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Lesejahr A 2013/14 bis 2014/11

Predigt - Homilie in der Sonntagabendmesse in St. Michael Neunkrichen

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Ausreißen oder Wachsen lassen? - Gefahr des Wegwerfens und Entsorgens

1 Was darf wachsen und reifen?

1.1 Warum gibt es auf Erden so viele Kriege und Gewalttätigkeit?

Warum müssen 298 Menschen durch den Abschuss eines Passagierflugzeugs über dem Rebellengebiet der Ostukraine sterben?  Weil Menschen bei der Durchsetzung ihrer Interessen über Leichen gehen.

Warum neigen Menschen zur Gewaltanwendung? Sicher auch weil sie keine Geduld haben. Warum haben wir keine Geduld?  Weil wir meinen, keine Zeit zu haben. Denn das Leben ist kurz.

Fahre ich in diesen Wochen nach Großenbuch oder Rödlas, sehe ich zur Linken reifende Weizenfelder. Welch ein Segen!

Wären da nicht die Traktorspuren, die in regelmäßigen Abständen die Weizenfelder durchziehen. Es mussten viele Weizenähren sterben, damit das Getreide gespritzt werden konnte. Wogegen? Wozu? Ich weiß es nicht.

Beim Mais ist es klar. Das sog. Unkraut wird vernichtet. Der Boden muss es aushalten. Wie lange? Bienen und andere Nützlinge gehen dabei drauf.

1.2 Wer bestimmt, was wachsen darf, was Existenzberechtigung hat?

Papst Franziskus sagte diese Woche vor den Teilnehmern eines Kongresses zur Weltwirtschaft im Vatikan: „Die Weigerung Kinder zu bekommen sei Teil einer Kultur des Wegwerfens, die alles ablehne, was keinen unmittelbaren materiellen Nutzen bringe.“ Wir haben uns daran gewöhnt, dass mehr als 100.000 Kinder jährlich in unserem Land im Leib der Mutter getötet werden.

In diesen Kontext gehörten auch die „Entsorgung“ alter Menschen und die fehlenden Perspektiven für Jugendliche. „Wer wird als nächstes weggeworfen?“, fragte der Papst. Der Mensch verliere seine Menschlichkeit, sagte Franziskus, wenn er andere lediglich als Mittel zum Zweck betrachte.

2 Unkraut und Weizen in uns

Das Gleichnis vom Unkraut im Weizen reicht bis in unser eigenes Herz hinein - auch da ist Unkraut und Weizen. Jesus sagt: Gott hat Geduld mit uns. Er kann Warten bis zur Ernte. Würden wir etwas von der Geduld Gottes annehmen, könnte es friedlicher auf der Welt werden.

Das  Buch der Weisheit lässt uns zu Gott sprechen "Deine Stärke ist die Grundlage deiner Gerechtigkeit... Weil du über Stärke verfügst, richtest du in Milde und handelst in großer Nachsicht."[1]

Keiner von uns ist ohne Sünde. Jeder braucht die Milde und Nachsicht Gottes. Keiner von uns möchte von Gott verworfen werden. Darum „muss der Gerechte menschenfreundlich sein“ und darauf vertrauen, dass Gott „den Sündern Umkehr gewährt.“[2]

3  Geduld erreicht alles

Diesen Trostspruch trug Theresia von Avila ständig bei sich:
Nichts soll dich ängstigen,
Nichts dich erschrecken,
Alles vergeht,
Gott bleibt derselbe.
Geduld erreicht alles;
Wer Gott besitzt,
Dem kann nichts fehlen:
Gott nur genügt


3.1  Geduld als Stärke

Geduld ist etwas anderes als Fatalismus, Wurstigkeit und Gleichgültigkeit. Geduld hat mit Stärke zu tun:  ich halte das Unkraut aus und tue alles, um weiter im Guten zu wachsen und daran mitzuwirken.

Geduld und Wachstum zugleich werden mir geschenkt, wenn ich fest in Gott verwurzelt bin, so wie Jesus, der uns dieses Gleichnis erzählt - Er erzählt es nicht nur, Er lebt es.

Wenn wir anderen Völkern oder Fremden und unseren Mitmenschen begegnen, werden wir zuerst fragen, was ist an dem anderen liebenswert und gut? Dann werden wir auch fähig, ihre Schwachpunkte und Fehler zu ertragen.

