich die Worte des Petrus »Alle aber begegnet einander in Demut! Denn Gott tritt den Stolzen entgegen, den Demütigen aber schenkt er seine Gnade«.[2] So kommt es:
2.3 Der Weg nach unten wird zum Weg nach oben
  • Nicht in dem Sinn, dass der Mensch dabei groß herauskommt, sondern dass Gott durch den von ihm erwählten und begnadeten Menschen Großes wirkt.
  • Es nahte der Sommer 1222, in dem Gott selbst das Licht, das bisher verborgen geblieben war, auf den Leuchter erhob, damit es auch anderen leuchte:
2.3.1 Eine erzwungene Stegreifpredigt schlägt ein
Der Provinzial sandte den 27jährigen Antonius mit einigen Mitbrüdern nach Forli, wo sie die Priesterweihe empfingen.
Als jemand bei dem gemeinsamen Mahl eine Ansprache halten sollte, aber niemand unvorbereitet zu sprechen wagte, erhielt Antonius diesen Auftrag.
Nach vergeblichem Sträuben begann er schließlich in aller Bescheidenheit; doch je länger er redete, desto lebhafter und wärmer wurden seine Worte und desto gebannter lauschten die Zuhörer seiner Rede. Alle waren beeindruckt von seiner tiefen Einsicht in die Glaubensgeheimnisse und seiner nicht geahnten Kenntnis der Heiligen Schrift.
Als seine Oberen davon erfuhren, schickten sie ihn nach Oberitalien, wo er gegen die Irrlehrer predigen sollte. Damit trafen sie eine glückliche Wahl. Bedeutsam auf dem Weg nach oben war:
2.3.2 Antonius lebte, was er verkündete
Als »treuer Sohn des heiligen Franziskus« und »armer Jünger des Armen von Assisi« hatte Antonius zuerst allen weltlichen Reichtum aufgegeben und selbst die Armut des Herrn und seiner Apostel auf sich genommen, ehe er zu anderen vom geduldigen Ertragen der Armut und ihrem religiösen Wert predigte.
Als armer Wanderprediger von Dorf zu Dorf, von Stadt zu Stadt ziehend und die katholische Lehre über Armut und Besitz verkündigend, bestätigte sein Leben und sein Auftreten den Zuhörern, was sein Mund sprach: 
»Frei gewollte Armut gibt dem Menschen Kraft, Reichtümer aber machen ihn schwach; denn schnell wird der Mensch seines Besitzes Knecht, statt über ihn zu herrschen. Wenn nämlich jemand Verlust erleidet und darüber traurig wird, ist er in seiner Trauer ein Knecht, wie er vorher in seinem Glück ein Knecht war«.
2.3.3 Das fleißige Studieren in jungen Jahren brachte jetzt reiche Frucht
Antonius hatte als Augustinerchorherr in Lissabon und Coimbra sich mit unermüdlichem Eifer eine ganz außergewöhnliche Kenntnis der Heiligen Schrift erworben und sich diesen Reichtum in der Einsamkeit und in stillen Stunden betrachtenden Gebetes so zu eigen gemacht, dass er alle in Erstaunen setzte und dass Papst Gregor IX. ihn nach einer Predigt voll Bewunderung »Schrein der Heiligen Schrift« nannte.
Damit kommen wir zum Schluss und zum Wichtigsten. Wir sollten von Antonius lernen
2.4 Die Verlorenen suchen und finden
  • So oft nämlich Antonius zu der Menge sprach, geschah es, dass die Worte der Schrift sich ihm auf die Lippen drängten und dass die Zuhörer nicht Menschenworte, sondern die ewig gültigen Worte der Schrift vernahmen. Diese Art zu sprechen verlieh ihm besonders beim Dialog mit den Irrgläubigen eine tiefe Überzeugungskraft.
  • Vor allem bewunderten die Menschen, selbst die Ketzer, seine tiefe, echte Frömmigkeit. Hatte ihn einst die Liebe zu Gott in die Mission getrieben und ihn mit Sehnsucht nach dem Martyrium erfüllt, so führte sie ihn jetzt zu den verirrten Menschen.
    »Der Prediger«, so gestand er, »muss zu den Menschen herabsteigen und dann wieder emporsteigen, um die darniederliegenden Menschen aufrichten zu können«.
  • Das liebende Verlangen nach Gott führte ihn stets nach seinen Predigtwanderungen in die Einsamkeit und zum beschaulichen Leben zurück. Doch die Liebe zu den Menschen entführte ihn bald wieder der Stille, »weil ein guter Prediger nie lange im beschaulichen Leben verweilen kann. Er will in anderen Frucht bringen für Gott. Denn durch sein beschauliches Leben und sein segensreiches Wirken soll er ja anderen das Licht der Wahrheit bringen«.
  • So wirkte Antonius mit dem Auftrag seiner Oberen zunächst in Oberitalien an der Wiedergewinnung der der Kirche Entfremdeten. In seinem Seeleneifer wagte er sich sogar in die Hochburg der Irrlehre, nach Rimini, und gewann dort ungezählte Smaren durch Predigt und Disputation, darunter Bonillo, der seit dreißig Jahren Oberhaupt einer Sekte gewesen war.
  • Jetzt verstehen wir, warum glaubende Menschen ihn um seine fürbittende Hilfe anrufen, wenn sie Verlorenes suchen. Vor allen Sachen gilt es, unsere verlorenen Söhne und Töchter, Enkel, Nichten und Neffen und die uns begegnenden Mitmenschen zu suchen, damit sie Gott und Jesus in seiner Kirche neu finden.
  • Dazu brauchen wir fürbittende Freunde bei Gott. Der Heilige Antonius ist ein solch bewährter Helfer.

[1] Benedikt XVI Mittwochskatechese 10.2.2010
[2] 1 Petr 5,5