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Lesejahr B 2014/12 bis 2015/11

Predigt - Homilie am Ostersonntag 2015 in St. Johannes Großenbuch

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OSTERN – FEST DES LEBENS VOR UND NACH DEM TOD
1 Geruch des Todes überall
1.1 Der Mensch als Henker
Berge von Leichen, damals in den Vernichtungslagern der Nazis. Vor wenigen Jahren in Bosnien, in Srebrenica. Heute wo die islamischen Gotteskrieger der IS und Bokoharam herrschen. Und vor wenigen Wochen als dein Selbstmordpilot sein Flugzeug mit149 Menschen mit in einen sinnlosen Tod  hineinreißt.
Der Geruch des Todes heute. Der Mensch als Henker.  Jedes Jahr weltweit 44 Millionen von abgetriebenen ungeborenen Menschenkindern. Die häufigste Todesursache überhaupt.
Der Geruch des Todes heute. Der Mensch als sein eigener Henker. In Holland wurde  ein Gesetz verabschiedet, das die Tötung auf Verlangen erlaubt. 64% der Westdeutschen und 80 % der Ostdeutschen befürworten aktive Sterbehilfe und gestehen unheilbar Kranken die todbringende Spritze zu.
Der Geruch des Todes überall. Sie erinnern sich an die Berge von gekeulten Rindern, Schafen, Schweinen in England . Ganze Herden wurden ausgerottet, weil eines der Tiere BSE hatte. Auch bei uns wurden ganze Schweine-, Rinder-, Schafbestände vernichtet, weil Verdacht auf Maul- und Klauenseuche bestand.
1.2 Der Geruch des Todes damals auf Golgatha
Der Mensch als Henker. Jesus, der die Liebe und das Erbarmen Gottes verkündet und lebt, wird grausam umgebracht zwischen zwei Verbrechern.
Der Geruch des Todes auch am Ostermorgen. Die Frauen haben ihn noch in der Nase, als sie in aller Frühe zum Grab Jesu eilen. Mit wohlriechenden Salben, die sie zubereitet haben, wollen sie den Geruch des Todes vertreiben. Aus der Nase vielleicht, aber in ihren Gedanken, in der verwundeten Seele bleibt er.

 Im Hymnus der Komplet am Dienstag betet sie:
Tod und Vergehen waltet in allem,
steht über Menschen, Pflanzen und Tieren,
Sternbild und Zeit.
Aber schon in der nächsten Strophe erinnert die Kirche Gott an seine schöpferische Macht:
Du hast ins Leben alles gerufen.
Herr, deine Schöpfung neigt sich zum Tode: Hole sie heim.
Schenke im Ende auch die Vollendung.
Nicht in die Leere falle die Vielfalt irdischen Seins.[1]
Ja, Gottes schöpferische Allmacht feiern wir an Ostern.
 