3.2 Unkraut und Weizen - auch in mir

Darum werde ich am Abend bei meiner Tagesschau vor Gott zuerst fragen: was war heute gut, was ist gelungen, wo wurde ich beschenkt; dann erst, was habe ich falsch gemacht, was war schlecht?

Wenn ich den Weizen in mir entdecke, werde ich auch das Unkraut in mir aushalten können; werde ich wegen meiner Fehler nicht resignieren, nicht aufhören, das Gute zu tun.

Und hin und wieder werde ich sogar entdecken, dass das  Unkraut gar keines ist, sondern sogar ein Heilkraut. Mancher Fehler, manche Schwäche in uns, bewahrt uns davor, hochmütig und überheblich zu werden, geringschätzig auf andere zu schauen.[3]       

Gott lässt in jedem von uns so einen Stachel im Fleisch zu, wie Paulus das nennt, "..damit ich mich nicht überhebe."[4]      

3.3 Unkraut und Weizen in der Kirche

Der heilige Augustinus sagt einmal
“Wer in der Kirche im Guten voranschreitet, muss auch die Bösen in der Kirche ertragen.  Und dabei erkennst du sie nicht einmal wirklich - so oft auch Schlechte über die Schlechten murren.“

Er ermutigt uns genau hinzuschauen.

„Die Kirche dieser Weltzeit ist eine Tenne, da gibt es Spreu und Weizen. Wer die Tenne nur von weitem sieht, hält alles für Spreu; schaut er nicht näher zu, befühlt er's nicht mit der Hand, so kommt er schwerlich zur Unterscheidung der Körner.“

Augustinus weiß wie sehr wir angefochten werden  angesichts unserer Ohnmacht gegenüber den Übeln dieser Welt und der Sünden derer, die zur Kirche gehören.

„Auch einer, der den guten Weg geht, mag zuweilen den Eindruck haben, er sei allein. Das war einst eine Versuchung für Elias, diesen großen Mann, und er redete zu Gott: „Ich allein bin übrig geblieben und nun trachten sie auch mir nach dem Leben. .“  Der Herr antwortete ihm: Geh deinen Weg durch die Wüste zurück...“[5]

Wie Elija muss jeder an den Herrn Glaubende und von ihm Berufene durch die Wüste der Einsamkeit gehen und zur Aufgabe zurückkehren, zu der er vom Herrn berufen ist. Jeder muss sich dabei an Jesus halten. Es geht darum

4 Wie Jesus gelassen zu sein angesichts des Unkrauts im Weizen

Jesus missbilligt jede gewaltsame Lösung. Mit seinem Gleichnis verurteilt er auch die vielen Schwarzweißmalereien, wie sie auch im christlichen Raum zu beobachten sind.

Wer glaubt, sich durch Toleranz schuldig zu machen, dem bleibt die Möglichkeit, den Nährboden des guten Gewächses so zu stärken, dass es den mehr schädlichen den Lebensraum und die Sonne nimmt.

Mag das Himmelreich bei uns nur so klein wie ein Senfkorn oder wie eine Handvoll Sauerteig sein, es kann daraus unerwartet Großes werden und alles durchdringen wie der Sauerteig den ganzen Teig. Das geht nur mit Kneten, also mit ganzem Einsatz.

Im Zweifelsfall dürfen wir unseren Blick für die guten Seiten des vermeintlichen Unkrauts schärfen und die endgültige Beurteilung Gott überlassen. Es gibt den Tag des Gerichts und der großen Scheidung, das aber ist nicht Sache der Menschen.

Etwas von der Gelassenheit Jesu, die aus dem Vertrauen in die Macht Gottes fließt, wünsche ich auch uns.  Wird sie angefochten oder fehlt sie uns, dürfen wir wissen „der Geist nimmt sich unserer Schwachheit an.“[6] Selbst wenn wir nicht mehr wissen wie wir vor Gott damit umgehen sollen, „Der Geist selber tritt jedoch für uns ein mit Seufzen, das wir nicht in Worte fassen können.“[7]

In jeder Anfechtung und Ungeduld angesichts des Bösen in Welt und Kirche dürfen und sollen wir beten: „Komm Heiliger Geist, damit ich wie Jesus gelassen bin und die Langmut Gottes[8] preise.“


[1] Weish 12,16.18
[2] Weish 12,19
[3] 2 Kor 12,7
[4] ebd.
[5] 1 Kön 19,15 f.
[6] Röm 8,26
[7] ebd.
[8] Ps 86,15