PredigtenÜbersicht2010 (C)Homilie am 3. Fastensonntag in der Filialkirche »Regina pacis« in Rödlas um 10.15===>> zu den bilbischen und liturgischen Texten des Sonntags ===>> zur Gottesdienstvorlage ===>> Predigt im Orginalformat lesen oder als PDF Datei herunterladen
===>> Predigt als Podcast nachhören oder nach iTunes herunterladen Dem erhöhten Herrn in der Messfeier begegnen
1 Gott begegnet Mose im brennenden Dornbusch
1.1 Gott offenbart sich ungeschuldet dem Bereiten
- Gott offenbart sich dem Mose, als dieser gerade etwas tut, was alle Nomaden tun: Er weidet Schafe und Ziegen. Gottesoffenbarung aus heiterem Himmel? Ja und nein! So ein Hirte war viel allein, hatte Zeit zum Nachdenken, zum Meditieren, zum Beten. Er ist innerlich offen. Aber die Initiative ergreift Gott. Er gewährt die Begegnung mit sich.
Im Text heißt es:
- "Dort erschien ihm der Engel des Herrn in einer Flamme, die aus einem Dornbuch emporschlug."[1]
- Es handelt sich also um eine Vision vor dem inneren Auge, den Augen des Herzens, wie sie die Schrift nennt. Mose ist fasziniert von dem Geschauten: Feuer, das brennt und doch nicht verbrennt. Er geht auf die Erscheinung zu.
- Er nähert sich dem Geheimnis. Da wird er bei seinem Namen gerufen: "Mose, Mose!"[2]
- Seine Antwort ist ganz und gar Bereitschaft, Offen- und Verfügbarsein: "Hier bin ich".[3] Bei jeder Bischofs- und Priesterweihe wird der Weihekandidat beim Namen aufgerufen und antwortet wie Mose "Adsum - Hier bin ich."
Gott offenbart sich ungeschuldet dem Bereiten.
1.2 Gott bestimmt die Verhaltensweisen der Begegnung
"Komm nicht näher heran!"[4]
Gott setzt der Neugier des Menschen eine klare Grenze.
- Er kann vom Menschen weder er- noch begriffen werden. Der Abstand ist gewaltig. Selbst der Ort, wo sich Gott offenbart, ist heilig, gehört ihm, ist der Verfügungsgewalt des Menschen entzogen.
"Leg deine Schuhe ab“, sagt Gott zu Mose. Ohne Schuhe, ohne Schutz und Deckmantel muss der Mensch vor Gott sein.
- Vor ihm sind wir nackt und bloß. Nichts ist ihm verborgen. Die Reaktion des Mose zeigt es: "Er verhüllte sein Gesicht, denn er fürchtete sich, Gott anzuschauen."[5]
Sich demütig unterwerfend und schutzlos begegnet er Gott. Gott bestimmt die Verhaltensweisen der Begegnung
1.3 Gott offenbart sich, um in Dienst zu nehmen
Gott begegnet dem Mose im Feuer und Licht, um ihn in Dienst zu nehmen für sein Heil, das er seinem erwählten Volk schenken will:
- Befreiung aus der Unterdrückung, Läuterung auf dem Wüstenzug, das Schließen des Bundes, das Hineinführen in das Land der Verheißung.
- Gottesbegegnung wird immer zum Heil anderer geschenkt, bedeutet Sendung, aber auch Erneuerung.
- Nach jüdischer Tradition gilt der erste Nissan - also der erste Tag des ersten Kalendermonats als Tag der Begegnung Gottes mit Mose im brennenden Dornbusch weil "in diesem Monat der Weg der Erneuerung anfängt."[6]
- Es ist der Monat, in dem das Paschafest gefeiert wird, und wir Christen den Tod und die Auferstehung Jesu und unsere eigene Auferstehung in der Taufe feiern.
- Der Dornbusch steht für die Wertlosigkeit und Niedrigkeit, die im Feuer Gottes nicht zu Asche zerfällt.
