Servus servorum Dei
– Diener der Diener Gottes
"Und beim Abschied
sag ich leise »servus«", hieß ein beliebter Schlager. In manchen Gegenden
ruft man sich noch heute beim Abschied "Servus" zu. Servus ist ein lateinisches Wort und heißt Diener
»Servus
servorum Dei« lautet ein bekannter Titel der Papstes: »Diener der Diener Gottes«. Das also ist die fundamentale Aufgabe des Petrusdienstes dem Heil
der übrigen Diener Gottes zu dienen, die Herde Gottes auf gute Weide
zu führen oder wie Jesus es dem Petrus aufträgt: "Du
aber stärke deine Brüder." Wörtlich sagt Jesus bei Lk 22,32: "Ich aber habe für dich gebetet, dass dein
Glaube nicht erlischt. Und wenn du dich wieder bekehrt hast, dann stärke deine
Brüder." Christus betet für Petrus, dass sein Glaube nicht
erlischt, und er spricht davon, dass er sich bekehren wird. Beides, das Gebet Christi und das sich immer wieder Bekehren zu
Gott und seinem Messias Jesus, befähigt den Petrus und seinen Nachfolger im
Petrusdienst, den Papst, unseren Glauben zu stärken. Wer die
Predigten des Papstes aufmerksam hört oder liest, spürt
die große aus der Liebe aufsteigende Kraft seines Glaubens.
Säkularisation - Stärkung des Papsttums
Die deutschen Fürsten
hatten im Gefolge der Napoleonischen Kriege 1803 die Säkularisation beschlossen. Für ihre linksrheinischen an Napoleon
abgetretenen Gebiete kassierten sie den Besitz der Katholischen Kirche und der
Klöster. Durch die Zerstörung der Geistlichen Fürstentümer, die Aufhebung aller
Klöster und durch Einzug ihres Vermögens, glaubte
man der Katholischen Kirche in Deutschland den Garaus gemacht zu haben.
Aber man unterschätzte die
Katholiken. Diese wendeten sich nun verstärkt Rom und dem Papst zu. So kam es
zu einer Stärkung des Papsttums. Das 2. Vat. Konzil hat den Dienstcharakter
des Petrusamtes herausgestellt. Wer hätte je gedacht, dass 200 Jahre
nach der Säkularisation ein Deutscher, ein Bayer, Josef Ratzinger, als Papst
nach Bayern kommen würde. Wie zeigt sich
Der Petrusdienst heute?
In Benedikt XVI verbinden
sich tiefe Frömmigkeit und hohes theologisches Wissen. Seine demütige
Bescheidenheit und seine charismatische Ausstrahlung verkörpern glaubwürdig den
Petrusdienst in unserer Zeit. Seine Aufgabe ist vom Herrn selber gewiesen:
"Stärke deine Brüder und Schwestern!"
Dazu ist dieses Dienstamt
da. Nicht um Macht über die Menschen auszuüben, nicht mit Glanz und Pomp
aufzutrumpfen, wie es in der Geschichte auch geschah, sondern mit dem Propheten
Jesaja den ängstlichen und manchmal verzagten
Christen geprägt von Jesus Christus zuzurufen: "Habt Mut, fürchtet euch
nicht!" Gott ist gegenwärtig
mit seinem rettenden Handeln. Jeder erinnere sich an die Stationen
seines Lebens, wo er dieses schon erfahren hat. Gott wird dir die inneren Augen
und Ohren, die Augen und Ohren des Herzens auftun. "Dann
springt der Lahme wie ein Hirsch." Du kommst wieder auf die
Beine. Du wirst spüren, wie der Mut wächst und du deine Aufgaben im Geiste und
in der Liebe Christi wieder anpacken kannst.
Wer an den gegenwärtigen Gott glaubt, ist nicht allein;
Am vergangenen Sonntag
schon hörten in der 1. Lesung. "Jahwe,
unser Gott ist uns nahe, wo immer wir ihn anrufen."
Millionen Menschen schöpfen aus dieser Nähe Gottes täglich Kraft für ihr Leben
und Handeln, finden Ermutigung, vor schwierigen Herausforderungen und Aufgaben
nicht ängstlich zurückzuweichen. "Denn",
so heißt es im Buch Nehemia, "die Freude
an Gott ist unsere Kraft."
