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2007 (C)

Homilie zu Joh 10,27-30 anlässlich der Jubelkommunion der Pfarrei Schlüsselfeld

===>> zu den liturgischen und biblischen Texten

Mit Jesus dem guten Hirten auf dem Weg zum Ziel[1]

1. Verschiedene Erlebnishorizonte
Jede Gruppe der Jubilare hat ihre Erstkommunion in einer anderen geschichtlichen Stunde unseres Volkes und unserer Kirche erlebt.

1.1 Als die heute fast 80-jährigen 1937 ihre Kommunion feierten

  • war Hitler schon auf dem Höhepunkt seiner Macht. Die Kriegsvorbereitungen liefen auf Hochtouren. Die Medien waren gleichgeschaltet, Kirchliche Jugendarbeit verboten, der Rassenwahn machte sog. »nicht arischen Menschen«, besonders den Juden das Leben immer schwerer.
  • Im sog. deutschen Gruß wurde klar, dass die Menschen nicht mehr von Gott und Jesus Christus das Heil erwarten sollen, sondern von Hitler. Zu welch unduldsamer Enge des Rassen- und Größenwahns wurden damals die Menschen verführt! Welch furchtbare Zerstörungen nicht nur von Kulturgütern, sondern auch in den Seelen der Menschen angerichtet! 52 Millionen Menschenleben wurden im 2.Weltkrieg diesem Wahn geopfert.
  • Ganz anders dagegen die ungeheuere Weite und Freiheit des Denkens und Empfindens in der Offenbarung des Johannes in der 2. Lesung, der seine Botschaft an die verfolgten Christen richtet, die den römischen Kaiser als Gott anerkennen und verehren sollen. "Eine große Schar aus allen Nationen und Stämmen, Völkern und Sprachen, die niemand zählen konnte,“[2] steht vor Gott und betet ihn an.
  • Der Gott der Christen verbietet den von ihm geschaffenen Menschen, sich über andere zu erheben. Er spaltet nicht, sondern vereint seine Töchter und Söhne in der gemeinsamen Anbetung ihres Schöpfers und Erlösers. Deshalb können auch Sie heute aus ganz verschiedenen Lebensgeschichten, Lebenserfahrungen und Zeiten kommend miteinander Gott durch Christus anbeten und danken.

1.2 Die jetzt fast 70-jährigen feierten 1947 ihre Erstkommunion

  • schon zwei Jahre nach dem Zusammenbruch des 3. Reiches und dem Ende des 2. Weltkrieges. Es war eine Zeit des Mangels und der Trauer über die vielen Toten und Vermissten und die schrecklichen Zerstörungen des Krieges. Das Geld war nichts mehr wert.
  • Die Kinder der in großer Armut lebenden Heimatvertriebenen feierten ihre Kommunion in einer für sie neuen Umgebung. Die Kirchen waren voll. Die vom Naziregime herbeigeführte Katastrophe hatte die Menschen gelehrt, wohin ein Leben ohne Gott führt, in die Menschenverachtung und -vernichtung, in die Zerstörung der Kultur und der Schöpfung, in den Verlust der Heimat und in die gewaltsame Trennung von Menschen, die sich liebten.

1.3 Die fast 50-jährigen gingen 1957 zu 1. Mal zum Tisch des Herrn.

  • Es war die Zeit des wirtschaftlichen Aufschwungs, des Aufbaus und eines schon wenn auch noch bescheidenen Wohlstands. Allen drei Altersgruppen gemeinsam war, dass die Erstkommunion noch in der alten tridentinischen Form der Messliturgie gefeiert wurde. Die Sprache der Liturgie war das Latein. Alles war nach vorne ausgerichtet. Der Priester gleichsam der Anführer, dem die Gemeinde aus vielen Einzelnen auf ihrem Weg zu Gott folgte.
  • Die 50er Jahre waren eine Zeit religiösen Aufbruchs, der in das 2.Vat. Konzil mündete.[3] Vieles was wir damals ersehnten, wurde durch das Konzil Wirklichkeit.