- So bedient sich Gott eines kleinen, vergänglichen und machtlosen Menschen, um sich selbst als Licht und Feuer kundzutun, um sein Volk zu befreien und zu erneuern. Gott offenbart sich, um in Dienst zu nehmen.
1.4 Gott offenbart in seinem Namen sein Wesen
- Die Berufung allein ist Mose zu wenig. Zu groß sind die Zweifel an seiner Befähigung, zu groß die Furcht vor der Möglichkeit, einer Täuschung zu unterliegen. Mose braucht ein untrügliches Zeichen, einen Namen, hinter dem er sich verbergen kann. Der Gott, der sich dem Mose offenbart, hat kein Gesicht und keine menschliche Gestalt, er ist unverfügbar und unsichtbar, aber er hat einen Namen, der sich schon an Abraham, Isaak und Jakob als wirkmächtig erwiesen hat:
"Jahwe - Der ICH-BIN-DA der Gott eurer Väter, der Gott Abrahams, der Gott Isaaks und der Gott Jakobs, hat mich zu euch gesandt."[7]
„Das ist mein Name für immer, und so wird man mich nennen in allen Generationen.“[8] Also auch für uns, die wir an Jesus Christus glauben.
2. In Jesus Christus hat Gott seinen Namen wahrgemacht. Er ist der GOTT-MIT-UNS.
- Jesus hat uns aufgetragen sein TESTAMENT zu feiern. Er hat uns verheißen, er werde bei uns und mit uns sein, wenn wir uns »in seinem Namen versammeln«. Das tun wir jetzt in dieser Stunde, am 1.Tag der Woche. Der Sonntag ist sein Tag, der Tag der Auferstehung. Diese seine Gegenwart, werden wir uns jetzt und bei jeder Messfeier ins Gedächtnis rufen und sie im Glauben annehmen.
- Zugleich werden wir die Voraussetzungen und Spielregeln beachten, die zur Begegnung mit dem erhöhten Herrn gehören.
Deshalb denken wir jetzt im 2.Teil der Predigt nach über die Vierfache Gegenwart des erhöhten Herrn in der Messfeier
2.1 Der erhöhte Herr ist gegenwärtig in der versammelten Gemeinde
- Wir sind zusammen gekommen, um sein Testament zu feiern, Gott das Opfer seines Sohnes darzubringen. Wir handeln also in seinem Auftrag und Namen: "Tut dies zu meinem Gedächtnis."[9] Wir stehen dabei unter seiner Verheißung. "Wo zwei oder drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen."[10] Wichtig ist, dass wir uns in seinem Namen versammeln. Jesus Christus muss der Grund sein, der uns zusammenführt.
- Die Messfeier dient also nicht zuerst der Verschönerung unserer menschlichen Feste, sondern der Ehre Gottes, die wir durch Christus ihm darbringen. Der Anlass zur Messfeier ist also immer das Heilswerk Christi, der Bund den Gott durch ihn mit uns geschlossen hat. Freilich bekommt auch der Geburtstag, das Vereinsjubiläum, das Ehejubiläum durch die Feier des Herrenmahles einen besonderen Glanz; denn wann immer der Mensch sich vor Gott versammelt zur Feier des Bundes, um ihn zu ehren, fällt der Glanz der Herrlichkeit Gottes auf unsere menschlichen Lebensäußerungen.
- Der Herr ist gegenwärtig in der versammelten Gemeinde. Darum sind wir alle der Leib Christi, der Tempel Gottes. Je bereiter, gesammelter, aktiver wir die Eucharistie mitfeiern, desto dichter wird diese Gegenwart des Herrn mitten unter uns erfahrbar.
2.2 Der erhöhte Herr ist gegenwärtig in der Person des geweihten Priesters.
- Kein Priester hat sich selber diese Würde gegeben, sondern als er vom Bischof beim Namen gerufen wurde, hat er sein Adsum - "Hier bin ich." gesprochen. Der geweihte Priester handelt bei der Messfeier also an Christi Statt. Er zieht mit dem Altardienst durch die Gemeinde zum Altar.
