Anzeigen

 

Haus Moriah Josef-Kentenich-Institut Kentenich-Texte KT Stichwortsuche

 Text
CmL1996 IV C 3 Hirtenliebe - Hirtentreue - Hirtensorge
J. Kentenich, aus: Terziat für Pallottinerpatres, USA, 1952

Hirtenliebe. Wie ich zu dem Ausdrucke Hirtenliebe komme? (Der) Heiland hat sich ja selber charakterisiert, indem er sagt: „Ich kenne die Meinen (und die Meinen kennen mich), wie mich der Vater kennt und ich den Vater kenne“ (Joh 10,14f.). (Das) müssen Sie mal überlegen, was das ein gewaltiges Ideal ist! Wie kennt denn der Vater den Sohn und der Sohn den Vater? Das ist nicht bloß ein intellektuelles Kennen, sondern das ist ein liebesmäßiges Umgriffensein. Sehen Sie, so müßte ich die Meinen kennen. Der Heiland kennt also mich, so wie der Vater ihn und er den Vater kennt; (er) weiß um jede Kleinigkeit. Und das ist ja der Punkt, um den es sich hier immer wiederum dreht. (Er weiß) um jede Kleinigkeit. Und jede Kleinigkeit ist einregistriert in sein Denken, auch in seine Pläne. Sehen Sie, da haben wir es, das ist Hirtenliebe. Die Liebe des Hirten, die ist so urgewaltig, daß sie verglichen werden kann mit der Liebe zwischen dem Vater und Sohn im Schoße des dreifaltigen Gottes. Das müßte allerdings auch für mich maßgebend sein, für mich maßgebend. Wenn ich Abglanz sein will der ewigen Liebe, sehen Sie, dann müßte auch in mir als wesentliche Grundeinstellung nicht ein reiches Kopfwissen erstrebt werden - mag auch dabei sein, aber ist nicht die Hauptsache -, sondern Hirtenliebe. (...)

Dann zweitens charakterisiert der Heiland sich als den guten Hirten unter dem Gesichtspunkte der Hirtentreue. „Der gute Hirt gibt sein Leben für seine Schafe“ (Joh 10,11). Wenn Sie den Gedanken unter dem angedeuteten Gesichtspunkte für sich durchdenken wollen, müssen Sie das ganze Heilandsleben, insofern es ein Opferleben darstellt für seine Gefolgschaft, unter dem Gesichtspunkt der Liebe sehen. „Der gute Hirt gibt sein Leben für seine Schafe.“

Sie mögen hier drei Gedanken vor allem erwägen:

Zunächst einmal den echten Standpunkt wiederzugewinnen trachten: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn hingab“ (Joh 3,16). Sehen Sie, alles, was der Heiland uns tut, alles, was der Heiland für uns gewesen und geworden ist, das ist zutiefst Ausdruck der Vaterliebe. Und darauf kommt es uns ja an, daß wir wieder einen richtigen Vaterbegriff bekommen an Hand der Heiligen Schrift. Vielleicht glückt es uns dann auch, das richtige Vatererlebnis vorzubereiten.

Sie hören also noch einmal: „So sehr hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn hingab.“ Und wie hat er ihn hingegeben? In dieser zerfleischten Gestalt. Das ist also Ausdruck der Liebe; sowohl Ausdruck der Liebe zu seinem eingeborenen Sohne, als auch vollendeter Ausdruck der Liebe zu uns. Da haben wir die Antwort auf die Frage: Wie ist das möglich, daß ein Vater, der doch allmächtig ist, seinen eingeborenen Sohn so mißhandeln läßt? (Die) Heilige Schrift sagt sehr deutlich: das ist Ausdruck der Liebe. Wenn das Herz dazu nicht ja sagen kann, dann wissen wir, wo die Ursache liegt, dann wissen wir, daß wir in unserem praktischen Leben gemeiniglich zu wenig echte, gesunde Vaterliebe kennengelernt haben, die miteinander verbindet Güte und Härte, Liebe und Strenge.