1.4 25 Jahre später feierten die jetzt fast 35-jährigen 1982 ihre Erstkommunion.

  • 25 Jahre sind ein Generationssprung. 10 Jahre hatte eine sozialdemokratisch-liberale Koalition das Land regiert. Die Revolte der 68er wirkte noch nach. Jede Autorität wurde in Frage gestellt. Antiautoritäre Erziehung war ein wichtiges Schlagwort. Gewalt gegen Sachen und schließlich gegen Menschen wurde von der extremen Linken propagiert. Der RAF-Terrorismus setzte das Land in Schrecken. Der Kalte Krieg zwischen Ost und West hatte durch den Raketen Stationierung Beschluss auch innenpolitisch zu harten Auseinandersetzungen geführt.
  • 1982 wurde Helmut Kohl Bundeskanzler und regierte 16 Jahre lang. In den 80er Jahren kehrte langsam wieder Ruhe ein. Geschenke zur Erstkommunion gab es zuhauf.
  • Auch im kirchlichen Bereich gab es vor allem in der Liturgie einschneidende Änderungen. 1982 war die Liturgiereform des 2. Vat. Konzils schon 10 Jahre alt. Die Texte der Messe wurden für jeden verständlich meist in der Landessprache vollzogen. Die Gemeinde der Feiernden versteht sich wieder wie im 1. Jahrtausend des Christentums als Communio, als Gemeinschaft der Glaubenden, die um Christus, dem guten Hirten geschart, sein Wort hören und mit ihm und untereinander eins werden im Heiligen Mahl.
  • Der in der Eucharistiefeier Jesus repräsentierende Priester feiert uns zugewandt mit uns die Heilige Messe. In diesem zeichenhaften Geschehen, wird uns klar, dass Jesus Christus, der Gekreuzigte und Auferstandene, der beim Vater Erhöhte und Richter der Lebenden und der Toten uns zugewandt ist, uns mit seinem befreienden Wort anspricht, mit uns vorm Vater steht und sich für uns darbringt im Heiligen Opfer, sich uns schenkt im Brot des Lebens und im Kelch des Heiles.
  • So ist er mit der Kraft seines Todes und seiner Auferstehung, mit seiner bis zum Äußersten gehenden Liebe für uns da und durchdringt uns mit seinem neuen Leben bis in hinein in alle Fasern unseres Leibes und unserer Seele. Wer sich ihm gläubig naht und ihn als Person in seinen Geist, seine Seele und in seinen Leib aufnimmt, wer ihn einlässt in sein ganzes Leben und die Freundschaft mit ihm lebt, der ist wie die 1. Lesung feststellt: "für das ewige Leben bestimmt."[4] Schauen wir also auf Jesus,

2. Jesus ist der Weg zum Ziel

  • Bei allem, was sich in diesen 70 Jahren in der Welt und in der Kirche verändert hat, bleibt doch für den an den Gott und Vater Jesu Christi Glaubenden eines unveränderbar gegenwärtig und verbindlich: Der Weg zum Ziel unseres Lebens, zur Fülle des Lebens bei Gott, zum ewigen Leben.
  • Jesus sagt im Joh-Ev. von sich: „Ich bin der Weg und die Wahrheit und das Leben; niemand kommt zum Vater außer durch mich.“[5] Es ist für uns ein großes Glück, dass wir seit unserer Taufe zu Jesus gehören. In Ihm ist die Hirtenliebe und -sorge Gottes für uns und zu unserem Heil Mensch geworden.
  • Es ist Zeichen seiner Gnade, seiner liebenden Nähe, dass wir ihn kennen und seine Stimme von allen anderen um uns werbenden und uns vereinnahmenden Stimmen unterscheiden können. Ihm dürfen wir folgen, weil er nicht zum Schlachten und Scheren kommt, sondern weil er selber als Lamm Gottes zu uns kommt, für uns da ist in seinem befreienden Wort, in seinen Heilszeichen den Sakramenten, vor allem in der heiligen Eucharistie.
  • Unser Papst hat in seiner Antrittspredigt vor zwei Jahren in beeindruckender Weise es so gesagt: »Der wahre Hirte aller Menschen, der lebendige Gott, ist selbst zum Lamm geworden, er hat sich auf die Seite der Lämmer, der Getretenen und Geschlachteten gestellt. Gerade so zeigt er sich als der wirkliche Hirt. „Ich bin der wahre Hirte... Ich gebe mein Leben für die Schafe,“ sagt Jesus von sich (Joh 10, 14f). Nicht die Gewalt erlöst, sondern die Liebe. Sie ist das Zeichen Gottes, der selbst die Liebe ist«.[6]

