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Lesejahr B 2014/12 bis 2015/11

Predigt - Homilie im Altenheim und in Dormitz ULF

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Gott schafft Heilige aus Sündern [1]
1 „Gott schafft aus nichts, wun­der­bar, sagst du“
„Ja ge­wiss, aber er tut das, was wun­der­ba­rer ist: Er schafft Hei­li­ge aus Sün­dern!“ Die­ser schö­ne Satz Sö­ren Kier­ke­gaards trifft auf die bei­den Hei­li­gen zu, de­ren Fest wir heu­te fei­ern: Petrus und Pau­lus.
1.1 Ein­träch­tig ver­eint se­hen wir sie auf zahl­lo­sen Bil­dern
oder ste­hen sie auf ih­ren Kon­so­len. Petrus mit den „Schlüs­seln des Him­mel­rei­ches“[2] und dem auf den Kopf ge­stell­ten Kreuz, Pau­lus mit Evan­ge­li­en­buch und Schwert.[3] Je­der auf sei­ne Wei­se Zeu­ge und Blut­zeu­ge für Je­sus.
1.2 Versuche sie gegeneinander auszuspielen
Frei­lich hat man auch im­mer wie­der im Lau­fe der wech­sel­vol­len und ver­wic­kel­ten Kir­chen­ge­schich­te ver­sucht, sie ge­gen­ein­an­der aus­zu­spie­len und für sich zu ver­ein­nah­men: den ei­nen für das „Amt“, den an­de­ren für das „Cha­ris­ma“ in der Kir­che, den ei­nen für eine „sicht­ba­rin­sti­tu­tio­nel­le“, den an­de­ren für ein „un­sicht­bar­spi­ri­tu­el­le“ Kir­che. So war der eine Vor­kämp­fer für den Ka­tho­li­zis­mus, der an­de­re für den Pro­te­stan­tis­mus.
Dabei sind beide aufeinander angewiesen: Das Amt auf das Chrisma, denn die Gnadengaben Gottes machen die Lebendigkeit der Kirche aus. Und das Chrisma auf das Amt, damit die Einheit der Kirche bewahrt und das Katholisch-Sein erhalten bleibt.
1.3 Gott sei Dank sind alle Ver­su­che der Vereinnahmung ge­schei­tert
Dazu sind der Dienst und das Zeug­nis der bei­den für die Ent­wick­lung und Aus­brei­tung des Chri­sten­tums und der Kir­che zu be­deut­sam und kost­bar, als daß man sie ge­gen­ein­an­der stel­len dürf­te. Sie sind die bei­den Sei­ten der ei­nen Kir­che!
2. Gott schafft Hei­li­ge aus Sün­dern.
2.1 Petrus zum Bei­spiel
2.1.1 Ein Mensch mit Stärken und Schwächen
Ein Mann gro­ßer Wor­te und gu­ten Wil­lens, von ra­schen Ein­ge­bun­gen und Ent­schlüs­sen, von auf­brau­sen­dem Cha­rak­ter, aber dann auch wie­der schwan­kend und klein­mü­tig. Hoch­her­zig und hin­ga­be­be­reit, aber auch schnell ent­mu­tigt und nie­der­ge­schla­gen. Ir­gend­wie un­aus­ge­gli­chen. Bei der Ge­fan­gen­nah­me Jesu am Öl­berg will er mit dem Schwert drein­schla­gen – und ver­leug­net kurz dar­auf vor ei­ner Dienst­magd sei­nen Herrn.
2.1.2 Jesus kennt den Petrus durch und durch
All das muss Je­sus schon früh­zei­tig an die­sem Fi­scher aus Betsai­da, dem Si­mon, dem Sohn des Jona „durch­schaut“ ha­ben – und macht ihn den­noch zum „Ke­phas“, zum „Petrus“, zum Fel­sen sei­ner Kir­che. Mit Ja­ko­bus und Jo­han­nes ge­hört er zum eng­sten Kreis um Je­sus, ist bei der To­te­ner­wec­kung der Toch­ter des Jai­rus, bei der Ver­klä­rung auf dem Berg und bei der Ver­haf­tung am Öl­berg da­bei.
