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Lesejahr 2012 (B)

Homilie zu Joh 3,14-17 am 4.Fastensonntag in St. Michael Neunkirchen So.Abendmesse

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Bilder, die unter die Haut gehen
[1]
Wir begegnen heute immer wieder Menschen, die in die Haut eintätowierte Bilder an verschiedenen Stellen des Körpers tragen. Alles Mögliche findet man da auf Armen, Brust und Rücken. Es sind nicht immer gute Bilder.

1 Die Kraft der Bilder
  • Was sich über die Bildschicht in die Seele eingräbt, ist meist unauslöschlich. Da gibt es zum Beispiel diese furchterregenden Monstergestalten in Comic-Heften und Aufklebern, als Plastikfiguren oder in Computerspielen. Sie sind mit Absicht so scheußlich gemacht. Der Kick ist, wir sollen uns gruseln.
  • So etwas gab es schon vor mehr als 2000 Jahren, wenn z. B. die Griechen Geschichten erzählten von dem Ungeheuer Medusa, das so schrecklich war, daß jeder zu Stein wurde, der in ihr Gesicht blickte.
  • Therapeuten wissen, wie zerstörerisch hässliche Bilder für die Seele des Menschen sind. Angst - und Alpträume sind oft die Folge. Auf dem Grund der Seele haust die Fratze, die krankhafte Erscheinungsformen der Psyche auslösen kann. Wir Christen sollten Ausschau halten nach Bildern, die heilen.
'Wie Mose die Schlange erhöht hat' (Joh 3,14) Collage, S. Grän 1987
"Wie Mose die Schlange erhoeht hat" (Joh 3,14) Collage, S. Graen OMF 1987
2 Heilende Bilder in der Bibel


  • Im Evangelium verweist Jesus auf ein solch heilendes Bild. Als die Israeliten durch die Wüste zogen, wurden sie von Giftschlangen angegriffen, und viele Menschen starben. Da befahl Gott dem Mose, er solle eine kupferne Schlange anfertigen und sie auf einer Signalstange befestigen, damit alle im Lager sie sehen konnten.
  • Und jeder, der gebissen wird, soll am Leben bleiben wenn er zu ihr aufsieht. Was damals wirklich passiert ist, wissen wir nicht.
  • Aber in dieser Geschichte der Bibel steckt eine Beobachtung voller Weisheit: Es gibt heilende Bilder, die das Gift unschädlich machen können, das unser Leben bedroht.
  • Johannes hat in seinem Evangelium an diese Geschichte erinnert, wenn er schreibt: "Und wie Mose die Schlange in der Wüste erhöht hat, so muss der Menschensohn erhöht werden, damit jeder, der glaubt in ihm das ewige Leben hat."[2]
  •  Später verdichtet Jesus dieses Bild noch: „Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde ich alle zu mir ziehen.“[3]
  • Jesus spricht von einem anderen Bild: von einem Holzbalken, an dem keine kupferne Schlange hängt, sondern ein Mensch: Jesus Christus. Wie damals die von Giftschlangen gebissenen Israeliten gerettet wurden, wenn sie zur ehernen Schlange aufschauten - das will Johannes sagen - so werden auch wir gerettet, wenn wir unseren Blick auf Jesus, den Gekreuzigten und von Gott  erhöhten und auferweckten Menschensohn richten.
3 Bilder, die verwandeln
  • Es gilt den Blick auf Jesus zu richten – denn „Er ist das Ebenbild des unsichtbaren Gottes, der Erstgeborene der ganzen Schöpfung.“[4] Die meisten von Ihnen werden zu Hause ein Kreuz in der Wohnung hängen haben. Manche tragen ein Kreuz an einem Kettchen um den Hals. An den Wegrändern begegnen uns in katholischen Gegenden Feldkreuze, auf den Friedhöfen und auf den Kirchtürmen sehen wir Kreuze, und beim Gebet machen wir das Kreuzzeichen über uns.
Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde ich alle zu mir ziehen.“ Joh 12,32
Und ich, wenn ich über die Erde erhöht bin, werde ich alle zu mir ziehen.“ Joh 12,32
Die Fastenzeit will unseren Blick ganz besonders auf den gekreuzigten Jesus lenken. Er hat in solidarischer Liebe freiwillig das Kreuz auf sich genommen und ist den Verbrechertod gestorben. Bis zuletzt liebt er, hält er sich an Gott, der für ihn der liebende Vater ist und bleibt. Liebend und betend begegnet er der Grausamkeit und Rohheit seiner Gegner. Im Gekreuzigten begegnen uns Leid und Tod, und das Schicksal des zeitlichen Menschen.
Durch die Auferweckung Jesu aber wird das Kreuz zum Zeichen der Hoffnung und des Sieges. Deshalb tragen wir oft vergoldete Kreuze - weil Gott den Gekreuzigten auferweckt und zum Herrn des Alls gemacht hat. Das Bild des bis zum Tod am Kreuze liebenden Christus, kann unser Leben mit alle dem, was nicht aufgeht, mit all dem Hässlichen, Grausamen und Gemeinen, das uns begegnet und sich an vielen Menschen austobt, vor der Resignation bewahren und aus der Verzweiflung retten.
Und wie halten es unsere evangelischen Mitchristen mit dem Kreuzzeichen? Leider meist nicht so wie es Martin Luther in seinem im evangelischen Gesangbuch abgedruckten Morgensegen empfiehlt. „Des Morgens, wenn Du aufstehst, kannst du dich segnen mit dem Zeichen des heiligen Kreuzes und sagen: Das walte Gott Vater, Sohn und Heiliger Geist. Amen.“
Es geht nicht um konfessionelle Rechthaberei, sondern dass wir nach dem Willen Gottes

