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Lesejahr B 2015/12 bis 2016/11

Predigt - Homilie am 16.Sonntg C2016 in Dormitz ULF und Neunkirchen St. Michael

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AUF JESUS HÖREND HELL WACH WERDEN FÜR DAS GÖTTLICHE LEBEN
Worauf kommt es dabei an? Zwei Verhaltensweisen wollen wir ins Visier nehmen:

1 Aktionismus und Verweilen
Unsere Gesellschaft ist heute von einem weit ausgreifenden Aktionismus erfasst. Immer muss etwas los sein.  Die Freizeitindustrie hält uns ständig mit neuen Angeboten auf Trab und treibt uns von einem Event in den anderen. Tätig sein, in Bewegung sein, Mobilität ist alles.

Dabei würde Verweilen, zu sich Kommen, bei sich sein, vor Gott, dem Ursprung und das Ziel unseres Lebens da sein, auf Seele und Leib heilend wirken; denn "von IHM kommt jede gute Gabe und jedes vollkommene Geschenk."

Jeden Tag - warnt uns die Kirche am Beginn des Tages im Eingangspsalm des Breviers nicht an Gott vorbei zu leben. Wenn ich Gott meinen Schöpfer, Befreier und Vollender missachte, den trifft mich sein richtendes Wort: „Sie sollen nicht kommen in das Land meiner Ruhe.“[1] Daher fragen wir uns
2 Wie werde ich wach für das göttliche Leben?
Die Abrahams-Geschichte wie auch die Gerichtsrede Jesu zeigen, was in den Augen Gottes letztendlich zählt: In jedem Menschen, selbst dem Geringsten, auch dem scheinbar zufällig Vorübergehenden, sollen wir unsere Brüder und Schwestern erkennen und ihnen Gutes tun, Ihre Not sehen und lindern, den Fremden Gastfreundschaft bei uns gewähren. In ihnen will Gott uns begegnen und uns segnen.

Abraham kannte die Fremden nicht, die in der Mittagshitze vor seinem Zelt vorbeikamen. Aber er wollte sie nicht weiterziehen lassen, ohne ihnen Gutes zu tun. Abrahams Gastlichkeit und das göttliche Verheißungswort am Schluss sind die Schwerpunkte dieser Erzählung. Gott kommt überraschend zu Abraham. 

Wer so handelt wie Abraham, wird schon in diesem Leben Gott als Segen bringenden Freund erfahren.

Das Evangelium erzählt eine weitere alltägliche Begebenheit:
3  Jesus kehrt bei Freunden ein
bei Marta, Maria und Lazarus. Es geht um Gastfreundschaft und Gespräch, um Zuwendung und Zuhören. Marta sorgt für das leibliche Wohl des Gastes. Maria hört ihm zu. Beide Frauen sind für Jesus da, jede auf ihre Art.

Die Beschwerde Martas über die Jesus zuhörende Maria, ist der Anlass für eine wichtige Weisung Jesu.
3.1 Beide, Marta und Maria sind vor Jesus
Pius XII hat einmal von der »Häresie - der Irrlehre - der Aktion“ gesprochen - einem Tun ohne Gnade«.

Der Heilige Benedikt, Begründer des Mönchtums im Abendland hat die Gefahr erkannt und an vielen Einsiedlern erlebt. Darum hat er seinen Mönchen das Ora et Labora, das Bete und Arbeite in die Regel geschrieben und sie müssen verpflichten, ihr ganzes Leben an dem Ort ihres Eintritts zu bleiben.

Bei vielen sind heute an die Stelle des Betens und der Anbetung Gottes Freizeitaktivitäten getreten. Die Gemeinde des Herrn - die Kirche - gerät mehr und mehr aus dem Blick.

Es geht im heutigen Evangeliums nicht um die Konkurrenz zwischen Aktion und Kontemplation, beruflicher oder häuslicher Arbeit und dem Hören auf Jesus. Marta und Maria sind nicht Gegner, sondern Geschwister. Beide schätzen und lieben Jesus. Jede bringt es auf ihre Weise zum Ausdruck.

Was aber meint Jesus, wenn er sagt: Nur eines sei notwendig?

3.2 Was ist das Eine, die Not des Lebens Wendende?
Gastfreundschaft ist ein hohes Gut. Sie bringt Segen, wie wir an Abraham sehen. Sie ist der notwendige Rahmen für das Eigentliche. Dieses geschieht im Innern – im Herzen in der Seele im Geist. Dafür steht Maria. Sie nimmt sich Zeit für den Gast. Sie öffnet sich ihm. Und er öffnet sich ihr. Wo das in Lauterkeit und Bescheidenheit geschieht, wird Gottes Anwesenheit erfahren.

Das ist auch die Frage, die wir bei all den notwendigen Äußerlichkeiten der Begegnungen uns stellen müssen: Haben wir genug Zeit füreinander, damit das Eigentliche sich ereignen kann? - Maria hört Jesus zu. Sie dafür lobend stellt Jesus fest: "Maria hat das Bessere gewählt, das soll ihr nicht genommen werden."

Freilich Marta hat für das Verhalten Marias wenig Verständnis. Vielleicht ist sie auch ein wenig eifersüchtig auf Maria. Sie beschwert sich bei Jesus, „Herr, kümmert es dich nicht, dass meine Schwester die ganze Arbeit mir allein überlässt? Sag ihr doch, sie soll mir helfen!“

Damit weist sie Jesus noch mehr zurecht als ihre Schwester. Schließlich kocht sie vor allem für ihn. Für Marta haben die natürlichen Bedürfnisse des Menschen Vorrang vor den geistlichen und übernatürlichen. Die Erde liegt ihr näher als der Himmel.

