Aus einer ganzheitlichen Sicht vom Menschen (>>Bindungsorganismus) lag P. Kentenich daran, sowohl dem väterlichen wie dem mütterlichen Element in seinen Gemeinschaften einen Platz zu geben. Damit wollte er auf die Erfahrung immer mehr zerfallender Bindungen (>>Wurzellosigkeit) nicht so sehr durch rechtlich-organisatorische Maßnahmen antworten, sondern durch Akzentuierung des seelischen Vorgangs der personalen Bindung. Deshalb versteht er unter Elternprinzip nicht allgemein die Verantwortlichkeit und unaufgebbare besondere Stellung der Eltern in der Naturfamilie, sondern verwendet den Begriff hauptsächlich für die Leitungsstruktur in den von ihm gegründeten Säkularinstituten der >>Marienschwestern und >>Frauen von Schönstatt. Die in Frauengemeinschaften sonst übliche Leitung nur durch Frauen (Mutterprinzip) soll in seinen Gemeinschaften durch das >>Vaterprinzip zum Elternprinzip ergänzt werden. Auf diese Weise lässt sich der Familiencharakter einer Gemeinschaft besonders gut erreichen, das Leben der Mitglieder beseelen und vor Gefährdungen schützen. Entstehende Spannungen oder vorhandene seelische Belastungen aus der Herkunftsfamilie können aufgegriffen und verarbeitet werden. Diesen Lebensvorgang betont er auch deshalb, weil ein enger Zusammenhang zwischen menschlichen Vater- und Muttererfahrungen und der Vorstellung von Gott sowie der Beziehung zu ihm besteht (>>Psychologie der Zweitursachen). Aus der Erfahrung im Umgang mit seinen Gemeinschaften erwog P. Kentenich in den 60er Jahren, ob in Zukunft auch einmal bei Priester- und Männergemeinschaften das dort herrschende Vaterprinzip durch ein Mutterprinzip zu einem Elternprinzip ergänzt werden könnte. Er schloss das nicht aus, hielt jedoch die Zeit dafür nicht für reif. Einstweilen sollte das dort angewandte Vaterprinzip durch (dem Mutterprinzip entsprechende) andere Faktoren ergänzt werden: tiefe und lebendige Verehrung der Gottesmutter Maria, durch die Wirksamkeit eines nur durch Beratung führenden Spirituals und auch dadurch, dass z.B. jeder Priester als verantwortlicher Seelsorger in sich neben väterlichen auch mütterliche Eigenschaften pflegen sollte, wie es etwa Paulus von sich erkennen lässt (1 Thess 2,7 und Gal 4,19). Literatur: J. Kentenich, Ethos und Ideal in der Erziehung. Vorträge der Jugendpädagogischen Tagung (28.-31. Mai 1931), Vallendar 1972, 379 S., 122 ff. J. Kentenich, Rom-Vorträge. Vorträge für die Leitungen der Schönstätter Verbände in Rom (17. November 1965 - 2. Februar 1966), verv., A 5, vier Bände, 237+321+283+308 S., Bd III, 21-81 Rudolf Weigand Schönstatt-Lexikon: Herausgeber: Internationales Josef-Kentenich-Institut für Forschung und Lehre e.V. (IKF) Verlag: Patris-Verlag, Vallendar-Schönstatt - All rights by Patris-Verlag - www.patris-verlag.de Online-Präsentation: Josef-Kentenich-Institut e.V. (JKI) |