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Lesejahr 2013 (C)

Homilie zu Lk 24,13-35 am Ostermontag in Rosenbach »Maria Schutzfrau Bayerns«

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Die unverwechselbare Geste des Auferstandenen

1 Lotsen auf unserem Glaubens- und Lebensweg

  • In der Zeit vom Karfreitag bis Ostern vollziehen sich auf unseren Straßen moderne Fluchtbewegungen. Blechlawinen allenthalben! Flucht in den Ausflug – Flucht woher, wohin?
  • Auf der Flucht vor den Ereignissen des Karfreitag auch die beiden Emmaus Jünger. Von der blutbefleckten Hauptstadt fliehen sie in ihr Heimatdorf. Werden sie dort die Antwort auf ihr fragendes Entsetzen finden?
  • Ihre Fragen können wir gut verstehen. Uns wäre es in ihrer Situation nicht anders ergangen. Verständlich, sie wussten noch nichts von der Auferstehung Jesu. Niedergeschlagenheit und Pessimismus machten sie blind, so dass sie Jesus zunächst nicht erkennen. Für uns sind sie trotzdem so eine Art Lotsen auf unserem Lebensweg, auf den in eine ungewisse Zukunft führenden Straßen unserer Zeit.
  • Auch wir sind als Jüngerinnen und Jünger Jesu auf unserem Lebens- und Glaubensweg mit mehr Fragen als Antworten unterwegs. Der Lotsendienst der Emmaus Jünger bringt uns zur Erkenntnis. Es gibt auf diesem Weg
2 Die unverwechselbare Geste des Auferstandenen
Diese sagt jedem von uns:
2.1 Du bist nicht allein auf diesem Weg.
  • Der Auferstandene ist bei uns in seinem klärenden Wort und schenkt sich uns in der unverwechselbaren Geste des Brotbrechens, der Eucharistie. Du musst also deinen Lebens- und Glaubensweg nicht nur in eigener Anstrengung gehen. Es wird dir Antwort auf deine Fragen zuteil, wenn du nur den unsichtbaren Begleiter, den gekreuzigten und auferstandenen Herrn fragst.
  • Die zwei Jünger - von Jerusalem, dem Ort des Grauens und des Scheiterns, unterwegs nach Emmaus - sind voller Fragen. Sie wissen nicht, wie es mit ihnen weitergehen soll. Alles hatte so hoffnungsvoll angefangen mit diesem Jesus. Warum musste es mit ihm so ausgehen, obwohl doch offensichtlich war, dass Gott mit ihm ist?
  • Muss das Ende eines so wunderbaren Menschen wie Jesus auf so unerbittliche Weise zu Ende gehen? So sang- und klanglos verschwinden? War sein Leben ein Versprechen, das nicht gehalten werden kann? Auch deshalb ist
2.2 Der Weg der beiden Emmaus Jünger eine Geschichte des Menschenherzens.
  • Was für ein Gespräch, bei dem derjenige zuhört, von dem sie reden, ohne dass sie ihn erkennen! Dieser Fremde scheint von nichts eine Ahnung zu haben. Jerusalem redet von nichts anderem; alle wissen, was vorfiel, nur er nicht?
  • Es ist gut zu wissen, wenn wir über unseren Glauben und unsere Zweifel, über unsere Hoffnungen und Ängste miteinander reden, hört ER zu, ohne dass wir uns dessen immer bewusst sind. Er führt uns in unseren Gesprächen von Erkenntnis zu Erkenntnis, wenn wir den Mut haben mit einander zu reden und einander zuzuhören.