Von dieser Liebe geleitet

3 geht uns Jesus auf dem Weg zu Gott als der gute Hirt voran.

  • So beteten wir heute im Tagesgebet zu Gott, "Dein Sohn ist der Kirche siegreich vorausgegangen als der Gute Hirt." Diesen Sieg aber hat er durch die Hingabe seines Lebens errungen, auf die Gott mit der Auferweckung Jesu geantwortet hat. Deshalb können wir heute am Schluss der Messe beten: "Gott, du Hirt deines Volkes, sieh voll Huld auf deine Herde, die durch das kostbare Blut deines Sohnes erkauft ist; bleibe bei ihr und führe sie auf die Weide des ewigen Lebens." Wenn ich mich Jesus anvertraue, es zulasse, dass er mein Lebensgefährte ist, dann wird mein Leben fruchtbar sein hier auf Erden und im Himmel.

3.1 Wir gehen mit Jesus als seine Freunde.

  • Nicht von uns aus sind wir groß oder bedeutsam, sondern weil er uns zu seinen Freunden und Freundinnen erwählt hat. "Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe euch erwählt und dazu bestimmt, dass ihr euch aufmacht und Frucht bringt und dass eure Frucht bleibt. Dann wird euch der Vater alles geben, um was ihr ihn in meinem Namen bittet."[7]
  • Die Freundschaft, die Jesus uns bietet, verheißt ein fruchtbares Leben; ja sie ist die beste Lebensversicherung. Im Johannes Evangelium versichert Jesus, den an ihn Glaubenden und in der Freundschaft mit ihm Lebenden: "Ich gebe ihnen ewiges Leben. Sie werden niemals zugrunde gehen, und niemand wird sie meiner Hand entreißen."[8]
  • Beim Herrn sind wir in sicheren Händen, denn wir sind ihm von Gott gegeben, der größer ist als alle anderen Mächte. Darum sagt der Herr: "Mein Vater, der sie mir gab, ist größer als alle, und niemand kann sie der Hand meines Vaters entreißen."[9] Jeder von uns gehört Gott. Und Gottes gute väterliche und mütterliche Hand berührt uns durch Jesus. Jesus Christus kann uns das versichern, weil er ganz »eins mit dem Vater« ist. Daher dürfen wir sicher sein:

