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Lesejahr 2012 (B)

Homilie zu Schrifttexten des 24.Sonntag im Altenheim St. Elisabeth gehalten

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Du bist der Messias
[1]
 1 Der Knecht Gottes
  • In der ersten Lesung spricht beim Propheten Jesaja der Knecht Gottes von sich und seiner Lebenseinstellung "Gott der Herr hat mir das Ohr geöffnet".[2] Er hat sein Ohr und sein ganzes Wesen dem Wort Gottes geöffnet. So wird er zum Sprachrohr Gottes. Das bringt ihm Feindschaft und Verfolgung und schließlich den Tod ein. Er weiß es und nimmt es in Kauf. "Ich aber wehrte mich nicht und wich nicht zurück."[3] Gewaltloser Widerstand!
  • Der Prophet spricht vom Knecht Gottes, nennt aber keinen Namen. Doch spüren wir: in Jesus ist diese Haltung des Gottesknechtes ganz wahr geworden.
  •  Er ist nicht irgendeiner, den man in die Reihe der großen religiösen Gestalten stellen kann, wie Elija, Johannes der Täufer, Buddha oder Mohammed.
  • Jesus fragt seine mit ihm gehenden und lebenden Jünger: "Für wen haltet ihr mich?"
  •  Petrus macht sich zum Sprecher aller "Du bist der Messias". Also, der von Gott gesandte und gesalbte Retter und Befreier.
  • Das Wort Messias hat in unseren Ohren keinen guten Klang. Die Messiasse des 20.Jahrhunderts, ob sie Marx oder Lenin, Hitler oder Stalin hießen, haben eine gewaltige Blutspur hinter sich hergezogen.
  • "Für Führer, Volk und Vaterland" wurden im 2. Weltkrieg ungezählte Soldaten in den Tod getrieben.
  • Wir reagieren heute allergisch auf das Wort "Führer", denn wir wollen nicht "verführt" werden. Und doch brauchen wir Menschen, die uns vorangehen, uns Wege aufzeigen in eine gute Zukunft. Aber wir dürfen nur auf die hören, die sich an die Gebote Gottes und an die Menschenrechte halten.
  • Keiner kann sich aussuchen, in welchem Land er geboren wird, zu welcher Rasse, zu welchem Volk er gehört. Das ist weder ein Verdienst noch ein Makel. Jeder von uns lebt in einer bestimmten geschichtlichen Stunde. Die Jahrgänge zwischen 1900 und 1928 waren es, die zum Töten und Getötet werden gerufen wurden. Ich bin froh über die Gnade der späten Geburt, die mir zuteil wurde. Die betroffenen Jahrgänge tragen schwer an dem, was sie tun und ertragen mussten.
  • Gerade diese Erfahrungen des Krieges und der Verbrechen des Naziherrschaft lehren uns, wachsam allen zu widerstehen, die rassistisch denken, die uns weismachen wollen, wir seien anderen überlegen, seien die besseren Menschen. Jeder Mensch, jedes Volk ist zum Guten wie Bösen fähig. „Meide das Böse, und tu das Gute; suche Frieden, und jage ihm nach!“[4]
  • Wir sind immer in Gefahr, vor allem wenn es uns schlecht geht, nach Messiassen, nach Heilbringern Ausschau zu halten, die mit Gewalt das Steuer herumreißen. Das heutige Evangelium zeigt, dass es z.Z. Jesu nicht anders war als heute. Darum die Frage Jesu an seine Jünger: „Ihr aber, für wen haltet ihr mich?“ Und Petrus antwortet für alle: „Du bist der Messias!“
 2  Das wahre Wesen Jesu des Messias Gottes
Die Antwort Jesu auf das Bekenntnis des Petrus zeigt uns in einer Selbstoffenbarung das wahre Wesen Jesu, des Messias Gottes.
  • Wie ein Blitz zerschlägt seine Selbstoffenbarung all die Bilder, die sich die Zeitgenossen und auch die Jünger von ihm gemacht haben und machen. Aus ist es mit der Vision des Petrus von einem strahlenden Reich in Glanz  und Gloria. "Der Menschensohn muß viel leiden und verworfen werden." Hinter diesem göttlichen "muß" steht also der Wille Gottes. Leuchtet aber auch die Verheißung der Auferweckung von den Toten auf. „Er werde getötet, aber nach drei Tagen werde er auferstehen.“[5]
  • Sein wahres Wesen und die Art seiner Sendung werden erkennbar. Nicht Ich- und Selbstbehauptung, nicht das Ausspielen der eigenen Überlegenheit kennzeichnen sein Leben und Wirken, sondern Aushalten, Leiden, Kreuz und Tod.
  • Für Petrus ist dies unvorstellbar. Bestürzt nimmt er Jesus beiseite und macht ihm Vorhaltungen. Es trifft ihn die harte Zurechtweisung Jesu: "Weg mit dir Satan, geh mir aus den Augen. Du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen.“[6]
  • Was wollen die Menschen? Der Spiegel klagte vor Jahren schon: Nichts sei geblieben in unserer Gesellschaft als der "Tanz um das goldene Selbst". Selbstverwirklichung und Selbstbehauptung sind heute das Lebensziel vieler. Dieses sind positive Werte, solange ich mich nicht auf Kosten anderer verwirkliche und Rücksicht nehme auf Mitmenschen und Mitwelt. Der Blick und das Hören auf Jesus helfen.
 3   Jesus lebt uns den richtigen Weg zu Gott vor.
  • Er lebt nicht auf Kosten anderer, geht nicht über die Leichen anderer. Er verändert die Welt nicht durch Gewalt. Er verwandelt die Welt durch sein gewaltloses Opfer.
  • Das Evangelium hält uns zum Umdenken und Umlernen an. Der Tanz um das goldene Selbst ist die große Gefahr für den Frieden. Denn wer auf sich fixiert ist, will nicht teilen, wird unfähig zum Kompromiss, sucht schnell Lösungen mit Gewalt. Als Mutter Teresa der Friedensnobelpreis verliehen wurde, sagte sie in ihrer Dankesrede:
  • „Der größte Zerstörer des Friedens ist heute der Schrei des unschuldigen, ungeborenen Kindes. Wenn eine Mutter ihr eigenes Kind in ihrem eigenen Schoß ermorden kann, was für ein schlimmeres Verbrechen gibt es dann noch, als wenn wir uns gegenseitig umbringen? Sogar in der Heiligen Schrift steht: "Selbst wenn die Mutter ihr Kind vergessen könnte, ich vergesse es nicht." 


