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Lesejahr B 2014/12 bis 2015/11

Predigt - Homiliean Christi Himmelfahrt zu Apg 1,1-11 in Großenbuch St. Johannes d.T.

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Oben und Unten verbunden
[1]
1 Fußspuren zum Himmel
In Jerusalem steht auf dem Gipfel des Ölberges eine kleine Moschee; früher war sie eine Kirche. Es wird erzählt, Jesus sei von dieser Stelle in den Himmel aufgenommen worden. Zum Beweis dafür werden im Stein erkennbare Fußspuren gezeigt. Ob wir das glauben oder nicht, eines ist gewiss: Jesus ist zwar in den Himmel aufgefahren, aber seine Spuren auf der Erde bleiben.
Jesus hat nicht nur Fußspuren in dieser Welt hinterlassen, sondern er will, dass wir seine Fußspuren vermehren. Er möchte durch uns sprechen und wirken und dadurch die Menschen auf ihre eigene himmlische Berufung aufmerksam machen. Seinen Jüngerinnen und Jüngern sagt er: „Ihr werdet meine Zeugen sein.... bis an die Grenzen der Erde.“[2]
Ein Lied aus dem Anhang des alten Gotteslob macht diesen Auftrag zum Gebet: „Du hast keine Füße, Herr, nimm die meinen. Bewege sie und führe sie. Lass sie gehen und laufen. Lass sie springen und tanzen, als wären es die deinen.“[3]
Doch viele Zeitgenossen sehen ihr Leben anders. Für zählt nur eines
2. Die Bodenhaftung
Der Künstler Georg Baselitz meint:  ”Viele sagen, da oben ist das Ziel aller Dinge. Aber ich bin da unten zu Hause, das reicht mir, und ich fülle das aus. Die Bodenhaftung soll unbedingt sein.”
Damit trifft er
2.1 ein wesentliches Lebensgefühl unserer Zeit
 Hier in dieser Welt lebe ich. Da bin ich zu Hause. Das fülle ich aus. Das genügt mir.
So zu denken fällt uns leicht, solange es uns gut geht, wir uns alles leisten und aus dem Vollen schöpfen können. Die Mehrzahl der Menschen auf unserem Globus hat diese Perspektive nicht.  Sie sind Hunger und Krankheit oft hilflos ausgeliefert und kämpfen um das tägliche Überleben.
2.2 Wir in den Wohlstandsländern haben uns vielfach abgesichert
Die Maschen unseres sozialen Netzes sind so eng geknüpft, dass kaum einer durchfällt. Wir haben eine hohe Lebenserwartung.
Wem dieses eine Leben nicht reicht, der biegt sich die östliche Wiedergeburtslehre für seine Bedürfnisse um. Im Osten ist Wiedergeburt eine Strafe und alle Bemühungen gehen dahin, nicht wiedergeboren zu werden. In den Wohlstandsländern wird daraus die Möglichkeit in mehreren irdischen Leben noch mehr zu erleben.
Aber warum müssen immer extremere und immer mehr extravagante Lebensmodelle, oft bis zur ”Zelebration des Unsinns”erfunden und angeboten werden?  Es ist offensichtlich
2.3 Diese Diesseitskultur verfängt sich in sich selbst.
 Die Diesseitsfixierung scheint ein Versprechen zu sein, das nicht gehalten werden kann.
Wir erleben in diesen Tagen, wie brüchig solche allein auf das Diesseits fixierte Kultur ist. Täglich erreichen uns neue Hiobsbotschaften: Christenverfolgung in Syrien, im Irak; im Niger. Die Pleite des Eu-Landes Griechenland unaufahltsam. Wie lange wird die Rente noch sicher sein, unser Gesundheitssystem noch bezahlbar sein.
Der AOK-Chef und die Handwerksakammern
2.4 Klagen über fehlenden Nachwuchs.
Die Freigabe »der Pille danach« ohne Rezeptpflicht ist die neueste Verhinderungstaktik der Herrschenden. Obwohl vom Verfassungsgericht angemahnt wagen es nur wenige Politiker die bisherige Abteibungspraxis in Frage zu stellen. Ein Volk, dem der Nachwuchs fehlt gräbt sich sein eigenes Grab.
All unser eigensüchtiges Planen und Vorsorgen kann schnell in einer Sackgasse enden. An deren Ende steht: Stopp! Unkehren!
Das heutige Fest zeigt uns,  zu aller Bodenhaftung muss kommen
3. Der Blick nach oben
 3.1 Wir Christen suchen nicht letzte Erfüllung ”da unten” in dieser Welt.
Wir glauben an Christus und wollen in seinem Geist leben. Dennoch prägt uns das heutige Lebensgefühl mit. Seit Jahrzehnten sehen sehr viele in der Kirche und in unseren Gemeinden ihre Aufgabe darin, diese Welt gerecht und menschenfreundlich zu gestalten.
Weisen uns doch auch die Deute-Engel in der Lesung an, hier in der Welt unser Aufgabenfeld zu suchen. ”Was steht ihr da und schaut zum Himmel empor?” Und so setzen sich viele in unserer Kirche für eine gerechtere Welt ein. Wir haben Arbeitsgruppen und Aktionen, karitative Dienste und ausgebaute Verkündigungssysteme und eine relativ gut organisierte und verwaltete Kirche.
Das mag im einzelnen gut und richtig sein. Aber
3.2 Verlieren wir in den Kirchen nicht auch immer mehr den Blick ”nach oben”?
Verfangen wir uns nicht in unseren Bemühungen, diese Welt, auch diese konkrete irdische Kirche zu gestalten, so als ob wir ”das Reich Gottes in dieser Zeit wiederherstellen” wollten (oder müssten)? Verlieren sich nicht auch viele Christen in der Befriedigung ihrer irdischen Bedürfnisse?
Das Gegenstück ist aber ebenso deutlich und einleuchtend: Es reicht nicht, alles Interesse ”auf den Himmel” zu richten. Ein in sich ruhender frommer Christ, den das Wohlergehen der Nachbarn und die Verhältnisse in der Welt kaum berühren und der nichts dafür tun will, findet keine Sympathie bei den Menschen, aber erst recht nicht beim Herrn, wenn er als Richter wiederkommt. Worin besteht nun

