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2006

Predigt zur Trauung von Daniela Weigel mit Andreas Tattermusch 27. Mai 2006 in St. Michael Neunkirchen

 

Innen- und Außenseite der Muschel
Innen- und Außenseite der Muschel
 

Die Innenseite der Ehe[1]
Muscheln am Strand
    Bei Strandwanderungen am Meer fiel mir auf, dass zwischen den vielen, vom Wasser angespülten Muscheln einige besonders glänzten, reines Perlmutt. Das Meer hatte den Kalk des einstigen Muschelhauses beseitigt. Übriggeblieben ist der Stoff aus dem die Perlen gemacht sind. Die Muschel schon lange tot, hat etwas Leuchtendes, Kostbares hinterlassen.
    Jede Muschelhälfte hat eine Außen und eine Innenseite. Die Außenseite zeigt die Wachstumsringe, die Innenseite ist glatt und glänzend. Die Innenseite schimmert durch die Außenseite hindurch. Jede Ehe hat eine Innen- und eine Außenseite. Die Innenseite ist das wichtigste, dort nährt und entfaltet sich das Leben und die Liebe. Die Innenseite schenkt Geborgenheit und Schutz. Die Außenseite dient der Abwehr von Gefahren und schützt vor Verletzung.
Die Innenseite einer Ehe gilt es besonders zu kultivieren. Das ist eine lebenslange Aufgabe.
    Paulus spricht im 1. Korintherbrief über die Außen- und Innenseite der christlichen Existenz. Im 12. Kapitel spricht er von den vielen Charismen, die Gott seiner Kirche schenkt und die sich in vielen Diensten auswirken. Am Ende des 12. Kapitels sagt er: „Ich zeige euch jetzt noch einen anderen Weg, einen, der alles übersteigt.“[2] In der Lesung hörten wir Verse, die diesen anderen Weg beschreiben.

Die Innenseite der Ehe: Liebe über alles
In seinem Hohen Lied der Liebe zeigt Paulus den Korinthern, was letztlich im Leben und vor Gott zählt: die Liebe. Paulus schreibt in griechischer Sprache. Diese hat zwei Worte für Liebe: Eros meint das natürliche zu einander Hingezogenwerden, das Aufeinander Fliegen, hat also sehr viel unserer Triebhaftigkeit, unseren Hormonen, mit Sexualität zu tun.
Paulus spricht im 13. Kapitel von der Agapä. Sie ist die höchste Gnadengabe Gottes. In der Taufe wurde uns dieses Geschenk zuteil: "Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere Herzen durch den Heiligen Geist."[3]
Diese Liebe liebt den Partner um seiner selbst willen, weil er von Gott angesehen und geliebt ist, Gottes Sohn, Gottes Tochter, Gottes geliebtes Kind ist, das seine Würde und Einmaligkeit von Gott empfangen hat.
Es wichtig, dass du, Daniela, deinen Mann, und du, Andreas, deine Frau so sehen lernst. Von Ewigkeit her bist du mein Geliebter, meine Geliebte, von Gott geliebt, seit deiner Taufe wohnt sein Heiliger Geist in dir. Bis in Ewigkeit bist du in seiner Liebe geborgen. Diese Liebe wird nicht aufhören, wenn die Libidophase sich abschwächt.
Und ich vermute, dass ihr diese Liebe meint, wie ich es irgendwo las:
Es gibt nichts Schöneres, als geliebt zu werden, geliebt zu werden um seiner selbst willen oder vielmehr: trotz seiner selbst.
Auch die natürliche Liebe ist ein Geschöpf Gottes, etwas sehr kostbares. Aber sie ist auch immer durch das Sich Absondern, daher kommt ja das Wort Sünde, durch den Mangel an Liebe, durch den Egoismus und durch die Verselbständigung des Triebhaften gefährdet.

Paulus nennt drei Beispiele,
drei Verhaltensweisen, die vorkommen, wenn es an Liebe mangelt.
Im ersten Beispiel geht es um die Gabe des Redens, im zweiten um die geistige und religiöse Potenz und im dritten um den Einsatz bis zum Äußersten.

