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2007

Homilie Lk 3,1-10 am 3. Advent in der Filialkirche in Rödlas

'Meister, was sollen wir tun?' Holzschnitt, Cranach (1472-1553)
"Meister, was sollen wir tun?" Holzschnitt, Cranach (1472-1553)
Was sollen wir tun? [1]

Wachet auf!

Eindringlich haben wir es uns am Beginn des Gottesdienstes zugesungen: "Wachet auf, ruft uns die Stimme der Wächter sehr hoch auf der Zinne". Immer sind wir in Gefahr, in unseren Gewohnheiten zu versinken, uns im Erreichten einzurichten, die Hände in den Schoß zu legen, uns und alles andere treiben zu lassen.

Adventszeit ist eh und je eine Zeit der Umkehr und der Buße. Dieser christliche Sinn des Advent wird heute häufig zugedeckt durch hektische Betriebsamkeit, durch das Vorverlagern weihnachtlicher Idylle in die Adventszeit, die biblisch keine Legitimation besitzt, durch Weihnachtsfeiern im Advent, durch einen oft an Wahnsinn grenzenden Kaufrausch. Wo ist da noch Platz für Einkehr und Umkehr, für das Kommen Gottes, das allein Rettung bringt?

Es ist die Aufgabe der Kirche des Herrn ihr Wächteramt wahrnehmend den Menschen zuzurufen: Wachet auf! Merkt ihr nicht, dass bei euerem äußeren Tun, das nur auf Konsum, auf das Haben-Wollen ausgerichtet ist, euer Herz leer bleibt? Wacht doch auf! Lasst euch nicht täuschen von einer langen Lebenserwartung. Was nützt dir ein langes Leben, wenn das einzige Ziel das Grab ist? Ergreife die ewige Zukunft, die Gott dir bietet?

Am 2. Advent rief uns Johannes zur Umkehr und Vergebung der Sünden auf: "Bereitet dem Herrn den Weg. Ebnet ihm die Straßen!" Und die Menschen, die zu ihm hinausgegangen sind, die dem üppigen Leben in Jerusalem für Tage den Rücken kehrten, sie haben gespürt: So kann es nicht weitergehen. Unser Leben und Tun läuft ins Leere. Deshalb fragen sie den Johannes:

Was sollen wir tun?

Johannes fordert nichts Außergewöhnliches, sondern ganz gewöhnliche Taten.[2]

Der ersten Gruppe der „Was sollen wir tun“ Fragenden rät er, mit den Bedürftigen Nahrung und Kleidung zu teilen. Diese soziale Botschaft des Täufers ist keine Theorie, sondern eine Praxis der Barmherzigkeit und der Nächstenliebe. Johannes entwirft das Bild einer sozial lebens- und liebenswerten Welt und Menschheit.

Es war schon zur Zeit des Apostels Paulus so, dass z.B. die reichen Kirchen die armen Kirchen unterstützten, dass die wohlhabenden den bedürftigen Gemeindemitglieder unter die Arme griffen. Die Aktion Adveniat bittet uns deshalb um unseren Weihnachtszehnten für die arme Kirche in Lateinamerika. Und die Sternsingeraktion will armen Kindern in der Welt neue Lebenschancen eröffnen.
Aber auch in unserer allernächsten Umgebung gibt es genug Menschen, denen es menschlich und materiell nicht gut geht. „Wachet auf!" Macht die Augen auf! Seht die Not! Fangt an zu teilen und zu trösten!

Der zweiten Gruppe der „Was sollen wir tun?“ Fragenden antwortet Johannes der Täufer mit einem Beispiel aus dem alltäglichen Leben.

Von den Zöllnern verlangt er, nicht mehr Geld einzutreiben, als festgesetzt ist. Durch übertriebene Abgabeformen waren die Zöllner in Verruf gekommen. Johannes wendet sich gegen diese Mißstände und stützt damit gleichzeitig die arme und notleidende Bevölkerungsschicht.

Für uns heute kann das heißen. Nur, was dir zusteht, darfst du beanspruchen.
Es bedarf der Balance zwischen Einsatz und Lohn, zwischen Fleiß und Verdienst, zwischen Geschenk und Anspruch. Nicht die eigene Position auszunützen, sondern Gerechtigkeit für jedermann ist die Forderung. Das gilt für Arbeitgeber wie für Arbeitnehmer.

Wir spüren, dass die Antwort des Täufers hochaktuell ist für die nimmersatten Menschen unserer Tage: für die Menschen, die schon genug haben und immer noch mehr haben wollen; aber auch die sind gemeint, die sich betrügerisch des Sozialsystems bedienen.

Von den ihn „was sollen wir tun“ fragenden Soldaten des Herodes Antipas verlangt Johannes den Verzicht auf Misshandlungen, Raub und Plünderungen; sie sollen sich mit ihrem Sold begnügen.

