Suche nach "Neuen Wegen"

"We cannot command the wind
- but we can set the sails"

Auf dem Hintergrund gravierender gesellschaftlicher und wirtschaftlicher Umbrüche ist Schule halten heute allgemein ein zunehmend schwieriger werdendes Unterfangen. Auch in unserer Schule zur Erziehungshilfe bekommen wir dies täglich zu spüren in Form von Schülern, die sich durch das Auseinanderbrechen von Familien, durch einschneidende Beziehungsabbrüche, durch Arbeitslosigkeit der Eltern, durch erfahrene Mißhandlungen zutiefst verunsichert, irritiert, orientierungslos und stumpf präsentieren.

Es ist nicht leicht - das haben wir alle zur Genüge erlebt - unseren Kindern und Jugendlichen immer ein verläßlicher, beständiger, starker, gelassener, orientierunggebender Weggefährte zu sein, den sie so dringend brauchen und den sie verdient haben!

Wir alle haben Phasen erlebt, in denen wir an uns selbst und unseren Fähigkeiten massiv zweifelten, teilweise zu resignieren drohten.

Um so deutlicher haben wir im Laufe der Zeit zwei Dinge erkannt:

1. Alleinsein macht schwach und anfällig. Probleme werden für den Einzelnen mitunter übermächtig.

Fazit: Wir müssen enger zusammenrücken, voneinander und miteinander lernen, uns gegenseitig stützen, gemeinsame Perspektiven ermitteln, neue Wege suchen.

Wir gründeten einen schulinternen pädagogischen Arbeitskreis "Gute Schule".

Hier ist das institutionalisierte Forum (monatliche Sitzungen von 2 bis 3 Stunden), um gemeinsam unsere Schule zu entwickeln und zu gestalten. Dienten die ersten Sitzungen der Konstruktion einer Vision "unserer guten Schule" und einem Ist-Soll Abgleich zwischen Realität und Leitvorstellung, so kristallisierten sich - reflektiert und formuliert während eines SchiLF-Wochenendes in der bayerischen Lehrerakademie Dillingen - als Handlungsfelder, die wir primär bearbeiten wollten, eine verbesserte Kommunikation und Kooperation im Kollegium heraus, anschließend das Aushandeln eines Minimalkonsens hinsichtlich Schülersicht, Lehrerrolle, Erzieherverhalten usw. Aktuell arbeiten wir an der Erstellung eines Sozialziele-Katalogs (kurz vor der Fertigstellung) und eines Methoden-Kompendiums für die kooperative Gruppenarbeit.

 

2. Mit den traditionellen lehrerzentrierten Belehrungsmethoden und dem "Buchlernen" erreichen wir unsere Schüler immer weniger, verstärken häufig sogar Störverhalten und aggressives Ausagieren.

Fazit: Wir müssen mit unserem Unterricht die Schüler dort abholen, wo sie stehen. Unterricht muß wieder elementar Sinn machen und in seiner Gestaltung von den Bedürfnissen und Stärken unserer Schüler ausgehen.

Wir führten Kooperative Lernformen (KL) nach dem kanadischen Modell des "Cooperative Learning" (CL) an unserer Schule ein.

Seit Anfang 1997 erproben wir das KL in verschiedenen Klassen nachdem wir uns authentisches Knowhow bei Hospitationen in kanadischen Schulen geholt haben, an einer Summerschool über CL in Durham/Ontario teilgenommen haben und die Kanadier Norm Greene und Doug Wilson für eine kollegiumsinterne Fortbildung in unserer Schule gewinnen konnten.

Das KL ist eine besondere Form von Kleingruppenunterricht, der - anders als der traditionelle Gruppenunterricht - die sozialen Prozesse beim Lernen besonders akzentuiert. Schulisches Lernen wird grundsätzlich als ein komplexes soziales Geschehen und nicht nur als rein kognitiver Prozess verstanden. Verständlicherweise werden deshalb die interaktiven Prozesse, das soziale Miteinander in den Kleingruppen gewissenhaft unter die Lupe genommen und strukturiert. Lerngruppen oder Lernteams werden zum Beispiel nicht einfach bedenkenlos zusammengewürfelt, sondern bewußt nach bestimmten Kriterien ausgewählt. Des weiteren bemüht man sich, die Identität der jeweiligen Gruppe, das Wir-Gefühl, den verbindenden, einigenden Teamgeist durch vielfältige Aktivitäten zu fördern nach dem Motto: von der Gruppe zum echten Team. Schließlich kommt dem Einbringen persönlicher Verantwortung jeden Gruppenmitgliedes für die gemeinsamen Arbeitsprozesse eine hohe Bedeutung zu. Diese persönliche Verantwortung kommt in der verläßlichen Übernahme von bestimmten Rollen innerhalb der Gruppenarbeit zum Ausdruck, zum Beispiel "Zeitnehmer", "Materialmanager", "Ermunterer" oder "Schrittmacher".

Dieses Projekt auf Unterrichtsebene hat deutliche Einflüsse auf unsere Personal- sowie die Organisationsentwicklung, weil das inhaltliche Procedere und die methodischen Bestimmungsstücke fortlaufend Thema unseres innerschulischen Arbeitskreises "Gute Schule" sind und besonders intensiv während unseres Pädagogischen Tages im Sommer 1998 - unter Einbeziehung von Schulaufsicht und Vertretern der Jugendhilfe thematisiert wurde.