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Lesejahr 2013 (C)

Homilie bei der Pfarrwallfahrt der Pfarrei St. Michael / St. Augustinus Neunkirchen a.B. in Vierzehnheiiigen

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Sei ohne Furcht, glaube nur![1]
Wallfahrt 2013 Pfarrei St. Michael / St.Augustius Neunkirchen a.Br.
Wallfahrt 2013 Pfarrei St. Michael / St.Augustius Neunkirchen a.Br.


1 Furcht vor Verlusten und Jesus

1.1 Wie kann ein Vater ohne Furcht sein, wenn die 12-jährige Tochter im Sterben liegt?
  • Der Synagogenvorsteher Jairus geht zu Jesus. Er wirft sich vor Jesus nieder und bittet ihn, in sein Haus zu kommen, wo sein einziges Kind gerade stirbt.
  • Auf dem Weg dorthin kommt einer aus dem Haus des Jairus: „deine Tochter ist gestorben. Bemühe Meister nicht länger!“ Jesus hört es und sagt zu Jairus: „Sei ohne Furcht; glaube nur, dann wird sie gerettet.“
  • Jesus sagt zu den Weinenden und Klagenden: "Weint nicht. Das Mädchen schläft nur“. Da lachen sie ihn aus. Wo Unglaube und weltliches Denken die Menschen beherrscht, rechnet man nicht mit der göttlichen Macht Jesu.
1.2 Nur seine engsten Freunde und die Eltern nimmt er mit ins Zimmer des Mädchens.
  • Er fasst sie an der Hand und ruft: „Mädchen, steh auf!“ Jetzt bewahrheitet sich was Jesus verhieß: „Sei ohne Furcht; glaube nur, dann wird sie gerettet.“ Petrus, Jakobus und Johannes und die Eltern des Mädchens werden Zeugen der Leben spendenden Macht Jesu. „Da kehrte das Leben in sie zurück und stand sofort auf.“ Damit vor allen offenbar wird, dass das Mädchen wirklich lebt, sagt Jesus, „man solle ihr etwas zu essen geben.“ Die Wucht der rettenden Macht Jesu und des göttlichen Geheimnisses erschüttert die Eltern des Mädchens. „Ihre Eltern aber waren außer sich.“
Im Kommunionvers verkündet uns die Kirche
2 Die Zuneigung Gottes, die er uns durch Jesus schenkt:

2.1 „Gott, wie köstlich ist deine Huld. Die Menschen bergen sich im Schatten deiner Flügel“[2]
  • Eine köstliche Gabe ist die Zuneigung Gottes, der den Menschen nach seinem Bild als Mann und Frau erschuf.
  • Mose erfährt auf dem Berg Sinai die Huld Gottes in besonderer Weise: „Der Herr ging an ihm vorüber und rief: Jahwe ist ein barmherziger und gnädiger Gott, langmütig, reich an Huld und Treue.“[3]
  •  Mose bittet Gott für das untreue Volk „verzeih diesem Volk seine Sünde nach deiner großen Huld.“[4]
  • Selbst wenn Gott straft, entzieht er seine Huld nicht. „Ich bin Jahwe, langmütig und reich an Huld, der Schuld und Frevel wegnimmt, der aber den Sünder nicht ungestraft lässt.“[5]
  • Die Huld Gottes wirkt sich auf die ganze Umgebung der Ihn Liebenden aus. „Bei denen, die mich lieben und auf meine Gebote achten, erweise ich tausenden meine Huld.“[6]
2.2 Die huldvolle Zuneigung Gottes ist in seinem Sohn Jesus Christus Mensch geworden.
  • In der Person Jesu geht Gott dem Verlorenen nach, sucht ihn, bis er sich finden lässt.
  • Das „Fürchte dich nicht, glaube nur“ gilt auch für den schuldig gewordenen Menschen. Paul Gerhard drückt es einfühlsam so aus: „Auch ihr dürft nicht erschrecken vor eurer Sündenschuld, nein! Jesus will sie decken mit seiner Lieb und Huld.“
  • Nicht nur der Himmel darf frohlocken über einen einzigen Sünder der umgekehrt, auch wir als Kirche und jeder einzelne von uns sollen Gott für seine Zuneigung und Huld dankend loben: „Danket dem Herrn, denn er ist gütig, denn seine Huld währt ewig.“ [7]
  • Die existenzielle Bedeutung der Huld Gottes zeigen besonders die Psalmen. 110mal kommt darin das Wort von der Huld Gottes vor.
3 Fürchte dich nicht! Glaube nur!
Ist es vernünftig zu glauben? Zunächst ist zu klären
3.1 Gibt es eine allgemein gültige Wahrheit?
  • Die geistigen Strömungen der heutigen Welt reden uns ein, es gebe keine allgemeine, sondern nur eine individuelle Wahrheit. Das hört sich dann so an: „Ich habe meine Wahrheit“ – „und du hast deine Wahrheit“. Gibt es aber keine allgemeine Wahrheit, dann ist alles gleich-gültig. Dann ist es egal, was ich glaube.
  • In seiner Enzyklika LUMEN FIDEI stellt sich Papst Franziskus dieser Problematik: "Heute wird die Wahrheit oft auf eine subjektive Authentizität des Einzelnen reduziert, die nur für das individuelle Leben gilt. Eine allgemeine Wahrheit macht uns Angst, weil wir sie mit dem unnachgiebigen Zwang der Totalitarismen identifizieren." [8]
  • Gott sei Dank gibt es in unserer katholischen Kirche das von Christus gestiftete Hirten- und Lehramt. Die dazu Geweihten sind mit ihrem Heil auf die von Gott in Jesus Christus offenbarte Wahrheit verpflichtet.
3.2 Glaube und Vernunft müssen sich ergänzen.
  • Glaube ist vernünftig, wenn er von der Liebe geleitet ist.
  • "Wenn es sich aber bei der Wahrheit um die Wahrheit der Liebe handelt, wenn es die Wahrheit ist, die sich in der persönlichen Begegnung mit dem Anderen und den anderen erschließt, dann ist sie aus der Verschlossenheit in den Einzelnen befreit und kann Teil des Gemeinwohls sein."[9] Darum ist es so wichtig nicht nur das Leben, sondern auch den Glauben miteinander zu teilen.
3.2.1 Welche Verhaltensweisen verlangt das von einem gläubigen Menschen?
Der Papst sagt: „Der Gläubige ist nicht arrogant; im Gegenteil, die Wahrheit lässt ihn demütig werden, da er weiß, dass nicht wir sie besitzen, sondern vielmehr sie es ist, die uns umfängt und uns besitzt.“[10] Diese demütige Glaubensgewissheit ermöglicht "das Zeugnis und den Dialog mit allen"[11].
3.2.2 Wie wirkt dieses von der Wahrheit der Liebe erfüllte Licht des Glaubens in die Welt hinein?
 Der Papst nennt das von der Wahrheit und Liebe erfüllte Licht des Glaubens ein inkarniertes, ein Fleisch und Mensch gewordenes Licht, "das vom leuchtenden Leben Jesu ausgeht".[12] Das Licht des von Wahrheit und Liebe erfüllten Glaubens strahlt auch in das materielle Leben hinein, in unseren Beruf und unser Arbeiten, Essen und Trinken, auch in unsere Sexualität. "Denn" so sagt die Enzyklika, „die Liebe wird immer in Leib und Seele gelebt."[13] Der vom leuchtenden Leben Jesu ausgehende Glaube "erleuchtet auch die Materie, baut auf ihre Ordnung und erkennt, dass sich in ihr ein Weg der Harmonie und des immer umfassenderen Verstehens öffnet.“[14]
3.2.3 Auch den weltlichen Wissenschaften nützt der Glaube
Er „lädt den Wissenschaftler ein, für die Wirklichkeit in all ihrem unerschöpflichen Reichtum offen zu bleiben. Der Glaube ruft das kritische Bewusstsein wach, insofern er die Forschung daran hindert, sich in ihren Formeln zu gefallen, und ihr zu begreifen hilft, dass die Natur diese immer übersteigt. Indem er zum Staunen angesichts des Geheimnisses der Schöpfung einlädt, weitet der Glaube die Horizonte der Vernunft, um die Welt, die sich der wissenschaftlichen Forschung erschließt, besser zu durchleuchten.“[15]
Und was brauchen wir?
4 Einen Ort, wo Gottes anwesende Wahrheit und Liebe uns erfüllt und verwandelt