2.1.3 Petrus – Wortführer der Apostel
Schon zu Leb­zei­ten Jesu, erst recht nach des­sen Auf­er­ste­hung, ist er der Wort­füh­rer der Apo­stel in der Je­ru­sa­le­mer Ur­ge­mein­de. Sei­ne füh­ren­de Stel­lung über­gibt er dem Ja­ko­bus, als er sich auf Mis­si­ons­rei­se be­gibt. Zum Apo­stel­kon­zil 48/50 weilt er dann wie­der in Je­ru­sa­lem.  Danach wirkt er in An­tio­chi­en, Kleina­si­en und schließlich als Gefangener in Rom.
2.1.4 Petrus stirbt als Märtyrer in Rom
Nach glaub­haf­ter Über­lie­fe­rung er­litt er in Rom un­ter Nero im Jah­re 64 oder 67 den Mar­ty­rer­tod durch Kreu­zi­gung – mit dem Kopf nach un­ten. Jüng­ste Aus­gra­bun­gen un­ter der Pe­ters­kir­che ha­ben die Lage sei­nes Gra­bes – im­mer wie­der be­strit­ten und um­strit­ten – ge­si­chert.
2.1.5 Der Petrusdienst und das Papsttum
Be­deut­sa­m und fol­gen­rei­ch aber ist die Ent­wick­lung vom ein­fa­chen Petru­samt bis hin zum Papst­tum un­se­rer Kir­che, das in all sei­nen Höhe und Tief­punk­ten die Ge­schich­te des Abend­lan­des, ja der gan­zen Welt tief ge­prägt hat. Ein Fels, an dem sich die An­hän­ger und Freun­de fest­hal­ten, die Geg­ner und Fein­de aber auch sto­ßen.  Beachten wir die weltweite Aufmerksamkeit für die neueste Papstenzyklika »Laudato si«  zu Fragen der Umwelt.
2.2  Gott schafft Hei­li­ge aus Sün­dern - das gilt auch für Pau­lus
2.2.1 Ein Mann von anderem Kaliber, der den ir­di­schen Je­sus nicht kann­te
In Tar­sus (Süd­tür­kei) als „Saul“ von jü­di­schen El­tern mit rö­mi­schem Bür­ger­recht ge­bo­ren, von Be­ruf Zelt­ma­cher und von um­fas­sen­der theo­lo­gi­scher Bil­dung, ein eif­ri­ger, ja fa­na­ti­scher An­hän­ger der „Über­lie­fe­run­gen sei­ner Vä­ter“ (Gal 1,14) und dar­um auch ein er­klär­ter Feind des Kreu­zes Chri­sti, des­sen An­hän­ger er aus­rot­ten will. Bei der Stei­ni­gung des Ste­pha­nus ist er da­bei.
2.2.2 Sein Damaskuserlebnis und seine Bekehrung
Die Erscheinung des Auferstandenen krem­pelt sein Le­ben völ­lig um und macht aus dem fa­na­ti­schen Chri­stus­has­ser den glü­hen­den Chri­stus­be­ken­ner.
Eine klei­ne Fest­stel­lung am Rand: Wäh­rend Petrus für Je­sus „kämp­fe­risch“ ein­schrei­tet und ihn kurz dar­auf ver­leug­net, be­kämpft Pau­lus zu­nächst mit al­ler Lei­den­schaft Je­sus, um spä­ter dann um so mehr für ihn ein­zu­tre­ten. So wird Pau­lus zum größ­ten Mis­sio­nar und Apo­stel der Hei­den, der auf drei Mis­si­ons­rei­sen Ge­mein­den in Kleina­si­en, Ma­ze­do­ni­en und Grie­chen­land grün­det.
2.2.3 Paulus beim Apostelkonzil in Jerusalem
Beim Apo­stel­kon­zil  im Jahre 49 tritt er ge­gen Petrus für die Frei­heit der Hei­den­chris­ten vom mo­sai­schen Ge­setz ein und ver­hilft so dem Chri­sten­tum zur Weltre­li­gi­on. Dort wurde er Ende der fünfziger Jhere später gefangen genommen und nach der Apellation an den Kaiser nach Rom überstellt.
