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2010 (A)

Homilie am Neujahrsabend in St. Michael

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Ein Jahr der Erneuerung

1 Ursprung unseres Neujahrsfestes

Feuerwerk! Kanonenschläge! Glockengeläute! Knallende Sektkorken! Das Jahr 2010 ist vergangen, das neue 2011 hat angefangen. Wieso eigentlich?

Unser Neujahrsfest hat seinen Ursprung 153 vor Christus in Rom. Es war der Tag des staatlichen Ämterwechsels. Dies wurde ausgelassen gefeiert. Die Kirche reagierte später auf diese ausgelassenen Feierlichkeiten mit der Einführung eines Bußtages. Das kirchliche Bemühen führte zwar nicht zur Beseitigung wohl aber zu einer erträglichen Eindämmung des ausschweifenden weltlichen Treibens. Für viele, auch für viele Getaufte, ist heute der Übergang vom Alten zum Neuen Jahr dem der heidnischen Römer sehr ähnlich.

2  Gemeinsamer Sinn
  • Die verschiedenen Religionen feiern alle den Beginn eines Neuen Jahres zu ganz verschiedenen Zeiten. Meist hatte oder hat das Neujahrsfest einen doppelten Aspekt: Ende der "alten Zeit" und Erneuerung der Welt und Regeneration allen Lebens. Tilgung von Unreinheit und Sünden durch Reinigungsriten.
  • Erneuerung des Feuers in Haus und Tempel z.B. in China, Japan, bei den Römern aber auch bei den Irokesen Indianern. Alles soll neu werden. Auch das Vertreiben von Krankheit und Unheil bringenden Dämonen durch furchtbaren Lärm fließt aus diesem Denken.
  • Dieses Ritual zeugt von einem Urbedürfnis des Menschen, Altes hinter sich lassen und Neues zu beginnen.
  • Dabei ist beim Jahreswechsel gar nichts Besonderes geschehen. Nur eine 11 statt eine 10 hinter 2000. Wichtiger erscheint mir
3 Unser persönliches neues Jahr
  • Jahresanfang und Jahresende ist für jeden von uns persönlich unser Geburtstag. Angefangen hat mein Leben aber schon neun Monate früher, nämlich als ich gezeugt wurde. Ich müsste eigentlich meinen Jahresanfang nicht am 2. November an Allerseelen sondern am 2. Februar an Lichtmess dem Fest der Darstellung des Herrn feiern. Gar nicht schlecht.
  • Wenn wir von der Schöpfungsordnung ausgehen, dann wäre ja für die auf der nördlichen Halbkugel der Erde wohnenden Christen der Jahresanfang Weihnachten, der Tag der Wintersonnenwende und der Geburt Christi. Für die Christen auf der südlichen Halbkugel wäre es der 25. Juni
  • Für uns als Christen gilt, was wir heute im Lied besingen "Christus hat unser Jahr erneut und hellen Tag gegeben; Da er aus seiner Herrlichkeit eintrat ins Erdenleben."[1]
  • Wie dem auch sei, Erneuerung haben wir allemal nötig. Fragt sich nur, ob Feuerwerk, Böllerschüsse und Mengen von Alkohol dabei hilfreich sind. Das alles ist doch eher ein Rückfall in alte Gewohnheiten und Abhängigkeiten. Prosit Neujahr! Es bekomme gut!
  • Ich vertraue nicht so sehr auf die Kraft meiner guten Wünsche, sondern vor allem auf den Segen Gottes und auf die Bitte um Gottes Segen. Aber auch dieser Segen kommt nicht mit himmlischer Automatik auf uns herab. Er gewinnt Gestalt und Kraft durch das Wort Gottes.
4 Erneuerung und Kraft aus dem Wort Gottes
Um die Zukunft wäre es schlecht bestellt, würde der Übergang vom alten ins neue Jahr nur im Kalender stattfinden. Vielmehr sollten wir gesegnet und innerlich erneuert in ein neues Jahr gehen.

4.1 Unter dem Namen Gottes gesegnet
  • Bücher mit Segenssprüchen werden heute gerne gekauft und auch verschenkt. In unserer kompliziert gewordenen und von vielen Mächten gefährdeten Welt spüren immer mehr Menschen: Ohne den Segen Gottes sind wir preisgegeben, verloren.
Durch Mose gibt Jahwe Aaron und seinen Söhnen, also den Priestern, den Auftrag die Israeliten zu segnen.
  • Es heißt: "Sie sollen meinen Namen auf die Israeliten legen, und ich werde sie segnen."
  • Das ist Gottes Name für immer: Jahwe, der Ich-Bin-Da. Er allein ist immer für die Glaubenden, für sein Volk da, denn er ist der Gegenwärtige, über Raum und Zeit Stehende.
  • Von Gott allein geht aller Segen aus; von ihm allein - von der Wirkmächtigkeit seines Namens erhält der Segen seine Leben spendende und befreiende Mächtigkeit. Er darf nur als Geschenk des uns liebenden Gottes verstanden werden. Im Segen geht es um Gottes Liebe als Heil schaffende Macht und als die uns tragende Wirklichkeit.
Dieser Segen muss uns zugesprochen, sein wirkmächtiger Name muss auf uns gelegt werden, damit vor den Augen unseres Herzens sein Angesicht aufleuchtet.
  • Maria, vom Engel als die von Gott Begnadete, zur Mutter seines Messias Erwählte gegrüßt, hat darin die liebende Nähe Gottes erfahren. Jubelnd bekennt sie vor Elisabeth in ihrem Magnifikat: "Denn auf die Niedrigkeit seiner Magd hat er geschaut. Siehe, von nun an preisen mich selig alle Geschlechter:"
  • Es ist etwas Großes, wenn Gottes Segen auf uns gelegt wird: "Der Herr segne dich und behüte dich. Er lasse sein Angesicht über Dich leuchten und sei dir gnädig." Wir sind von Gott angesehen und er ist uns liebend nahe. Das ist höchstmögliches Ansehen. Mein ganzes Sein ist umhüllt von seiner liebenden Nähe. Dass er mir sein Angesicht zuwendet, bedeutet für mich Heil und Leben in Fülle. Die Konsequenz daraus ist für mich, dass ich wie Maria für seinen Messias Jesus lebe und ihn als Gottes Heilbringer bezeuge.
Mit diesem Segen und dieser Sendung dürfen wir ins Neue Jahr gehen. Weiter zeigt uns die Lesung aus dem Galaterbrief:

