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2010 (C)

Homilie am 5. Sonntag i. JK. in der Sonntagvorabendmesse in Hetzles und in der Sonntagabendmesse in St. Michael Neunkirchen

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 Menschen fangen?
Gefangen und frei      
         Bei dem Wort Jesu an Petrus: "Von nun an wirst du Menschen fangen"[1], fühlen wir uns nicht besonders gut. Es passt nicht zu unserem Freiheitsverständnis. Wir möchten nicht gefangen, vereinnahmt werden, sondern uns selber entscheiden, obwohl das nicht immer leicht ist.        
         Es hat halt einen negativen Touch, wenn man bei der Hochzeit eines Paares hinter vorgehaltener Hand tuschelt: den hat sie gefangen. Beim "Fangelesspielen" besteht die Kunst darin sich nicht fangen zu lassen. Unsere den 2. Weltkrieg überlebenden Väter und Großväter haben z.T. Jahre der Gefangenschaft aushalten müssen. Aber immer noch besser als tot.        
         Es gibt auch eine innere Gefangenschaft, die sich im Denken und Fühlen abspielt. Das ist einer gefangen von einem falschen Denken, das ihn automatisch zu falschem Handeln verleitet. Schlimm wird es, wenn einer von Hass und Neidgefühlen gefangen gehalten wird und sich darin verbohrt. Er kann in dem anderen nicht mehr den Menschen, sondern nur noch einen Feind, einen Konkurrenten sehen, den es auszuschalten gilt.         
Aber es gibt auch ein Gefangenwerden, das süß und wunderbar ist. Die Schönheit einer Landschaft, der Wolken, die Reinheit der Luft an einem sonnigen Tag im Gebirge, das Wunder des Lebens, die Liebe des Partners, die Ausstrahlung der Partnerin, kann uns ganz gefangen nehmen.
         Ein Kind läuft vor seiner Mutter lachend davon, in der Hoffnung, daß sie ihm nachgeht, es fängt und es in ihre Arme nehmend herzt und küsst. Und machen es Verliebte nicht auch gern so?
         Von der Liebe, der Güte, der Barmherzigkeit, der Freundlichkeit lasse ich mich gerne gefangen nehmen. Es wird aus dem Gefangenwerden ein Umfangensein, Geborgenheit, Schutz, Sicherheit, Friede. Wenn Eheleute dies einander und ihren Kindern geben, nennen wir das Glück.        
Menschen fangen?
Kann in zweifacher Absicht geschehen:
- einmal um sie unfrei zu machen, zu versklaven, auszubeuten, gehörig und abhängig zu machen.
- oder um sie zu befreien, ihnen Geborgenheit, Schutz und Sicherheit zu geben. Bei mir darfst du Zuhause sein. Bei mir brauchst du dich nicht zu verstellen. Ich mag dich auch trotz deiner Fehler, deiner Schwächen, deinem Unvermögen. Bei mir bist du liebend angesehen.

