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Lesejahr 2012 (B)

Homilie zu Joh 15,1-8 am 5. Osterso. in der Sonntagvorabendmesse in st. Michael Neunkirchen

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Jesus Christus - die sinnstiftende Mitte in Familie und Gemeinde[1]

1. Wurzel und Lebensstrom
1.1 Mutter und Kind
  • Neun Monate lebt und wächst ein Menschenkind schon im Leib seiner Mutter, bevor es das Licht der Welt erblickt. Alle seine Nahrung empfängt es aus Lebensstrom des Blutes seiner Mutter. Durch die Nabelschnur ist es mit dieser Quelle des Lebens verbunden. Hier hat die innige Verbundenheit zwischen Mutter und Kind ihre Wurzel.
1.2 Weinstock und Reben
  • Ein ähnliches Bild verwendet Jesus, wenn er von der Verbindung des einzelnen Getauften mit ihm selber, dem auferstandenen Herrn, und der Glaubenden untereinander spricht.
  • Wie die Rebzweige mit dem Weinstock verbunden sind und daraus ihr Leben empfangen, so ist er es auch mit jedem Christen und mit der Gemeinschaft der Christen insgesamt. Nur insoweit wir mit dem lebendigen Weinstock der Christus ist, verbunden sind bleiben wir auch bei einander, in einer inneren Beziehung zu einander.
2. Sinn und Ziel der Verbindung mit dem Weinstock Christus
Ist jedoch nicht allein das Heil des einzelnen, sondern

2.1 Die Frucht für Gott den Vater
  •  So wie die Eltern stets für ihre Kinder da sind, ihnen das Leben und die Selbstentfaltung ermöglichen so sind auch die Kinder für ihre Eltern, besonders für ihre alten Eltern da. Das meint ja auch das 4. Gebot.
  • "Du sollst Vater und Mutter ehren" - du sollst immer wissen, was sie für dich sind und was du ihnen verdankst. Als du klein und hilflos warst, waren sie für dich da, jetzt da sie hilflos sind und Unterstützung brauchen, bist du für sie da. Sie haben einen von Gott gewollten Anspruch auf deine Liebe.
  •          Wir sind als Christen nicht nur zu unserem eigenen Heil am Weinstock Christi, damit eben wir wachsen und gedeihen, einmal das ewige Leben erben, sondern auch um Frucht zu bringen für Gott, d.h. die Gaben und Fähigkeiten, die er uns schenkt, sollen seine Liebe sichtbar und erfahrbar machen für die Menschen, die uns begegnen, mit denen wir zusammen sind.
2.2 Was sind nun die Früchte eines christlichen, mit Christus verbundenen Lebens?
  • Vor allem ein in Glaube und Liebe bewährtes Familien- und Gemeindeleben. Gott schenkt uns den Glauben,
  •  einmal damit wir unsere ewige Zukunft erkennend voller Freude und Zuversicht ein sinnvolles Leben führen;
  • zum Anderen um die mit uns lebenden und uns begegnenden Menschen mit unserem Glauben und unserer Zuversicht anzustecken uns also gegenseitig im Glauben zu stärken. So wird die Kraft des Weinstocks in uns allen und für alle offenbar.
  • Gott lässt durch Jesus Christus seine Liebe im Heiligen Geist in uns einströmen, damit wir uns ganz und gar als angenommen und geliebt erfahren. So werden wir fähig, unseren Mitmenschen die Liebe Gottes menschlich erfahrbar zu machen, damit der Himmel hier und jetzt schon ein kleinwenig beginnen kann und nicht nur als eine Vertröstung auf das Jenseits erscheint. Aus dem Gesagten ergibt sich
3. Das Zeugnis des Christseins
  • Nur der Christ, der aus der Gemeinschaft mit Christus lebt, vermag ein tragfähiges Zeugnis des Christseins zu geben.
Denn in Christus sind wir jetzt schon mit der Zukunft Gottes, mit dem Himmel verbunden.