3.2 Der gute Hirt führt uns auf gute Weide.

  • Denn wer sich vom Auferstandenen angesehen und geliebt weiß, kann gelassen durch dieses Leben gehen. Er wird versuchen aus der Liebe Jesu zu leben und selber ein Liebender zu sein. Er wird seine Arbeit und seine Aufgaben so tun, als wären sie für Gott getan. Er wird dem Rat des Paulus folgen, der die Christen in Kolossä auffordert: "Tut eure Arbeit gern, als wäre sie für den Herrn und nicht für Menschen;"[10] So geht der Freund, die Freundin Jesu "den Weg vor Gott im Lande der Lebenden."[11]
  • Der gute Hirt aber ist auferstanden, er hat Tod und Teufel besiegt, er ist heimgekehrt zu Gott. Darum kann er unserem Leben auch eine Perspektive geben, die über dieses irdische Leben hinaus weist: Das Leben in Fülle bei Gott, das ewige Leben.
  • Alles, was wir auf Erden aus Liebe zu Gott getan haben, alle Liebe, die wir unseren Mitmenschen, seiner Schöpfung und seiner Kirche geschenkt haben, wird unser hochzeitliches Gewand sein, das wir als Braut des Lammes beim himmlischen Hochzeitsmahl tragen werden. Dieses Gewand ist kostbarer und beständiger als jedes noch so schöne Kommunionkleid.
  • Die Liebe ist das einzige, was jenseits des Todes bleibt. Johannes schaut diese Zukunft christlichen Lebens in der Offenbarung (2.Lesung) in einem himmlischen Bild: "Denn das Lamm in der Mitte vor dem Thron wird sie weiden und zu den Quellen führen, aus denen das Wasser des Lebens strömt, und Gott wird alle Tränen von ihren Augen abwischen." Ja, der Glaube an Jesus Christus und die Freundschaft mit ihm bringt reichen Lohn, Fülle des Lebens bei Gott. Für diese ewige Zukunft schenkende Verheißung danken wir in dieser Eucharistie Gott, dem Geber aller guten Gaben.
  • Christus, das Lamm in der Mitte vor dem Thron Gottes vereint sich mit jedem von uns im heiligen Mahl in der Kommunion. Er schließt uns zusammen zu heiliger Gemeinschaft. Er wird uns in Ewigkeit weiden, aus der Quelle göttlichen Lebens zu trinken geben und alle Tränen trocknen, d.h. alles was uns die Freude am Leben raubt beseitigen. Dies schenkt uns dieses Fest und immer wieder neu die sonntägliche Feier der Eucharistie. So ist die

4. Jubelkommunion - das Fest des heilsamen Sich Erinnerns und Neu Werdens.

  • In der Stadt Ropschitz wohnen - wie überall - die reichen Leute einsam am Rande der Stadt. Sie bestellen Männer zum Schutz gegen Diebe. In dieser Stadt wohnt auch Rabbi Naphtali. Er geht eines Tages am Rand des Waldes spazieren. Dabei stößt er auf einen dieser Wächter auf seinem Patrouillengang. ”Für wen gehst du?”, fragt er den Wächter. Der gibt ihm Bescheid, stellt jedoch eine Gegenfrage: ”Und für wen geht ihr, Rabbi?” Die Frage trifft den Rabbi wie ein Pfeil. ”Noch gehe ich für niemand,“ bringt er mühsam hervor und geht lange schweigend zusammen mit dem Wächter auf und ab. Schließlich fragt der Rabbi den Wächter unvermittelt: ”Willst du mein Diener sein?” - ”Das will ich gern,“ erwidert der Wächter, ”aber was ist meine Aufgabe, was habe ich zu tun?” - ”Mich zu erinnern,“ sagt der Rabbi und geht heim.
  • Möge jemand in ihrer Nähe sein, der sie immer wieder daran erinnert, dass Jesus, der gute Hirt es ist, der sie zur Quelle wahren unverlierbaren Lebens führt. Und dass uns dieser Jesus in der Feier der heiligen Messe heilend und unser Leben mit Gott erneuernd begegnet.



[1] Homilie zu Joh 10,27-30
[2] Offb 7,9
[3] 2.Vat. Konzil 1961 - 1965
[4] Apg 13,48b
[5] Joh 14,6
[6] Predigt Benedikt XVI bei seiner Einführung 24.April 2005 auf dem Petersplatz
[7] Joh 15,16
[8] Joh 10,28
[9] Joh 10,29
[10] Kol 3,23
[11] GL 528/3

 

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