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Predigt am Pfingstsonntag in Rödlas

Pfingstrose - ein Bild für die Fülle der Gaben des Heiligen Geistes
Pfingstrose - ein Bild für die Fülle der Gaben des Heiligen Geistes
Die Sprache des Heiligen Geistes

Jeder hörte die Apostel in seiner Sprache reden

Das wäre doch die Lösung: jeder würde die Sprache des anderen verstehen. Vorbei wäre das mühsame Erlernen einer Fremdsprache. Wir könnten uns ohne Sprachbarrieren überall auf der Welt bewegen. Nicht nur für Missionare wäre das ideal auch für Geschäftsleute und Touristen.

Nun mag das an Pfingsten so gewesen sein. Dann wäre es ein einmaliges Wunder. Die Frage: "Wie so kann sie jeder von uns in seiner Muttersprache hören", weist zunächst in diese Richtung. Doch ist auch zu bedenken, dass es sich bei den Zuhörern um Juden aus der Diaspora handelt, die wahrscheinlich alle Aramäisch verstanden, die Sprache, die damals in Palästina gesprochen wurde.

Wie dem auch sei, wichtig ist, und das will Lukas deutlich machen, dass die Gabe des Auferstanden und Erhöhten, dass die Kraft des Heiligen Geistes die Jünger dazu antreibt, die großen Taten Gottes zu verkünden und dass sie keine Sprachbarriere davon abhält.

Vor ein paar Jahren bekam ich einen Brief von Alois Ganserer, der für die Missionsarbeit in Südafrika freigestellt wurde. Darin schreibt er, dass es zunächst seine wichtigste Aufgabe sei, die Sprache der einheimischen Bevölkerung zu lernen, um ihnen in ihrer Sprache das Evangelium verkünden zu können. So kann ich aus dem letzten Satz der Lesung den Auftrag heraushören, den Menschen aller Völker in ihren Sprachen die großen Taten Gottes zu verkünden.

Die gleiche Sprache zu sprechen, heißt noch nicht, dass Menschen sich auch verstehen.

Machen wir nicht ständig die Erfahrung, dass Menschen einander vorbeireden, sich nicht verstehen, obwohl sie alle die gleiche, z.B. die deutsche Sprache sprechen. Sprache hat sehr viel mit dem Denken und Empfinden zu tun, mit meiner inneren geistigen und geistlichen Welt, in der ich lebe, denke, empfinde. Wir Menschen leben in verschiedenen geistigen Welten, in verschiedenen Weltanschauungen.

Nicht nur die Sprache, auch die Kultur, die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Rasse, die Herkunft verbinden die Menschen. Der Geist Jesu Christi, der Glaube an ihn und seine Gegenwart in seiner Kirche, schafft eine Verbindung, welche die Barrieren von Sprache, Herkunft und Hautfarbe überwindet.

Im Jahr 1997 in der Woche vor Pfingsten wurde mir eine solche Erfahrung zuteil. Es war am Dienstag. Ich hatte gerade den religiösen Gesprächskreis im Pfarrzentrum beendet. Da ging die Türe auf und ein asiatisch aussehender Mann und eine weiße Frau traten in den Saal. Der Mann ging auf mich zu, streckte mir die Hand entgegen und sagte: "André", und ich ergänzte "Thé", so hieß sein indonesischer Familienname. Seit 32 Jahren hatten wir uns nicht mehr gesehen, nichts von einander gehört.

Während meiner Kaplanszeit in Forchheim St. Martin wohnten wir im Pfarrhaus auf dem gleichen Stockwerk Tür an Tür. André Thé studierte in Erlangen ebenso wie seine künftige Frau, eine Farbige aus Jamaika. Die letzten dreißig Jahre lebte er in Jamaika. Dort übernahm er das Baugeschäft seines Schwiegervaters. Jetzt besuchte er Deutschland und natürlich auch Forchheim. Er erkundigte sich nach mir und ließ sich noch am späten Abend nach Neunkirchen bringen. Das Pfarrhaus war verschlossen. Ein junges Mädchen schließlich meinte, vielleicht ist der Pfarrer im Pfarrzentrum. Dort begegneten wir uns nach 32 Jahren. Anschließend saßen wir bis Mitternacht im Pfarrhaus zusammen und tauschten unsere Erfahrungen aus. André Thé sagte mir, dass er seit 30 Jahren das Brevier bete, und das habe ihn auf dem Weg des Herrn gehalten und vorangebracht. In Jamaika gebe es nur 9% katholische Christen und die wenigen Priester seien sehr überlastet. Und wenn sie keine Zeit mehr für das Breviergebet hätten, dann würden sie ihre Glaubens- und Zeugniskraft verlieren.