Diese Freude, dass Gott
da, der sichere Grund meines Lebens ist, lässt
mich aufjubeln bei allen Wunden, die das Leben schlägt, bei allem,
was Stückwerk bleibt, bei allen Entfremdungen und Missverständnissen; denn Gott
kennt mich bis auf den Grund meines Wesens. Er
durchschaut mich liebend mit meinen Stärken und Schwächen. Vor ihm brauche ich
mich nicht zu verbergen; denn er hat mich geschaffen und erlöst.
Unser Gott ist ein befreiender Gott, der durch uns handeln will.
Der Antwortgesang aus dem Psalm 146 besingt dieses rettende
und befreiende Handeln Gottes. Er verschafft
den Unterdrückten Recht, gibt den Hungernden Brot, Öffnet den Blinden die Augen,
richtet die Gebeugten auf. Beschützt die Fremden und verhilft den Witwen und
Waisen zu ihrem Recht.
Diener
und Dienerinnen Gottes sind wir, wenn
wir uns Gottes und Jesu Sorge um die Menschen zueigen machen, wie Jesus ein
Herz für die Kleinen, Armen, Kranken, Leidenden, Bedürftigen haben.
Diener der Diener Gottes werden wir, wenn wir ihm
unsere Hände und Füße, unsere Phantasie und unser Können, unsere materiellen
und geistigen Mittel für Not Leidenden zur Verfügung stellen.
Es gibt Menschen, die
sorgen hauptsächlich zuerst für sich, dass
es ihnen gut geht. Diesem Streben ordnen sie alles andere unter. Dem hat alles
und haben alle zu dienen. Dann sind sie zu uns nett und freundlich, sind wir
bei ihnen angesehen. Gott und auch Jesus denken und handeln nicht so. Bei ihnen gibt es kein Ansehen der Person. Der Reiche
hat dem Armen gegenüber nichts voraus. Im Gegenteil!
Gott stellt sich
eindeutig auf die Seite der Armen in der Welt, um sie durch den Glauben reich und zu Erben seiner Königsherrschaft
zumachen.
Schon am vergangenen Sonntag stellte uns der Apostel Jakobus klar vor Augen,
worin ein reiner und makelloser Dienst vor
Gott dem Vater besteht: Für die Ärmsten der Armen zu sorgen, das
waren zu seiner Zeit die Witwen und Waisen.
Nur dann sind und bleiben
wir auf dem Jakobusweg, wenn diese Sicht des Apostels unser Handeln bestimmt, dass wir Gott
in den Armen dienen. Dass er dabei gerade die Geringsten im Blick
hat, die uns keine Gegengabe, nicht einmal ihren Dank abstatten können, macht
Jesus in seiner Gerichtsrede deutlich: Was ihr dem Geringsten meiner Brüder und
Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan. Gott identifiziert sich durch
Jesus also mit den Geringsten.
Benedikt XVI zeigt in
seiner Enzyklika »Deus caritas est« auf, dass "Gottes-
und Nächstenliebe verschmelzen. Im Geringsten begegnen wir Jesus selbst, und in
Jesus begegnen wir Gott." (15)
In seinem Hirtenwort zur Fastenzeit weist Benedikt XVI auf
Jesus, der entschlossen ist, die Menschen und Völker "vor
den Wölfen zu verteidigen selbst um den Preis seines Lebens."
Von dieser österlichen Wahrheit erleuchtet, nimmt die Kirche für die Förderung
einer vollen Entwicklung der Menschheit Maß an der Sicht Jesu. Wo das
geschieht, werden wir "stärker unsere lebendige und unerlässliche
Verantwortung für die Armen der Welt spüren."
„Wo
ringt Jesus in dieser Zeit mit dem Tode,“ so fragte Benedikt
XVI. an der neunten Station des Kreuzweges am Karfreitag in diesem Jahr. Die
Antwort hieß: “Die Teilung der Welt in Zonen des
Wohlstands und Zonen des Elends ist die Agonie Christi heute.”
Tatsächlich bestehe die Welt aus zwei Räumen: “In dem einen fürchtet man
die Fettleibigkeit, in dem anderen sterbe man vor Elend.“ “Warum
begreifen wir nicht,“ fragte der Papst, “dass
die Armen die Therapie sind für die Reichen? Warum, warum, warum sind wir so
blind?”