1. ... wenn ich in den Sprachen der Menschen und Engel redete...
Nun ist das Miteinander Sprechen für die Lebendigkeit Euerer Beziehung von fundamentaler Bedeutung. Aber die Frage, die sich jeder immer wieder stellen muss, heißt: Ist unser Miteinander Sprechen von der Liebe getragen, indem ich dem anderen erst einmal gut zuhöre und mich dabei hintanstelle?
Es gibt nämlich auch jenes andere Sprechen, das auf den Anderen Einreden, ihn in Grund und Boden Reden, das ihn nicht zu Wort kommen lassen. Solches Reden wäre dann wirklich nur wie dröhnendes Erz oder eine lärmende Pauke. Die Reaktion darauf kennen wir: Hoffentlich hört er oder sie bald auf.
Die Liebe verlangt, dass wir zuerst genau hinhören und auf den Partner eingehend antworten.

2 ... Und wenn ich prophetisch reden könnte und alle Geheimnisse wüsste und alle Erkenntnis hätte; wenn ich alle Glaubenskraft besäße....
Es ist etwas Kostbares einen Partner zu haben, der eine große geistige und religiöse Potenz besitzt. Daran teilzuhaben macht auch mein Leben reich und interessant. Mit einem Menschen zusammenleben zu müssen, der keine geistige und religiöse Offenheit an den Tag legt, lässt das Leben schnell fad und banal werden.
Aber wenn solche Potenz als Überlegensein sich gebärdet, dem Partner überfährt oder gar klein macht, dann führt solches Miteinander nicht zur Bereicherung, sondern zur Demütigung.
Geistiger und religiöser Reichtum müssen behutsam und mit viel Einfühlungsvermögen, eben mit Liebe mit dem Partner geteilt werden. Dann werden beide dadurch reicher.

3 ... Und wenn ich meine ganze Habe verschenkte, und wenn ich meinen Leib dem Feuer übergäbe....
Es ist etwas Erquickendes einen Menschen zum Ehepartner zu haben, der großzügig und freigebig schenken kann. Es ist schrecklich mit einem geizigen und knauserigen Menschen leben zu müssen oder mit einem, der ein fauler Hund ist und alles auf den Partner abwälzt, auf dessen Kosten lebt. Und es ist schön, wenn ein Mensch sich ganz einsetzen und herschenken kann.
Aber wenn er solches nur tut, um damit anzugeben, oder gelobt und geehrt zu werden, dann bekommt solche Großzügigkeit und solcher Einsatz einen schlimmen Beigeschmack.
Die Liebe ist großzügig, aber nicht auf Kosten des Partners, sondern in Übereinsstimmung mit ihm. Die Liebe verschenkt sich, aber nicht um des Selbstruhmes willen, sondern damit es dem Partner, der Partnerin gut geht, sie/er leben kann.
Der Eros, die natürliche Liebe braucht die Agape, die geistliche Liebe, um im Lot zu bleiben, um die Würde des Partners zu achten. Diese Liebe allein hat einen langen Mut, handelt nicht ungehörig, sucht nicht ihren Vorteil.[4]
Dieser Innenseite Euerer Ehe gilt es, die erste Aufmerksamkeit zu schenken. Es geht darum

Die Liebe als Geschenk und Aufgabe
zu begreifen.
Diese Liebe ist zuerst ein Geschenk, eine Gabe Gottes, die wir in der Freundschaft mit Jesus empfangen. Diese Freundschaft mit ihm hat in der Taufe schon angefangen. Es wurde, wie Paulus sagt, „die Liebe Gottes in eure Herzen ausgegossen durch den Heiligen Geist, der euch gegeben ist.“[5]
In der ersten Heiligen Kommunion habt ihr bewusst ja zur Freundschaft mit Jesus gesagt. Ihr konntet seine Worte vernehmen: „Wie mich der Vater geliebt hat, so liebe ich euch. Bleibt in meiner Liebe.“[6] Das ein guter Rat für alle Eheleute in und aus der Liebe Jesu lebend einander zu lieben. Die Freundschaft mit Jesus gibt unserer menschlichen Liebe den Glanz der Unvergänglichkeit, lässt etwas von der Fülle des Lebens ahnen, das Gott uns einmal in seinem Reich in vollem Maß schenken wird.
Am vergangenen Montag hat unser Weihbischof Werner Radspieler Mädchen und Jungen unserer Pfarrei gefirmt. So wie sie wurdet auch ihr einst bei der Firmung besiegelt mit der Gabe des Heiligen Geistes.
Von Christi Himmelfahrt bis Pfingsten beten wir besonders um diese Gabe des Heiligen Geistes. Und ich bitte sie alle, die Mitfeiernden und alle die das Brautpaar lieben oder freundschaftlich mit ihm verbunden sind, für Daniela und Andreas, die Gabe des Heiligen Geistes zu erflehen.
Im Hymnus zur Vesper bitten wir in diesen Tagen vor Pfingsten: »Entflamme Sinne und Gemüt, dass Liebe unser Herz durchglüht und unser schwaches Fleisch und Blut in deiner Kraft das Gute tut». Die Kraft unserer menschlichen Liebe ist begrenzt. Darum bitten wir Gott um seinen Geist, der in uns ausgegossen unsere Herzen zu immer tieferer Liebe verwandeln will.

