PredigtenÜbersichtLesejahr A 2013/14 bis 2014/11Predigt - Homilie Honings ULF vom Rosenkranz am 22.So.A2014
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Christus leidet für uns - wir mit ihm
Das sagen doch höchstens Verliebte: Du hast mich mit Deiner Schönheit, deinem Scharm betört, mit deiner Liebenswürdigkeit verzaubert. Vom Propheten Jeremia lernen wir:
1 Prophetisch leben
- Heißt sich von Gott betören, faszinieren zu lassen, in seinem Auftrag gegen das Böse in der Welt, gegen Ungerechtigkeit, gegen Unterdrückung der Kleinen und Schwachen aufzustehen. Denn das Unrecht schreit zum Himmel. Es richtet sich gegen Gott, der ein Freund der Kleinen und Schwachen, ein Freund des Lebens ist. Es fängt bei den Ungeborenen im Mutterleib an und geht bis zu den Behinderten und Pflegebedürftigen.
- Der dagegen prophetisch Redende und Handelnde erntet Hohn und Spott, und den Hass der Mächtigen. Jeremia klagt im Namen Gottes die schlimmen Zustände an. "Gewalt und Unterdrückung." [1]
- Jeremia möchte sich dem Auftrag Gottes entziehen, aber die Glut der Berufung brennt in seinem Herzen und lässt ihm keine Ruhe. Jeremia ist nicht Prophet geworden, weil er wollte, sondern weil er musste; der Ruf Gottes ließ keine Widerrede gelten.
- Ähnlich geht es zu allen Zeiten denen, die sich auf das Evangelium Jesu einlassen, die ihre in der Taufe empfangene Salbung zum Prophetendienst heute leben.
In der zweiten Lesung legt Paulus den Christen in Rom und uns
2 Die Konsequenz des Glaubens an das Evangelium Jesu
ans Herz. Der Christ soll sich selbst als lebendiges und heiliges Opfer darbringen, das Gott gefällt.[2]
- Das Wort Opfer klingt in unseren Ohren schrecklich. Nein, Opfer möchten wir nicht sein. Opfer eines Flugzeugunglücks. Opfer der islamistischen Aggression in Syrien und im Irak, Opfer von Selbstmordattentätern. Opfer eines unverschuldeten Verkehrsunfalls. Opfer einer heimtückischen Krebserkrankung. Nein Opfer möchten wir nicht sein. Uns reichen schon die Nachrichten darüber.
- Aber Paulus meint nicht das passive Erleiden von Unrecht und Gewalt, sondern das aktive Sich Darbringen, sich Verschenken an Gott, an seinen Auftrag, an seine Menschen. Das ist für Paulus der Grundzug christlichen Lebens. Daraus ergibt sich als Konsequenz, dass wir
2.1 Jesus nachfolgen
- Dazu will das Evangelium ermutigen. Matthäus schreibt sein Evangelium an die judenchristlichen Gemeinden. Für sie ist Petrus eine Identifikationsfigur.
- In der Petrus-Darstellung durch Mt wird der Doppelcharakter der Gemeinde sichtbar: Einerseits von Gott erwählt und mit neuer Erkenntnis ausgestattet, und doch zugleich in der Anfechtung und unter der Drohung des Gerichtes stehend.
- In dem vorausgehenden am letzten Sonntag gehörten Evangelium hatte Petrus sich zu Jesus bekennend noch gesagt "du bist der Messias - der Sohn Gottes!" Er wurde deswegen von Jesus selig gepriesen. Jetzt aber betont der Evangelist besonders das Widerstreben dieses exemplarischen Jüngers gegen eine Theologie des Kreuzes.