- Vorangetragen werden das von zwei Leuchtern flankierte Kreuz, das Siegeszeichen Christi und das Evangeliar, in dem seine Worte und Taten stehen.
- So wird sichtbar, daß der Herr selber in seine Gemeinde kommt, um mit uns seinen lichtvollen Sieg über Sünde und Tod in seiner Auferstehung zu feiern. Um uns in seinem Wort und seinem Fleisch und Blut die Speise des ewigen Lebens zu reichen.
- In Anlehnung an ein Wort des heiligen Augustinus kann ich sagen: Mit euch ziehe ich zum Altar. Denn "mit euch bin ich Christ“. Zugleich vergegenwärtige ich Jesus Christus, der in unsere Mitte kommt, wenn wir uns in seinem Namen versammeln; denn "für euch bin ich Priester". Der heilige Augustinus hat es so gesagt: "Für euch bin ich Bischof, mit euch bin ich Christ."
- Der Priester leitet als Repräsentant des priesterlichen Christus die Versammlung. Er spricht im Auftrag seines Herrn die Worte Jesu über Brot und Wein. Er reicht uns das Brot des Lebens oder gibt es weiter zum Austeilen.
- Er zieht vor versammelter Gemeinde am Schluss des Gottesdienstes aus um sichtbar zu machen dass der Herr mit uns geht. Ja uns vorausgeht in den Alltag.
- Wie Mose kann der Priester als sündiger, schwacher Mensch nur deshalb es wagen, Werkzeug des Sohnes Gottes zu sein, weil er den Herrn mit seiner Kraft und seinem Geist hinter sich weiß.
Der erhöhte Herr ist also gegenwärtig in der Person des geweihten Priesters.
2.3 Der erhöhte Herr ist gegenwärtig im Wort der Verkündigung, besonders des Evangeliums
- Der Dienst des Lektors und Kantors ist daher ein überaus verantwortlicher, denn im Wort der Bibel begegnet uns der lebendige Gott. Der Höhepunkt der Wortverkündigung ist das Evangelium.
- Deshalb tragen wir in feierlicher Prozession Gott und Jesus Christus preisend das Evangeliar zum Ambo, dem Ort der Wortverkündigung und rufen: "Ehre sei dir, o Herr." und "Lob sei dir, Christus."
- Deshalb ehren wir an Festtagen das Evangelienbuch mit Weihrauch und küsst der Priester oder Diakon das Evangelienbuch. Denn nur in der Liebe zu und Freundschaft mit seinem Herrn kann er sein Wort in der rechten Weise auslegen. Wo das geschieht, gilt was Jesus zu den Jüngern sagt: "Wer euch hört, der hört mich, und wer euch verachtet, verachtet mich."[11] Der erhöhte Herr ist gegenwärtig im Wort der Verkündigung.
2.4 Der erhöhte Herr ist gegenwärtig im Opfer und Mahl der Eucharistie und in den verwandelten Gaben
- Jesus sagt im Abendmahlsaal vor seinen Jüngern über Brot und Wein „Das ist mein Leib, der für euch hingegeben wird.[12] Das ist das Blut des Neuen und ewigen Bundes, das für euch und für alle vergossen wird zur Vergebung der Sünden."[13]
- Die Gottheit Jesu war im Menschen Jesus verborgen. Ähnlich sind sein geopferter Leib und sein vergossenes Blut unter den irdischen Gestalten von Brot und Wein verborgen. In der Kraft des Auftrags Christi und seines Heiligen Geistes sind sie durch den Dienst des Priesters sein geopferter und auferstandener Leib, ER selber geworden. Nur dem Glaubenden erschließt sich dieses Geheimnis.
