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Lesejahr 2013 (C)

Homilie zu Spr 8,30f. am Fest der Kirchweih von St. Michael Neunkirchena.Br.

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Gott ist mit Wonne bei den Menschen[1]

Kommen Sie gerne zur Kirche und zum Gottesdienst?
Ist es für Sie ein Bedürfnis, eine Freude oder eine lästige Pflicht? Mit welchen Erwartungen kommen Sie? Wollen sie etwas von der Zeit, die Gott ihnen geschenkt hat, ihm zurückschenken oder sind sie in Eile? „Hoffentlich dauert es nicht zulange.“
Letztlich hängt es von unserer inneren Einstellung, von der Motivation ab, die uns beflügelt oder lähmt. Diese wächst aus betendem Nachdenken. Auch unsere Kirche St. Michael hilft uns durch Kunstwerke des Glaubens zu einer positiven Einstellung.
Hochaltar 1741
Hochaltar 1741
1 Zwei aussagekräftige Bilder

Leuchten uns vom Aufbau des früheren Hochaltares entgegen. Unten das Bild des Erzengels Michael, der aus dem Licht Gottes kommend und auf es verweisend über den Teufel hinwegschreitet. Darüber der krönende Abschluss der Retabel, so nennt man den Altaraufbau. Dieser zeigt uns Jesus Christus in der Herrlichkeit des Vaters.
Dafür steht das Christusmonogramm IHS. Das H in der Mitte geht zurück auf das griechische Χ dem Anfangsbuchstaben für Christus, dem Messias und Sohn Gottes.
Aus dieser Mitte wächst das Kreuz als Baum des Lebens. Die Nägel im Herzen erinnern an die Wunden des Herrn. Auch als Verwundeter bis in die tödlichen Verletzungen hinein hilflos angenagelt blieb Jesus ein Liebender und Verzeihender.
 Als solcher lebt er nach der Auferweckung von den Toten in der Herrlichkeit Gottes und doch mitten unter uns. Diese beiden Bilder sind durch eine kostbar gefasste Inschrift verbunden.
Sie ist Thema meiner Kirchweihpredigt:
1.1 Deliciae meae esse cum filiis Hominum -
Medaillon - Deliciae meae cum filiis hominum
Medaillon - Deliciae meae cum filiis hominum

