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Lesejahr 2011 (A) Homilie a, 17.Sonntag A2011 in Honings »ULF vom Rosenkranz« Das eine Notwendige 1 Bedürfnisbefriedigung
war
ab 1968eines des großen Schlagworte. Es hatte massive Auswirkungen auf
die Erziehung der Kinder, auf die Bildungs- und Sozialpolitik, auch auf
das kirchliche Leben. Heute redet man nicht mehr davon, man lebt sie -
die Bedürfnisbefriedigung.
Freilich es ist eine Tatsache,
1.1 Jeder Mensch braucht ganz bestimmte Dinge und Formen der Zuwendung, um leben und sich entfalten zu können.
Wir
brauchen Nahrung und Kleidung und ein Dach über dem Kopf. Wir brauchen
Liebe, Geborgenheit und Verständnis. Wir brauchen die Chance, unser
guten Anlagen und Fähigkeiten entfalten zu können. Wir brauchen aber
auch Führung und Korrektur, um mit dem Bösen und Menschenfeindlichen in
und um uns fertig zu werden.
1.2 Diese Grundbedürfnisse des Menschseins wollen auf Dauer befriedigt werden.
Jeder
muss sich dafür anstrengen und seine Leistung erbringen. Ich kann keine
Leistung der Gemeinschaft verlangen, wenn ich selber keine erbringe
oder erbracht habe; es sei denn, einer wird krank oder behindert
geboren.
Freilich sollten wir
dem Anspruchsdenken die Zügel anlegen. Paulus mahnt daher seinen
Mitarbeiter Timotheus: „Wenn wir Nahrung und Kleidung haben, soll uns
das genügen.“[1] Ungezählte Menschen auf der Erde wären schon froh, wenn
sie täglich genügend Nahrung hätten. Die Hungersnot in Somalia erinnert
uns an den Hunger in der Welt.
1.3 Im Brutofen der Verwöhnung aufwachsende junge Menschen geraten in Gefahr lebensuntüchtig zu werden.
Sie
haben nur gelernt zu bekommen, aber nicht zu geben. Wem alles zuteil
wird, ohne dass er sich dafür anstrengen muss, für den werden schnell
Lust und Unlust zum alles bestimmenden Maßstab des Tuns und Lassens. Man
gewöhnt sich daran, auf Kosten anderer zu leben und ist frustriert,
wenn sich seine sog. Bedürfnisse nicht leicht befriedigen lassen.
1.4 Das übersteigerte Bedürfnisdenken kommt letztlich aus dem marxistischen Menschenbild
Dieses
sieht den Menschen als Naturwesen, das keine Freiheit besitzt. Man
brauche nur seine Bedürfnisse befriedigen, dann sei der Mensch
glücklich. Die marxistischen Systeme sind letztlich an dem Mangel an
Freiheit und Leistung zugrunde gegangen.
1.5 Die vom Wohlstand verwöhnten Nationen haben eine andere Erfahrung gemacht.
Sie
mussten erleben, wie wahr das Sprichwort ist: Jeder erfüllte Wunsch
bekommt Junge. Die Verwöhnten reagieren sofort mit Unlust, wenn etwas
von ihnen verlangt wird. Die Ausrede »ich habe keine Lust« ist
bezeichnend für diesen Zustand. Den Menschen auf die Stufe eines
brünstigenTieres erniedrigend heißt es dann »ich habe keinen Bock.“
2 Bedürfnisbefriedigung ohne Gott führt zu Selbstvergötzung und egoistischer Willkür
Wir
Christen leben inmitten dieser Welt. Wir sind nicht nur Kinder Gottes,
sondern auch Kinder unserer Zeit. Als solche sind wir in Gefahr, dass
wir uns im Denken und Verhalten der Welt angleichen. Damit hatten schon
die ersten Christen in Rom zu kämpfen. Deshalb mahnt sie Paulus:
„Gleicht euch nicht dieser Welt an, sondern wandelt euch und erneuert
euer Denken, damit ihr prüfen und erkennen könnt, was der Wille Gottes
ist: Was ihm gefällt, was gut und vollkommen ist.“[2]
Wie aber sieht das Denken und Verhalten, der nicht mehr vor Gott verantwortlichen Welt heute in unseren Breiten aus?
2.1 Alles testen und ausprobieren
Diese
Botschaft brachten die Beatles unter das Volk. Man wollte sehen, ob es
kickte, wollte schauen, was passierte.[3] Die Frage, ob es gut oder
schlecht ist, wird nicht mehr gestellt. Mit dem Christentum jedenfalls
hatte man nichts mehr am Hut. Der junge John Lennon verkündete im März
1966 »Christianity will go» - Das Christentum wird gehen! Man könne ohne
Sinnbehauptungen, ohne Dogmen, ohne Logik, ohne Werturteile, ohne
Wahrheitsanspruch leben.[4]
2.2 Ohne Scham leben
Unter
der Devise »Mir san mir! Legt man jede Scham ab. Bernhard Meuser sagt
es so: „Nichts Verbindendes mehr als die kollektive Spaßvereinbarung.