Aus dieser vierfachen Gegenwart des Herrn in der Liturgie leiten sich ab
3 Die Regeln und Verhaltensweisen für die Begegnung mit dem auferstandenen und erhöhten Herrn in der Messfeier
3.1 Erfahrungen von Kindern
Bei einem Kindergottesdienst fragte ich in der Ansprache die Kinder, wo sie denn Spuren Gottes in ihrem Leben entdeckt, wo sie seine Nähe erfahren hätten? Spontan kamen die Antworten:
- "Wenn ich bei der Messe ganz gesammelt bei mir bin."
- "Beim Evangelium", "Beim Hochgebet", "Wenn ich Loblieder singe". "Wenn ich bete." "Wenn ich bei der Beichte losgesprochen werde."
3.2 Die Frage an jeden von uns lautet: Beachten wir die Begegnungsregeln, die Gott gegeben hat?
Wozu komme ich?
- Ich komme, weil der Herr mich einlädt und mir in seinem Wort und in seinem Opfer und Mahl begegnen will.
Als welcher komme ich? - Ich komme, weil Gott mich bei der Taufe durch Jesus Christus beim Namen gerufen hat. Weil ich zu ihm gehöre und er mich zu seinem Heilswerkzeug in dieser Welt machen will. Weil er mich erneuern will.
Wie komme ich?
- Wie Mose will ich zu Gott sagen: "Hier bin ich" Ich bin ganz für dich offen. Ich komme ehrfürchtig und demütig, ohne Anspruch und Deckmantel.
- Ich komme also nicht, um Gott zu erleben, zu erfahren, zu spüren, zu erfassen, über ihn zu verfügen. Ich versuche vielmehr mir des Abstandes zwischen Gott und Mensch, zwischen Schöpfer und Geschöpf, bewusst zu werden.
- Darum beuge ich mich bis in meinen Leib hinein vor ihm. Ich will an seine Gegenwart glauben, dass er an mir handelt, auch wenn ich nichts spüre. Ich will die Begegnung mit ihm als unverdientes Geschenk annehmen?
Wie gehe ich?
- Gehe ich in den Alltag zurück und weiß mich von ihm gesendet und begleitet? Seine befreiende Liebe und Zuwendung will ich meinem Partner, meinen Kindern, meinen Freunden und Nachbarn, meinen Arbeitskollegen bringen. Das wird nicht immer leicht sein. Manche machen es uns schwer, freundlich und gut zu sein.
- Für Mose wäre es auch angenehmer gewesen in der Abgeschiedenheit der Wüste zu bleiben. Nur für sich zu sein. Gott aber offenbart sich ihm, um ihn dorthin zu senden, wo es brennt. Eine schwierige, ja gefährliche Aufgabe hat er ihm zugedacht. Darum heißt der Schussakkord der Messfeier: Gehet hin in seiner Kraft, seinem Frieden. Ich sende Euch!
Auf dem Hintergrund dieser Fragen verstehen wir, warum das 2.Vat.Konzil vom Gottesdienst, besonders von der Feier des Opfers und Mahles Jesu Christi sagt:
- "Die Liturgie ist der Höhepunkt, dem das Tun der Kirche zustrebt und zugleich die Quelle, aus der all ihre Kraft strömt.“[14]
Gott offenbart sich dem Menschen, der sich ihm ehrfürchtig naht und in seinem innersten Wesen offen ist. Doch vergessen wir nicht: Gott schenkt sich in der Freiheit seiner Liebe, wem er will. Wenn er sich offenbart ist es immer unverdientes Geschenk und Sendung zum Heil der Mitmenschen und der Mitwelt.
[1] Ex 3,2 [2] Ex 3,4 [3] ebd. [4] Ex 3,5 [5] Ex 3,6 [6] Drewermann [7] Ex 3,15b [8] Ex 3,15c [9] Lk 22,19; 1 Kor 11,24 [10] Mt 18,20 [11] Lk 10,16 [12] Mt 26,26; Mk 14,22; Lk 22,19 [13] Mt 26,28; Mk 14,24 [14] SC 10
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