PredigtenÜbersichtLesejahr 2012 (B) Homilie zu Lk 11,14-23 am Do. der 3.Fastenwoche in St. Michael Neunkirchen/Br
===>> zu den liturgischen Texten ===>> Gottesdienstvorlage ===>> Predigt im Orginalformat lesen oder herunterladen ===>> Predigt als Podcast nachhören oder herunterladen
Jesus besiegt die dämonischen Mächte[1]
1. Exorzismus
- In einer Zeitung las ich, dass in Rom ein eigens dazu bestellter Priester täglich wenigstens 15mal den Exorzismus über Menschen jeden Alters spräche, die zu ihm kommen oder geschickt werden. Dass Menschen von Gedanken oder Dingen so besetzt sind, daß nicht mehr frei -handeln und leben können, ist ein Phänomen, das uns zu allen Zeiten begegnet. Auch die Urgemeinde beschäftigte diese Frage.
- Nach jüdischem Glauben hatten die Dämonen nichts mit dem Teufel zu tun. Während Satan den „Söhnen Gottes" zugezählt wurde (Ijob 1.2), galten die Dämonen als Geister jener getöteten Riesen, die „Engel" mit den Menschentöchtern gezeugt hatten. (Gen 6,1-4).
- Hier wird auf vorwissenschaftliche Weise eine Erklärung versucht für jenes unfrei machende Besetztsein des Menschen durch Sachen, Vorstellungen und Zwänge. Dämonen, nannte man diese Mächte, aus denen dann böse Geister wurden.
- Da Jesus von solchen den Menschen unfrei machenden Mächten befreite, wird er selber verdächtigt mit ihnen im Bunde zu sein. Diesen Vorwurf entkräftet das Evangelium mit aller Deutlichkeit. Hinter dem befreienden Tun Jesu, steht Gottes Macht und Herrschaft, wird sein Reich erfahrbar.
- Gott will ja unser Gott, die Mitte unseres Lebens sein, damit es uns gut geht.[2] Aber was machen die Menschen damals wie heute. „Sie neigen ihr Ohr Gott nicht zu. Sie folgen den Eingebungen und Trieben ihres bösen Herzens.“ „Sie zeigten mir den Rücken und nicht das Gesicht.“[3] Wo solches geschieht ziehen die Dämonen ein.
- Darin sind sich Jesus, die Urgemeinde, die Zeitgenossen wie Gegner Jesu einig, dass es so etwas wie Besessenheit gibt.
- Wir erleben heute in verstärktem Maß, viele Menschen sind nicht mehr Herr ihrer selbst. Die steigende Zahl der Suchtkranken erschreckt uns. Es gibt heute so vieles, was die Menschen besetzt und unfrei macht, fesselt und hemmt. Zerbrochene Beziehungen oder berufliche Überforderungen führen bei nicht wenigen zu Depressionen. Die Selbstmorde vor allem bei Männern nehmen zu.
2. Stummheit
- Das Evangelium berichtet, dass Jesus einen Dämon austreibt, der stumm war. Wir kennen verschiedene Formen von Verstummen. Wir können von einem Ereignis so besetzt, so überwältigt sein, dass es uns "die Sprache verschlägt ", dass "wir kein Wort mehr herausbringen". Davon betroffene Menschen sagen dann: „Darüber kann ich nicht sprechen.“
- Auch im Gottesdienst erlebe ich immer wieder Menschen, die ihren Mund aufbringen zum Beten, schon gar nicht zum Singen.
- Es kann jemand vom weltlichen Leben und Treiben, von seinen Sorgen und Ideen so besetzt sein, dass er vor Gott verstummt. Es gibt viele Formen von Besessenheit, von Besetztsein. Zwangsvorstellungen, Psychosen und Neurosen bedürfen dringend der ärztlichen Behandlung aber auch seelsorglicher Begleitung, weil sonst der Mensch an ihnen zugrunde geht.
- Es gibt das Besetztsein von den alltäglichen Sorgen. "Werft Euere Sorgen auf den Herrn", mahnt uns die Schrift, "er sorgt für euch."
- Schlimmer ist heute das Besetztsein vieler Menschen von den durch Bilder, Reklame und Moden an sie herangetragenen Nichtigkeiten und oft auch Scheußlichkeiten, mit denen uns Medien und Internet überschütten.