„Meine Wonne, meine Freude ist es mit den Menschen zu sein, bei den Menschen zu wohnen.“ Die Lesung aus dem Buch der Sprichwörter spricht vom lebendigen Gott. Sein Wort, sein Geist und seine Weisheit durchdringen die Schöpfung.
 Die Weisheit wird hier als redende Person vorgestellt.
Ihr Ursprung reicht in die Ewigkeit Gottes hinein. Sie ist von Anfang an bei Gott, aber sie ist auch in der Welt und bei den Menschen. Das Wirken Gottes in seiner Schöpfung ist getragen von seiner Weisheit. Sie ist sein geliebtes Kind, das von Gott so spricht: "Ich war seine Freude Tag für Tag und spielte vor ihm allezeit. Ich spielte auf seinem Erdenrund, und meine Freude war es, bei den Menschen zu sein."[2]
Gott ist bei uns mit seiner Weisheit. Diese zeigt sich uns in der Schöpfung und im Wort der Verkündigung.
Es ist für ihn eine Wonne bei uns zu sein, mitten unter uns zu wohnen. Seine Weisheit ist hier im wahrsten Sinn des Wortes im Spiel. Unser Gotteshaus strahlt sie aus. Jedes Jahrhundert hat seinen Teil dazu beigetragen.
Durch die große fünf Jahre dauernde Renovierung durften auch wir an diesem Spiel der Schönheit mitwirken. Vor 19 Jahren am Gedenktag der heiligen Elisabeth von Thüringen am 19. Nov. 1994 wurde dieses Werk mit der Altarweihe vollendet.
Wenn wir die Kirche betreten, um darin Gott nahe zu sein, um zu danken und zu bitten, ob im feierlichen Gottesdienst oder beim persönlichen Beten, immer sollten wir es uns bewusst machen:
Für Gott ist es eine Wonne bei uns Menschen zu sein.
1.2 Das ist eine große Ehre und Auszeichnung für uns.
Keinen schließt er aus. Gott zeigt uns durch Jesu Umgang mit dem Oberzöllner Zachäus dass er auch und gerade bei den Sündern einkehren will. "Denn der Menschensohn ist gekommen, um zu suchen und zu retten, was verloren ist.[3]" Wie reagiert Zachäus darauf: "Er nahm Jesus freudig bei sich auf."
Sünder sind wir allemal.
Keinem von uns gelingt es, voll und ganz auf die Liebe Gottes Antwort zu geben durch unsere Gottes-, Selbst- und Nächstenliebe. Immer spüren wir die Tendenz der Absonderung in uns, der Absonderung von Gott, von uns selber und unseren Mitmenschen.
St. Michael Neunkirchen a.Br. Hochaltar Christusmonogramm 1741
St. Michael Neunkirchen a.Br. Hochaltar Christusmonogramm 1741
Gott aber kommt in seiner Weisheit, die Liebe ist, auf uns zu, will durch Jesus bei uns sein, bei uns wohnen. Auf Jesus Christus weisend schreibt Paulus den Korinthern: „Jesus Christus, der Gekreuzigte, ist Gottes Kraft und Gottes Weisheit." [4]
Würden wir doch seine Weisheit, die in Jesu Christus persönlich zu uns gekommen ist, so freudig aufnehmen wie Zachäus! Hat Jesus uns doch verheißen, dass er mitten unter uns ist, wo zwei oder drei in seinem Namen versammelt sind.[5]
Beim Eintreten in das Haus Gottes beim feierlichen Einzug des Priesters mit dem Altardienst kommt uns Gott in Jesus mit Freude und Wonne entgegen. Gott und Jesus empfangen uns mit offenen Armen.
2 Von der Weisheit heißt es, daß sie vor Gott spielte allezeit.
Liturgie ist ein heiliges Spiel, wo wir zweckfrei und froh vor ihm sind, wie spielende Kinder. Natürlich, jedes Spiel hat seine Ordnung, sonst wird daraus Chaos.
Auch die Liturgie hat ihre Ordnung, ihre Gesten, aber sie ist vor allem Spiel. Spiel verträgt keine Hektik. Jedes Spiel braucht Selbstvergessenheit, Hingabe.
Viele sind heute dazu nicht mehr fähig. Vor 50 Jahren sprach schon Romano Guardini von der Liturgieunfähigkeit der heutigen Menschen. Der mediengeprägte Mensch ist angesteckt von der Selbstinszenierung. Das einfache, freudige vor Gott sein, fällt ihm schwer.
Ob wir nicht einfach immer wieder diesen wunderbaren Weisheitsspruch, den die Initiatoren der barocken Umgestaltung unserer Pfarrkirche vor 270 Jahren dort anbringen ließen, in unser Herz und unseren Geist aufnehmen sollten?
Aus ihm leuchtet uns die unermessliche Liebe Gottes entgegen: "Meine Freude, meine Wonne ist es, bei den Menschenkindern zu sein." Weil es Gottes Wonne ist bei uns Menschen zu sein, deshalb dürfen auch wir