Auf die Kraft der göttlichen Liebe vertrauend und euch auf sie angewiesen wissend, schließt ihr den Bund der Ehe heute vor dem Angesicht des dreieinigen Gottes;
des ewigen Vaters, der Euch nach seinem Bild geschaffen hat; Und ihr werdet Euch heute vornehmen, seinen Namen, Jahwe, des ICH-BIN-DA, zu heiligen, indem jeder von euch für den anderen da ist.
Ihr schließt Euere Ehe im Namen Jesu Christi, den Gott als seinen geliebten Sohn bezeugt und von den Toten auferweckt hat, der geliebt hat bis zum letzten Atemzug. In der Freundschaft mit ihm werdet durch haltend lieben können.
Und ihr schließt Euere Ehe im Namen des heiligen Geistes, durch den Gottes Liebe ausgegossen ist in unsere Herzen, durch den Gott auf dem Grund unserer Seele wohnt. Durch den Heiligen Geist fließt der menschlichen Liebe immer neue Kraft zu.
So könnt ihr es wagen nicht nur vor Gott, sondern auch vor allen euch nahe stehenden Menschen vorbehaltlos für das ganze Leben Ja zu einander zu sagen.
Von der Himmelfahrt Jesus bis Pfingsten haben die Jünger und Jüngerinnen Jesu gemeinsam intensiv um die Gabe des Heiligen Geistes gebetet. Der Termin euerer Hochzeit so unmittelbar vor Pfingsten wird euch immer wieder daran erinnern, dass es wichtig ist Gott um seinen Geist für das Gelingen euerer Liebe zu bitten.
Ihr könnt es wagen, ganz ja zu einander zu sagen, weil Jesus Christus mit seiner Freundschaft und Liebe bei euch ist. Immer wenn ihr in der Messfeier sein Opfer und Mahles mitfeiert, werdet ihr beide eins mit ihm und durch ihn auf eine tiefe mystische Weise auch eins miteinander. Das gibt auch Euerer Ganzhingabe im leibseelischen Einswerden eine auf Transzendenz angelegte Tiefe.
Jesu Christi göttliches Leben und göttliche Liebe wollen in euch wirken und sich entfalten, zu Euerem Gott verherrlichenden Glück, zu euerer Gott preisenden Glückseligkeit.
Dass wir lieben können, verdanken wir unserem Gott, der Liebe ist. Wenn wir uns ihm ganz öffnen, durchglüht er uns mit seiner Liebe. Deshalb ist für Eheleute die persönliche, wie die gemeinsame Beziehung zu Gott, die wichtigste Voraussetzung für den Bestand und das Wachstum der Liebe, für die Innenseite ihrer Ehe.
In Jesus hat uns Gott sein menschliches Antlitz, sein wahres Wesen gezeigt. Bis zum letzten Atemzug liebt er. Sein Leben gibt er für uns hin. Wenn jeder von euch die Freundschaft mit Jesus, die Beziehung zu ihm pflegt, wird wie bei der Muschel die Innenseite Euerer Ehe leuchtend, perlenkostbar.


[1] Schrifttexte. Ls. 1 Kor 12,31; Evang: Mt 5,13-15
[2] 1 Kor 12,31 b
[3] Röm 5,5
[4] 1 Kor 13,4 f.
[5] Röm 5,5
[6] Joh 15,9