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Lesejahr A 2013/14 bis 2014/11

Predigt - Homilieam 19.Sonntag im Altenheim St.Elisabeth und Großenbuch St. Johannes D.T:

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Habt Vertrauen, ich bin es, fürchtet euch nicht! [1]

1 Jesus schickt seine Jünger in Seenot

  • Der Text des heutigen Evangeliums hat mich schon immer stark berührt. In einer Art Vorahnung ließ ich mir die Szene des auf dem Wasser wandelnden Jesus, der den versinkenden Petrus vor dem Untergang rettet, als Primizbild malen. Es hängt bis heute in meinem Arbeitszimmer.
  • Wer zur Jüngerschaft gehört - also im Boot der Kirche ist - wird wie die Jünger im Evangelium diese Erfahrung machen:
  • Jesus selbst schickt seine Jünger los, ans andere Ufer zu fahren. Dabei geraten sie im Sturm in Seenot. Jesus selber zieht sich auf einen Berg zurück, um in der Einsamkeit zu beten. Jesus betet zum Vater - während die Jünger sich abstrampeln.
  • "Das Boot war schon viele Stadien vom Land entfernt und wurde von den Wellen hin- und her geworfen; denn sie hatten Gegenwind." [2]

  • Auf der Fahrt zum anderen Ufer - durch die Menschheitsgeschichte vom Diesseits zum Jenseits - bläst uns als Kirche immer ein widriger Wind ins Gesicht. Wir mühen uns ab, und kommen kaum voran.
  • Noch nie sind so viele Gottesdienste angeboten worden, wie heute. Die Besucherzahlen aber sinken stetig. Die Menschen sind mit sich selbst beschäftigt. Solange alles läuft brauchen sie Gott nicht. Wenn überhaupt noch, dann unter ferner liefen.
  • Eltern und Großeltern, die versuchen, den Glauben an ihre Kinder und Enkel weiterzugeben, müssen erleben, dass ihre Kinder und Enkel andere Wege gehen. Nicht wenige Jugendliche und junge Erwachsene stehen der Kirche mit Unverständnis, ja Ablehnung gegenüber.
  • Viele gläubige Christen quält die Frage: Wie wird es weitergehen? Wird man morgen noch glauben?
  • Wie wird es mit mir persönlich weitergehen, wenn ich alt geworden und die Kräfte schwinden?
  • Denken wir daran, während wir uns abmühen, betet Jesus für uns zum Vater.

2    Jesus kommt zu seinen Jüngern

  • Genau in dieser Situation des Gegenwindes und vergeblichen Sich-Abmühens kommt Jesus zu seinen Jüngern, zu uns.
  • Sie aber reagieren mit Angst und Entsetzen, weil er auf ungewöhnliche, unerwartete, fast gespenstische Art und Weise zu ihnen kommt.
  • Und wie reagieren wir in der gegenwärtigen Situation der Kirche bei uns in Deutschland?
  • Begegnen wir den Umbrüchen unserer Zeit nur mit Angst und Pessimismus? Ist unser Antwort auf die Angriffe von Kritikern aber auch von Feinden der Kirche nur Bitterkeit und Resignation?

  • Wie reagieren wir, wenn es bei uns ans Eingemachte geht -  plötzlich liebe Menschen krank werden oder gar sterben? Eine Liebesbeziehung plötzlich zerbricht und die Familie zerreißt?
  • Das Evangelium will uns deutlich machen, Christ und Kirche-sein kann auch bedeuten, von den Stürmen der Zeit und des Lebens, dem Aufruhr des Denkens, hin- und her geworfen zu werden.
  • Glauben wir daran, dass gerade in dieser Situation der Herr zu uns kommen kann, ja kommen wird?
  • Jesus ruft auch uns zu "Habt Vertrauen, ich bin es; fürchtet euch nicht."

