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Lesejahr 2012 (B)

Homilie zu 1 Kor 10, 31 - 11, 1 am 6.So.B2012 in St. Johannes Großenbuch

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Tut alles zur Verherrlichung Gottes 1

1. Alfred Delp, als Glaubenszeuge
 
1945 von den Nazis hingerichtet, schreibt während seiner Haft in sein Tagebuch:
  • „In dieser Situation meines Lebens wird mir eines immer klarer: ein Leben ist verloren, wenn es sich nicht in ein inneres Wort, in eine Haltung, in eine Leidenschaft zusammenfasst. Der Mensch muss unter einem geheimen Stichwort stehen, das jedes seiner Stunden verpflichtet und jede seiner Handlungen bestimmt. Nur der so geprägte Mensch wird Mensch sein können, jeder andere wird Dutzendware, über den andere verfügen.“
2. Das geheime Lebens-Stichwort des Paulus
Es lautet:
„Tut alles zur Verherrlichung Gottes.“[2]
  • Gott soll in unserem Tun und Lassen, in unserem Denken und Reden, in unserem Lieben und Leben groß herauskommen. Es kommt nicht so sehr darauf an, was ich tue, sondern mit welcher Einstellung.
  • Ich kann mir beim Essen den Bauch vollstopfen und beim Trinken mich vollaufen lassen. Ich kann aber auch in Dankbarkeit vor Gott Speis und Trank genießen. Das Tischgebet, ob und wie wir es vollziehen, ist ein Anhaltspunkt für unsere Gesinnung.
  • Paulus möchte, dass die Ehre, die Verherrlichung Gottes, zum geheimen Lebensschlüsselwort der Christen in Korinth aber auch der Christen aller Generationen und Zeiten wird.
  • Die Frage, die ich mir als Christ stellen werde, heißt darum: Kommt das wahre Wesen Gottes, seine Herrlichkeit, in meinem Leben, in meinem Denken und Tun groß heraus? Wird bei mir und durch mich seine Herrlichkeit, das was ihn ausmacht, sichtbar und erfahrbar? Die sich mir als Christ am Beginn eines jeden Tages und Werkes stellende Frage lautet:
2.1 Wie kann ich Gottes Herrlichkeit für andere erfahrbar machen?
       Drei Aussagen der heutigen 2. Lesung aus dem 1. Korintherbrief bringen uns diese Aufgabe nahe. Paulus fordert die Korinther auf:
1. „Nehmt mich zum Vorbild, wie ich mir Christus zum Vorbild nehme,“ (1 Kor 11,1)
2. „Ich suche allen in allem entgegen zu kommen.“ (1 Kor 11,33a)
3. „Ich suche nicht meinen Nutzen, sondern den Nutzen aller, damit sie gerettet werden.“

2.1.1 Paulus lebt vor, was er mit Worten empfiehlt.
  • Gott kommt bei uns nur dann groß heraus, wenn wir nicht nur über ihn und zu ihm reden, sondern auch seine Art im Umgang mit unseren Mitmenschen annehmen.
  • Wie Gott zu den Menschen ist, können wir am besten an Jesus ablesen. Das ständige Hinsehen und Hinhören auf Jesus ist deshalb nötig. Im Hinhören auf sein Evangelium lerne ich, wie Jesus mit den Menschen umgeht. Die entscheidende Frage bei meinem Umgang und meinen Begegnungen mit den Menschen heißt also: „Wie würde jetzt Jesus mit diesem Menschen umgehen, der mir gerade begegnet.“
  • Ich gebe zu, das ist nicht leicht. Auch mir gelingt das nicht immer. Ich kann mich dieser Haltung nur annähern, wenn ich täglich meinen Tag unter dieses geheime Stichwort stelle und am Abend mein Gewissen prüfe, wie ich es heute damit gehalten habe. Auch ich muss damit immer wieder von vorne anfangen. Und es gelingt nur, wenn ich mir wie Paulus Jesus zum Vorbild nehme.
2.1.2 Paulus kommt den Menschen entgegen.
  • Er begegnet ihnen mit innerer Offenheit. Er ist nicht reserviert. Er kapselt sich nicht ab.
  • Die Frage, die sein Vorbild an uns stellt, heißt: Bin ich ein entgegenkommender Mensch? Oder warte ich immer nur darauf, dass mir die anderen entgegenkommen? Gehe ich auf meine Mitmenschen freundlich, wohlwollend und großherzig zu?
  • Oder kreise ich nur um mich selber, pflege meine innere Abneigung? Gehe ich mit gepanzertem Herzen und heruntergelassenen Jalousien durch die Welt?
2.1.3 Paulus sucht nicht den eigenen Nutzen, sondern den Nutzen aller.
  • In einer Ellbogengesellschaft ist es schwer, aus der egoistischen Haltung des Eigennutzes auszusteigen und auf den Nutzen aller bedacht zu sein. Schließlich leben heute viele nach der Devise: Ich will für mich herausholen, was herauszuholen ist. Aber wenn wir so denken und handeln, dann wird unser Staats- und Wirtschaftsgefüge zerbrechen.
  • Erst recht müssen sich die Vorsteher der Kirche und ihrer Einrichtungen vor solchem Denken und Verhalten hüten. Denn zum Dienen sind sie geweiht und berufen nicht zum Sich Bedienen.[3]
  • Paulus will uns dazu anregen, dass wir uns fragen: Was tue ich, was allen nützt? Wo kann ich mich nützlich machen im Staat und in der Gemeinschaft in der ich lebe? In der Kirche von Bamberg, in der  Pfarrgemeinde und vor allem in der Familie.
  • Was muss ich tun, damit menschliche und christliche Denk- und Verhaltensweisen unser Gemeinwesen wie Sauerteig durchdringen? Wie kann ich mithelfen in unserem Gemeinwesen und in unserer Kirche Gerechtigkeit und Nächstenliebe zu fördern, um so eine gute Zukunft zu ermöglichen?
  • Habe ich den Mut ungerechtes und unmenschliches Verhalten aufzudecken und beim Namen zu nennen? Oder ducke ich mich ängstlich weg, wenn solches in meiner Umgebung geschieht?
  • Wer so fragt, wird schnell seinen Beitrag finden. Er wird entdecken, dass gerade die ehrenamtlichen Dienste eine Gemeinschaft, auch unsere Pfarrgemeinde am Leben erhalten. Ein solcher Dienst ist auch das Gebet für andere. Es ist die starke unsichtbare Waffe, die uns Jesus ergreifen heißt. Jeder Getaufte und Gefirmte ist dazu berufen.
Am Lebensweg des Paulus ist ablesbar