3 IHM mit Freude entgegengehen trotz unserer Sünden.
Seine Liebe zu uns - will uns zur Umkehr bewegen. Am Zöllner Zachäus erleben wir, wie ihn die durch Jesus zuteil gewordene Liebe Gottes zur Umkehr und Wiedergutmachung bewegt. "Herr, die Hälfte meines Vermögens will ich den Armen geben, und wenn ich von jemand zu viel gefordert habe, gebe ich ihm das Vierfache zurück."[6] Darum fragt Paulus jeden der römischen Christen mahnend: „Verachtest du etwa den Reichtum seiner Güte, Geduld und Langmut? Weißt du nicht, dass Gottes Güte dich zur Umkehr treibt?“[7]
Es ist Gottes Wonne mit seiner Weisheit und Liebe bei uns Sündern zu sein. ER kommt in Jesus zu uns, um zu heiligen, damit wir heil und heilig werden, wie er heilig ist.
Dieses im Glauben empfange Wissen um die zuvorkommende liebende Nähe Gottes befreit von dem Zurückgeworfensein auf unser Ich, vom Habenwollen vergänglicher Dinge, vom Sich verlassen auf die Mächtigen und auf Freunde.[8] So rät es uns die Bibel.
Diese Wonne Gottes bei uns Menschen zu sein, erlöst uns von der Angst zu wenig Ansehen und Beachtung von der Welt zu finden, von der Sorge, wir könnten etwas verpassen. Das Schlimmste, was uns passieren könnte, wäre Gottes zuvorkommende Liebe zu verpassen.
Die Wonne Gottes bei uns zu wohnen eröffnet uns wirkliche Zukunft. Diese endet weder im Grab noch im Krematorium. Sie besiegt den Tod und schenkt die Fülle des Lebens.
4 Gott kommt mit seinem ganzen Himmel auf uns zu
Er kommt wie ein Bräutigam. Als seine Braut schmücken wir uns für ihn, indem wir alles aus Liebe zu ihm tun. Das Kommen Gottes erschlägt uns nicht.
Er wohnt liebend und erbarmend in unserer Mitte. Wir sind sein Volk und er, unser Gott, ist bei uns. Dafür steht dieses Gotteshaus seit über 600 Jahren. Viele Menschen spüren dies. Es wird wahr, worum wir bitten: „O lass im Hause dein uns all geborgen sein“.[9]
Im Gottesdienst feiern wir dieses Kommen Gottes. Liturgie ist heiliges Spiel, in dem Vergangenheit und Gegenwart sich mit der Zukunft verbinden.
In der Kirchweihvesper singen wir in der Antiphon zum Magnifikat dem Lobgesang Mariens den dreifaltigen Gott preisend. „Geheiligt hat der Herr sein Zelt.[10] Hier ist Gottes Haus, in dem er angerufen wird, sie geschrieben steht: Dort wird mein Name sein[11] – Spruch des Herrn.“
Das ist uns also zugesagt: Sein Name »Jahwe Ich-Bin-Der-Ich-Bin-Da«[12], ER der lebendige dreifaltige und dreieinige Gott ist mitten unter uns gegenwärtig.
Die uns zuteil werdende Freude und Wonne stillt den Strom der Tränen und überwindet die Last und Schwere des Lebens: "Er wird alle Tränen von ihren Augen abwischen: Der Tod wird nicht mehr sein, keine Trauer, keine Klage, keine Mühsal. Denn was früher war, ist vergangen. Er, der auf dem Thron saß, sprach: Seht, ich mache alles neu."[13]
5 Wie Kinder dürfen wir jetzt spielend vor ihm sein.
 »Liturgie« kommt aus dem Griechischen.[14] Es bedeutet: „Öffentliches Werk des Volkes.“ Jeder von uns spielt dabei seinen Part: der Priester, die Mesner, die Ministranten, die Organisten, die Kantoren, der Kirchenchor, die Lektoren und Kommunionhelfer, die singenden und betende Gemeinde.
In der Liturgie will Gott uns verwandeln, mit seiner Weisheit und Liebe erfüllen, so daß es auch für uns eine Freude ist, bei ihm und bei unseren Menschenschwestern und -brüdern zu sein.
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[1] 1. Lesung: Spr 8,22-32; Antwortgs: Ps 84; 2.Lesung: Offb 21,1-8; Evang: Lk 19,1-10
[2] Spr 8,30b.31
[3] Lk 19,10
[4] 1 Kor 1,24
[5] Mt 18,20
[6] Lk 19,8
[7] Röm 2,4
[8] vgl. Ps 146,3; Mi 7,5
[9] GL 639
[10] vgl. Offb 7,15 »..und der, der auf dem Thron sitzt, wird sein Zelt über ihnen aufschlagen«.
[11] vgl. 2 Kön 23,27 » und das Haus, von dem ich gesagt habe: Hier wird mein Name sein«.
[12] Ex 3,15 »Das ist mein Name für immer und so wird man mich nennen in allen Generationen«.
[13] Offb 21,4 vgl. auch Jes 25,8; 1 Kor 15,26; Jes 35,10
[14] (v. griech.: λειτουργια leiturgia öffentlicher Dienst aus λειτος leitos öffentlich von λαος laos Volk und εργον érgon Werk, Dienst)