4.1 In dem Buch „Gott allein genügt“
  • – eine Botschaft beschaulicher Klöster an die Kirche und Welt – berichtet eine Klosterfrau: „mit vier Jahren entdeckte ich, dass Jesus lebendig in der Kirche gegenwärtig ist: ich hatte bemerkt, dass meine Mutter jeden Abend, wenn es dunkel wurde, verschwand… Eines Abends ging ich ihr nach. Ich schloss die Haustür hinter mir, betrat das Kirchenportal und fand mich in tiefem Dunkel. Da bekam ich Angst und rief: Mama! Meine Mutter kam herbei, zeigte mir das ewige Licht und sagte: „Da ist Jesus!“[16]
4.2 Der Mensch braucht einen Ort, an dem er sich bei Gott, bei Jesus geborgen weiß.
  • In unseren Kirchen ist Christus gegenwärtig durch sein Leben spendendes Wort, mit dem er uns im Gottesdienst anspricht. In der Eucharistiefeier ist er mit seinem Kreuzesopfer und seiner Auferstehung gegenwärtig und bringt sich für uns dem Vater dar. In der heiligen Kommunion wird er mit uns eins und erneuert das ewige Leben in uns.
  • In der Synagoge Kaparnaums offenbarte er sich: „Ich bin das lebendige Brot, das vom Himmel herabgekommen ist. Wer von diesem Brot isst, wird in Ewigkeit leben.“[17]
  • Vom geweihten Priester durch die Kraft des Heiligen Geistes geheiligt und verwandelt wird Christus im Brot des Lebens unsere Speise. Was davon übrig bleibt, wird im Tabernakel aufbewahrt. Tag und Nacht brennt davor das ewige Licht. Es signalisiert uns Jesu ständige und liebende Gegenwart als Person, als Gott und Mensch.
  • In unserer Pfarrkirche St. Michael und der Augustinus-Kapelle ist unser Herr und Erlöser als das Brot des Lebens Tag und Nacht mitten unter uns gegenwärtig, ebenso in unseren Filialkirchen.
  • Vor dem Tabernakel dürfen wir beim Herrn verweilen und ausruhen, dürfen wir uns bergen unter dem schützenden Schatten der Flügel Gottes. Er sagt jeden von uns: „Hab keine Furcht; glaube nur!“ Dann wirst auch du und dein Haus gerettet werden!

[1] Schrifttexte Le­sung: Ex 34,4-10 Ant­wort­ges. Psalm 86,11-15 Evang: LK 8,40-56
[2] Ps 36,8
[3] Ex 36,4
[4] Num 14,19
[5] Num 14,18
[6] Deut 5,10
[7] Ps 107,1
[8] LF 34
[9] ebd
[10] ebd
[11] ebd
[12] ebd
[13] ebd
[14] ebd
[15] ebd
[16] S.56
[17] Joh 6,51