4. Die richtige Verständnis unseres Christsein?

Der Schrifttext der ersten Lesung zeigt sie auf. Was Lukas im Bild der Himmelfahrt beschreibt, ist eine neue Sicht der Welt und der Gegenwart Jesu in ihr. Wer nur in seinem Christenleben ”dasteht und zum Himmel schaut”, wird dorthin verwiesen, wo er lebt: auf sein ”Galiläa”, auf sein ”Jerusalem”, auf sein „Großenbuch“, auf sein „Neunkirchen.“
Dort in euerer konkreten Welt, in euerer Gemeinde „werdet ihr meine Zeugen sein”, sagt Jesus. Dort geht mein Werk weiter, das Menschen annimmt und heilt,  ihre Lasten mitträgt und ihnen die Angst vor der Zukunft nimmt. Hier auf Erden, wo wir leben, ist Jesus präsent durch seinen Geist, den er uns gibt.
Jesus korrigiert jeden, der nur ”diese Welt ausfüllen” will. Es wäre ein Irrweg, wenn wir unser Christsein allein darin sähen, diese Weltordnung gerecht zu gestalten; Wie schwer das ist und wie oft wir damit scheitern, weiß jeder, der sich darauf einlässt.
Der Herr will unseren Blick weiten und uns vor Resignation bewahren: ”Er wird kommen”. Der wiederkommende Herr wird alles vollenden. Auf ihn können wir in unserer Zeit hoffen und daraus Kraft zum Durchhalten schöpfen.
So ist in der Himmelfahrt Jesu, in seiner Heimkehr zum Vater
5. Die Kluft zwischen Diesseits und Jenseits überwunden
Die Apostelgeschichte führt uns eine Welt vor Augen, die
 Keine Kluft zwischen Diesseits und Jenseits, zwischen ”oben und unten” kennt.

5.1 Eine Epoche eines neuen ”Sehens” ist angebrochen.

Viele hätten es ja gern, Jesus direkt wahrnehmen zu können, ihn so sehen und berühren zu können, wie es die Schrift für die Zeit nach der Auferstehung bei den Aposteln beschreibt. Aber dann wäre er zeit- und ortsgebunden. Dann wäre er halt hier bei uns, aber nicht in Nepal oder im Irak.
An die Stelle des Sehens und Berührens, wie es bei Thomas war, tritt ein ”Nichtsehen”. ”Eine Wolke entzog ihn ihren Blicken.” Damit wird die unsichtbare Gegenwart Gottes bekräftigt. Das Nichtsehen wird zu einem verinnerlichten, zu einem inwendigen Sehen.
5.2 Eine andere Art, mit Jesus vertraut zu sein, ist angebrochen: in der Kraft des Heiligen Geistes.
Ein Kommunionkind schrieb in sein Heft: „Jesus ist mein bester Freund auf dieser Erde“. Dieses innere Sehen, dieses Vertrautsein mit Jesus muss bewusst gepflegt und eingeübt werden. Dazu vor allem ist die Kirche da. Sonntag für Sonntag lädt sie uns zur der Feier des Opfers und Mahles Jesu ein, damit unsere Beziehung zu Jesus lebendig bleibt.       
Die Schrifttexte des heutigen Festes wollen uns helfen,
6. Zugleich auf Jesus schauen und diese Welt nach seinem Willen gestalten.
Beides ist nicht teilbar.
6.1 Was wir hier beten und feiern, bedarf der Verlängerung in unser Leben
Wenn wir beten und feiern, muss uns auch die Not anderer begleiten, ebenso wie die Frage, was wir tun können, damit Jesu Werk lebendig bleibt und erfahrbar wird. Der Blick auf Jesus soll konkrete Konsequenzen finden, damit wir nicht (um mit Brecht zu sprechen) auf die vielen himmlischen Wohnungen verweisen und zuschauen, dass hier zu wenige sind.
Und was immer wir in unserer Welt tun, dass es Menschen besser geht, dass mehr Frieden und Gerechtigkeit gelebt wird, dass Einsame und Kranke nicht verlassen bleiben ... Was immer wir tun an so genanntem christlichem Weltdienst, es muss den Blick frei machen auf Christus.
6.2 Was wir tun, hat ja mit seinem Geist zu tun, kommt aus seiner Kraft
Was wir arbeiten, kann aus dem Wissen um die Nähe des Gottesgeistes geschehen. Es ist Gestaltung der Welt, bis der Herr wiederkommt oder: weil der Herr wiederkommt.
Und vor allem auch: Was nicht gelingt und was wir anscheinend immer wieder vergebens tun, braucht uns nicht zu entmutigen: Was notwendig in dieser Zeit unvollkommen bleibt, wird er schon ”richten”, wenn er kommt.
Weil wir das glauben, können wir unsere Grenzen bejahen und der Versuchung widerstehen, gewaltsam Verhältnisse ändern zu wollen.

[1] Erstfassung 1996
[2] Apg 1,8
[3] GL 992/2