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Lesejahr 2011(A)

Homilie zu Gotteslob Nr. 649/1 "Selig, die bei dir wohnen, Herr. Die dich loben allezeit."

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Gott wohnt bei uns, damit wir bei ihm wohnen
Gott wohnt bei uns, damit wir bei ihm wohnen
Gott wohnt bei uns, damit wir bei ihm wohnen

1 Gott wohnt bei uns.

1.1 Im Kirchweihlied singen wir, "o lass im Hause dein uns all geborgen  sein."
  • In jeden Menschen hat Gott die Ursehnsucht nach Geborgenheit hineingelegt. Ein Menschenkind kann nur dann gedeihen und sich gut entfalten, wenn es von Anfang an Geborgenheit erfährt. Geborgenheit, die Menschen geben, ist eine vorläufige. Sie geht also jener voraus, die Gott schenken will.
  • So wie ein Kind bei seiner Mutter und seinem Vater Geborgenheit erfährt, so wie Liebende einander Geborgenheit schenken, so will Gott seinen Kindern und Geliebten in seinem Haus Geborgenheit schenken. Er will, dass wir uns mit Leib und Seele schon jetzt bei ihm geborgen wissen.
  • Der heilige Augustinus, sagt in seinen Bekenntnissen: "Gott, du hast uns auf dich hin geschaffen und unruhig ist unser Herz, bis es ruht in dir." Dieses Ruhen in Gott soll hier und jetzt schon beginnen.
1.2 Unsere Kirchen sind Gestalt gewordener Glaube.
  • Sie strahlen etwas aus von dem Geheimnis der Nähe Gottes, der sich in Jesus Christus seinem Volke schenkt, wenn es sich "in seinem Namen versammelt". Jetzt verstehen wir, warum Gott durch Mose zu seinem Volk sagt: "Macht mir ein Heiligtum! Dann werde ich in euerer Mitte wohnen."[1]
  • Durch unsere Pfarrkirche, die Mitte und Zentrum unserer Pfarrgemeinde ist, will uns Gott sagen, was er für uns ist: Die herausragende Mitte. So hat er es schon zu Israel gesagt: "Ich werde mitten unter euch wohnen und euer Gott sein."[2]
  • Ihr sagt mit Recht „unsere Kirche«. Ihr seid aber auch verantwortlich dafür, dass sie als Tempel Gottes erhalten und gepflegt wird. Deshalb bestellt jede Kirchenverwaltung zusammen mit dem Pfarrer einen Kirchpfleger.  Aber auch die Erzdiözese übernimmt Mitverantwortung für jede Pfarrkirche. Diese zeigt sich auch darin, dass die Erzdiözese 60% der Kosten für die Renovierung aus Kirchensteuermitteln beisteuert. Das bringt natürlich auch Verpflichtungen mit sich. So z.B. dass die Kirche auch tagsüber für die Gläubigen zum privaten Gebet und zur Anbetung des Allerheiligsten geöffnet ist und die Öffnungszeiten auch im Schaukasten sichtbar sind.
  • Herausragende Mitte für die Pfarrei Schnaid darf und soll diese Kirche sein. Darum feiern wir jedes Jahr Gott dankend den Tag ihrer Weihe. Weil Gott in unserer Mitte wohnt, darum gilt die Aufforderung aus Psalm 9,12 auch uns: "Lobsinget dem Herrn, der auf dem Zion wohnt, verkündet unter den Völkern seine Taten." Im Buch Levitikus offenbart uns Gott den