4  Umgestaltet werden nach dem Bild seines Sohnes
  • Inständig bitte ich Sie, wegweisenden heilenden religiösen Bildern auch dem Kreuz Jesu in ihrer Wohnung wieder einen Ehrenplatz zu geben.
  • Leider werden unsere Kinder heute weitgehend durch die hässlichen und grausamen Bilder im Fernsehen geprägt. Die seelischen Verwüstungen werden immer mehr spürbar. Psychische Störungen nehmen ständig zu. Abnorme, grausame Verhaltensweisen gefährden das Zusammenleben der Menschen.
  • Die österliche Bußzeit lädt uns ein, das Bild Jesu auf uns wirken zu lassen. Es soll sich gleichsam eintätowieren in unsere Seele. Wir werden staunen, wie Jesus auch unser Leben verwandelt.
  • Paulus spricht im Römerbrief von der Zukunft, zu der Gott die Glaubenden berufen hat: „denn alle, die er im voraus erkannt hat, hat er auch im voraus dazu bestimmt, an Wesen und Gestalt seines Sohnes teilzuhaben, damit dieser der Erstgeborene von vielen Brüdern sei.“[5]  Darum dürfen wir heute miteinander Gott bitten: „Vater, präge das Bild deines Sohnes unauslöschlich in meine Seele ein.“
5 Heilende Bilder in unserer Wohnung
  • Bei einem ökumenischen Bildungsabend über „Formen christlicher Frömmigkeit - Frömmigkeit im Alltag“ baute die Referentin immer wieder meditative Übungen ein. Wir schlossen die Augen, wurden ganz ruhig und still. Dann forderte uns die Referentin auf: Jeder solle jetzt in seiner inneren Vorstellung in seine Wohnung gehen, und dort zu einem Ort, der ihm wichtig ist.
    5.1 Es überraschte mich, wo ich zuerst hinging.

Wir leben von der Gabe Gottes, dem Heiligen Geist
Wir leben von der Gabe Gottes, dem Heiligen Geist

Nicht in mein Arbeitszimmer, wo das Handwerkszeug, die Bücher und der Computer für meine Arbeit sind, sondern zu dem großen von der Decke bis zum Boden reichenden Wandbehang am Ende der Diele. Die Ausgießung des Heiligen Geistes im Feuer und im Sturm auf die Apostel und Maria, die in der unteren Mitte des Bildes mich anschaut.


