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Lesejahr A 2013/14 bis 2014/11

Predigt - Homilie zu  Gen12,1-4a am 2. Fastenso. in der Sonntag Abendmesse  in St. Michael NK

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Gott ruft und führt [1]

1. Wo sind wir zuhause?

  • Wenn wir in Nachtträumen von Zuhause träumen, dann bewegen wir uns nicht selten im Haus unserer Kindheit, obwohl dieses Haus schon längst nicht mehr steht, einem Neubau gewichen oder von fremden Menschen bewohnt ist. Unsere Seele sehnt sich noch immer nach dem ersten Zuhause, nach der ersten Geborgenheit.
  • Hat einer einen Menschen gefunden, der ihn liebt, den er liebt, kann er sagen bei dir bin ich Zuhause, fühle ich mich geborgen. Und doch fürchten wir insgeheim den Tag, da uns dieser Mensch durch Lebensumstände oder Tod genommen werden kann.
  • In ihren Hymnen an die Kirche drückt es Gertrud von Le Fort so aus: "Denn alle Nähe der Menschen ist wie Blumen, die auf Grüften welken, und aller Trost ist wie eine Stimme von außen.”
  • Dann aber auf die Kirche blickend, sie als Werkzeug Gottes verstehend, sagt sie freudig:
"Du aber bist wie eine Stimme mitten in der Seele."
2. Herausgerissen aus Sicherheit und Geborgenheit

  • Viele von uns sind schon einmal - vielleicht mehrere Male - aus der eigenen Sicherheit, aus Geborgenheit und Heimat herausgerissen worden. Jeder muß täglich damit rechnen herausgerissen zu werden.
  • Die entscheidende Frage wird immer sein, ob ich Gott in solchem Geschehen entdecken kann. Wenn ich auf meinen eigenen Lebensweg blicke, spüre ich, daß Gott mich führte, oft auch dorthin wohin ich zunächst nicht wollte.  Was Reinhold Schneider sagt, gilt für jeden:
"Wer den Ruf zu hören glaubt, der muß gehen."
3. Abraham hörte den Ruf und ging.

  • Gerne würden wir wissen, wie Abraham das an ihn gerichtete Wort gehört, bei welcher Gelegenheit er es vernommen hat: etwa in einem Traumgesicht, durch ein Wunderzeichen, durch das Wort eines Menschen, durch eine geheimnisvolle Stimme, oder mitten in seiner Seele?
  • Der Text schweigt sich darüber aus. Er sagt nüchtern: „Der Herr sprach zu Abraham, ....und Abraham gehorchte.“ In jener alten Zeit waren die Menschen davon überzeugt, daß zwischen Himmel und Erde, Diesseits und Jenseits nur ein dünner Vorhang ist. Es war ihnen selbstverständlich, dass Gott zu den Menschen sprach und daß das Sprechen Gottes von den Menschen vernommen werden kann.
  • Gott spricht auch heute zu dir und zu mir.  Nur hören wir oft nicht mehr seine leise Stimme, weil heute so viele Stimmen auf uns einreden und wir von so vielen Dingen besetzt sind, oder uns selber zu wichtig nehmen, von Gott erwarten, daß er sich nach uns und unseren Plänen richtet. Obwohl wir im Vaterunser jedesmal beten: „Dein Wille geschehe wie im Himmel so auf Erden.“
  • Ein weiterer Grund für die Zurückhaltung im biblischen Text ist auch, daß es den damaligen Menschen nicht darauf ankam, was der Mensch empfand, sondern was Gott sagte.
  • Der Augenblick, da der Mensch die Offenbarung empfängt, tritt gegenüber der Geschichte zurück, die diese Offenbarung auslöst. Das ist auch bei uns so.
  • Wer fragt schon bei einem Priester- oder Ordensjubiläum, was in einem jungen Menschen vor sich ging, als er sich auf das Wagnis einließ, Priester oder Ordenschrist zu werden. Oder bei einer goldenen Hochzeit, warum gerade diese beiden Menschen sich gefunden und ja zu einander gesagt haben.
  • Eines zeigen alle drei Lesungen heute deutlich: Gott ruft und führt. Jesus ruft und führt.  Daß das so ist, habe ich als junger Mensch erfahren und erfahre es immer noch. Solange wir vor Gott und unserem Herrn Jesus Christus still werden, solange wir Hörende sind, um Gehorchende zu werden, wird diese Erfahrung uns begleiten.
  • Paulus spricht in der 2.Lesung davon, dass Gott uns mit heiligem Ruf gerufen hat. Dieses Gerufenwerden haben wir uns nicht verdient. Er ist vielmehr Gottes souveräner, ewiger Entschluss, Zeichen seiner Gnade, seiner liebenden Nähe, die uns um Christi willen zuteil wird.
  • Dies gibt uns die Kraft auf dem Weg zu bleiben, auf den der Herr uns gerufen hat, und durchzuhalten, wenn er beschwerlich wird und wir um des Evangeliums willen leiden müssen.
4. Abraham empfängt in der Offenbarung, die ihm zuteil wird kein neues Wissen, sondern eine Weisung