2.2.4 Seine Missionsreisen und Briefe
Sei­ne Brie­fe sind von un­er­schöpf­li­chem Reich­tum und un­schätz­ba­rem Wert für den christ­li­chen Glau­ben, für Theo­lo­gie und Kir­che. Dies verleitete ei­ni­ge zum Trug­schluss,  er – nicht Je­sus! – sei der „Stif­ter“ des Chri­sten­tums.
2.2.5 Martyrium in Rom
Mit Petrus hat der „Völ­ke­ra­po­stel“ erleidet er 64 oder 67 den Mar­ter­tod durch das Schwert. Gott schafft Hei­li­ge aus Sün­dern: Im 1. Petrus­brief heißt es „Wie er, der euch be­ru­fen hat, hei­lig ist, so soll auch euer gan­zes Le­ben hei­lig wer­den. Denn es heißt in der Schrift: Seid hei­lig, denn ich bin heilig“[4].
Im Brief an die Römer schreibt Pau­lus „Wie durch den Un­ge­hor­sam des ei­nen Men­schen die vie­len zu Sün­dern wur­den, so wer­den durch den Ge­hor­sam des ei­nen die vie­len zu Ge­rech­ten ge­macht. Wo je­doch die Sün­de mäch­tig wur­de, da ist die Gna­de über­groß ge­wor­den“.[5]
3. Die neue Blickrichtung
Sa­gen wir es mit un­se­ren ein­fa­chen Wor­ten: Gott und Je­sus ha­ben ih­ren „Blick“ auf Men­schen, da­mit sie ih­rem Le­ben eine an­de­re „Blick­rich­tung“ ge­ben.
3.1 Bei Petrus etwa
„Je­sus blick­te ihn an und sag­te: Du bist Si­mon, der Sohn des Jo­han­nes, du sollst Ke­phas hei­ßen. Ke­phas be­deu­tet: Fels (Petrus)“ (Joh 1,42) Und in der dü­ste­ren Stun­de der Ver­leug­nung heißt es wie­der: „Da wand­te sich der Herr um und blick­te Petrus an… Und er ging hin­aus und wein­te bit­ter­lich“[6].
Um­ge­kehrt gilt: So­lan­ge Petrus Je­sus im Blick hat, kann sein Glau­be ihn so­gar „über Was­ser hal­ten“. So­bald er Je­sus aber aus sei­nem Blick ver­liert, be­ginnt er zu sin­ken. So be­darf er der Kraft und Hil­fe Jesu: „Ich habe für dich ge­be­tet, daß dein Glau­be nicht er­lischt. Und wenn du dich wie­der be­kehrt hast, dann stär­ke dei­ne Brü­der“[7].
So muß dem Petrus der ei­ge­ne „Blick­win­kel“ ge­wei­tet wer­den. Und erst der gü­ti­ge „An­blick“ Jesu hilft ihm, sei­nen Weg in Hin­ga­be und Nach­fol­ge wei­ter­zu­ge­hen, um schließ­lich zum „Fel­sen“ der Kir­che zu wer­den.
 
3.2 Nicht an­ders bei Pau­lus
Mit schar­fem „Blick“ will er die Wahr­heit er­ken­nen und den Irr­tum aus­rot­ten. Er stürzt sich fa­na­tisch auf sei­ne Geg­ner und muß selbst „vom ho­hen Roß stür­zen“, um das wah­re Licht zu er­ken­nen. „Blind vor Wut“ muß er drei Tage lang rich­tig blind wer­den. Denn: „Als er die Au­gen öff­ne­te, sah er nichts“ [8].
Das Licht Chri­sti muss ihn „blen­den“, da­mit der „Ver­blen­de­te“ das Licht Chri­sti „wahr­neh­men“, auf­neh­men kann. Jetzt erst ist Pau­lus so­weit, daß Je­sus ihn dem zu Recht miß­traui­schen Ha­na­ni­as in ei­ner Vi­si­on an­emp­feh­len kann: „Geh nur! Denn die­ser Mann ist mein aus­er­wähl­tes Werk­zeug: Er soll mei­nen Na­men vor Völ­ker und Kö­ni­ge und die Söh­ne Is­ra­els tra­gen. Ich wer­de ihm auch zei­gen, wie­viel er für mei­nen Na­men lei­den muss“[9].