Vor dem Bild geht mir unmittelbar auf: Gottes Heiliger Geist wohnt seit meiner Taufe in mir, hat mich in der Firmung als Jünger Jesu in die Welt gesandt und in der Priesterweihe mich gesalbt, der Ehre Gottes und dem Heil der Menschen zu dienen.

Jeder, der an ihn glaubt hat das ewige Leben. Joh 3,15
Jeder, der an ihn glaubt hat das ewige Leben. Joh 3,15

    5.2 Dann ging ich in mein Schlafzimmer zu dem Bild,  das für mich „Auferstehung“ heißt.

Ich bekam es zu meinem 20.Weihetag in Münchberg geschenkt. Ob ich mich niederlege oder aufstehe, das Bild erinnert mich daran, dass ich mit Christus von den Toten auferweckt werde. So kann ich mich niederlegen und in Frieden schlafen. Am Morgen kann ich hoffnungsfroh aufstehen um dem Herrn in seiner Gemeinde zu dienen.



Ich gehe in mein Arbeitszimmer voller Bücher, meine geistliche Werkstatt. In der Lesecke schaut mich mein von Alfred Heller gemaltes Primizbild an:


  
Als er aber sah, wie heftig der Wind war, bekam er Angst und begann unterzugehen. Er schrie: Herr, rette mich!  Matt 14,30
Als er aber sah, wie heftig der Wind war, bekam er Angst und begann unterzugehen. Er schrie: Herr, rette mich! Matt 14,30
 
5.3 Jesus ergreift die Hand des sinkenden Petrus, 
der ruft „Herr, rette mich, ich gehe unter!“


Nur an der rettenden Hand Jesu ist es möglich im Auf und Ab des Lebens, der Pflichten und Herausforderungen, der Versuchungen und Niederlagen nicht unterzugehen.

   

So muss der Menschensohn erhöht werden, damit jeder der glaubt, das ewige Leben hat. Joh 3,14
So muss der Menschensohn erhöht werden, damit jeder der glaubt, das ewige Leben hat. Joh 3,14

5.4 Vor dem Computer sitzend geht mein Blick links 
 am Bildschirm vorbei zum Kreuz.


Meine Eltern haben mir zur Primiz geschenkt. Es hängt im Licht des nahen Fensters. Ein Palmzweig schmückt es.
Zu Füßen des gekreuzigten Herrn spannt sich ein Band, das mir unsere frühere Mesnerin Monika Turnwald zu meinem Goldenen Priesterjubiläum schenkte. Darauf hat sie eingestickt: „Der Herr ist auferstandenen, er ist wahrhaft auferstanden.“ Sie weiß inzwischen, dass dies - zu unserem Glück - wahr ist.
Bei allen Predigten, die ich am Computer schreibe, geht mein Blick immer wieder zum gekreuzigten Herrn. Er ist auferstanden und wir werden mit ihm auferweckt zum ewigen Leben.


    5.5 Wir stehen alle unter dem Kreuz des Herrn.
Aber wir brauchen davor weder die Augen verschließen noch davonlaufen. Denn Gott selbst ist in Jesus ans Kreuz gegangen. Er hat in seinem Sohn den schändlichsten aller Tode auf sich genommen. In der Auferweckung Jesu von den Toten hat er das Kreuz zum Zeichen seines Sieges über Sünde und Tod gemacht.
Gäbe es den Sieg des Kreuzes nicht, wer könnte all die schlimmen Dinge auf der Welt aushalten, wie gerade jetzt das schreckliche Busunglück in der Schweiz mit dem plötzlichen Tod von 22 zwölfjährigen Kindern und sechs weiteren Personen
Durch den Sieg Jesu am Kreuz durch seine Auferstehung verlieren Krankheit und Sterben ihren Schrecken. Mehr denn je wird mir klar, dass die wichtigen religiösen Bilder in meiner Wohnung mich bis in die Tiefe hinein prägen, meinem Leben Richtung, Kraft und Hoffnung schenken. Sie sind gleichsam unauslöschlich in meine Seele und meinen Geist eintätowiert, eingebrannt.


[1] Homilie zu Joh 3,14-17
[2] Joh 13,14
[3] Joh 12,32
[4] Kol 1,15
[5] Röm 8,29