3 Mit Petrus das Vertrauen lernen

  • Petrus kann nicht warten, bis Jesus im Boot angekommen ist. Er ist von Jesus so fasziniert, dass er alle Gefahr vergisst und das gemeinsame Boot der Jünger verlässt.
  • Das gibt es ja auch heute: Menschen, die von Jesus fasziniert sind, aber mit der Kirche nichts am Hut haben, die innerlich aus ihr auswandern oder auch austreten.  Sie sagen: „Jesus ja, aber Kirche nein!“
  • Sie verhalten sich so als könne das Haupt ohne den Leib sein. Jesus ist das Haupt und die Kirche ist sein Leib.

  • Als Petrus außerhalb des Bootes die Heftigkeit des Windes und die Gefährlichkeit des Wassers spürt, verlassen ihn Glaube und Mut. Er geht unter. Wer glaubt, das Bott verlassen ohne die Kirche leben zu können. Schnell spürt er seine Selbstüberschätzung. Außerhalb des Bootes trägt das Wasser nicht, geht es nur noch um ihn selber. Nur nicht untergehen! Zum Glück kommt ihm der über das Wasser gehende Jesus zu Hilfe.
  • Gerade, wenn wir Jesus so wie Petrus lieben, werden wir erleben, dass wir untergehen, sobald wir aus dem Boot der Kirche aussteigen. Denn außerhalb des Bootes wird die uns bedrohende Wirklichkeit noch intensiver. Schnell geraten wir in Gefahr, von den wogenden Wellen des Lebens so in Anspruch genommen zu werden, dass wir Jesus aus dem Blick verlieren.
  • In aller unserem Glauben und unserem Leben drohenden Gefahr dürfen und sollen aber auch wie Petrus schreien: "Herr, rette mich!"
  • Dann ergreift uns seine Hand. Und er sagt uns: "Du Kleingläubiger, warum hast du gezweifelt?" Und Jesus bringt den Petrus und auch uns ins Boot zurück. „Und als sie ins Boot gestiegen waren, legte sich der Wind.“

  • Von Petrus lernen wir, dass unser Glaube nicht stark genug ist, um allein, ohne Kirche, auf Jesus zuzugehen. Wie er brauchen auch wir die Sicherheit des Bootes, der Jüngergemeinschaft, der Kirche.
  • Wenn Christen das Boot der Kirche verlassen, so tun, als bräuchten sie die Kirche nicht, als gäbe es Jesus ohne Kirche, ohne die Verbindung mit der Jüngergemeinschaft, werden sie untergehen.
  • Es hilft uns wenig, wenn wir über die schlechten Zeiten und die böse Welt klagen. Die Folge ist, die Angst zerfrisst uns. Christus verblasst immer mehr zur Unwirklichkeit. Er wird zum Gespenst. So erleben zunächst die Jünger den auf der aufgewühlten See kommenden Jesus.

  • Wir leben seit Jahrzehnten in einer Weltgegend und zu  einer geschichtlichen Stunde, in der alles machbar zu sein schien.
  • Ich denke, der Herr will uns durch den widrigen Wind der in unserer Gesellschaft vor allem uns als Christen ins Gesicht bläst, darauf aufmerksam machen, dass all unser Bemühen, unser Sich-Abstrampeln, unser hektisches Arbeiten und Planen, unsere vielen Sitzungen, unsere Betriebsamkeit nichts helfen, wenn wir nicht nach ihm Ausschau halten und auf ihn unser ganzes Vertrauen setzen. Denn ER ist das Leitbild der Kirche.
  • Vielleicht müssen wir noch viel härter und bitterer die Vergeblichkeit unserer Bemühungen spüren, damit wir nicht das Leben der Kirche unserem Fleiß und unserem Geschick, anstatt seinem Kommen und seiner Gegenwart zuschreiben.