 1.3 Grund seines Wohnens bei uns

  • "Ich schlage meine Wohnstätte in euerer Mitte auf und habe gegen euch keine Abneigung. Ich gehe in euerer Mitte und ihr seid mein Volk."[3]
  • Gottes Zuneigung lässt ihn unter uns wohnen. Dies ist unverdientes Geschenk seiner Gnade. Seit Jahrhunderten ist diese Kirche ein sichtbares Zeichen der Zuneigung Gottes zu den Christen in der Pfarrei Schnaid.
Die vier Evangelisten an der Kanzel
Die vier Evangelisten an der Kanzel
        • Sie wurde erbaut, und wird erhalten von Menschen, die sich ständig daran erinnern, dass sie Tempel des lebendigen Gottes sind,[4] und Christus durch den Glauben in ihren Herzen wohnt.[5] Die Bitte des Paulus gilt auch heute: "Das Wort Christi wohne mit seinem ganzen Reichtum bei euch."[6]
      • Faszinierend ist die Verheißung Jesus an seine Jünger: "Wenn jemand mich liebt, wird er an meinem Wort festhalten und wir werden zu ihm kommen und bei ihm wohnen."[7] Die Liebe zu Jesus und das Festhalten an seinem Wort lassen dieses Gotteshaus seit Jahrhunderten Zeichen der Zuneigung Gottes für die hier lebenden Christen sein. Diese Kirche erinnert uns ständig an die uns von Gott geschenkte Würde:
1.3.1 "Wir sind Tempel des lebendigen Gottes."
  • Weil Gott unter uns wohnt und mit uns geht, machen wir den Götzendienst dieser Welt nicht mit, ziehen wir uns von denen zurück, die unseren Glauben in Gefahr bringen oder zu einem Leben verführen, das uns verdirbt und beschmutzt. Paulus mahnt darum die Christen in der Hafenstadt Korinth:
Paulus an der Retabel des Hochaltars
Paulus an der Retabel des Hochaltars
1.3.2 „Wer den Tempel Gottes verdirbt, den wird Gott verderben. Denn Gottes Tempel ist heilig, und der seid ihr.“ [8]

Heute sind es nicht nur Menschen unserer Umgebung, die uns verderben können. Durch die Medien, Radio und Fernsehen, Internet und Videos haben fremde Menschen Zugang zu unseren Wohnungen und Herzen. Es liegt also an uns, auf der Fernbedienung den Einschalt oder Ausschaltknopf zu drücken. „Prüft alles“, sagt Paulus den in der antiken Weltstadt Thessalonich den heidnischen Ideen ausgesetzten Christen, „behaltet das Gute.“[9] Wir müssen uns nicht in jedem moralischen und weltanschaulichen Dreck wälzen, der uns an Seele, Geist und Leib versaut.
1.3.3 Wir werden daher wachsam sein, dass die von Gott abgewandte Welt uns, unsere Kinder und Enkel nicht verdirbt.
  • Solange ihr lebendige Tempel Gottes seid, wird auch euer Gotteshaus Bestand haben. Sich auf den Propheten Jesaja und Jeremia berufend legt Paulus dies den Korinthern ans Herz.[10] Jenen, die sich daran halten, verheißt Gott: "Dann will ich euch aufnehmen und euer Vater sein, und ihr sollt meine Söhne und Töchter sein." [11]
1.3.4 Kirche wird solange Zeichen der Nähe und Zuneigung Gottes in Schnaid bleiben,
  • Solange es hier Menschen gibt, die sich im Namen des Herrn Jesus Christus versammeln, die auf Gott hören und ihn anbeten, die einander in der Liebe Christi begegnen. Denn, "wo die Güte und die Liebe wohnt, da wohnt Gott."
  • Von einer lebendigen Christengemeinde, die von Gott bewohnt ist, hängt es ab, ob auch morgen das Leben in Schnaidt und Umgebung gesegnet ist.
Diese liebende Zuneigung Gottes, die wir seine Gnade nennen, sein Wohnen bei uns geschieht

2.0 Damit wir bei ihm wohnen.

Ein altes Wort unserer Sprache nennt das innigste Beieinandersein von Mann und Frau:
2.1 "Einander beiwohnen".
  • Wenn Mann und Frau ganzheitlich Eins werden, sagen wir: Sie wohnen einander bei. Das heißt: Jeder lässt sich ganz auf den anderen ein, vertraut ihm ganz und gar, mit allen Konsequenzen. Aus diesem Beieinander Wohnen, Einander Beiwohnen erneuert sich die Liebe, entsteht neues Leben und wächst Kraft für den Alltag. Wir alle verdanken unser Leben einem Schöpfungsakt Gottes, der im innigen Einander Beiwohnen unserer Eltern sich ereignete.   
  • Drängt es nicht alle Menschen, die einander lieben, auch bei einander zu wohnen? Wenn schon das menschliche Beieinander-Wohnen neues Leben hervorbringt und eine Quelle der Freude und Kraft ist, um wie viel mehr das Wohnen bei Gott! Wer sich ganz auf Gott einlässt, sich ihm ganz anvertraut, dem gilt die Verheißung des Psalm 84: "Selig, die bei dir wohnen, Herr, die dich loben allezeit."[12]
2.2 Beim Herrn zu wohnen, hat somit eine große Verheißung.
Jesus inmitten der 14 Märtyrer und Nothelfer
Jesus inmitten der 14 Märtyrer und Nothelfer

