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2010 (A)

Homilie am 11.Dez. 2010 in St. Michael Neunkirchen in der Sonntagvorabendmesse

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Stärkung der auf den kommenden Herrn Wartenden
Euer Herz sei stark und unverzagt, ihr alle, die ihr wartet auf den Herrn.[1]

Überzogene Erwartungen? - Trostworte aus dem Exil[2]

  • Je größer die Bedrängnis und Hoffnungslosigkeit desto mächtiger die Hoffnungsbilder und oft auch die Anstrengungen das Elend zu überwinden. Oder aber totale Resignation.
  • Blühende Wüsten entstehen für eine bestimmte Zeit immer wieder. Alle 6 bis 10 Jahre blüht die Atacama Wüste in Chile eine der trockensten Wüsten der Welt. Das geschieht durch den El Nino, der eine Überhitzung der ufernahen Meeresströme bewirkt. Die Küstennebel (camanchacas), die sonst recht schnell verdunsten, enthalten dadurch ausreichend Feuchtigkeit, um über der Wüste abzuregnen.
  • Israel - gelobtes Land, trockenes Land hat große Pläne: die Wüste soll ergrünen, koste es Wasser was es wolle. Doch der Raubbau zeigt seine Folgen: der See Genezareth schwindet und das Tote Meer stirbt. Um 20 m ist der Wasserspiegel gefallen.
  • Für Jesaja ist die blühende Wüste und die Steppe mit heilsamen Quellen, die Pracht des Karmel dessen Wälder gerade von Bränden verwüstet wurden, die herrlichen Zedernwälder des Libanon, nicht nur eine Sehnsuchtslandschaft, sondern ein Bild für die Hoffnung aus der babylonischen Gefangenschaft heimkehren zu dürfen ins Gelobte Land. Die Trockenheit und Dürre ihres Lebens sehnt sich nach Befreiung und Wiederbelebung.
  • Freilich solche Rettung ist nur durch Gottes Eingreifen möglich. Daher die  Zusage: "Er selbst wird euch erretten." [3]

Geduldiges Warten [4]

  • Da heute die wenigsten Menschen in der Landwirtschaft tätig sind, sind die Bilder vom Warten des Bauern für die meisten Zeitgenossen problematisch geworden. Der Bauer weiß, wie wichtig es ist die Jahreszeiten genau zu beobachten. Vom Säen des Roggens und Weizens im Herbst bis zur Ernte im Sommer des kommenden Jahres ist eine lange Zeit des Wartens. Beim Säen darf das Feld weder zu nass noch zu trocken sein. Wenn es zur Erntezeit regnet, braucht es Geduld bis der  Mähdrescher eingesetzt werden kann.
  • Wartenkönnen ist eine alte Tugend, die heute vielen abhanden gekommen ist. Vergessen ist weitgehend, was der Prediger Kohelet im AT verkündet "Alles hat seine Stunde. Für jedes Geschehen unter dem Himmel gibt es eine bestimmte Zeit“[5]
  • Die Mentalität "Ich will alles, und zwar sofort", hat die fatale Wirkung, dass jeder erfüllte Wunsch sofort Junge bekommt, also süchtig macht. Oder aber die Erwartungen sterben.
  • Umfragen zeigen, dass viele Menschen mit dem Weihnachtsfest keinerlei Erwartungen mehr verbinden. Viele erwarten auch nichts mehr für ihr Leben, höchstens noch unliebsame Überraschungen. Und sie erwarten erst recht nicht mehr einen neuen Himmel und eine neue Erde. Sie erwarten nichts mehr nach ihrem Tod und ganz sicher nicht das Kommen des Herrn in ihrem Leben.
  • Der Advent schenkt die Gelegenheit das Warten auf Wesentliches, auf die Zukunft, die Gott uns eröffnet, neu einzuüben. Eine Zukunft die weit über unsere irdische Existenz hinausweist: auf den Christus, der die Erlösung vollenden wird.
  • Deshalb können wir uns gelassen auf die Riten und Gesänge der Adventszeit einlassen. Sich zu entspannen hat auch etwas mit dem Warten-Können zu tun, mit Geduld und Gelassenheit.
  • Geduldiges Warten-Können stärkt das Herz für den Augenblick der Ankunft des Herrn in meinem Leben. Es bewahrt mich davor, mich richtend über die Mitmenschen zu erheben; denn der Herr steht schon vor der Tür eines jeden von uns, um die Dinge zu richten, die wir durch unsere Sünden vermurksen oder verhindern.
  • Das geduldige Warten auf den kommenden Herrn hilft uns auch die Leiden des Lebens zu tragen, ohne daran zu zerbrechen. Wir brauchen nur auf die Propheten und die vielen Heiligen zu schauen und von ihnen zu lernen.

Erfülltes und angefochtenes Warten [6]

  • Den Täufer Johannes erleben wir als einen Menschen, der vollkommen in seiner Berufung »Wegbereiter des Messias« zu sein aufgeht.
  • Der Jude Johannes ahnt den Messias und stellt sich mit seinem ganzen Leben in dessen Dienst. Er weist auf ihn hin, er predigt als der "Vorläufer", er isst und kleidet sich wie kurz vor dem Untergang der Welt und dem Beginn der neuen Welt, in der Essen und Kleidung wohl nichts mehr bedeuten. Und Johannes zeigt der Welt das Zeichen, das für einen grundsätzlichen Neuanfang steht: die Taufe. Sie wäscht, sie säubert, sie reinigt Leib und Seele, macht bereit für Gott.
  • Und doch ist sein erfülltes Warten angefochten als er einsam im Kerker liegt und es ihm ans Leben geht. Über seine Jünger lässt er Jesus fragen: "Bist du der, der kommen soll, oder müssen wir auf einen andern warten?"[7]
  • Jesus antwortet ihm auf Wort des Propheten Jesaja verweisend, das sich an ihm erfüllt hat: "Blinde sehen, Lahme gehen, Aussätzige werden rein, Taube hören, Tote stehen auf, und den Armen wird das Evangelium verkündet“.[8]
  • Auch wir werden bei unserem Warten auf das Kommen des Herrn angefochten werden. In schwierigen Lebenssituationen, wenn Krankheiten und menschliche Enttäuschungen zu verkraften sind, Menschen der Kirche uns schlecht behandeln oder enttäuschen.

Aus unserem Warten muss bittendes Warten werden [9]

  • Das lehrt uns der Antwortgesang nach der 1. Lesung. Gott, der du Himmel und Erde und den ganzen gewaltigen Kosmos geschaffen hast, du hältst ewig die Treue.
  • Du erweckst unter deinen Kindern immer wieder solche, die den Unterdrückten Recht verschaffen, den Hungernden zu essen geben, die zu Unrecht Gefangenen freibringen, denen die mit Blindheit geschlagen sind, die Augen öffnen für die Wunder deiner Schöpfung und deiner Liebe, sich für den Schutz der Fremden einsetzen, und sich um Witwen und Waisen kümmern.
  • Jeden Tag und in jeder Lage dürfen und werden wir zu ihm rufen: "Komm, o Herr, und erlöse uns!"


[1] Ps 31,25
[2] Jes 35,1-6a.10
[3] Jes 35,4
[4] 2. Lesung: Jak 5,7-10
[5] Koh 3,1
[6] Evang: Mt 11,2-11
[7] Mt 11,3
[8] Mt 11,5
[9]  Antwortgesang : Ps 146 (145), 6-7.8-9b.9c-10 

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