  • Es lässt uns aufhorchen, wenn es im Evangelium heißt "Als sie ins Boot gestiegen waren, legte sich der Wind."
  • Die Gemeinschaft der Jünger - mit Jesus in einem Boot - lässt den widrigen Wind aushalten und überwinden. Das ist Kirche.  Wie reagieren die Jünger auf diese Erfahrung? Anbetend!
  • "Die Jünger im Boot fielen vor ihm nieder und sagten: Wahrhaftig, du bist Gottes Sohn." [3] Allein in dir und durch dich ist Gottes Kraft, Gottes Reich in unserer Mitte.
Was wir also brauchen ist

4 Eine verinnerlichte Kirche, die ganz nah bei Jesus ist und durch ihn die Angst überwindet.

  • Als Kirche, als Jüngergemeinschaft dürfen wir unser Heil nicht in der Betriebsamkeit suchen.
  • Wir müssen still werden vor unserem Gott und in großer Ehrfurcht auf ihn hinhorchen, dann wird er uns wie dem Elija begegnen.
  • Betend und meditierend werden wir auf ihn warten. Ihn lobend und dankend anerkennen als unseren Herrn, von dem in Jesus Christus allein Heil und Rettung kommen.
  • Wenn wir so Kirche sind, werden wir nicht in der Hektik der Zeit, im Wirrwarr der Meinungen und in den Kämpfen der Interessen kirchlicher Gruppen untergehen.
  • In dem Augenblick, wo wir uns dem auferstandenen Herrn anvertrauen, glätten sich die Wogen. Diese Erfahrung habe ich schon oft gemacht. Nicht dass sich nach außen hin viel ändert. Die Welt wird weiter toben. Aber wenn wir uns auf den verlassen, der Jesus von den Toten auferweckt und zum Herrn des Alls gemacht hat, werden wir im Boot der Kirche sicher ans Ziel kommen.

  • Wir kommen zur Ruhe, indem wir auf Jesus Christus vertrauen, der mit  Petrus ins Boot der Kirche steigt.
  • Als der Nachfolger des heiligen Petrus, Papst Benedikt 2005 auf dem Schiff Rheinabwärts zum Weltjugendtag nach Köln kam, hat er die jungen Menschen und uns alle daran erinnert, dass wir voll Zuversicht mit ihm - um Jesus im Boot der Kirche versammelt - furchtlos durch das Meer der Geschichte fahren können.
  • Wie Petrus erfahren wir, dass bei allem Hin- und Her, allem Wirrwarr und aller Vergeblichkeit, ER uns an die Hand nehmend vor dem Untergang rettet und uns im Boot der Kirche bergend Sicherheit schenkt.

  • Wie über Elija braust auch über uns der Sturm und das Feuer der Weltgeschichte hinweg. Wir stehen wie er vor dem großen Geheimnis der Gegenwart Gottes mit verhülltem Gesicht.
  • Unseren leiblichen Augen nicht sichtbar, unseren Ohren kaum hörbar, aber den Ohren des Herzens sich wie leises Säuseln - oder wie Martin Buber übersetzt - sich offenbarend in verschwebendem Schweigen. Der große - vor 2300 Jahren lebende Weise Chinas Laotsé -hat es für alle Zeiten einprägsam gesagt „Die größte Offenbarung ist die Stille. Rückkehr zur Wurzel heißt Stille.“
  • In der Stille beim Herrn sein - Aug‘ und Ohr verschließen vor dem Getue und dem Lärm Welt. Das stillt den Sturm, macht das Leben tragfähig.
  • Mit verhülltem Gesicht nehmen wir  wie Elija die Gegenwart des Herrn wahr, die uns anrührt wie sanftes, leises Säuseln.
  • Wie Petrus mit Jesus wieder ganz im Boot der Kirche angekommen legt sich der das Vorankommen hindernde Wind.

  • Wie die Apostel im Boot sind wir jetzt in der Eucharistiefeier bei IHM. In der heiligen Wandlung wird er in den Gestalten von Brot und Wein unter uns gegenwärtig. Wir dürfen uns vor ihm verneigend oder kniend bekennen: "Wahrhaftig du bist Gottes Sohn."


[1] Homilie zu Mt 14, 22-33

[2] Mt 14,24

[3] Mt 14,33