2 Es gibt ein Leben vor dem Tod,
2.1 So lautet die Parole der 68er Generation
Manche wandten sich von aller Religion ab und richteten ihr Leben völlig im Diesseits ein. Am Glauben oberflächlich festhaltende Menschen verbinden damit keine Heilserwartung mehr über dieses irdische Leben hinaus. Nicht das Heil, sondern das Wohl der Menschen war ihr Thema. Die verantwortliche Gestaltung des Lebens vor dem Tod galt ihnen als das Entscheidende.
So werden heute
2.2 Schwere Vorwürfe gegen die  Zukunftshoffnung des christlichen Glaubens
formuliert: Es handle sich um eine Abwertung des gegenwärtigen Lebens und um die Projektion menschlicher Wunschvorstellungen an einen Ideenhimmel.
Die humane Gestaltung des irdischen Lebens ist durchaus auch das Anliegen des Evangeliums. Ja,
2.3 Jesus verstand seine Sendung als Befreiung von Angst, Versklavung, Krankheit und Tod.
Dennoch ist er dem Tod nicht ausgewichen. Er hat ihn bewusst auf sich genommen, weil er auf die Treue und schöpferische Macht Gottes vertraute.
Freilich wenn der Mensch seine ganze Hoffnung nur auf dieses Leben setzt, gerät er auch schnell in die Versuchung, auf Kosten anderer sein Leben zu führen. Die Heilslehren des 20. Jahrhunderts, des Nationalsozialismus wie des Kommunismus, aber auch der neu global alles beherrschende Kapitalismus und der Genderbewegung sind die grausamen Belege dieser furchtbaren Wahrheit.
Zugleich aber breitet sich ein anderes Grundgefühl aus: Es gibt nicht nur ein Leben vor dem Tod.
3 Es gibt auch ein Leben nach dem Tod
3.1 Warum es ein solches Leben gibt
Der Einsicht in die Endlichkeit unseres Lebens können wir uns so wenig entziehen wie der Frage, was danach kommt. Wir sehen uns im eigenen Erleben ständig mit dem Tod konfrontiert. Es billig, die Sehnsucht des Menschen nach Leben und Gerechtigkeit als Ausschwitzungen des Gehirns abzutun.
Wer sich als Geschöpf Gottes versteht, nimmt auch die Sehnsucht nach Glück, nach Gerechtigkeit und Frieden ernst. Der heilige Augustinus hat zuerst im Leben sein Glück im Irdischen gesucht  Er war aber dann zu der Einsicht gekommen, „wegen irgendeines Glücksgutes dieser Welt nicht aufgeblasen zu werden.“[2] Vielmehr rät er zu bedenken, „dass unsere Glückseligkeit erst eintritt, wenn dieses Zeitliche vorübergegangen ist.“[3]
Wenn es keinen Gott gibt, dann gibt es auch keine Gerechtigkeit. Das könnte vor allem jenen passen, die für ihre Interessen über Leichen gehen. Dann wären alle auf ewig verloren, die um ihr Leben, ihr Glück, gebracht oder die umgebracht wurden. Es wären aber auch ewig verloren alle, die auf Kosten anderer leben und sie massakrieren. Dann könnten nach der durch den Kopiloten herbeigeführten Germanwings-Katastrophe die betroffenen Angehörigen nur verzweifeln.
Es gibt ein Leben nach dem Tod, weil Jesus – der den schrecklichen Kreuzestod auf sich nahm und sich der Auferstandene den Jüngern zeigte, klare Aussagen darüber machte.
3.2 Verzicht auf irdische Erfüllung und ewiges Leben
Jesus verheißt sogar, das die auf irdische Glückserfüllungen um des Reiches Gottes willen Verzichtenden, „dafür schon in dieser Zeit das Vielfache erhalten und in der kommenden Welt das ewige Leben.“[4]
Wir können die Fragen nicht verdrängen, die heute manche für "vormodern" halten: Wo befindet sich der Verstorbene? Gibt es eine Beziehung zu ihm über seinen Tod hinaus? Und wie wird es mit uns selbst nach unserem Sterben stehen?
Der platte Diesseitsoptimismus der Erlebnisgesellschaft hilft dabei wenig, wenn wir existentiell vom Sterben betroffen sind. Oder gar mit Gewalt – wie die Insassen des Fluges der Germanwings – in den Tod gerissen wurden. In dieses existentielle Betroffensein sagt uns die Osterbotschaft:
4. Die personale Beziehung zu Jesus und der Auferstehungsglaube hängen innerlich zusammen.
Das Evangelium zeigt uns, das leere Grab Jesu bringt nur den Liebesjünger Johannes zum Glauben an die Auferweckung Jesu, die Frauen und den Petrus aber nicht. Erst göttliche Boten, zwei Engel, verkünden den Frauen, dass  Jesus auferstanden ist. Und auch Maria von Magdala erkennt den Auferstandenen erst, als er sie bei ihrem Namen anspricht.