2.2  Wie ein Mensch zu einer solchen Einstellung kommt
  • Bevor Paulus Christ wurde, war er Pharisäer. Leider ist der Begriff Pharisäer negativ belastet und wir denken dabei an Menschen, die sich verstellen. Dies ist falsch.
  • Pharisäer waren Menschen im ersten Gottesvolk die konsequent sich und anderen beweisen wollten, dass sie etwas leisten und darstellen, was für das Kommen des Messias von Bedeutung ist. Paulus war voller Eifer und Einsatz für seinen Glauben, bis ihm der Auferstandene vor Damaskus erscheint und ihm offenbart, dass er die Anhänger des von Gott auferweckten Messias verfolgt.
  • Paulus hat durch das Eingreifen des Auferstandenen gelernt: Nicht die eigene religiöse Anstrengung zwingt das Reich Gottes herbei, schon gar nicht Fanatismus, sondern Gott schenkt sich in Jesus Christus unverdient dem Menschen. Aus Gnade, durch die unverdiente liebende Zuwendung Gottes, sind wir gerettet. Die Aufgabe des Menschen ist es, sich für dieses Geschenk Gottes offen zu halten, sich ihm zur Verfügung zu stellen.
  • In Jesus hat Gott uns gezeigt: Der Messias kommt nicht auf die Erde, um aus sich etwas zu machen, sondern um aus uns etwas zu machen: nämlich Kinder Gottes, Erben des Reiches Gottes. Er will aus uns Menschen formen, die sich von Gott angenommen und geliebt wissen, und deshalb selbst bereit werden, andere anzunehmen, zu lieben und zu beschenken.
  • Jesus von Nazareth war Mensch, nicht um seine Ehre zu retten, sondern um uns Ehre zu bringen. Und diese Ehre wird uns zuteil, wenn wir wie er dem Leben und Heil der Menschen dienen. Im Johannesevangelium spricht Jesus: „Wenn einer mir dienen will, folge er mir nach; und wo ich bin, dort wird auch mein Diener sein. Wenn einer mir dient, wird der Vater ihn ehren“.[4]
  • Paulus geht es nur noch um das Eine: alles zur Verherrlichung und zur Ehre Gottes zu tun. Er tut dies in der Absicht, dass möglichst alle gerettet werden, indem sie das Liebesangebot Gottes, sein Erbarmen annehmen. Um dies der ganzen Schöpfung, den Getauften wie den Ungetauften offenbar zu machen, verschwendet er sein Leben.
2.3 Dafür setzt er alles ein!
  • Um die Zuwendung Gottes zum Menschen geht es ihm. Das ist ihm wichtig. Der Jünger und die Jüngerin sind dazu ausersehen, dies durch ihr Leben sichtbar und erfahrbar zu machen. Paulus mahnt deshalb die Christen in Korinth und uns: „Gebt weder Juden noch Griechen, noch der Kirche Gottes Anlass zu einem Vorwurf!“ [5]
  • Paulus denkt sich mit Liebe und Phantasie in die Menschen hinein, in seine Freunde und in seine Gegner. Er kann Wesentliches vom Unwesentlichen und Wichtiges vom Unwichtigem unterscheiden. Er ist durch seinen Blick auf Jesus davor geschützt, aus einer Mücke einen Elefanten zu machen.
  • Paulus hat das Wesentliche, den uns in Jesus liebend zugewandten Gott vor Augen. Darum kann er gelassen sein und innerlich frei handeln. Geht es um den Kern, dann wird er ernst und konsequent. In unwesentlichen Dingen ist er großzügig. Er weiß, was er will und wozu er da ist. Darum kann ihn niemand manipulieren.
  • Das geheime Stichwort seines Lebens prägt ihn und macht ihn frei: „Tut alles zu Verherrlichung Gottes.“ Könnte und sollte das nicht auch das geheime Stichwort deines und meines Lebens sein? „Ich tue alles zur Ehre, zur Verherrlichung Gottes.“

[1] Homilie zu 1 Kor 10,31 - 11,1
[2] 1 Kor 10,31
[3] vgl Mt 20,28; Mk 10,45
[4] Joh 12,26
[5] 1 Kor 10,32