Und vom Heiland wissen wir, so wie der Apostel uns das ja vorsagt: „Dilexit me et tradidit semetipsum pro me“ (Gal 2,20). So wie der Vater den Heiland aus Liebe hergegeben, so hat der Heiland sich aus derselben Liebe heraus auch für uns geopfert. „Dilexit me et tradidit semetipsum pro me.“ Sie müssen also hier heraushören das Urpersönliche, die Person steht wieder und wieder im Vordergrunde.

Und ein drittes Wort. Das sagen uns die Geisteslehrer mit einem starken Hinweis auf die Gottesmutter. Dasselbe Wort, das wir aus dem Munde des Vaters vernehmen, dürfen wir auch hören aus dem Mund der lieben Gottesmutter. Wenn es wahr ist: „So hat Gott die Welt geliebt, daß er seinen eingeborenen Sohn hingab“ - so sagen uns die Geisteslehrer -, dürfen wir das Wort der Gottesmutter in den Mund legen und es so formulieren: So sehr hat die Mutter die Welt geliebt, daß sie ihren eingeborenen Sohn hingab.

Wenn Sie nun genauer prüfen: Wie hat der gute Hirt denn seine Hirtentreue im Alltagsleben verwirklicht?, dann könnten wir alle Leidensstationen des Herrn Revue passieren lassen und müßten dann sagen: Das sind alles Stationen seiner Liebe, das sind alles Stationen seiner Hirtentreue. „Der gute Hirt gibt sein Leben für seine Schafe.“ Sein Denken, sein Lieben, sein Opfern, sein Leiden, sein Beten hat in alleweg uns zum Gegenstande. Ist das Ausdruck der Liebe? „Deus caritas est. Et qui manet in caritate, in Deo manet et Deus in eo“ (1 Joh 4,16: Gott ist die Liebe. Wer in der Liebe bleibt, bleibt in Gott, und Gott bleibt in ihm). Und wenn wir nun unsererseits Abbilder des guten Hirten werden wollen, dann wissen wir, was das für uns besagt.

Die dritte Tugend ist die Hirtensorge. Wenn Sie die Umschreibung, die Darstellung des Heilandes auf sich wirken lassen, dann klingt in der Seele das Wort wider: „Ich habe aber auch noch andere Schafe, die nicht in diesem Schafstalle sind; auch sie muß ich herbeiführen, und es wird ein Hirt und eine Herde werden“ (Joh 10,16).

Sehen Sie - die Hirtensorge. Was das nun besagen soll? Das ist eben die Sorge um diejenigen, die der liebe Gott mir anvertraut hat, die aber den Weg zu mir nicht gefunden haben. (Nun) müssen Sie mal überlegen: Wie ist der Heiland dem verlorenen Schäflein nachgegangen? Das (ist das), was man an sich modern die „suchende Seelsorge“ nennt. Ausdruck der Liebe. Wie ist der Vater mir nachgegangen dadurch, daß er seinen Sohn geschickt! Suchende Seelsorge. Was hat der Heiland nicht alles getan damals, als er auf dieser Erde herumpilgerte, um uns zu finden, zu finden den verborgenen kostbaren Schatz, den wir in uns tragen! Sehen sie, das müßte auch für uns richtunggebend sein: Wie suchen wir, nicht etwa nur die Bequemlichkeit, sondern wie sind wir innerlich getragen von der Sorge um das Heil der Seelen? „Es gibt noch andere Schafe, die nicht in dem Schafstalle sind“, sie haben noch nicht den Weg hergefunden. Sehen Sie, auch dafür müßten wir innerlich wieder warm werden. Wir müßten halt, was man sonst so nennt, eine apostolische Nase bekommen; wir müßten halt wieder den starken Zug bekommen, möglichst alle Welt innerlich zu erfassen.

Erschienen in:
Joseph Kentenich
Christus mein Leben
Ausgewählte Texte zum Christus-Jahr 1997
Herausgegeben von Günther M Boll, M. Pia Buesge, Peter Wolf
Patris-Verlag Vallendar-Schönstatt
www.patris-verlag.de

 

Eingestellt von
O B
KM
Eingestellt am: 24.11.2009 17:32
  Zurück zur Übersicht
 
 

Seite drucken Seite versendenImpressum