- Der Prophet Jeremia spricht in einer Zeit des moralischen und religiösen Niedergangs davon, dass die Menschen ihr Ohr nicht mehr Gott zuneigen. Sie folgen den Eingebungen und Trieben ihres bösen Herzens.[4] Kirchenaustritte und Fernbleiben vom Gottesdienst weisen heute in die Richtung des Vorwurfs Gottes an sein Volk durch den Propheten "Sie zeigten mir den Rücken und nicht das Gesicht."
- Der letzte Satz der Lesung aus dem Propheten Jeremia zeigt, wohin dieses Nicht Hören und Besetztsein führt. Es macht Gott und seinen Eingebungen gegenüber gleichgültig. Ein sich hartnäckig verweigerndes Herz verhärtet die Seele: "Die Treue ist dahin, aus ihrem Mund verschwunden“,[5] klagt Gott durch den Mund des Propheten.
- Bestürzende Verhaltensweisen kennzeichnen den Niedergang unserer westlichen Gesellschaften. Die vielen zerbrechenden Ehen, die zunehmende Korruption in der Wirtschaft, das Ausplündern der Sozialsysteme, die zunehmenden Meineide vor Gericht, das Schwinden des Glaubens und das Überhandnehmen des Aberglaubens, um nur einige Phänomene zu nennen, weisen in Richtung Abgrund. Das war zur Zeit des Propheten Jeremia so. Vor dem Hereinbrechen des Nationalsozialismus über Deutschland war es ähnlich. Das Ende war immer Vernichtung und Chaos.
3. Jesus heilt von dem Besetztsein
- Wer sich Jesus nähert, sich von seinem Wort und zeichenhaftem Handeln ansprechen, berühren lässt, der erkennt jene Stellen in seinem Leben, wo er besetzt ist.
Das geschieht: - Wenn ich täglich am Abend mein Gewissen erforsche, also meine eigene Tagesschau halte; - Wenn ich die Heilige Messe mit innerer Aufmerksamkeit mitfeiere, - die Auslegung der Heiligen Schrift auf mich anwende; - Wenn ich in einer persönlichen Beichte mich stelle und durch Gottes Erbarmen und Liebe gestärkt einen Neuanfang wage; - Wenn ich täglich in der Heiligen Schrift lese.
- Dann werden von Gott her meine Verhärtungen aufgebrochen, mein Besetztsein von allen mich von Gott ablenkenden Mächten in die Freiheit der Hingabe und der Treue hinübergeführt.
- Mit dem Evangelium will die Kirche zunächst den Taufbewerbern aber auch uns, den Getauften, sagen: Geh zu Jesus. Er kann dein Besetztsein aufbrechen und heilen. Er kann dich aus deinem Stummsein vor Gott und den Menschen befreien.
- Durch ihn durch seine Macht beginnt in dir Gott zu regieren, zu herrschen. So führt dich Jesus hinaus ins Freie. Denn Er ist der Stärkere. Mag das Böse mächtig sein, ER ist mächtiger. Darum halte dich an ihn.
4. Auf Entschiedenheit kommt es an
- Du wirst dich also für Jesus, für das Leben mit ihm entscheiden. Sonst bist du verloren. Unentschiedenheit ist schon Gegnerschaft, Abfall, Verzetteln der Kraft.
- Jeden Tag neu wirst du deshalb seine Nähe suchen im persönlichen Gebet, durch das Lesen in der Heiligen Schrift, durch das Betrachten seines befreienden Lebens, Leidens, Sterbens, Auferstehens und seines Kommens in Herrlichkeit. Gerade das Rosenkranzgebet ist eine gute Möglichkeit sich mit Maria in die Nähe Jesu zu begeben und bei ihm zu verweilen. Ebenso das Beten, Betrachten und Mitgehen des Kreuzweges. Die Meditationen und Gebete zu den Sonntagen und Wochen der österlichen Bußzeit erziehen uns auf Ostern hin.
- Die Kirche will uns in der österlichen Bußzeit zu einem entschiedenen Christsein führen. Sie zeigt den Taufbewerbern und Getauften, dass nur Entschiedenheit uns der Macht des Bösen, des Dämonischen, des Besetztseins entreißen kann. Sie ermutigt uns daher zur entschiedenen Bindung an Jesus Christus, der sich für uns hingegeben hat.
- Dazu will uns Gott durch Jesus und seine Kirche gerade in der österlichen Bußzeit erziehen.
- Gott will unser Gott sein und uns als sein Volk erziehen, damit es uns gut geht.[6]
[1] Homilie zu Lk 11,14-23 [2] Jer 7,23 [3] Jer 7,24b [4] Jer 7,24 [5] Jer 7,28 [6] Jer 7,23
|