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Lesejahr 2012 (B)

Homilie am Dreifaltigkeitssonntag in der Sonntagabendmesse in St. Michael Neunkirchen

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Das Geheimnis Gottes in drei Personen

Dreifaltigkeitsdarstellung in der Pfarrkriche Schlüsselfeld
Dreifaltigkeitsdarstellung in der Pfarrkriche Schlüsselfeld
1  Göttliche Personen?


Das Evangelium des heutigen Dreifaltigkeitssonntags führt uns an den Schluss des Matthäusevangeliums. Zum ersten Mal im gesamten Neuen Testament wird hier Gott als »Vater - Sohn und Heiliger Geist« verkündet. Der auferstandene Jesus selbst sagt es seinen Jüngern. In dieser Fülle der göttlichen Wirklichkeit wird Gott den Weg seiner auf den Dreifaltigen Gott Getauften begleiten. In seinem auferstandenen Sohn und in seinem Geist der Tröstung ist er stets selbst nahe.

Deshalb spricht die Theologie von dem einen Gott in drei Personen. Der Lobpreis des dreifaltigen und dreieinen Gottes sollte nie mechanisch sondern immer ehrfürchtig sich beugend über unsere Lippen gehen.

Viele Zeitgenossen vor allem aus anderen Religionen, auch manche Christen finden keinen Zugang zum Mysterium des einen Gottes in drei Personen.

Person kommt aus dem lateinischen persono = durchtönen widerhallen. Persona ist im Lateinischen die das Gesicht des Schauspielers verhüllende Maske durch die hindurch die verborgene Gottheit spricht.

Vater, Sohn und Heiliger Geist wären also gleichsam die menschliche Form, durch die das Geheimnis des einen Gottes auf eine dreifache persönliche Weise zu uns spricht, uns nahe kommt und an uns handelt.

2 Das Mysterium Gottes - einer in drei Personen

2.1  Gott offenbart sich durch die Person des Vaters
  • Die jüdisch-christliche Offenbarung nennt Gott »Jahwe = Ich – Bin - Der – Ich – Bin - Da« und den ewigen Vater, der uns wie eine Mutter liebt. Der Name Gottes spricht das Urbedürfnis vieler Menschen an. Sie möchten wissen, woher sie letztlich kommen und wohin sie am Ende gehen. Sie möchten den Ursprung und das Ziel ihrer Existenz kennen.
  • Darauf will der Glaube an den dreieinen und dreifaltigen Gott eine Antwort geben. Gott ist unser Vater: d.h. zeugender Ursprung. Er ist auch unsere Mutter: d.h. Er hat uns durch die Liebe unserer Eltern geschaffen und beseelt.
  • Wenn ich sage »ich glaube an Gott, den Vater« dann erfahre ich: Meine Existenz erschöpft sich nicht in einem vergänglichen, endlichen Sein, sondern ich habe meinen Grund und mein Ziel in dem ewigen Gott, der mich mehr liebt, wie ein guter Vater, wie eine Mutter mich lieben können.
2.1.1 Der Mensch als Mann und Frau ist Abbild Gottes
  • In der Heiligen Schrift gibt Gott uns Aufschluss über seinen Schöpferwillen: "Lasst uns Menschen machen als unser Abbild, uns ähnlich"[1] „Gott schuf also den Menschen als sein Abbild; als Abbild Gottes schuf er ihn. Als Mann und Frau schuf er sie."[2]
  • Mann und Frau, Vater und Mutter sind also Bild für Gott. Die Liebe auf Augenhöhe und Anerkennung der gleichen Würde hält Mann und Frau zusammen und macht ihre Liebe fruchtbar. So sind sie im positiven wie im negativen Sinn prägend für das Gottesbild ihrer Kinder.
  • Freilich ist - nach der hl. Edith Stein - die Beziehung unter den drei göttlichen Personen nicht dieselbe wie Beziehung unter den Geschöpfen Gottes. Der unendliche Abstand von Bild und Urbild bleibt. „Aber dieser Abstand und Unfasslichkeit des Urbildes ändert nichts daran, dass sich der Sinn des Abbilds vom Urbild her bestimmt.“[3]
2.1.2 Sich vom Urbild her motivieren zu lassen
  • Indem sich Eltern liebend und sorgend ihren Kindern zuwendend für sie da sind, erwecken sie diese zum Menschsein. Durch diese Zuwendung der Eltern entfaltet sich vom Augenblick der Zeugung an das Fühlen und Denken, bis sie eines Tages selber nach Gott fragen und ihm anhangen können.
  • Jeder Mensch braucht zu seiner Menschwerdung und Reifung ein Du, das in ihn liebend anspricht und dem er antworten darf. Gott will unser ewiges Du sein. Jesus hat uns im »Vater unser« gelehrt, wir dürfen und sollen zu Gott Du sagen.
  • Was bei der Anrede »Vater unser« oder »Gott liebt dich« in einem Menschen schwingt, hängt wesentlich von dieser frühen Erfahrung des Menschenkindes ab. Eine gute Mann-Frau- sowie Eltern-Kindbeziehung ist eine Mitgift, die durch unser ganzes Leben hindurch Kraft und Halt gibt und uns Gott nahe bringt.
  • Aber selbst bei einem durch die Eltern verdunkelten Gottesbild ist noch nicht alles verloren. Darum schenkt sich uns das göttliche Geheimnis noch auf eine zweite Weise.
2.2 Gott offenbart sich in Jesus seinem geliebten Sohn
  • Er ist das »wahre Abbild Gottes des Unsichtbaren« bekennt der Kolosserbrief. Gott zeigt sich uns also in einem, der Mensch ist wie wir. Papst Johannes Paul II sagte: Jesus Christus ist das menschliche Antlitz Gottes. Daher werden
2.2.1 Leben von Angesicht zu Angesicht
  • Auch hier setzt Gott bei unseren ursprünglichen menschlichen Erfahrungen an. Das liebevoll zugewendete Antlitz der Mutter, des Vaters erzeugt auf dem Gesicht des Säuglings ein erstes Lächeln. Ein glückliches offenes Lächeln aber »ist der kürzeste Weg zwischen zwei Menschen«. Es zeigt das durch Begegnung und Angenommensein erzeugte Glück.
  • Ist nicht »Liebe auf den ersten Blick« eine ähnliche Erfahrung? Und ist es nicht höchstes Glück, wenn Liebende das Glück auf dem Gesicht des geliebten Menschen wahrnehmen? Ist nicht das Lächeln eines schwerkranken Menschen, den wir mit Liebe und Sorge umgeben nicht der schönste Dank?
  • Im Psalm 27 heißt es "Mein Herz denkt an dein Wort «Sucht mein Angesicht!» Dein Angesicht, Herr, will ich suchen."[4]
2.2.2 In Jesus Christus stellt sich Gott als Freund und Bruder,
         als Weggefährte und Hirte an unsere Seite.