- Auf dem Weg nach Jerusalem kündigt Jesus sein bevorstehendes gewaltsames Leiden und Sterben an. Petrus nimmt Jesus beiseite und hält ihm gleichsam im Namen Gottes vor „das soll Gott verhüten Herr! Das darf nicht geschehen!" [3]
- Die Reaktion Jesu könnte in den Ohren der Gemeinde nicht schärfer klingen: "Weg mit dir, Satan, geh mir aus den Augen! Du willst mich zu Fall bringen; denn du hast nicht das im Sinn, was Gott will, sondern was die Menschen wollen." [4]
- Jesus geht seinen Weg bewusst als von Gott gewiesen. Die Verkündigung der Königsherrschaft Gottes durch machtvolle Rede, durch Wunder und Zeichen mündet in den Weg nach Jerusalem, wird zum Kreuzweg, führt ins Leiden und in den Tod.
- Im folgenden Vers macht Jesus deutlich, der Weg des Messias und Gottessohnes führt in die Erniedrigung und in den Tod, ebenso auch der Weg seiner Jünger. "Wer mein Jünger sein will, der verleugne sich selbst, nehme sein Kreuz auf sich und folge mir
nach." - Der hier durch Jesus "gezeigte" Messias vertraut nicht auf eigene Leistung, Stärke und Perfektion - er erfüllt seinen Auftrag durch die völlige Ausrichtung auf Gott, durch seine Bereitschaft, alle Kraft, allen Willen und alles Leid aus Gottes Hand zu empfangen.
Das bedeutet
2.2 "Selbstverleugnung " und "Annehmen des Kreuzes"
- Es ist die Bereitschaft die eigenen Wünsche und Bedürfnisse hintanzustellen, wenn es darum geht, dass Gottes Liebe und Gerechtigkeit zum Zuge kommen. Das Heil der Menschen und die Bewahrung von Gottes Schöpfung sind vorrangig.
- "Selbstverleugnung" und "Annehmen des Kreuzes" meint die völlige Ausrichtung auf Gott und seinen Willen für das Heil der Welt. Das Beten für andere und das Tun des Gerechten ist die Wahrnehmung der missionarischen Verantwortung für die Welt durch die Gemeinde, die Kirche Jesu Christi. „Kraft der empfangenen Taufe ist jedes Mitglied des Gottesvolkes ein missionarischer Jünger geworden.“[5]
- Der Christ ist nicht nur Zuschauer des Weltgeschehens, sondern aktiv Handelnder. Der von Nazis ermordete Dietrich Bonhoeffer sagt es nicht nur ausdrucksstark, sondern auch glaubwürdig:
»Tat
Nicht das Beliebige, sondern das Rechte tun und wagen, Nicht im Möglichen schweben, das Wirkliche tapfer ergreifen, Nicht in der Flucht der Gedanken, allein in der Tat ist die Freiheit. Tritt aus ängstlichem Zögern heraus in den Sturm des Geschehens, Nur von Gottes Gebot und deinem Glauben getragen, Und die Freiheit wird deinen Geist jauchzend empfangen.«
Wir wissen, dieser Weg der Tat war und ist kein Spaziergang.
2.3 Nachfolge bedeutet Leiden
- Das hört man in der Spaß- und Wellnessgesellschaft ungern.
- Es könnte sein, dass mit dem Harmoniediktat die Zerstörungen und das Leiden unsichtbar werden.
- Unter dem Stichwort »Vermissen« schreibt Fulbert Steffensky in seinem Buch »Schwarzbrot-Spiritualität«:
Es könnte sein, dass wir eine menschliche Grundfähigkeit verlernen:
Das Vermissen des Augenlichts der Blinden; das Vermissen der Sprache und der Lieder für die stumm Gemachten; das Vermissen des aufrechten Ganges der zu Boden Gedrückten.
Wenn man durch unsere Städte geht und das große Gelächter der Reklame wahrnimmt, jener Selbstdarstellung einer Gesellschaft, weiß man, wie gefährlich es da ist, wo man nichts mehr vermisst.