  • Er soll sich auf den Weg machen in ein Land, das Gott Ihm zeigen wird. Diese Weisung ist für einen Nomaden nichts Neues, sondern das tägliche Brot. Er muß immer wieder Ausschau halten nach neuen Weideplätzen.
  • Eine Zumutung für Abraham stellt jedoch das Fortziehen aus seinem Vaterhaus dar, das soviel wie Sippe  bedeutet. Die Sippe oder der Klan bot den Nomaden den einzigen wirksamen Schutz vor Räuberhorden und gierigen Stadtkönigen.
  • Wenn Abraham fortzieht aus seiner Sippe, wird er nach menschlichem Ermessen schutzlos. Gott selber übernimmt den Schutz Ahrahams. Gott wird zu seinem Gefährten auf seinem Lebensweg. Er steht von jetzt an unter Gottes Schutz und Segen: „Ich will alle segnen, die dich segnen, wer dich verwünscht, den will ich verfluchen.“ Gott wird für Abraham zur unüberwindlichen Burg, in der er geborgen ist.
  •          Freilich ist diese Botschaft für taube Ohren und verschlossenem Herzen nicht zu hören. Sie werden ein solches Vertrauen und solchen Gehorsam für eine Verrücktheit halten.
  • Es kommt darauf an, daß wir uns mit Zuversicht und wagendem Vertrauen auf Gott als Freund und Weggefährten einlassen.
  • Ich durfte in den 55 Jahren meines Priesterseins immer wieder erfahren, daß ich von ihm geführt und gehalten bin. Voraussetzung dafür war, daß ich mich dorthin führen ließ, wohin ich zunächst nicht gehen wollte, daß ich meine Pläne von Ihm umstürzen ließ.
5. Auswirkungen des Glaubensgehorsams

  • Liebe Schwestern und Brüder! Es gibt nichts Wichtigeres in unserem Leben, als sich von Gott führen und den Lebensweg von ihm bestimmen zu lassen. Auch wenn dies zunächst in unsicheres Neuland führt und der Sinn nur unklar, schemenhaft vor uns liegt. Auch das Ziel Abrahams lag in der Geschichte und jenseits seiner Lebenszeit.
  • Der Verfasser der heutigen 1. Lesung wußte von dieser Geschichte mehr als Abraham zu seiner Lebenszeit je wissen konnte. Er kannte die geschichtlichen Auswirkungen des Gehorsams Abrahams.  Er wußte bereits, was Abraham nur glauben konnte. Wir wissen heute noch weit mehr als der Verfasser der Lesung, weil wir Jesus Christus jenen Sproß Abrahams kennen, in dem alle Völker der Erde gesegnet sind.
  • Abraham hat sich den werbenden Worten Gottes hingegeben, ohne davon betäubt zu werden. Die Geschichte gibt dem Glauben Abrahams recht: Millionen und Abermillionen, Juden wie Christen und Moslems berufen sich auf Abraham als den Vater des Glaubens. Jesus Christus selbst nennt ihn so.
  • Jesus hat von Abraham gelernt auf Gott zu hören und ihm zu gehorchen. Abraham war auch für ihn der Vater des Glaubens. Wir dürfen von beiden lernen, zu hören wie sie gehört haben und den Gehorsam ihres Glaubens nachahmen.
  •  Ich meine, es gibt im Leben eines jeden Menschen jene innere Stimme des Gewissens, die ihm sagt: DAS IST DEIN WEG. Oder wenigstens: Das ist der nächste Schritt.
  • Wir werden auch wir zum Segen für andere, für kommende Geschlechter, wenn wir uns von Gott führen und unseren Lebensweg bestimmen lassen, wenn wir in Gehorsam und Liebe diesen Weg gehen, wenn wir mit  mit Leib und Seele, ja mit unserem ganzen irdischen Tun dieses Vertrauen auf Gott verkünden.
  • Nur bruchstückhaft weiß ich heute, was mein 55jähriges Wirken bei den mir begegnenden und anvertrauten Menschen und das Zeugnis für den Herrn bewirkt hat und bewirken wird? Ich tue es in Glauben an Gott und im Vertrauen auf ihn.
  • Wären nicht vor uns Menschen gewesen, die sich vom Herrn führen und ihren Lebensweg bestimmen ließen, wären wir heute keine Christen.
  • Wir können nicht absehen, was unser Einsatz für den Herrn und seine Kirche als Priester, als Katecheten, als mitsorgende und mithelfende Gemeindeglieder, als Eltern für die kommenden Generationen bedeutet, auch dann wenn der Erfolg zunächst auszubleiben scheint, wie bei Abraham.
  • Erst 75jährig, kinderlos verheiratet, empfängt Abraham die Verheißung, er werde zu einem großen Volk werden und in seinen Nachkommen sollen alle Völker gesegnet werden. Dann mußte er nochmals 25 Jahre warten bis das Kind der Verheißung kam.
6. Nur Gott hat den Überblick

  • Aber wie dem Abraham, so fehlt auch uns der Überblick, den Gott hat. Noch leben wir am Fuße des Berges der Verklärung. Es fehlt uns noch der Überblick, den Gott hat.
  • Ab und zu, vor allem an Ostern nimmt uns der Herr mit auf den Berg der Verklärung. Wir erkennen schlagartig: Nur eines ist wichtig, auf den geliebten Sohn des Vaters zu hören, seinem Ruf zu folgen, ihm zu gehorchen, für Gottes Zukunft zu leben und zu wirken.
  • Augenblicke sind es, da wir im Lichte stehend, von seiner Liebe und Herrlichkeit überwältigt erkennen: Das ist der Sinn allen Lebens und Seins, Gott anzubeten, sich herzuschenken an seine Kirche und seine Menschen, mit Leib und Seele zu sagen: „Gott, wer ist wie du!“
[1][1] 1. L  Gen 12,1–4a; 2. L 2 Tim 1,8b–10; Ev Mt 17,1–9