3.1 Das Zeugnis des Christseins ist für unsere Familien wichtig
  • Sie sind ja Hauskirche - Kirche im Kleinen. Wenn alle Mitglieder einer Familie diese intensive Verbindung mit Christus haben und sich zu dem einen Ziel unterwegs wissen, werden sie sich nicht so leicht verlieren. Sie werden durch Christus für immer verbunden bleiben.
3.2 Das Zeugnis des Christsein ist für unser Pfarrgemeinde wichtig
  • Und je mehr die Glieder einer Gemeinde an Christus hängen und auf jene gemeinsame Zukunft zugehen, die er schenkt, desto mehr werden sie sich verstehen und über alle Unterschiede hinweg annehmen und lieben können.
3.3 Das Zeugnis des Christseins erweist sich im Umgang miteinander
  • Sowohl in der Familie wie in einer christlichen Gemeinde kommt es nicht in erster Linie darauf an, dass sie ihren Glauben in belehrenden Worten ausdrückt.
  • Die Gegenwart des menschgewordenen, gekreuzigten und auferstandenen Christus wird erfahrbar, indem wir aufmerksam und gut miteinander umgehen, einen solidarischen Lebensstil pflegen, Christus in der Sorge für Kranke, Arme und Notleidende dienen. „Was ihr dem geringsten meiner Brüder und Schwestern getan habt, das habt ihr mir getan.“[2] Aus solchem gelebten Christsein erwächst
3.4 Dank und Freude für die in Jesus Christus gegenwärtige Liebe Gottes
  • Auch in der Dankbarkeit für die Dienste, für den Einsatz, für die Treue, muss sich unser Glaube ausdrücken. Es bricht sich keiner etwas ab, wenn er heute oder auch sonst einmal seiner Mutter dankt, dafür dass sie da ist; mit ihrer Sorge, ihrer Liebe, ihrem Gebet bei ihren Kindern ist.
  • Auch eine christliche Gemeinde lebt davon, dass wir unsere Freude dankbar kundtun, für alles, was uns hier Menschen durch ihren Glauben, ihre Liebe, ihren Dienst schenken und geschenkt haben.
  • Das ist nicht etwa nur Sache des Pfarrers, sonst sieht es ja aus, als wäre die Gemeinde sein Laden oder Betrieb. Jesus Christus ist der Herr der Gemeinde.
  • Wir alle, Priester und Laien sind Rebzweige an dem einen Weinstock, der Christus ist, und dieser Weinstock steht im Garten Gottes. Dafür bringen wir vor allem in jeder Eucharistiefeier Gott unseren Dank dar. Denn wir alle sind Beschenkte. „Der eine lebt vom andern für sich kann keiner sein.“ [3]
Freilich müssen wir auch darauf achten