  • Solche Menschen - so sagt dieser Psalmvers - können sich glücklich preisen, mehr noch, sie werden von Gott glücklich gepriesen. Sie haben eine ungeahnte Zukunft. Beim Herrn zu wohnen muss immer wieder in der Tiefe des Herzens und der Seele betend vollzogen werden. Im Psalm 18 heißt das „Ein Schild ist der Herr für alle die sich bei ihm bergen."[13] D.h. nichts kann sie umbringen, nichts aus der Bahn werfen.
  • Wir leben nicht zuerst als einzelne vor Gott, sondern durch und mit anderen. Durch andere Menschen sind wir zu Gott gekommen und durch uns müssen andere zu ihm kommen. Um sich dessen bewusst zu bleiben, versammelt sich Gemeinde des Herrn, baut sie sich und dem Herrn ein Haus, eine Kirche.
  • Zwar kann dieses Haus den großen Gott nicht fassen, wie Salomo bekennt, aber es fasst uns zusammen zum Bau Gottes. Der Gott, den Himmel und Erde nicht fassen, lässt seinen Namen hier wohnen, d.h. er offenbart uns hier sein Wesen auf dem Angesicht Jesu Christi, der hier verkündet und dessen Heilswerk hier vollzogen wird.  Hier leuchtet sein Geheimnis auf, jene Überfülle der Wahrheit, mit der wir nie an ein Ende kommen.
  • So geht uns immer mehr auf, dass "in die Kirche gehen", „Gottesdienst feiern“, nicht lästige Pflicht, nicht drückender Zwang, sondern ein Geschenk ist, das Gott uns anbietet, wie es der Psalm 5 bezeugt: "Ich aber darf dein Haus betreten dank deiner großen Güte."[14]

 2.3 Miteinander Gott preisend erfahren wir uns als Beschenkte

Weizenfelder in der Schnaider Flur
Weizenfelder in der Schnaider Flur
Aus diesem Bewusstsein, dass Gottes Güte uns ruft und hier beschenken will, wächst jener Wille, der uns aus dem Psalm 111 entgegen klingt: "Ich will den Herrn preisen von ganzem Herzen, im Kreise der Frommen inmitten der Gemeinde."[15]

Es sind Egoismus, mangelnde Einsicht, ja Stolz, die vom Gottesdienst abhalten. Schon der Barnabasbrief aus dem Jahr 114 nach Christus mahnt:"Zieht euch nicht in eure Einsamkeit zurück, als wäret ihr schon gerechtfertigt, sondern versammelt euch,[16] und sucht gemeinsam, was euch allen frommt. Denn die Schrift sagt: Weh denen, die in ihren eigenen Augen weise sind und sich selbst für klug halten.[17] Wir wollen Menschen des Geistes sein, ein vollkommenes Heiligtum für Gott."
  • Gerade im gemeinsamen Feiern, im Hören und Beten, belebt Gott unsere Hoffnung neu, löst er uns aus unserer Vereinsamung, aus dem Kreisen um uns selbst, befreit er uns. Das bekennt der Beter des Psalms 52 vor Gott: "Ich hoffe auf den Herrn im Kreise der Frommen, denn du bist gütig."[18]


[1] Ex 25,8
[2] Ex 29,45
[3] Lev 26,11f.
[4] 1 Kor 3,16
[5] Eph 3,17
[6] Kol 3,16
[7] Joh 14,23
[8] 1 Kor 3,17
[9] 1 Thess 5,21
[10] 2 Kor 6,14-18
[11] ebd.
[12] Ps 84,5
[13] Ps 18,31b
[14] Ps 5,8
[15] Ps 111,1
[16] Hebr 10,25
[17] Jes 5,21
[18] Ps 52,11