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Lesejahr A 2013/14 bis 2014/11

Predigt - Homilie am Fest Peter und Paul in ULF Dormitz

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Schwachheit und Gnade

 1 Dreimal fragt Jesus den Petrus "liebst du mich?" [1]

Wie würden Sie sich fühlen, wenn ihr Ehepartner oder auch eines Ihrer Kinder sie fragen würden: "Liebst du mich?" und dann ein zweites Mal "Liebst du mich wirklich" und noch ein drittes Mal: "Liebst du mich ganz bestimmt."?

Vielleicht würden sie gereizt antworten: Na hör mal, was soll das? Das klingt ja so, als würde ich dich nicht lieben. Vielleicht auch nachdenklich: Du weißt, dass ich mich manchmal daneben benehme, aber trotzdem liebe ich dich. Oder sie würden traurig reagieren wie Petrus, weil sie sich an ein ganz bestimmtes Versagen erinnern, und dann sagen: Du weißt alles, du weißt auch dass ich dich liebe.

Auch Jesus stellt jedem getauften Christen diese Frage. „Liebst du mich?“ Bei Petrus aber hat die Frage einen brisanten Zusatz.

1.1“Liebst Du mich mehr als diese?“

Nicht nur Petrus wird vom Herrn so gefragt sondern jeder den er zum Gesandten seiner Kirche beruft. Je größer die Berufung umso größer muss die Liebe zu Jesus Christus, dem Haupt der Kirche sein.

An seinem Hirtendienst haben auf besondere Weise teil: der Papst als Nachfolger des Petrus, die Bischöfe als Nachfolger der Apostel, und durch den Bischof die Priester. Sie sind Gesandte Christi.

Auch Eltern, Großeltern und Erziehern ist der Hirtendienst an ihren Kindern und Anvertrauten aufgetragen.

1.2 Hier bin ich – mit meinem guten Willen und mit meiner Schwachheit

Auch wir Priester sind angetreten mit vielen guten Vorsätzen - damals als wir so wie gestern im Bamberger Dom die drei Neupriester - unser Adsum - ich bin bereit - sprachen und uns der Bischof die Hände auflegte.

Aber je länger wir Priester sind, desto mehr werden wir feststellen, hier habe ich versagt und dort bin ich dieses, einem anderen jenes schuldig geblieben.

Petrus hatte im Abendmahlsaal gesagt "Mein Leben will ich für dich hingeben".[2] Jesus kennt seinen Petrus, denn er weiß, was im Menschen ist.[3] Und er sagt ihm: "Noch ehe der Hahn kräht, wirst du mich dreimal verleugnen".[4]

1.3 Diesen Petrus Macht Jesus zum Felsenfundament seiner Kirche

Also nicht einen starken Alleskönner, nicht einen perfekten, sondern einen schwachen, fehlbaren Menschen. Zu ihm sagt er: Weide meine Schafe. Das Gebet der Jesusjünger und Jüngerinnen trägt den Petrus auch im Gefängnis und bewirkt seine wunderbare Befreiung.[5] Die Amtsträger brauchen dringend unser Gebet.

Schauen wir auf den anderen Heilige des heutigen Tages -  auf Paulus

2 Der Auferstandene macht Saulus zu seinem auserwählten Werkzeug bei den Heiden - zu Paulus
[6]

Saulus ist alles andere als ein idealer Typ. Religiöser Fanatismus macht ihn zum gnadenlosen Verfolger der Christen. Trotzdem offenbart sich ihm der auferstandene und beim Vater verherrlichte Christus.

2.1 Jesus macht aus dem Verfolger seiner Jünger seinen Gesandten, seinen Apostel

Saulus ist auf dem Weg nach Damaskus, um dort - wie vorher in Jerusalem - den Namen Jesu bekämpfend die Anhänger Jesu in maßloser Wut zu verfolgen.[7] Da sahen er und seine Begleiter mitten am Tag ein Licht - das sie vom Himmel her umstrahlte - heller als die Sonne. So gewaltig war das Licht, dass alle zu Boden stürzten und Saulus blind ist.[8]

Auf Hebräisch hört er eine Stimme zu ihm sprechen „Saul, Saul, warum verfolgst du mich?“[9] Er antwortet: „Wer bist du, Herr?“ Wie ein Blitz trifft ihn die Antwort „Ich bin Jesus, den du verfolgst.“[10] So lernt Saulus, dass Jesus in seinen Jüngern, seiner Kirche gegenwärtig und eins mit ihr ist. Wer gegen sie kämpft, kämpft gegen Jesus, den Herrn.