Gefährlich ist eine Gesellschaft, die will, dass man ihr Beifall zollt, und die skeptisch ist gegen die Untröstlichkeit; jene Unbestechlichkeit, die auf den Hunger der Kinder hinweist; auf die Qual der Gefolterten und auf die Schande des ungerecht verteilten Reichtums. Nein! Es ist nicht alles Harmonie!
Mitleiden mit den Geschundenen, Kranken, Aufgegebenen, den Kleinen, den Vergessenen, für sie da sein, sich ihnen schenken, das ist in den Augen Gottes ein wohlgefälliges Opfer. Das ist gültiges, ewigen Lohn verdienendes Leben.
Der Harmoniezwang und die Selbsterfüllungszwänge können zur Aufkündigung der Solidarität mit den ersten Adressaten des Evangeliums - den Armen und Geschändeten auf dieser Erde führen.
- Schauen wir also immer auf Jesus Christus, der uns auf dem Weg des Leidens voranging und so zur Herrlichkeit des neuen für immer bei Gott geborgenen Lebens gelangt ist.
3 Durch Jesu Leiden werden wir geheilt
- Beim Dichter Marcel Proust findet sich in »Auf der Suche nach der verlorenen Zeit« eine Aussage über das Leid, die zunächst bitter schmeckt, ja sarkastisch klingt »Wir werden von einem Leiden nur geheilt, indem wir es bis zum Letzten auskosten«.
- Sollen wir etwa zu Leidgenießern verkommen? Das wäre sicher nicht im Sinne Jesu. Auch für ihn ist der Leidensweg ein äußerst schwerer. Auch er bittet im Ölgarten. "Vater, lass diesen Kelch an mir vorüber gehen. Aber nicht mein, sondern dein Wille geschehe."
- Leid ist nun mal in der Welt. Oft von Menschen verschuldet, oft unbegreiflich schicksalhaft die Frage hervorstoßend: „Warum gerade ich?“ Oft ist das Leid wie eine Geburt, die unter Schmerzen neues Leben hervorbringt. Ein Theologe des 18.Jhts. hat einmal gesagt: »Gott hilft uns nicht immer am Leiden vorbei aber er hilft uns hindurch«.
- Letztlich hilft nur, dass ich mich wie Ijob angesichts des unausweichlichen Leids ganz in die Hand Gottes gebe. Oder wie Dietrich Bonhoeffer in »Widerstand und Ergebung« es angesichts des Todes erfährt:
Leiden. Wunderbare Verwandlung.
Die starken, tätigen Hände sind dir gebunden. Ohnmächtig, einsam siehst du das Ende deiner Tat.
Doch atmest du auf und legst das Rechte still und getrost In stärkere Hand und gibst dich zufrieden. Nur einen Augenblick berührtest du selig die Freiheit, Dann übergabst du sie Gott, damit er sie herrlich vollende.
Den Tod unausweichlich vor Augen singt Bonhoeffer das Lied der Freiheit, die Gott schenkt:
Tod.
Komm nun, höchstes Fest auf dem Wege zur ewigen Freiheit. Tod, leg nieder beschwerliche Ketten und Mauern Unsres vergänglichen Leibes und unsrer verblendeten Seele, Dass wir endlich erblicken, was hier uns zu sehen missgönnt ist. Freiheit, dich suchten wir lange in Zucht und in Tat und in Leiden. Sterbend erkennen wir nun im Angesicht Gottes dich selbst.
So kann nur reden, wer ganz und kompromisslos Jesus nachfolgt. Vielleicht sind wir selber erst am Anfang dieses Weges. Aber auch wir wollen und müssen ihn gehen. Das Ende ist nicht das Aus. Das Ende ist der Anfang der Verherrlichung bei Gott.
Durch Jesu stellvertretendes Leid sind wir geheilt!
[1] Jer 20,8 [2] Röm 12,1 [3] V 22 [4] V 23 [5] Papst Franziskus, Evangelii gaudium 120
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