  • An diesem Punkt können die beiden Jesusjünger nicht weitergehen. Sie müssen stehen bleiben, und der Hörer des Evangeliums sieht sie dastehen und blickt in ihre fassungslosen Gesichter. "Einige von uns berichteten, Engel hätten gesagt, Er lebe." Der Auferstandene hat eine Spur gelegt, eine Spur der Sehnsucht und des Fragens, und auf ihr ist er zu finden. Und während er zuhört, wie nur Gott selber zuhören kann, sagt er schließlich: „Ja, begreift ihr denn nicht? Musste nicht der Messias alles leiden, um so in seine Herrlichkeit zu gelangen?"[1]
  • Ja, wenn das so leicht zu begreifen wäre. Leiden, um in die Herrlichkeit einzugehen! Vernichtet zu werden, um zu leben! Sterben, um aufzuerstehen!
Das ist offensichtlich
2.3 die Logik Gottes - durch Sterben zum Leben.
  • Um sie zu begreifen, braucht manch einer ein ganzes Leben dazu. Daran denken unsere Erstkommunionkinder, Jugendliche und junge Erwachsene noch nicht. Freilich stirbt oder verunglückt einer ihrer Altersgenossen tödlich, durchfährt es sie blitzartig: War es das schon? Warum so früh? Was für einen Sinn soll das haben? Jesus war dreiunddreißig, als man ihn umbrachte. Ich musste in Münchberg ein Kommunionkind begraben, das mit dem zur Kommunion geschenkten Fahrrad in der Woche nach der Erstkommunion verunglückte und an den Folgen des Unfalls starb. Ich war beim Sterben dabei.
  • Wahrscheinlich müssten wir uns wieder mehr mit dem befassen, was jedes Jahr unbemerkt um uns herum geschieht. Jeden Herbst sät der Bauer Weizenkörner in die Erde. Indem sie sterben wächst aus ihnen neues Leben. Sterbend wird ihre Existenz fruchtbar. Wollen wir, die Älteren, daran denken?
2.4 Unser Glaubensweg ist eine Reise, wir sind unterwegs nach Hause.
  •  Warum? Sobald wir bei unserer Geburt den Leib der Mutter verlassen, sind wir in der Fremde. Laufen wir unaufhaltsam dem irdischen Ende entgegen, ob wir es wahrhaben wollen oder nicht.
  • Auf dem Weg nach Emmaus, nach Hause, geht es um eine Geschichte des Begreifens. Hier wird der weite Weg zur Erkenntnis aufgezeigt. Dabei geschieht etwas Entscheidendes; beide bitten den ihnen Unbekannten, noch nicht zu gehen, sondern sich mit ihnen an einen Tisch zu setzen, "Bleibe bei uns, denn es ist Abend geworden, und der Tag hat sich geneigt". Der Abend des Lebens kommt auf uns alle zu. Für die einen früher, für die anderen später.
  • Alle, die so wie ich auf die 80 zugehen, können dieser Wahrheit des Lebens nicht mehr ausweichen. Aber wer in jungen Jahren diese Wirklichkeit verdrängt – wird er im Alter die Kraft haben sich ihr zu stellen?
  • Die Bitte der Jüngeren unter uns könnte daher sein: »Herr, bleibe bei uns, denn der Weg ist noch weit. Lass mich das Ziel nicht aus den Augen und aus dem Herzen verlieren«. Die Bitte der Älteren aber wird lauten: „Herr, bleib bei uns, denn der Tag unseres Lebens hat sich geneigt. Bleibe bei uns, wenn es in diesem Leben einsam um uns wird“.
3 Unsere Lebens- und Glaubensgeschichte ist eine Geschichte des Begreifens