Berührt und geheilt werden
Der Papstbesuch in Bayern
darf nicht zum Medienspektakel oder zu einer Art Selbstbeweihräucherung
bayerischer Lebensart werden, sondern wie Jesus
im Evangelium will der Papst uns in seiner Heimat begegnen, uns berühren mit
seiner Demut, mit seinem fundierten Glauben und seiner tiefen Spritualität.
Mit
Jesus im heutigen Evangelium ruft uns zu "Effata! Öffne dich!“
Gott öffne die Ohren eures Herzens, damit ihr hört, dass Gott die Armen in der Welt
auserwählt hat, um sie durch den Glauben reich und zur Erben seines Königreichs
zu machen, und zwar durch uns, die wir mit den Gütern des Lebens gesegnet sind.
Gott
will unseren Mund öffnen, damit ihn aufmachen gegen jede Art
Verschwendung in Kirche und Gesellschaft. Es muss
zu einer Solidarität kommen zwischen den reichen Gemeinden bei uns mit den
armen Gemeinden bei uns und in der dritten Welt. Es bedarf dabei des klaren inneren Blicks, um
beurteilen zu können, wo unsere Hilfe vordringlich gebraucht wird.
Das größte Übel ist,
wenn wir taub und stumm bleiben. Jesus
heilt den Taubstummen. Er tut es nicht aus seiner Machtfülle heraus wie
Zauberei im Vorübergehen, sondern nimmt
sich Zeit für diesen Menschen ohne Namen. Er berührt den Mann ganz persönlich,
auch mit Speichel nach der Art der damaligen Heiler. Und
erst in diese aufgenommene Beziehung hinein ruft er die Kraft Gottes.
Der machtvolle Befehl. "Effata - öffne
dich!" geht einem durch Mark
und Bein mit dem Gefühl: Welches Übel, welche Krankheit, welches Leid könnte
diesem Wort widerstehen? Es heilt das Übel von der Wurzel her. Es stellt die gottgewollte gute Schöpfungsordnung an
diesem Punkt in diesem Moment her.
Mit seinem Besuch in Bayern will der Papst auch uns ganz persönlich berühren.
Sein
Petrusdienst besteht darin, uns mit Gottes Hilfe zu öffnen, dass wir Jesu Botschaft hörend in uns aufnehmen und sie
in der Hilfe für die Armen zur Tat werden lassen. Er berührt uns durch seine Nähe, damit wir unseren Mund öffnen für Gerechtigkeit und Solidarität
mit den Armen und Schwachen. Er berührt uns und sagt zu uns in
göttlicher Vollmacht: Effata! Öffnet Euch! Gott
will euch von der Wurzel allen Übels, dem Blind und Stummsein, und von der
Habsucht, heilen.
Als Jesus des Taubstummen
Ohren und Zunge befreit hatte, gerieten die Menschen außer sich vor Staunen und
sagten:
Er hat alles gut gemacht.
Der Papstbesuch ist sicher
ein Event, ein eindrucksvolles Ereignis, bei dem der Nachfolger des hl. Petrus
unseren Glauben stärken will. Aber ein bleibender
Eindruck wird erst dann entstehen, wenn
sich dadurch etwas in unserem Leben bewegt, hin zu mehr Solidarität mit den
Armen, Hungernden, Kranken und Notleidenden.
Michael Turnwald aus
unserer Pfarrei macht z. Z. in einer Andenpfarrei in Peru ein viermonatigen
Praktikum im Rahmen seiner Ausbildung zum Gemeindereferenten. Es ist gut, dass junge Menschen aus unseren Breiten auf diese Weise
ihre Augen, Ohren und Herz für die Armen öffnen. Ich bin gespannt, was
er uns erzählt, wenn er Ende September heimkommt.
Er kann zwar nicht am
Papstbesuch in Bayern teilhaben, aber er ist bei
denen, für die der Papst uns das Herz aufschließen möchte. Gott lieben, sagt Jakobus, heißt auch die Armen lieben
und mit ihnen solidarisch sein; "Denn Gott hat die Armen in dieser Welt
auserwählt."
Könnten wir nicht dem
Heiligen Vater, dem »servus servorum Dei – dem
Diener der Diener Gottes«, vielleicht heute doch leise
"servus" zurufen. „Mit Dir, Heiliger
Vater, wollen wir Diener der Diener Gottes, vor allem die Armen werden.“