So bekehrt der auferstandene Christus Saulus von seinem religiösen Fanatismus und macht ihn zu seinem demütigen Gesandten – zu Paulus. Jesus sagt zu ihm: „Steh auf, stell dich auf deine Füße! Denn ich bin dir erschienen, um dich zum Diener und Zeugen dessen zu erwählen - was du gesehen hast und was ich dir noch zeigen werde.“[11]

Ein Zweites muss der Bekehrte lernen

2.2 „Wenn ich schwach bin, dann bin ich stark.“

 Er litt unter einer Schwachheit, einem Defekt, den er  so beschreibt: "Mir wurde ein Stachel ins Fleisch gestoßen: Ein Bote Satans, der mich mit Fäusten schlagen soll, damit ich mich nicht überhebe."[12] Sein Defekt ist also dazu da, dass er sich wegen der  einzigartigen Offenbarungen, die ihm zuteil wurden, nicht überhebe, nicht als etwas Besonderes dünkte.

Wer im Dienst Jesu des Herrn steht - darf kein Angeber und Prahler sein. Er soll vielmehr im Bewusstsein der eigenen Schwachheit sich ganz in Dienst nehmen lassen.

Er soll nicht seine Ehre suchen, sondern durch ihn muss sichtbar werden: Gott „bewirkt alles in allen.“[13] und ihm allein gebührt die Ehre. Nachdem er die ihm zuteil gewordene außerordentliche Offenbarung beschrieben hat, sagt er: "Was mich angeht, will ich mich nicht rühmen, höchstens meiner Schwachheit."[14]

Paulus ist ehrlich genug zuzugeben, dass er diesen Defekt gerne los gehabt hätte. Denn er kann für seine Zuhörer zur Versuchung werden. So schreibt er an die Galater: „Ihr wisst, dass ich krank und schwach war, als ich euch zum ersten mal das Evangelium verkündigte; ihr aber habt auf meine Schwäche, die für euch eine Versuchung war, nicht mit Verachtung und Abscheu geantwortet, sondern mich wie einen Engel Gottes aufgenommen, wie Christus Jesus" [15]

Der Herr nimmt den Stachel nicht von ihm. Er sagt ihm auch warum: „Meine Gnade genügt dir; denn sie erweist ihre Kraft in der Schwachheit." Paulus fügt sich und zieht daraus die Konsequenz: "Viel lieber also will ich mich meiner Schwachheit rühmen, damit die Kraft Christi auf mich herabkommt."[16]

2.3 Die eigene Schwachheit macht den Gesandten zum demütigen Bruder seiner Mitmenschen

Gerade durch die Erfahrung der eigenen Schwachheit, Machtlosigkeit, der Mängel und Fehler steht der berufene Gesandte nicht über den Menschen, sondern neben ihnen. Er weiß sich als unnützer Knecht, der nur das tut, was er seinem Herrn, der ihn berufen hat, schuldet[17]. Er sucht wie Jesus nicht seine Ehre[18], sondern die Ehre Gottes.

Er bindet die ihm Anvertrauten nicht an sich, sondern führt die Menschen zu dem, der uns nie verlässt; der uns mit dem Psalmensänger sprechen lässt: "Wenn mich auch Vater und Mutter verlassen, der Herr nimmt mich auf."[19]

Gerade weil er um die eigene Schwachheit weiß, kann Paulus mitfühlend mit den Menschen sein und sagen: "Wer leidet unter seiner Schwachheit, ohne dass ich mit ihm leide? wer kommt zu Fall, ohne dass ich von Sorge verzehrt werde."[20] Die eigene Schwachheit macht den Seelsorger, macht Eltern und Erzieher zum Bruder oder zur Schwester des Schwachen.

 Der Verkünder des Evangeliums muss jeden Sonntag, bei jeder Beerdigung, bei jeder Hochzeit antreten und das Wort Gottes verkünden, ganz gleich wie es ihm geht, wie er sich fühlt, ob er gut drauf ist oder schlecht. Die Hörer erwarten jedenfalls, dass er in Form ist,  "ihnen etwas gibt".

Das Wort Gottes kommt also immer durch den Filter der menschlichen Schwachheit zu Ihnen. Die Schwachheit des Verkünders kann für die Hörer des Evangeliums zur Versuchung werden, nicht mehr zuzuhören oder sich vom Verkünder abzuwenden. Zugleich werden sie aber von Gott selber zur Entscheidung gerufen - im Gewand der menschlichen Schwachheit ihn anzunehmen.

 

[1] Joh 21,15

[2] Joh 13,37

[3] Joh 2,25

[4] Mt 26,34

[5] Apg 12,5

[6] Apg 9,15

[7] Apg 26,9-12

[8] Apg 26,13.

[9] Apg 26,14

[10] ebd.

[11] Apg 26,16

[12] 2 Kor 12,7

[13] 1 Kor 12,4

[14] 2 Kor 12,5

[15] Gal 4,13 f.

[16] 2 Kor 12,9

[17] Lk 17,10

[18] Joh 8,50

[19]  Ps 27,10

[20] 2 Kor 11,29