3.1 Ein Unterwegssein zur Erkenntnis des Herrn.
  • Es ist ein göttliches Geschenk für uns, dass Gott in Jesus, den er als seinen geliebten Sohn bezeugt, uns auf diesem Weg vorausgegangen ist und ihn durch Jesus mit uns geht.
  •  Wichtig ist, dass wir den Gekreuzigten Jesus als den Auferstandenen erkennen.
  • Woran erkennt man einen Menschen wieder, den man eine Weile nicht gesehen hat? An seinem Blick, seinem Händedruck, an der Art, wie er spricht und lacht, an seinen Gesten (häufig ist es ja das, was von einem Verstorbenen im Sinn bleibt).
  • Die beiden Emmaus Jünger erkennen Jesus, den Auferstandenen, endlich an der Art, wie er das Brot in seine Hände nimmt und bricht, um es mit ihnen zu teilen. Diese unverwechselbare Liebesgeste öffnet ihnen die Augen des Herzens: Es ist Jesus, der sich austeilt, herschenkt. Es ist derselbe Jesus, den sie gehört, gesehen hatten, dem sie gefolgt waren, der getötet wurde. "Da gingen ihnen die Augen auf" [2].
3.2 Auch uns sollen die Augen des Herzens aufgehen.
  • Vieles begegnet uns im Leben. Manches erkennen wir als gut und wichtig, aber nur Weniges wirkt sich in unserem Leben aus, weil es uns unter die Haut gegangen ist, unser Herz und unseren Verstand berührt hat.
  • Heute wird in meiner Heimatpfarrei Jubelkommunion gefeiert. Ich gehöre zu den wenigen, die heuer ihr 70 jähriges Kommunionjubiläum feiern können. Leider kam die Einladung zu spät. Ich war schon für die heutige Eucharistie in Rosenbach eingeteilt.
  • Ostern ist ja für jeden von uns immer auch die Jahreszeit, wo sich unsere erste heilige Kommunion jährt. Am nächsten Sonntag bin ich von den Jubelkommunikanten in Neunkirchen eingeladen. Vor 25 Jahren habe ich sie zusammen mit unserer Katechetin Gertraud Hümmer auf die Erstkommunion vorbereitet und dieses Fest der intimen Begegnung mit Jesus, dem Auferstandenen mit ihnen gefeiert.
  • Ob uns damals unsere Erstkommunion als Begegnung mit Jesus unter die Haut gegangen ist? Vielleicht sind wir heute nicht nur älter sondern auch empfänglicher und sensibler geworden; gereift durch Freud und Leid, durch Gewinnen und Verlieren, durch Schuld und Vergebung. Wir spüren, dass diese Welt auf unsere Fragen die Antwort schuldig bleibt?
3.3 Wir brauchen den auferstandenen Jesus als Freund und Begleiter
  • Wir spüren mehr und mehr, wir brauchen Jesus als Freund und Gefährten. Er ist nach Gottes Willen gehorsam und liebend durch Leid und Tod hindurchgegangen und auferstanden.
3.3.1 Jesus, unser Menschenbruder und der geliebte Sohn des Vaters, teilt sich uns mit.
  • Er bricht uns in dieser Stunde hier an seinem Tisch das Brot und sagt: Das ist mein Leib, das bin ich für euch;
  • Er reicht uns den Kelch und sagt, das ist mein Blut, das für euch und für die Vielen vergossen wird. Das bin ich, mit meiner sich verströmenden Liebe, die all deine Schuld hinwegnimmt; das bin ich mit meinem Auferstehungsleben, das dir niemand nehmen kann, keine Macht der Welt, kein Tod.
3.3.2 Bei der Kommunion sagt der Herr zu dir, zu mir: Ich gehe mit dir
  •  In der Taufe habe ich dich zu Gottes geliebter Tochter, Gottes geliebten Sohn gemacht. Gott liebt dich schon vor der Erschaffung der Welt. Und er wird dich bis in alle Ewigkeit lieben.
  • Bedenke, welche Zukunft du hast! Für diese deine ewige Zukunft in der Fülle des Lebens bei Gott bin ich Mensch geworden, habe ich geliebt bis zum letzten Atemzug.
  • An der Art und Weise wie Jesus das Brot bricht und sich verschenkend es ihnen reicht, erkennen die Emmaus Jünger den Auferstandenen.
Diese unverwechselbare Geste geschieht in jeder heiligen Messe, bei jeder heiligen Kommunion, wenn sie in Ehrfurcht gespendet und empfangen wird. Der Auferstandene schenkt sich uns im Brot. Es ist durch Gottes Geist sein Leib, ER selber. Er geht unseren Lebens- und Glaubensweg mit. Wir müssen es nur zulassen!
 

[1] Lk 24,25
[2] Lk 24,31