Er selbst bereite sich auf die Diakonatsweihe vor. Im kommenden Jahr gehe er in Pension, dann werde er zum Diakon geweiht. Er sagte: "Die letzten Jahre meines Lebens schenke ich dem Herrn und seiner Kirche."

Der Heilige Geist spricht eine Sprache, die jeder Glaubende verstehen kann.

32 Jahre hatten wir nichts von einander gehört. Aber immer wieder hatten wir an einander gedacht. Jetzt es war so, als hätten wir uns gestern erst gesehen, obwohl ein Leben hinter uns beiden liegt. Er aus einem fremden Kulturkreis kommend, heute in einem mir fremden lebend.

Und doch sprechen wir eine Sprache. Der Geist des Herrn verbindet uns über die Jahre und Kontinente hinweg. Es ist der gleiche und eine Herr, zu dem wir uns bekennen, für den wir leben, dem wir in seiner Kirche dienen. Im Brevier beten wir jeden Tag die gleichen Psalmen, Schrifttexte und Gebete, jeder in seiner Muttersprache. Der darin wehende Geist Gottes spricht zu uns und stärkt uns zum Bekenntnis des auferstandenen, in seiner Kirche gegenwärtigen Herrn.

Paulus drückt es in der Lesung so aus: "Keiner kann sagen: Jesus ist der Herr! wenn er nicht aus dem Heiligen Geist redet."

Die Sprache des Heiligen Geistes ist die Sprache der Liebe zu Jesus Christus, dem menschgewordenen, gekreuzigten, auferstandenen und erhöhten Herrn, und zu seiner Kirche, die sein Leib ist. Der heilige Augustinus schrieb einmal: „Wer die Kirche liebt, hat den Heiligen Geist.“

Die Liebe zu Jesus, die personale Beziehung zu ihm, und die Liebe zu seiner Kirche ist die Brücke des Verstehens. Er reißt die trennende Scheidewand nieder, die menschliche Herkunft, Sprache und Tradition aufgebaut haben. So erleben wir Pfingsten, wenn wir Christen aus anderen Kontinenten, anderen Kulturen, anderer Hautfarbe, anderer Konfession begegnen und uns in der Person Jesu Christi, des Auferstandenen, geeint erfahren.

Der Heilige Geist treibt uns an, dass wir uns in den Heilsplan Gottes einfügen lassen. André Thé sagte: „Die Menschen fragen, welchen Zweck oder Sinn hat mein Leben? Ich sage, ich bin eingefügt in den Plan Gottes. Das ist der Zweck meines Lebens, macht mein Leben sinnvoll.“

Paulus drückt diese Wahrheit unter dem Bild des Leibes Christi aus. Der Leib besteht aus vielen Gliedern. Als Glieder am Leibe, unter dem einen Haupt Jesus Christus bilden wir eine tiefe Einheit. Dieses zu Christus Gehören, Glied sein an seinem Leib, schenkt unserem Leben Sinn und Weite.

Der Heilige Geist ist die Sprache der Liebe Gottes.

Diese Liebe Gottes ist durch Heiligen Geist in unsere Herzen ausgegossen. Die Sprache der Liebe versteht jeder, gleich welche Sprache er spricht. Diese Liebe Gottes schafft die Einheit unter uns. Denn, so sagt Paulus: "Es gibt verschiedene Gnadengaben, aber nur einen Geist. Es gibt verschiedene Dienste, aber nur einen Herrn." In jeder Gabe die wir besitzen, wirkt der eine Heilige Geist Gottes. Sie ist uns gegeben, um damit anderen zu nützen.

Dieses Wissen macht uns frei von Überheblichkeit, wenn wir etwas sind oder können, was andere nicht sind und nicht können. Es nimmt den Neid aus unserem Herzen, wenn der andere etwas kann, was ich nicht kann. Jeder ist an seinem Platz im Plane Gottes wichtig. Jeder hat seinen Platz auszufüllen und anzufüllen mit dem, was der Geist in ihm wirkt: mit Liebe.

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