3.3 Die Erde ohne den Himmel hat keine Zukunft
Der Himmel fängt hier und jetzt an, weil Gott in seiner Schöpfung gegenwärtig ist.

In der Menschwerdung seines Sohnes hat er sich mit seiner Erde und mit uns Menschen vereinigt.

In der Auferstehung Jesu ist ein Mensch und mit ihm ein Teil der Schöpfung schon im Himmel. Ist doch Jesus als Mensch aus demselben Stoff wie wir und wir als Menschen aus dem gleichen Stoff wie das All.

Der vordergründig denkende und empfindende Mensch sorgt und müht sich vordringlich um seine Irdische Existenz. Wäre das schon alles, dann handelten wir damit folgerichtig.

Aber wer den Verheißungen Gottes auf die Fülle des Lebens bei ihm traut, für den ist das zukünftige Leben bei Gott jenseits der irdisch-vergänglichen Welt der Schatz im Acker, den es zu heben gilt, die kostbare Perle, die wir unbedingt erwerben müssen. So gesehen, hat Maria tatsächlich das Bessere, das wirklich Notwendige gewählt, „das soll ihr nicht genommen werden.“

3.4 Dieses eine wirklich Notwendige kommt durch Jesus von Gott her auf uns zu
Man kann es nicht selber schaffen, sondern muss es sich von Gott zeigen und schenken lassen. Grundsätzlich aber gilt: Ob einer arbeitet oder meditiert, ob er in einer Praxis, im Haushalt, auf dem Acker oder im Büro arbeitet- "entscheidend ist, dass er auf mich hört und sich vom Geist aus der Höhe leiten lässt!” will Jesus uns durch das heutige Evangelium sagen.

Das Geheimnis seines Reiches der Wahrheit und Liebe, des Friedens und der ewigen Seligkeit eröffnet uns Jesus. Darum schärft Paulus in der 2. Lesung den Kolossern ein „Christus ist unter euch, er ist die Hoffnung auf Herrlichkeit.“ [2]

4 Auf ihn sollen wir hören
4.1 Wir erleben den Verlust der Fähigkeit genau hinzuhören
Vielen Zeitgenossen, auch vielen Getauften ist die aufmerksame Achtsamkeit des Hinhörens durch das sich Ausliefern an das Vielerlei abhanden gekommen.  Jesus, der wahre Messias Gottes, ist nicht mehr die Hauptsache, sondern Maß gebend sind die Medien oder selbst ernannte Propheten.

Viele der an das Handy und das Internet gebundenen jungen Menschen merken nicht, wie sie von Nichtigkeiten vereinnahmt und fremdbestimmt werden. Haben wir den Mut, sie zu ermahnen, nicht zu abhängigen Sklaven der Apparate zu werden.

4.2 Wer wachsam mit Gott lebt
merkt wie sich die absurdesten Pseudowahrheiten und Weltanschauungen in ihm einnisten und vermag ihnen zu widerstehen. Gott will, dass wir ganz da und präsent sind – heute, jetzt. Wer ganz bei sich ist, kann auch bei ganz dem ihm begegnenden Menschen sein.

Nur wer ganz bei sich ist, kann auch bei dem Gott der Bibel, bei Jahwe, dem Ich-Bin-Da sein. Wir Christen sind keine Pantheisten, die meinen alles sei Gott. Unser Gott begegnet uns als personales unfassbares Gegenüber-  als unser großes Du. ER ist als der Allgegenwärtige immer und überall ansprechbar.

Er zeigt uns in Jesus Christus sein menschliches Antlitz, sieht uns, spricht uns durch ihn an, ist in ihm mit unserer menschlichen Existenz bis hinein in den Tod eins geworden.

Darum tun wir alles, um in seiner Gegenwart und Liebe zu bleiben, damit wir in unseren menschlichen Beziehungen lieben können, wie er uns geliebt hat. Nur so kann Gefährtenschaft entstehen, die eine wirkliche Zukunft hat.

4.3 In suchen und finden - entlastet unsere Liebsten vor der Haftpflicht für unser Glück
Voller Hoffnung suchen wir IHN, damit unsere Begegnungen immer mehr gelingen und in ihnen etwas aufleuchtet von unserer Begegnung mit ihm. Sie ist der bessere Teil, der uns nie genommen werden kann, auch nicht durch unseren leiblichen Tod.

Weil Gott unser absolutes Du ist, weil er uns durch Jesus liebend und erbarmend ansieht, sein Ansehen schenkt, uns als einmalige Person ganz ernst nimmt, darum begegnen wir einander mit Respekt und Liebe, mit Wertschätzung und Erbarmen.

4.4 Auf Jesus hörend werden wir hellwach für das Leben
 Hellwach auch für die Anwesenheit Gottes in unserer Welt. Hellwach auch in Krankheit und Sterben für die Anwesenheit des auferstandenen Herrn, der unsere wahre Zukunft ist;

Wir leiden ja mit ihm, weil wir dem Wort der Frohen Botschaft trauend mit ihm auferstehen und verherrlicht werden. Wir sind nur Gast auf Erden.

Durch das Wort der Heiligen Schrift, das uns die Kirche des Herrn jeden Sonn- und Feiertag auftischt, lädt er uns ein - heute, hier und jetzt - bei ihm einzukehren, damit er unseren Hunger und Durst nach Leben für immer stillen kann.

Lesungen: 1. L Gen 18,1–10a; 2. L Kol 1,24–28; Ev Lk 10,38–42
[1] Ps 95
[2] Kol 1,27