Die beiden Gruppen der Zöllner und Soldaten stehen exemplarisch für andere Gruppen der Bevölkerung. Die von Johannes gegebene Lehre lautet: der Zöllner soll ein guter Zöllner sein und der Soldat ein guter Soldat. Der Mensch muss sich an der Stelle bewähren, an die er von Gott gestellt ist. Die Antworten des Johannes laden uns ein,

zur Güte umzukehren.

Advent bedeutet für Christen, dass wir uns auf die Menschwerdung Gottes neu einlassen und auf das Kommen Christi in Herrlichkeit vorbereiten.

Dabei soll uns aufgehen, wie gut Gott ist. Gott wollte Mensch werden, damit alle an Jesus ablesen können, was die wahre Art Gottes ist: er will dass wir das Leben haben und es in Fülle haben. Gott ist mitten unter seinem Volk, sagt der Prophet Zephanja. Er erneuert durch Jesus seine Liebe zu uns. Darum können wir jubeln und jauchzen.

Weil Gott mitten unter uns ist, weil er sich uns in Jesus menschlich zeigt, brauchen wir uns, wie Paulus in der zweiten Lesung sagt, "um nichts Sorgen zu machen", werden wir "in jeder Lage betend und flehend unsere Bitten mit Dank vor Gott bringen". Wir sind mit unseren Fragen und Problemen nicht allein. Es ist keine Schande, zu fragen, was sollen wir tun? Im Gegenteil, es ist Zeichen höchsten Wachseins und Bereitschaft zur Umkehr.

Jesus Christus, hat uns in der Taufe und Firmung "mit Heiligem Geist und mit Feuer" getauft.
Für Johannes ist dieser Jesus der Stärkere, so groß, dass er sich nicht für würdig hält, ihm die Schuhe aufzuschnüren.

”Die Geist- und Feuertaufe” kommt einzig und allein dem Messias zu. ”Feuertaufe” meint das eschatologische endzeitliche Gericht, während mit der ”Geisttaufe” der Geistempfang verbunden ist.[3]
”Jesus tauft mit dem Geist und mit Feuer”[4] heißt in christlicher Umschreibung: Er richtet nicht einfach die Sünder und verbrennt die Unwürdigen, sondern erfüllt sie zunächst einmal mit seinem Geist.
Wir haben im Deutschen das Wort „anfeuern”. Wer einen Verzagten anfeuert, gibt ihm neuen Mut, schenkt ihm neue Begeisterung. Genau das tut Jesus, wenn er seine Jünger mit ”Geist und Feuer” tauft.

Sich einem feurigen Gott zu nähern, ist gefährlich. Sich von ihm ”taufen” zu lassen, kann schmerzlich sein, denn es offenbart, was an uns verderblich (”verbrennbar”) ist.
Und doch es ist zugleich heilsam. Wer durch das ”Feuer Jesu” gegangen ist, hat sich im vollen Sinn des Wortes bewährt, d.h. sich in seinem wahren Wert bewiesen. Er hat für sich die rettende Antwort gefunden auf die Frage:
Was kann ich tun, dass ich Gott gefalle?

 „Wachet auf!“, ruft die Stimme des Wächters.

Wach auf, der Herr kommt, um die Spreu zu verbrennen und den Weizen in die Scheune Gottes zu bringen.
Wach auf, und lass die Liebe Christi in dich ein, damit sie alles in dir verbrennt, was nichts taugt, und den Weizen sichtbar macht.
Trau dieser dich läuternden Liebe Gottes, die in Jesus auf dich zukommt. Dann wird dich die Nähe des Herrn mit Freude erfüllen.

"Freut euch im Herrn zu jeder Zeit", ruft Paulus aus dem Gefängnis heraus den Christen in Philippi und uns zu. Gemeint ist nicht öberflächliches, widerliches Getue, sondern eine Freude, die so tief gegründet ist, dass sie auch im Leid und Kreuz noch durchscheinen kann. Es lohnt sich dem Herrn, seiner Liebe und reinigenden Kraft zu trauen.

Eine indische Legende möchte dieses Vertrauen in uns stärken.
Ein Bauer begegnet mit einem Sack voll Weizen auf dem Rücken dem lieben Gott. ”Schenk mir den Weizen!” bittet ihn Gott. Da sucht der Bauer das kleinste Weizenkorn heraus und reicht es dem lieben Gott. Dieser verwandelt das Weizenkorn in Gold und gibt es ihm zurück. Da ärgert sich der Bauer, dass er nicht den ganzen Sack geschenkt hat.

Wer Gott und den Menschen gegenüber großzügig ist, den beschenkt er mit dem ganzen Reichtum seiner Liebe und der Fülle seines Lebens.

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[1] Homilie zu Lk 3,1-10
[2] Die Botschaft heute, Exegetische Anmerkungen 1997/12 S.393
[3] (vgl. Apg 19,1-7)
[4] S.Grän, Die Botschaft heute 1997/12 S. 397