Unsere existentielle Verbindung mit Jesu Tod und Auferstehung, wie sie Paulus in seiner Taufkatechese im 6.Kapitel des Römerbriefes verkündet, wird für uns nur dann erfahrbar, wenn wir mit unserem ganzen Sein eintauchen in die Beziehung zu Jesus, die Freundschaft mit ihm.
Deshalb ist auch der erste, der a        n die Auferweckung Jesus glaubt, der Jünger, der in einer engen Beziehung zu Jesus lebt; und darum ist die erste Frau, die den Auferstandenen erkennt, die in einer tiefen Freundschaft mit Jesus verbundene Maria von Magdala.
So erkennen wir, wir finden den Schlüssel zur Begegnung mit dem Auferstandenen in der Verkündigung der frohen Botschaft und in der persönlichen Beziehung zu Jesus.
 Diese gilt es zu pflegen, wenn der Glaube an die Auferstehung unser Leben durchdringen und verwandeln soll, wenn er sich sowohl auf das Leben vor wie nach dem Tod auswirken soll.
5 Bei der Auferweckung geht es um den ganzen Menschen
Auferstehung gegen dualistische Verengung
Nur an die Unsterblichkeit der Seele oder an die Seelenwanderung zu glauben, wäre eine dualistische Verengung des jüdischen und christlichen Denkens.
Es ist nicht so, dass die materielle und geistige Welt Gegensätze wären. Beide sind Schöpfung Gottes, sind von seinem Geist belebt. Der Mensch ist nicht nur Seele, er ist auch Leib. Der Kern unserer Person verwirklicht sich im und mit dem Leib auf dieser Erde, die sich in unserer Milchstraße durch das All bewegt.
Und alle Berichte vom Umgang mit dem Auferstandenen, stehen in dieser Spannung, dass Jesus leibhaftig mit seinen Wundmalen vor seinen Jüngern und Jüngerinnen da ist, mit ihnen isst und trinkt und sich berühren lässt, ihnen seine Gegenwart schenkt.
Er schenkt seine Gegenwart wann und wem er will. Kein Irdischer kann mehr über ihn verfügen. Das ist himmlische Seinsweise. In ihr ist er mitten unter uns.
Diese Erfahrung mit dem Auferstandenen machte die Jünger zu Zeugen seiner Auferstehung. in ihr hat Gott der Menschheit ein Zeichen gegeben, dass er seine Schöpfung nicht in Stich lässt. Er liebt, verwandelt sie und macht sie neu in seinem Reich.
Der ganze Mensch ist durch Christus erlöst und zur Herrlichkeit berufen. Daraus ergibt sich die Unantastbarkeit und die Würde des menschlichen Lebens.
6 Menschenwürde und Auferstehungsleib
6.1 hängen also zuinnerst zusammen.
Der von der Sünde beherrschte Leib wird im Tod zwar vernichtet, für Paulus aber ist es selbstverständlich, dass wir ganzheitlich auferstehen, so wie Jesus auch, also auch mit unserem Leib. Intensiv beschäftigten sich die Christen in Korinth mit dieser Frage: Wie werden die Toten auferweckt, was für einen Leib werden sie haben?
Paulus gibt darauf die Antwort: "Gesät wird ein irdischer Leib, auferweckt ein überirdischer Leib. Wenn es einen irdischen Leib gibt, gibt es auch einen überirdischen." [5]
Die darin verbürgte Verheißung Gottes für die Welt im Ganzen enthält zugleich eine Zusage, die für jede und jeden Einzelnen gilt.
6.2 Die unantastbare Würde des ganzen Menschen
Dass der Tod nicht das letzte Wort hat, ist der entscheidende Anhaltspunkt für die unantastbare und unbegrenzte Würde des endlichen und begrenzten Menschen, seines Leibes, seiner Seele.
Unter dem programmatischen Titel "Gott ist ein Freund des Lebens" haben katholische und evangelische Kirche schon vor 12 Jahren gemeinsam Grundpositionen zu Fragen des Lebensschutzes formuliert, die heute auf neue Weise aktuell sind. Das unbedingte Lebensrecht jedes einzelnen Menschen ist der Angelpunkt dieser Überlegung.
Deshalb hat es eine weitreichende Bedeutung, dass eine neue Debatte über den Beginn menschlichen Lebens ausbricht. Vor allem Pläne zur Präimplantationsdiagnostik provozieren die Frage, handelt es sich bei einem noch nicht implantierten Embryo um einen - werdenden - Menschen oder nur, wie manche sagen, um "Zellwände"? Aber warum wären genetische Untersuchungen an diesen Zellen so interessant, wenn in ihnen nicht schon das ganze Menschsein angelegt wäre?
In der Auferweckung Jesu zeigt uns Gott seine Treue und Allmacht, aber auch dass menschliches Leben ganz und gar von ihm geliebt und zur Teilhabe an der Fülle seines Lebens berufen ist. Ostern ist das Fest des Lebens – des Leben vor dem Tod und nach dem Tod.
 

[1] GL 656
[2] Augustinus, Johanesevang. 10,13
[3] ebd.
[4] Lk 18,28f.
[5] 1 Kor 15,44