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Predigten

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2008 (A)

Am Sonntag 13. Juli feierte Msgr. Otto Donner, unser langjähriger Dekan, seinen 75.Geburtstag. Es war mir ein Bedürfnis, den Festgottesdienst in St. Martin mit ihm zu feiern. Deshalb hatte ich an diesem Sonntag keine Predigt zu halten. Ich stelle deshalb eine von mir 1993 gehaltene und noch nicht veröffentlichte Homilie hier ein.

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Ein anderer Teil schließlich fiel auf guten Boden und brachte Frucht, teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach. Mt 13,8
Ein anderer Teil schließlich fiel auf guten Boden und brachte Frucht, teils hundertfach, teils sechzigfach, teils dreißigfach. Mt 13,8
Das Schicksal und die Kraft des Wortes Gottes

1 Ein Sämann ging aufs Feld um zu säen

Dazu ist Jesus gesandt, die frohe Botschaft von der anbrechenden Gottesherrschaft in die Herzen der Menschen zu säen. Darum schließt er sein Gleichnis mit dem Aufruf: „Wer Ohren hat, der höre!“
Wir wissen, wie es dem Sämann Jesus ergangen ist: Viele hörten sein Wort, aber als es ernst wurde, standen nur wenige dazu. Vor und nach Jesus gab und gibt es viele Säleute Gottes, Priester und Laien, Mütter und Väter, welche die Botschaft Gottes in die Herzen der Menschen säten, manchmal mit großem Erfolg, dann wieder erfolglos.
  • Jesus macht mit dem heutigen Evangelium deutlich: am Samen liegt es nicht, ob die Saat aufgeht und Frucht bringt, sondern am Boden. Der Mißerfolg darf nicht dazu verleiten, nicht zu säen. Ich darf auch nicht fragen: Hat es einen Wert, zu säen, wird die Saat aufgehen, wird sie reifen? Ist mein Säen vielleicht umsonst? Die Ernte ist nicht unsere, sondern Gottes Sache. Bevor wir aber Säleute Gottes werden können, müssen wir

2 selber das Wort Gottes aufnehmen und Frucht bringen.

Das Evangelium spricht vom Schicksal des Wortes Gottes in uns.
  • 2.1 Einiges fällt beim Säen auf den Weg, ein Fußpfad, der mitten durch das Feld führt. Die Vögel picken es auf. Weg das heißt, man geht schnell vorüber. Auf den Weg fällt das Wort Gottes bei mir, wenn ich es eilig habe, es nur so im Vorübergehen aufnehme. Meine Gedanken, die noch oder schon wieder wo ganz anders sind, werden die Vögel sein, die das Wort Gottes in mir auffressen.
  • 2.2 Ein anderer Teil fällt auf felsigen Boden, wo es nur wenig Erde gibt. Es geht zwar auf, aber es verdorrt, weil seine Wurzeln nicht tief reichen. Solch felsiger Boden bin ich, wenn ich in der Tiefe meines Herzens verschlossen oder hartherzig bin, mit einem Wort ein Egoist bin. Ich höre zwar das Wort Gottes, sage vielleicht, „stimmt schon, sollte man machen“, aber es kann nicht Wurzel fassen in mir, weil mir die innere Offenheit fehlt. Jesus selber spricht im Evangelium davon, daß die hart gewordenen Herzen die Schwerhörigkeit gegenüber dem Evangelium verursachen.
  • 2.3 Ein anderer Teil fällt unter die Dornen, die es schließlich ersticken. Unter die Dornen fällt bei mir das Wort Gottes, wenn in meiner Umgebung ständig gegen die Säleute Gottes gestichelt und gegen die Kirche gehetzt wird; wenn man mir ständig nur Zweifel und Einwände ins Ohr bläst, so wie es heute vor allem die privaten Medien tun. Wenn ich mich in dieses Dorngestrüpp begebe, wird die innere Offenheit in mir erstickt, mein Herz kann nicht mehr zur Einsicht kommen.
  • 2.4 Ein anderer Teil fiel auf gutem Boden und brachte Frucht. Das Ergebnis ist enorm: hundertfache, sechzigfache, dreißigfache Frucht. Auf tiefgründigen und fruchtbaren Boden fällt bei mir das Wort Gottes, wenn ich Zeit habe und verweilen kann. Wenn ich nicht fertig bin, sondern noch wachsen und reifen will, also innerlich offen bleibe. Wenn ich mein Ich von der Liebe Jesu formen lasse. Auf fruchtbaren Boden fällt das Wort Gottes bei mir, wenn ich mir im Klaren darüber bin, daß in den Medien viele Feinde Gottes und der Kirche sitzen, wenn ich eben nicht fernsehhörig bin, sondern kritisch gegenüber den Kritikern der Kirche bleibe. Wenn ich mir darüber klar werde, daß nicht deshalb schon etwas wahr ist, weil es im Fernsehen kam oder in der Presse stand. Die Frage, vor die mich das Evangelium stellt, heißt:

3 Auf welchen Boden fällt bei mir das Wort Gottes?
Was muß ich bei mir ändern, damit das Wort Gottes bei mir ankommt und Frucht bringen kann?

  • Mit welcher Absicht gehe ich in den sonntäglichen Gottesdienst? Habe ich Zeit für Gott? Bin ich bereit vor ihm zu verweilen oder schaue ich nur auf die Uhr?
  • Sind meine einzige Informationsquelle die Medien dieser Welt? Oder leiste ich mir wenigstens eine religiöse Zeitschrift und lese sie auch.
  • Ist mir meine eigene Tagesschau vor Gott genauso wichtig wie die Tagesschau im Fernsehen?
  • Nehme ich in meinem Bewußtsein nur die negativen Schlagzeilen aus Kirche und Gemeinde wahr oder mache ich mir die Mühe einmal das Positive, das täglich in der Kirche und in unserer Pfarrgemeinde geschieht, in mich aufzunehmen. So werden wir fähig zuversichtliche Säleute Gottes zu werden.
Der russische Philosoph Wladimir Solowjew hat folgendes geschrieben:
„An das Gute nicht glauben, ist sittlicher Tod.
An sich selbst als den Quell des Lebens glauben ist Wahnsinn.
An den göttlichen Quell des Guten glauben und zu ihm beten, indem man ihm den eigenen Willen in allem hingibt, ist wahre Weisheit und der Anfang der sittlichen Vollkommenheit.
Wenn wir wirklich ein freies und vollkommenes Leben wollen, dann müssen wir uns demjenigen anvertrauen und hingeben, der uns vom Bösen befreien und uns die Kraft des Guten geben kann, der Freiheit und Vollkommenheit selbst ewig besitzt.“