         So ist Jesus, der Christus, der von Gott mit Heiligem Geist Gesalbte, den Menschen, den Sündern begegnet. Er lebte und wirkte aus dem göttlichen Quell, aus dem Vater, der Liebe und Erbarmen ist. So wurde er für Menschen zum lebendigen Bild Gottes des Unsichtbaren.
         Nur wer sich von seinem Erbarmen, seiner Liebe nicht gefangen nehmen, nicht umfangen lässt, bleibt draußen in der Finsternis, in der Kälte. Wer sich der Liebe Gottes verweigert, sich von ihm absondert, lebt im Zustand der Sünde und verfällt dem Zorn Gottes. Bei der Heimkehr aus der babylonischen Gefangenschaft auf militärischen Schutz verzichtend sagte Esra zum Babylonischen König „Die Hand unseres Gottes ist schützend über allen, die ihn suchen; doch seine Macht und sein Zorn kommen über alle, die ihn verlassen.“[2]
         In der Vision des Propheten Jesaja beten die Engel Gott als den Heiligen an. Wer unsere Kirche durch das Hauptportal betritt, sieht die anbetenden Engel, die das Heilig singen. Der Prophet erkennt angesichts der Heiligkeit Gottes seine eigene Unreinheit und ruft aus: "Weh mir, ich bin verloren."[3] Als Jünger und Jüngerinnen befinden wir sündigen Menschen uns         
Im Dienst des heiligen Gottes
         Ein Seraph berührt den Mund des Propheten mit einer vom Altar genommen glühenden Kohle und sagt "Deine Schuld ist getilgt, deine Sünde gesühnt."[4] Der heilige Gott ist es, der den unheiligen Menschen heiligt, ihn sich ähnlich macht. Jetzt kann der Prophet es wagen zu sagen: "Hier bin ich, sende mich."[5]
         Nur wer sich selber ganz von der Liebe und dem Erbarmen Gottes umhüllt weiß, darf Menschen für Gott fangen. Keiner hat das existentieller erfahren als Petrus und Paulus. Petrus, der geschworen hat, Jesus nicht zu kennen. Paulus, der sich selber den Unerwarteten, die Missgeburt nennt, weil er die Kirche Gottes verfolgt hatte.         
         Petrus sagt angesichts seines schwachen Glaubens und des durch den Befehl des Herrn bewirkten reichen Fischfang: "Herr, geh weg von mir; ich bin ein Sünder"[6]. Und was sagt Jesus zu Ihm? "Fürchte dich nicht, von jetzt an wirst du Menschen fangen."[7]
Paulus bezeichnet sich als den geringsten der Apostel, die Missgeburt. Er bekennt: "Durch die Gnade Gottes bin ich, was ich bin und sein gnädiges handeln an mir ist nicht ohne Wirkung geblieben.“[8] Die Gnade hat ihn gefangen, umfangen. Die Gnade d.h. Gottes liebendes, reinigendes, heiligendes sich ihm Nahen macht es Paulus möglich, dass er Menschen für Gott gewinnt.        
         In Petrus und Paulus zeigt uns Gott, was dieses "Menschen fangen" im Munde Jesu meint. Gottes Liebe und Gottes Erbarmen haben den wankelmütigen Petrus und den zum Radikalismus neigenden Paulus ganz gefangen genommen. So geläutert konnten sie Menschen im Sinne Jesu für Gott fangen und gewinnen.        
Im Auftrag Jesu Menschen für Gott gewinnen      
         Wenn ich ein Fisch wäre, könnte es mir eines Tages blühen, daß ich gefangen und verzehrt würde. Menschen, die am Meer oder wie der Petrus am See Genezareth wohnen, leben vom Fischfang und von Fischen.  Das ist für sie selbstverständlich, ja sie würden sagen, das ist von Gott so eingerichtet und gewollt.
         Die Jünger sollen Menschen für Gott fangen, nicht damit sie anschließend verspeist oder verbraucht werden, sondern der reiche Fischfang auf das Wort Jesu hin ist ein Bild für seine Jünger und Jüngerinnen, im Auftrag Jesu zu handeln. Sie sollen auf sein Wort hin und in seinem Sinn, von seiner Liebe und Hingabe erfüllt, Menschen für die Liebe und das Erbarmen Gottes, für das Geborgensein in seiner reinigenden und Frieden schenkenden Nähe, für die Fülle des Lebens bei ihm gewinnen.
In dieser Stunde, da wir Eucharistie feiern,
Nimmt der Seraph die glühende Kohle vom Altar um unsere unreinen Lippen zu reinigen. Nur so kann unser Mund zum Sprachrohr Gottes werden.
         Was ist die glühende Kohle, die unseren Mund, unser Sprechen reinigt? Es einmal das Wort Gottes, sein Evangelium. Es wird vom Altar genommen und uns verkündet. Wer es in sich einlässt, den reinigt es. Jesus sagt: „Ihr seid schon rein durch das Wort, das ich gesagt habe.“[9]
Auf dem Altar schenkt sich der Herr in Brot und Wein, mit seinem geopferten Leib und seinem am Kreuz vergossenen Blut. Es wird vom Altar genommen und an uns ausgeteilt. In ihm reinigt und heiligt uns Gott, gibt er uns Anteil an dem »erlösenden Tod und an der seligmachenden Auferstehung«[10] seines Sohnes.
Bedenken wir, die Engel vor Gottes Thron rufen einander nicht nur zu: "Heilig, Heilig, heilig ist der Herr der Heere." Sondern auch: "Von seiner Herrlichkeit ist die ganze Erde erfüllt."[11] Gottes heiliges Wesen erfüllt und durchdringt uns in dieser Stunde, will uns ganz umfangen, da wir ihn durch Christus anbeten. Ruft uns am Ende der Messe der Priester zu „Vom Herrn gesendet gehet hin in Frieden“ sollten wir mit Jesaja antworten: „Hier bin ich Herr. Sende mich!“[12]        

[1] Lk 5,10
[2] Esra 8,23
[3] Jes 6,5
[4] Jes 6,7
[5] Jes 6,8
[6] Lk 5,8
[7] Lk 5,10
[8] 1 Kor 15,10
[9] Joh 15,3
[10] Röm Kanon I
[11] Jes 6,3
[12] Jes 6,8

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