Teuer verpackte, ethisch und weltanschaulich haltlose Menschen geben
sich der Pornographie des Sinnfreien hin.“[5]
Die
harten Worte des Apostels Paulus über die heidnische Lebensart seiner
Zeit, treffen auch zum großen Teil auf unsere westlichen Gesellschaften
zu »Ihr Ende ist das Verderben, ihr Gott der Bauch; ihr Ruhm besteht in
ihrer Schande; Irdisches haben sie im Sinn.“[6]
Dabei
hätten Menschen, die sich so verhalten, allen Grund zur Scham. Nochmals
Bernhard Meuser in seinem Büchlein »Lieber Hosenträger als gar keinen
Halt«: „Sich dem Kult der sinnfreien Hingabe an »das eigene Ding« zu
ergeben, heißt den Zusammenhang aufkündigen zwischen meinem und deinem
Leben, meiner und der nächsten Generation, meinen Möglichkeiten und der
Not der anderen. Das Problem unserer Zeit heißt Desolidarisierung.“[7]
3 Ganz anders handelt der Mensch, der von Gott her und mit dem Evangelium Jesu Christi lebt.
Im Gegensatz zu den Märchen, wo man drei Wünsche frei hat
3.1 Hatte Salomo nur einen Wunsch frei;
Er
wählt zur Freude Gottes - nicht das Naheliegende, sich Aufdrängende,
was man halt gerade so braucht, nicht Gesundheit oder Reichtum, nicht
langes Leben oder den Sieg über die Feinde. - Nein! Er
erbittet für sich das Gute und wirklich Nötige, damit er das, was ihm
aufgetragen ist, so tun kann, das er den ihm anvertrauten Menschen
gerecht werden kann. Er bittet um ein hörendes Herz, damit er das Volk
Gottes regieren und Gutes vom Bösen unterscheiden kann. 3.2 Herz im Sprachgebrauch der Bibel
Meint die Mitte der Person, den Sitz des menschlichen Denkens und Empfindens, das Sinn- und Lebenszentrum.
Mit
dem Herzen hören meint das Hinhorchen mit allen Fasern seiner Existenz,
nimmt den ganzen Menschen in Anspruch. Das Herz Salomos will allein auf
das schöpferische Wort Jahwes hören. Der Regent des Volkes Israel will,
dass Gottes schöpferisches Wort ihn regiert.
Und
Gott freut sich, daß er das einzig Richtige und Zentrale für sich
erbat. Und Gott gibt ihm eben deshalb alles andere dazu, was er nötig
hat. Genau das gleiche meint Jesus, wenn er sagt: „Euch aber muss es
zuerst um sein Reich und um seine Gerechtigkeit gehen; dann wird euch
alles andere dazugegeben.“[8]
3.3 Das Christsein wird oft beschrieben als Verzichten müssen und Opfer bringen.
Religionskritiker
wollen die Gläubigen als Menschen abtun, die ihr Menschsein nur
verkürzt leben würden. Sie lehnen den Glauben ab, weil er die Preisgabe
eines freiheitlichen Lebens verlange. Das ist eine sehr verkürzte Sicht.
Christsein
heißt vielmehr, dass ich den Sinn meines Lebens erfahren habe und daher
befreit leben kann. Wer den Sinn gefunden hat, der weiß auch warum und
wofür er Opfer bringt und Verzicht übt. Wer nicht verzichten kann, wird
nur zu schnell der Sklave seiner Wünsche, seiner Bedürfnisse und Lust.
Wer
nicht zum Opfer bereit ist, macht sich mitschuldig, wenn die Welt
morgen unmenschlicher und der Mensch des Menschen Wolf wird.
Wenn
Ärzte, Krankenschwestern und Krankenpfleger, ärztlicher Notdienst sich
weigerten am Sonntag Dienst zu machen, dann würden viele Gesundheit und
Leben verlieren, und das könnte dich und mich, oder einen Menschen
treffen, den du liebst.
3.4 Die Menschheit lebt vom Opfer.
Ein
Mensch verzichtet, um frei zu bleiben; bringt Opfer um eines höheren
Gutes willen, dient dem Leben und Glück der Menschen und dem Wohlergehen
der Erde. Wer das begreift, für den ist das Opfer lebensnotwendig und
sinnvoll.
Nicht der ist frei, der macht, was er will - diese
Freiheit schlägt nur zu schnell in eine schreckliche Abhängigkeit oder
Tyrranei um.
Der ist in Wahrheit frei, der verwirklichen kann,
was er soll. Der also im Stande ist zu tun, was seiner innersten von
Gott geschenkten Berufung entspricht. Der so dem Heil und Wohl der
Menschen dient.
Nur wenn es viele solcher hörender Herzen gibt,
hat die Menschheit eine gute Zukunft, nicht nur das: Wir stehen dann
auch unter der Verheißung Jesu, daß uns alles andere dazugegeben
wird.[9]
3.5 Der mit allen Fasern seines Sein auf Gott hinhorchende Mensch,
Weiß,
daß er nach dem Bild Gottes geschaffen und mit seinem Geist begabt ist.
Er macht seinen Einsatz nicht von Lust und Unlust abhängig. Er weiß
sich kraft des Geistes zur Einsicht in das Gute und Notwendige fähig. Er
sagt: Ich sehe ein, daß dies und jenes gut und notwendig ist, deshalb
tue ich es. Auch ihm wird neben der Last auch Lust und Freude zuteil,
aber als Folge seines Tuns. Verzicht
und Opfer sind also Konsequenzen eines gelungenen Lebens und nicht
letzte Werte. Wir bringen nicht Opfer um des Opfers willen. Genauso sind
Lust und Freude nicht Voraussetzungen, sondern Folgen sinnvollen Tuns
und Gelingens.
Von Mutter
Teresa lernen wir das eine Notwendige: Glück ist andere glücklich
machen. Und Sinn zeigt sich in vertrauender Kooperation mit Gott.[10]
[1] 1 Tim 6,8 [2] Röm 12,2 [3] Bernhard Meuser, Lieber Hosenträger als gar keinen Halt S.18 [4] ebd. S.18 [5] ebd S.20 [6] Phil 3,19 [7] Meuser S.20 unten [8] Mt 6,33 [9] Mt 6,33 [10] Bernhard Meuser, ebd. S.97 f.
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