3.5 Die in Christus gegenwärtige Liebe Gottes nicht zu gefährden
  • Wie schnell und aufgeregt sind wir in der Familie und in der Gemeinde beim Schimpfen, bei Unmutsäußerungen, wenn etwas nicht so geht, wie wir es erwartet oder uns vorgestellt haben. Und wie schwer tun wir uns mit dem Loben, dem Danken, dem Mut machen.
  • Wie oft verweigern wir das Mitmachen und Zupacken, weil es die Idee des anderen und nicht unsere eigene war. Das Kain- und Abelproblem, der Neid über den anderen, der Gaben hat, die ich nicht habe, lähmt auch bei uns die Mitarbeit und das Ziehen an einem Strang.
  • Aber gerade aus positiven Reaktionen schöpft jeder Kraft, erfahren wir Sinn, das Kind genau so wie der Jugendliche und Erwachsene.
  • Jeder braucht diese Sinnstiftung einmal durch Gott, aber auch durch die mit und Glaubenden: die Kinder durch die Eltern, die Eltern durch die Kinder; die Schüler  durch die Lehrer und Lehrerinnen, diese aber auch durch die Schüler, die Gemeinde durch ihre Verkünder und Leiter, aber auch diejenigen die Dienste gewähren durch diejenigen, die sie in Anspruch nehmen.
Das heutige Evangelium will
4. Die Gemeinschaft und Gemeinsamkeit stärken, die Christus in uns bewirkt.
4.1 Bei Jesus Christus und seiner Jüngergemeinde bleiben  
  • Das Evangelium fordert uns auf bei der Gemeinde zu bleiben, die Beziehung zu Christus, zu seiner Kirche, zur konkreten Gemeinde nicht aufzugeben.
  • Eltern ermuntern ihre Kinder am Leben der Kirche teilzunehmen. z.B. den Gottesdienst mitzufeiern. Das heißt aber zuerst mit gutem Beispiel vorangehen also selber den Gottesdienst mitfeiern.
  • Nicht um sagen zu können "Meine Kinder spuren", sondern sie leben in dem Wissen mit der Kirche Jesu, der Mensch kann die Belastungen und Prüfungen des Lebens nur dann bestehen, wenn er fest an Christus gebunden ist.
  • Sie leben mit der Gemeinde Jesu, weil sie spüren, dass unser Volk nur dann eine wirkliche Zukunft hat, wenn es lebendige Gemeinden gibt, deren Glaube, Hoffnung und Liebe in die Gesellschaft hineinstrahlen, um sie menschlicher zu machen. Bei allem Bemühen sollte das Wort Jesu im Evangelium uns immer wieder wachrütteln:
4.2 „Getrennt von mir könnt ihr nichts vollbringen“
  •          Ob es morgen bei uns noch ein vom Glauben geprägtes Leben gibt, hängt wesentlich von unserer lebendigen Beziehung zu Jesus Christus ab.
  • Wer Christus aufgibt, verliert jene Beziehung, die uns über alle irdischen und vorläufigen, ja endlichen Beziehungen hinaus zusammenführt und zusammen hält.
  • Wer die Gemeinde aufgibt, die Kirche des Herrn verlässt, verliert auch Christus, denn Christus gibt keinem das Exclusivrecht auf seine Person.
  • Entweder sind wir alle Rebzweige an dem einen Weinstock Jesus Christus; nähren uns von der durch den Heiligen Geist in der Taufe in unsere Herzen ausgegossenen Liebe Gottes, dann gehören wir auch zusammen;
  • Oder wir verleugnen diese Zusammengehörigkeit, dann schneidet uns der Vater vom Weinstock ab. „Wer nicht in mir bleibt“, sagt Jesus, „wird wie die Rebe weggeworfen und verdorrt.“
4.3 Die Familie ist der von Gott gelegte Urgrund des Lebens
  •  Wer die Familie zerstört und aufgibt, der gibt den von Gott gesetzten Urgrund seines Lebens auf. Das gilt nicht nur für die menschliche Familie, sondern auch für die Familie der Kinder Gottes, die Kirche.
  • Nur wenn die Familie einen Menschen von Gott wegbringt oder abhält, ihn oder sie zum Bösen zwingt oder verführt, darf der Mensch seine irdische Familie aufgeben, denn "er muss Gott mehr gehorchen als den Menschen."
  • Bischof Cyrill von Alexandrien (376 - 444) wurde gefragt, wie er seinen Glauben an junge Menschen weitergebe. Er antwortete kurz und bündig: "Ich lasse sie ein Jahr lang in meinem Hause wohnen"
  • In unseren Familien und in unseren Pfarrgemeinden erleben wir die Freuden und Hoffnungen, die Sorgen und Schwierigkeiten mit. Leben die Menschen dort in der Freundschaft mit dem menschgewordenen, gekreuzigten und auferstandenen Jesus Christus, dann strahlt ihr Leben und Verhalten Impulse aus für ein zukünftiges tragfähiges Leben.
  • Der Glaube sucht und will Gestalt. Wenn unser Glaube nicht konkret erfahrbar wird, verblasst er vor der Übermacht der Dinge und Äußerlichkeiten.
4.3 Eine Mutter erzählt:
  • Eines Tages stellte ich fest, dass mein Sohn Drogen mit nach Hause brachte. Erschrocken fragte ich ihn, ob er damit anfinge, Hasch zu rauchen. Im Gespräch sagte er zu mir er wolle den Stoff nur mikroskopisch untersuchen. Er habe nie die Absicht gehabt, Drogen zu nehmen, weil er in dem Leben unserer Familie viel mehr Dinge sähe, die ihn reizten. Gefragt, was das denn sei, antwortete er mir:
  • „Erstens spielt bei euch das Geld keine so große Rolle wie bei den Eltern meiner Schulkameraden.
  • Zweitens habt ihr ein offenes Haus, und dadurch bekomme ich einen weiten Horizont und drehe mich nicht nur um mich selbst.
  • Drittens habt ihr etwas, für das es sich zu leben lohnt: das ist der Wille Gottes für alle Menschen in der ganzen Welt. Das ist ein Ziel, das mich reizt.“
  • Für alle Verantwortlichen in der Kirche, für alle Erzieher und Erzieherinnen, für alle Eltern, ja für alle Christen gilt deshalb:
  • Leben wir unser Christsein in einer persönlichen Beziehung zu Jesus so revolutionär, dass unsere Kinder Mühe haben, hinterherzukommen, und wir werden Wunder erleben!
 

[1] Homilie am 5. Osterso.B2012 zu Joh 15,1-8
[2] Mt 25,40

[3] Gl 620/1
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