  • In ihm geht er den ganzen Weg mit uns mit, auch den Weg des Leidens, der Verkennung und Verspottung, des ungerechten Urteils und des bitteren Todes. Er geht mit uns sogar ins Grab.
  • Aber er nimmt uns auch in der Auferstehung von den Toten mit hinein in das Reich Gottes, wo kein Tod und keine todbringenden Mächte mehr herrschen, sondern allein die Liebe und die alles durchdringende Herrlichkeit Gottes.
  • So zeigt er uns durch den Mensch gewordenen Sohn Jesus Christus, dass er als der Ich-Bin-Da in seinem göttlichen Wesen, das Liebe ist, bis hinein in das Dunkel des Todes und des Grabes für uns da, bei uns ist. Er nimmt seine Jünger und Jüngerinnen mit hinein in seine Auferstehung und Herrlichkeit beim Vater. Die Freundschaft mit Jesus zu pflegen, heißt in der Freundschaft Gottes bleiben.
  • Diese Menschwerdung geschah zu einer bestimmten geschichtlichen Stunde, als die Fülle der Zeit anbrach, wie das NT sagt. Aber dieser geschichtliche Jesus ist für uns nicht mehr unmittelbar erleb und erfahrbar, wie damals den Jüngern und Jüngerinnen.
  • Darum hat Jesus vor dem Heimgang zum Vater seinen Jüngerinnen und Jüngern verheißen: „Ich werde den Vater bitten und er wird euch einen anderen Beistand geben, der für immer bei euch bleiben soll.“[5]
2.3 Dieser Beistand als 3. Göttliche Person ist der Heilige Geist
  • Der vom auferstandenen Christus geschenkte Heilige Geist des Vaters wird die Jünger/innen »an alles erinnern was Jesus gesagt hat«.[6]
2.3.1 Der Heilige Geist Gottes ist die befreiende Liebe in uns
  • Die in uns ausgegossene Liebe Gottes,[7] bezeugt unserem Geist, dass wir Kinder Gottes,[8] nicht mehr Sklaven, sondern Freie sind. Weil Gottes Geist in uns ist, kann uns keine Macht der Welt und kein böser Geist mehr in Fesseln schlagen. Daran haben die Märtyrer aller Jahrhunderte geglaubt: Man mag uns die Ehre oder das Leben nehmen, Gottes Geist garantiert die dauernde Zugehörigkeit zu Jesus Christus ob wir leben oder ob wir sterben.[9] Dieser Glaube macht stark.
2.3.2 Der Heilige Geist Gottes Siegesfanfare in uns
  • Wie eine Siegesfanfare schallt uns der aus der Kraft des Heiligen Geistes kommende letzte Satz der Lesung aus dem Römerbrief entgegen: «Sind wir aber Kinder, dann auch Erben; wir sind Erben Gottes und sind Miterben Christi, wenn wir mit ihm leiden, um mit ihm auch verherrlicht zu werden.«[10]
Diese Weise des sich dreifach schenkenden einen Gottes entspricht dem urmenschlichen Bedürfnis nach
3 Ruhe und Sicherheit mitten in einer friedlosen Welt
  • Wir vom Lärm umtosten von Informationen zugedeckten Menschen des 21. Jahrhunderts sehnen uns nach innerer Ruhe und Sicherheit. Wie wollen wir das erreichen?
3.1  Durch Selbsterlösung, durch Gottlosigkeit?
  • Viele suchen durch alle möglichen Arten von Meditation oder im Buddhismus dies zu finden also in Formen der Selbsterlösung. Die mögen eine Zeit lang tragen, sagen aber nichts über die Fülle des Lebens, des ewigen Lebens bei Gott. Ein persönlicher Gott ist ihnen fremd.
  • Sie können und wollen nicht sehen, dass das Gute und die Heilung ganz nahe sind, nämlich in der christlichen Offenbarung. Sicher können Techniken des inneren Freiwerdens und zu sich Kommens hilfreich sein.
  • Der Mensch kann sich aber als endliches Wesen nicht selber erlösen. Schon gar nicht aus dem Tod. Was also ist die Lösung?
3.2 Erlösung schenkt Gott durch seinen heiligen Geist
  • Der wird jenen zuteil, die sich Gott öffnen und die Freundschaft mit Jesus Christus pflegen. D.h. Ihm nachfolgen auf seinem Weg des Vertrauens und der Liebe zu Gott, zu den Menschen, ja zur ganzen Schöpfung.
  • Im Johannesevangelium spricht Jesus "Der Geist ist es, der lebendig macht; das Fleisch nützt nichts. Die Worte, die ich zu euch gesprochen habe, sind Geist und sind Leben."[11] Und Paulus mahnt die Christen in Thessalonich: "Löscht den Geist nicht aus! Verachtet prophetisches Reden nicht! Prüft alles, und behaltet das Gute!"[12]
  • Auf einem Jahrmarkt der Sinn- und Lebensangebote lebend müssen wir kritisch prüfen, was wirklich gut ist. Noch nie war es so wichtig wie heute mit den Medien des gedruckten Wortes, des Fernsehens und des Internets verantwortlich und kritisch umzugehen.
  • Der Geist wird durch die Werke des Fleisches ausgelöscht, sagt Paulus. Und er nennt im Galaterbrief einen ganzen Katalog von Lastern.[13]
3.3 Das Geheimnis Gottes in drei Personen, als Vater,
      Sohn und Geist leuchtet auf durch Personen

