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Predigt bei der Bündnismesse
Schönstatt - Pilgerkirche, 18. 11. 2007

Von Pfarrer Oskar Bühler, Berg Moriah

Liebe Schwestern und Brüder im Liebesbündnis.

In diesen letzten Wochen des Kirchenjahres werden wir von den Texten der Hl. Schrift auf die Endzeit hingewiesen. Diese Wochen tragen somit in ausdrücklicher Weise apokalyptische Züge. Das erinnert uns daran, dass unser Gründer unsere Zeit als eine apokalyptische Zeit bezeichnet hat. Wenn wir heute miteinander das Liebesbündnis erneuern, dann wird diese Feier von der apokalyptische Sichtweise P. Kentenichs geprägt sein.

I.

Schauen wir zunächst auf unser Evangelium: da ist die Rede von der Zerstörung des Tempels und von den Anfängen der endzeitlichen Nöte.

Auf jeden Evangelientext kann man mit verschiedenem Blickwinkel schauen. Ich kann mich in die Gemeinschaft der Menschen einreihen, die Jesus direkt zuhören konnten. Ich kann mich aber auch in die Situation der Menschen versetzen, die einige Jahrzehnte später diesen Evangelientext gelesen oder gehört haben, nachdem Lukas die Worte und Taten Jesu niedergeschrieben hatte.

Ich möchte einmal diesen Blickwinkel wählen: Da liest die junge Christengemeinde, dass Jesus für die Endzeit etwas vorhergesagt hatte, was schon eingetreten ist: nämlich dass der Tempel zerstört wird. Zwar hatte der Tempel für die jungen Christengemeinden nicht mehr die Bedeutung, die er für die Juden hatte. Aber dass dessen vorhergesagte Zerstörung schon eingetreten war, das gab zu denken. Und dies führte die ersten Leser dieses Evangeliums zu der Erkenntnis, dass die Endzeit schon begonnen hat, dass ihre Zeit also eine apokalyptische Zeit ist. Weil manche dies falsch verstanden haben, hatte Paulus Anlass, die Christen in Thessalonike zur Arbeit zu mahnen. (2. Lesung)

Nicht nur von der Zerstörung des Tempels ist in den Worten Jesu die Rede, sondern auch von Zeichen und Ereignissen, die zwar schrecklich, aber doch nahezu alltäglich sind: Erdbeben, Seuchen, Hungersnöte . . . Und wenn die damaligen Christen gelesen haben, dass Jesus von Gericht und Gefängnis spricht, dann konnten sie wiederum feststellen, dass dies schon vielfältig eingetreten ist.

Und sie konnten gleichzeitig lesen, dass sie in allen Bedrängnissen und Verfolgungen nicht allein dastehen, sondern dass der Herr ihnen nahe ist. Ja, sie konnten diesem Evangelium entnehmen, dass Bedrängnisse, Verfolgungen und vielfältige Nöte nicht Zeichen des Untergangs sind, sondern Zeichen der Nähe des Herrn, Zeichen der Rettung, des Heiles, des Sieges. Sie durften zu der Erkenntnis kommen, dass apokalyptische Zeiten in besonderer Weise Zeiten der Nähe Gottes, Zeiten des Heiles sind.

II.

Wer sich in dem umfangreichen Schrifttum unseres Gründers etwas auskennt, dem ist wohl schon manches in Erinnerung gekommen, was bei ihm zu lesen ist. Ich werfe deswegen im Lichte dieses Evangeliums einen Blick auf unseren Gründer, P. Kentenich. Es hat sich in seinem Leben manches, was wir in diesem Evangelium lesen, in besonderer Weise erfüllt. Schon in den dreißiger Jahren hat er erfahren müssen, dass einflussreiche Leute mit dem Gedanken spielen, ihn vor "die Gerichte der Synagogen", sprich: vor das Heilige Offizium zu bringen. 1950 ist es dann auch tatsächlich geschehen. Zuvor musste er noch die mächtigen Schläge des Nationalsozialismus in Gefängnis und KZ ertragen. Alle diese Schläge von welcher Seite sie auch kamen – wurden zu Ereignissen, in denen er die Nähe Gottes, seinen Beistand und gnädige Führung, in besonderer Weise erfahren hat. Wenn er schon 1939 in der zweiten Gründungsurkunde von den Felsblöcken gesprochen hat, "die uns vernichten sollten, (aber) eine machtvolle Treppe wurden, die uns sicher zu Gott empor- und in die Welt unserer Sendung und Aufgabe hineinführte" dann durfte er dies in den darauf folgenden Jahren und Jahrzehnten in noch viel intensiverer Weise erfahren.