Dann fällt es Pau­lus wie Schup­pen von sei­nen Au­gen, und er sieht al­les in ei­nem „neu­en“ Licht. Spä­ter wird er be­ken­nen: „Gott, der mich schon im Mut­ter­leib aus­er­wählt und durch sei­ne Gna­de be­ru­fen hat, hat mir in sei­ner Güte sei­nen Sohn of­fen­bart, da­mit ich ihn un­ter den Hei­den ver­kün­di­ge“[10]. Wie­der be­wahr­hei­tet sich ein an­de­rer Satz Kier­ke­gaards: „Gott schafft al­les aus Nichts – und al­les, das Gott ge­brau­chen will, macht er zu­erst zu nichts.“
4 Gott schafft Hei­li­ge aus Sün­dern
4.1 Heu­te im Blick­punkt: Petrus und Pau­lus.
Mit all ih­ren Be­ga­bun­gen und Schwä­chen, ih­rer Be­gei­ste­rung und ih­rem Ver­sa­gen. Aber tap­fer und treu bis zum ge­walt­sa­men Ende, der eine am Kreuz, der an­de­re un­term Schwert.
Vor al­lem aber ist es die Lie­be, die sie ein­mal ge­trof­fen und dann über­wäl­tigt hat. „Herr, du weißt al­les; du weißt, daß ich dich lie­be“, so be­kennt Petrus[11]. „Denn die Lie­be Chri­sti drängt uns, da wir er­kannt ha­ben: Ei­ner ist für alle ge­stor­ben, also sind alle ge­stor­ben“, so Pau­lus[12].
Von der Lie­be zu Je­sus und sei­ner Bot­schaft er­grif­fen und tief durch­drun­gen, ha­ben sie al­les dran­ge­setzt, da­mit dies welt­weit un­ter die Leu­te kommt, da­mit alle zum Glau­ben an Je­sus kom­men kön­nen und in sei­nem Na­men das Le­ben ha­ben[13].
4.2 Gottes- und Jesusbegegnung macht Sünder zu Heiligen
An bei­den Apo­steln kön­nen wir un­schwer er­ken­nen, wozu Men­schen fä­hig sind und wer­den, wenn eine gro­ße Er­kennt­nis ih­ren Ver­stand er­fasst, eine tie­fe Be­geg­nung ihr Herz er­füllt hat.
 Das ist und bleibt auch le­bens­lang die An­fra­ge an uns, wo ist Gott ent­schei­dend in un­ser Le­ben ein­ge­bro­chen, wo hat Jesu Person und sein Wort uns eine neue, sinn­vol­le Rich­tung ge­wie­sen. Und: Habe ich das auch vor meinen Mit­men­schen ohne Hem­mun­gen be­zeugt?
Wir sind zwar keine Heidenmissionare wie die Apo­stel. Doch gibt es eine Menge Neuheiden in unserem Land, die unser mutiges Glaubenszeugnis dringend brauchen.
Sö­ren Kier­ke­gaard, die­ser glü­hen­de und über­zeug­te Christ hat das für sich so gelöst: „Ich bin nicht ein Apo­stel, der von Gott et­was bringt, und mit Au­to­ri­tät. Nein, ich die­ne Gott, aber ohne Au­to­ri­tät. Mei­ne Auf­ga­be ist: Platz zu schaf­fen, daß Gott kom­men kann.
[1] Quelle: Udo Körner
[2] im Chrraum von St. Michael Neunkirchen
[3] ebd,
[4] 1 Petr 1,15f.
[5] Röm 5,18f.
[6] Lk 22,61f.
[7] Lk 22.31f.
[8] Apg 9,8
[9] Apg 9,15f.
[10] Gal 1,16
[11] Joh 21,17
[12] 2 Kor 5,14
[13] vgl Joh20,31