  • Aber heute werden Millionen ungeborener Kinder getötet, und wir sagen nichts. In den Zeitungen lesen wir dieses und jenes, aber niemand spricht von den Millionen von Kleinen, die empfangen wurden mit der gleichen Liebe wie Sie und ich, mit dem Leben Gottes. Und wir sagen nichts, wir sind stumm. Für mich sind die Nationen, die Abtreibung legalisiert haben, die ärmsten Länder. Sie fürchten die Kleinen, sie fürchten das ungeborene Kind.“
  • Der Weg der Gewalt, das hat kein Jahrhundert so furchtbar erfahren, wie das vergangene, führt zu schrecklichen Ungerechtigkeiten, zu Tod und Vernichtung.
  • Die Gefallenen und Vermissten auf beiden Seiten sind nicht nur eine Mahnung, sondern eine erste Verpflichtung zum Teilen, zum Verhandeln, zum Kompromiß und somit zum Frieden. Widerstand gegen alle die töten oder das Töten gutheißen ist angesagt.
  • Das ist oft schwer, ja wie ein Kreuz. Der französische Dichter Paul Claudel sagt: "Wer das Kreuz nicht trägt, den erschlägt‘s". Und Jesus selber sagt angesichts des eigenen Todes, als Petrus zu den Waffen greift: "Wer zum Schwert greift, kommt durch das Schwert um" und "Wer sein Leben retten will, der wird es verlieren."
Im Anschluss an das Hören des Wortes Gottes feiern wir jetzt Eucharistie, das Opfer und Mahl Jesu Christi, seinen Tod und seine Auferstehung.
 4 Die Eucharistie zu feiern ist nicht zuerst eine berauschende Sache, sondern eine todernste.
  • Hier wird Jesu wahres Wesen in irdischen Zeichen unter uns gegenwärtig:
Seine Hingabe bis in den Tod
das Böse auszuhaltend ohne selber böse zu werden
sein Tod als Leben
seine Niederlage als Sieg
seine Gewaltlosigkeit als Durchbruch zur Herrschaft Gottes.
  • Wie Brot teilt er sich unter uns auf. Wie Wein - bis zum letzten Tropfen - verströmt er sich an die Vielen. Das ist sein wahres Wesen. So verkündet es nur die Kirche. Wenn wir nach seinem Wesen leben, ist unser Leben endgültig gerettet bei Gott.
  • Wer die Furchtbarkeit der Waffen oder gar die Schrecken des Krieges am eigenen Leibe erfahren hat, wird sich ganz einsetzen für Gerechtigkeit und damit für den Frieden. Es gibt in unserer Gesellschaft Interessenverbände, die nur an sich denken. Es bedarf der Anstrengung vieler, sollen die den Frieden gefährdenden Entwicklungen in unserer Gesellschaft überwunden werden. Friedlosigkeit im Innern wird sehr schnell zur Aggression nach außen. Der Tanz um das goldene Selbst, das Fixiertsein auf das eigene Ich und die persönlichen Bedürfnisse ist der schlimmste Feind des Friedens.
  • Der vor wenigen Wochen verstorbene Kardinal Carlo Maria Martini von Mailand sagte in einem Interview "Der Friede kann nur werden, wenn wir nicht mehr siegen wollen."

[1] Homilie zu Jes 50,5-9a; Mk 8,27-35
[2] Jes 50,5a
[3] Jes 50,5b
[4] Ps 34,15
[5] Mk 8,31 c
[6] Mk 8,33