4.2 Durch Jesus Christus sind wir Söhne und Töchter Gottes
  • Wir gehen nach Paulus nicht in ein Jahr der ewigen Wiederkehr des Gleichen hinein, sondern wir dürfen in der Endzeit leben. Diese ist geöffnet für die Fülle des Lebens, die allein Gott schenken kann. In Jesus Christus ist Gott ein für alle Mal für alle Menschen da. Durch den Glauben an Jesus Christus sind wir Söhne und Töchter Gottes und mit ihm Erben des Himmels.
  • Dahinter steckt der Gedanke: Gott legt den Ablauf der Geschichte fest. Er ist der Herr der Zeit. Er hat wie allem in der Welt auch der Zeit ein bestimmtes Maß gesetzt. Er bringt dieses Maß zum Ziel.
Darum können wir mit Margot Käsmann sagen:
Nichts unter Gottes Himmel ist so neu, dass wir verzweifeln müssten. Auch das neue Jahr nicht.
Und nichts ist so alt, dass es nicht erinnert werden könnte, keine Zeit geht wirklich verloren bei Gott.
Und nichts ist so verloren, dass es nicht erneuert werden könnte.
  • Die Erneuerung beginnt, wenn wir nicht mehr Sklaven der Zeit und der Vergänglichkeit sind. Wir sind frei für Gott, frei für die ewige Zukunft bei ihm.
Diese Wahrheit muss allerdings immer wieder verinnerlicht werden. Deshalb werden wir

4.3 wie Maria das Gehörte wägen und bewahren

 Am Ende der Geburtsgeschichte Jesu steht ein bedeutsamer Satz:

  • "Maria aber bewahrte alles, was geschehen war, in ihrem Herzen und dachte darüber nach."
  • Der Glaube muss tief im Innern Wurzeln schlagen. Nur so kann er nach außen wirken. Im Schwall der Worte, die in belanglosen Gesprächen fallen, die aus Lautsprechern dröhnen und den Alltag durchlärmen, muss es Menschen geben, die das einzelne Wort wieder wägen.
Deshalb sagt der Kirchenvater Augustinus von Maria:
  • „Die leibliche Geburt des Gottessohnes hätte ihr wenig genutzt. Freudiger trug sie ihn im Herzen und bewahrte ihn so für uns.“
  • So wird Weihnachten eine Feier über den Tag hinaus, die Menschwerdung Gottes zu einem immerwährenden Fest.
  • Und Maria wird zum Vorbild für uns. Wie sie werden wir das Wort Gottes im Herzen bewahren und darüber nachdenken. So werden Herz und Verstand, der ganze Mensch aufgehoben im Wort Gottes. Geborgen über den Tag hinaus, erfüllt von Gottes heilender Botschaft.
  • Was können wir uns mehr wünschen für das neue Jahr? Um so zu leben, braucht es keine besonderen Talente oder Fähigkeiten; Offenheit und Zeit reichen aus.
Und das Beste zum Schluss:

5 Auch der Name Jesu liegt auf uns
  • „Als acht Tage vorüber waren und das Kind beschnitten werden sollte, gab man ihm den Namen Jesus, den der Engel genannt hatte, noch ehe das Kind im Schoß seiner Mutter empfangen wurde.“
  • Jesus bedeutet »Gott rettet«. Auch wenn es schon eine Floskel ist, in diesem Fall ist der Name Programm: Der, zu dem wir beten, den wir bekennen, ist der, der uns rettet. Jesus - Gott rettet. Zwei Worte, die das neue Jahr beschwingter angehen lassen.
  • Zugleich wird durch die Beschneidung deutlich, dass Jesus eingefügt in das von Gott erwählte Volk Israel, dass er der wahre Nachkomme Abrahams ist. Die Beschneidung am männlichen Glied macht sichtbar, das Volk Gottes verdankt seine Existenz nicht zuerst der eigenen Zeugungskraft, sondern dem Glauben und Vertrauen Abrahams. Darauf antwortet Gott mit der Verheißung: „Segnen sollen sich mit deinen Nachkommen alle Völker der Erde, weil du auf meine Stimme gehört hast.“[2] In Jesus Christus ist dieser Segen für alle Völker Fleisch geworden.
  • Der Name Gottes »Ich bin für Euch da« und der Name Jesu »Gott rettet« werden heute auf uns gelegt. So gesegnet kann das Neue Jahr für uns zu einem Jahr der Erneuerung werden. Gott wird uns durch seinen als geliebten Sohn bezeugten Messias Jesus Christus der Fülle der Zeit und der Ewigkeit, unserem unvergänglichen Glück und unserer ewigen Seligkeit näher bringen.
Darum ist unser Wunsch für einander ein Gebet: Gott schenke dir durch Jesus ein glückseliges Neues Jahr.
 

[1] Gl 158
[2] Gen 22,18