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Vor 80 Jahren: Drei Schweizer Bischöfe intervenierten
zugunsten von Fritz Gerlich

Am 21. Dezember 1933, vor 80 Jahren, sandten die katholischen Bischöfe von Chur (Vincenz), Basel-Solothurn-Lugano (Ambühl) und St. Gallen (Scheiwiler) einen Brief an den katholischen Nuntius Orsenigo in Berlin. Sie „richteten die herzliche Bitte, Dr. Fritz Gerlich zum Weihnachtsfeste die Freiheit wieder zu geben. Wäre man aber der Ansicht, dass das aus Gründen der persönlichen Sicherheit für Dr. Gerlich unmöglich ist, so wären deren Bedenken leicht zu überwinden, wenn man ihm gestatten würde, sich zur Erholung in die Schweiz zu begeben“.

Prof. Dr. Dr. h.c. Rudolf Morsey misst, in beiliegender Schrift, diesem Vorgang grosse Bedeutung zu: „diesen ungewöhnlichen Übergriff von gleich drei Bischöfe in einen Fall nicht nur ausserhalb ihrer Diözesen, sondern auch noch im Ausland“

Schon am 9. März 1933 wurde Dr. Fritz Gerlich als erster Publizist in München bereits am Abend um 19.15 Uhr, am Tag der Machtübernahme, verhaftet und von Max Amann brutal niedergeschlagen. SA Trupps erstürmten und verwüsteten die Redaktions- und Verlagsräume des „Geraden Wegs“ und warfen Akten und Zeitungen aus dem Fenster auf einen Lastwagen.

Prof. Morsey in seinem Buch „ Fritz Gerlich – ein Publizist gegen Hitler“ Seite 36, Abs 2:„ Er (Gerlich) hatte es abgelehnt, dem Drängen seiner Mitarbeiter zu folgen und sich in die Schweiz zu begeben, obwohl er dort ein entsprechendes Bankguthaben deponiert hatte.“

Von Dr. phil. Fritz Gerlich ist in der Literatur zur Geschichte des Widerstands im Dritten Reich immer noch wenig die Rede. Dabei entwickelte dieser Publizist in München vom Juli 1931 an sein im Vorjahr erworbenes Wochenblatt „Illustrierter Sonntag“, ab 1932 „Der gerade Weg“, zu einer der schärfsten Kampfzeitschriften gegen den Nationalsozialismus. Er verurteilte dessen totalitäres und antisemitisches Programm, griff Hitler direkt an und enthüllte auch den kriminellen Charakter erheblicher Teile seines Führungskreises. Gerlich hat die spätere Realität des Hitler-Regimes klar vorausgesagt. Seit Ende 1931 rechnete er mit seiner Ermordung durch die Nationalsozialisten.

Im KZ Dachau wurde Fritz Gerlich am 30. Juni 1934 im Zuge des „Röhmputsches“ ermordet.

Der 1883 in Stettin geborene, seit 1902 in München tätige Staatsarchivar und Publizist übernahm 1920 die Hauptschriftleitung der „Münchner Neuesten Nachrichten“ (Vorgänger der „Süddeutschen Zeitung“. Er erlebte 1927 durch die Begegnung mit Therese Neumann in Konnersreuth sein ‚Damaskus‘. Seitdem vertrat er unbeirrt die Glaubwürdigkeit der Stigmatisierten, kehrte Ende 1929 in den Archivdienst zurück und konvertierte 1931 vom Calvinismus zum Katholizismus. Als Herausgeber und Chefredakteur der von Erich Fürst Waldburg-Zeil finanzierten Wochenschrift „Illustrierter Sonntag“ bzw. „Der gerade Weg“ sah er seine – von Therese Neumann gebilligte – „Missionsaufgabe“ darin, das politische und gesellschaftliche Leben auf der Grundlage naturrechtlicher Vorstellungen im Sinne der christlichen Staats-, Sozial- und Wirtschaftslehre zu erneuern. In seinem damit untrennbar verbundenen Kampf gegen die rote wie die braune Irrlehre unterstützten Gerlich im „Eichstätter Kreis“ der Kapuziner Ingbert Naab, der auch zahlreiche Artikel beisteuerte, und der Bibelwissenschaftler Franz X. Wutz.

Dr. Max A. Höfter