Es war deswegen ganz folgerichtig, wenn Pater Kentenich in den dreißiger Jahren öfter über die Apokalypse gesprochen hat. Mehrfach hielt er den Exerzitienkurs "Der apokalyptische Priester". Im KZ Dachau hielt er die Vortragsreihe "Die Apokalypse und priesterliche Werktagsheiligkeit". Seine Zeitdeutung gipfelte in der Feststellung: Wir leben in einer apokalyptischen Zeit; das ist unsere Herausforderung, aber auch unsere Chance, da wir mit dem besonderen Beistand von oben – besonders durch die Gottesmutter – rechnen dürfen.

III.

Wenn ich nun noch einen Blick auf die Oktoberwoche werfe, dann meine ich, man kann sagen, dass wir in der Thematik dieser Oktoberwoche konkrete Signale unserer apokalyptischen Zeit deutlich gemacht haben.

In der Parallelstelle des Matthäus-Evangeliums heißt es: "Und weil die Missachtung von Gottes Gesetz überhand nimmt, wird die Liebe bei vielen erkalten." Wenn ich auf die Brennpunkte schaue, über die wir bei der Oktoberwoche gesprochen haben und die unser Liebesbündnis herausfordern, dann können wir darin Signale unserer apokalyptischen Zeit erkennen.

- Brennpunkt Familie:
Es ist augenblicklich viel von Familie die Rede. Dass sie in einer tiefen Krise steckt, ist unverkennbar. Der tiefste Grund dieser Krise liegt darin, dass bei vielen die Liebe erkaltet, dass die Fähigkeit zur Liebe, die Kraft zur Liebe verloren geht oder schon verloren gegangen ist. Unsere Antwort: Das Liebesbündnis; tiefer graben nach der Grundkraft der Liebe. Sie ist uns im Heiligtum, ja im Herzen der Gottesmutter angeboten. (Das neue Heiligtum in Nebraska weist uns darauf hin.)

- Brennpunkt Ökumene:
Die Zerrissenheit der Christenheit und die Spaltung der Kirche ist schon seit Jahrhunderten ein Zeichen, dass in ihr die Liebe erkaltet. Wir sind heute Zeugen von Bemühungen, wie im Bereich der geistlichen Bewegungen diese Not in der Weise angegangen wird, dass Liebe und Ehrfurcht die Grundlage für ein neues Aufeinander zu gehen bilden sollen. Als Schönstattfamilie sind wir nicht nur Zeugen davon, wir sind vielmehr in diesen Prozess involviert und wir sind durch unser Liebesbündnis befähigt, wesentliches dazu beizutragen, dass die Christen einander näher kommen und die Spaltung überwunden werden kann.

- Brennpunkt soziale Armut:
Dass bei vielen die Liebe erkaltet, das ist ablesbar an der vielfältigen sozialen Armut, die in unserem reichen Land immer mehr zunimmt. Hier sind wir mit unserem Liebesbündnis neu herausgefordert. Diese Armut veranlasst uns, uns auf das neu zu besinnen, was unser Gründer vor 80 Jahren dazu Wegweisendes gesagt hat.

Liebe Schwestern und Brüder im Liebesbündnis, eine apokalyptische Zeit ist eine notvolle Zeit. Sie ist immer auch eine Zeit, über der Gottes Verheißung steht und in der Gott uns nahe ist. So dürfen wir das Wort aus dem Buch Maleachi (1. Lesung) hören und deuten: "Für euch aber, die ihr meinen Namen fürchtet, wird die Sonne der Gerechtigkeit aufgehen und ihre Flügel bringen Heilung." Wenn wir das Liebesbündnis ernst nehmen und leben, dann dürfen wir zu denen gehören, die den Namen Gottes fürchten.

Und Jesus sagt uns im Evangelium das Trostwort: "Er ist doch kein Gott von Toten, sondern von Lebenden; denn für ihn sind alle lebendig."

Im Liebesbündnis stellen wir uns mit unserem Vater der Wirklichkeit unserer apokalyptischen Zeit. Wir lassen uns von ihr herausfordern. Und wir vertrauen auf die Verheißungen und die Nähe Gottes, die damit verbunden ist.

 

(Diese Predigt kann hier als pdf-Datei heruntergeladen werden:)

Buendnismesse_181107_Predigt.pdf (8,58 KB)
Bündnismesse 18-06-2008.doc (45 KB)
Eingestellt von
O. B.
B.M.
Eingestellt am: 24.06.2008 19:44
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