  • Durch die Person eines verantwortungsbewussten sorgenden und beschützenden Vaters;  durch die Person einer selbstlos dienenden und Geborgenheit schenkenden Mutter.
  • Das Geheimnis des dreifaltigen Gottes leuchtet auf, wo Menschen ihre Aufgaben und Pflichten aus Liebe zu Gott und ihrem Nächsten erfüllen.
  • Das Geheimnis des dreifaltigen Gottes wird verdunkelt, wenn Menschen egoistisch nur für sich sorgen oder auf Kosten anderer leben, wo es keine Solidarität gibt; wo durch Drohung Angst erzeugt wird, um jemand für die eigenen egoistischen Zwecke gefügig zu machen.
  • Jesus versichert den verunsicherten Jüngern im Evangelium seine Gegenwart bis ans Ende der Welt. Seine Macht der Liebe und des Dienens wird letztlich Himmel und Erde beherrschen. Wer an den Sieg der Liebe glaubt, erhält damit aber auch einen Auftrag: Alle Menschen zu Jüngern Jesu zu machen.[14]
 

[1] Gen 1,26
[2] Gen 1,27; Gen 5,2; Mt 19,4; Mk 10,6
[3] Hanna-Barbara Gerl, Unerbittliches Licht, Edith Stein, Philosophie – Mystik- Leben; S.62f.
[4] Ps 27,8
[5] Joh 14,16
[6] Joh 14,26
[7] Röm 5,5
[8] Röm 8,16
[9] Röm 14,8
[10] Röm 8,17
[11] Joh 6,63
[12] 1 Thess 5,21
[13] Gal 5,19 ff.
[14] Mt 28,19