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Haus Moriah Josef-Kentenich-Institut Interview mit EB Zollitsch

Interview mit Erzbischof Dr. Robert Zollitsch

moriah.de: Herr Erzbischof, die Bischofssynode ist nun schon über eine Woche an der Arbeit. Bischöfe und weitere Verantwortliche der Kirche aus der weiten Welt berichten über ihre Vorstel-lungen von Neuevangelisierung. Welche Erfahrungen haben Sie in diesen ersten Tagen gemacht, was ist Ihr Gesamteindruck?

Erzbischof Dr. Robert Zollitsch
Erzbischof Dr. Robert Zollitsch
Erzbischof Zollitsch:
Die Bischofssynode ist die Versammlung der weltweiten katholischen Kirche und lässt das vielgestaltige Gesicht unserer Kirche erleben. Hier wird die Communio des Bischofskollegiums erlebbar. Es ist eine brüderliche Versammlung. Die Bischöfe gehen aufeinander zu, lassen alte Kontakte neu aufleben und knüpfen neue Kontakte. Es ist eine große Versammlung, in der sich die Bischöfe zu Wort melden, sind engagiert einbringen und zugleich gut zuhören. Wir hören aufeinander, beschenken einander. In vielerlei Hinsicht sind die Fragen und Probleme verschieden auf den einzelnen Kontinenten und auch in den unterschiedlichen Ländern. Alle Äußerungen sind getragen von dem großen Anliegen der Evangelisierung und der Neuen Evangelisierung. Alle spüren die neuen Herausforderungen der Gegenwart und suchen nach Wegen, das Evangelium von Jesus Christus im Heute glaubwürdig, in neuer Sprache und neuen Bildern zu verkünden.

moriah.de: Die Situation der Kirche, die pastoralen Bedingungen und Erfordernisse sind in den einzelnen Ländern und Erdteilen sehr verschieden. Zeigen sich dennoch Gemeinsamkeiten im Hin-blick auf das, was mit dem Begriff „Neuevangelisierung“ bzw. „neue Evangelisierung“ gemeint und intendiert sein könnte?

Erzbischof Zollitsch: Die Bischöfe der Länder, in denen es eine aktive Erstevangelisierung gibt (wie etwa Korea, eine Reihe von Ländern in Afrika), sprechen lieber allgemein von Evangelisierung und berichten von ihren Erfahrungen, den Wegen, die sie gehen, und von den „Erfolgen“ ihres Einsatzes. Die Bischöfe aus den Ländern, die von der Tradition christlich geprägt sind, sprechen eher von Neuer Evangelisierung. Allen geht es darum, die christliche Botschaft heute zu verkünden und nach Wegen zu suchen, wie die Menschen vom Evangelium erreicht werden können. Denn die Kirche ist nicht um ihrer selbst willen da. Sie ist da, um den Menschen den Weg zum Leben zu verkünden. Sämtliche Äußerungen der Synodenteilnehmer sind getragen von dem Anliegen, zu einem neuen zeitgemäßen Anstoß zur Evangelisierung beizutragen.

moriah.de: In der Pfingstwoche hat in Schönstatt der Kongress „Wohin ist Gott? – Gott erfahren im säkularen Zeitalter“ auch im Hinblick auf diese Bischofssynode stattgefunden. Er hat sich sehr intensiv und grundsätzlich mit dem Phänomen der Säkularisierung auseinander gesetzt. Kann man eine derartige Auseinandersetzung auch in manchen Beiträgen der Synodalen erkennen?

EB Robert Zollitsch mit P. Heinrich Walter im internationalen Schönstatt-Zentrum Belmonte in Rom. Links: Bronzestatue des Gründers P. Josef Kentenich.
EB Robert Zollitsch mit P. Heinrich Walter im internationalen Schönstatt-Zentrum Belmonte in Rom. Links: Bronzestatue des Gründers P. Josef Kentenich.
Erzbischof Zollitsch:
Das Thema „Säkularisierung“ und „Säkularität“ wird häufig aufgegriffen. Zum größten Teil werden jedoch die negativen Folgen der Säkularisierung angesprochen, die auch wirklich Anlass zur Sorge sind. (Rückgang der Präsenz des Evangeliums in der Öffentlichkeit; Rückgang der Zahl der regelmäßigen sonntäglichen Gottesdienstbesucher; Rückgang der Zahl der Kindertaufen; Kirchenkritische Öffentlichkeit und Presse …) Ich habe versucht, in meinem Statement, vor allem auf die Herausforderung und Chancen der Säkularität einzugehen. In den Pausen wurde ich von vielen Synodenteilnehmern dankbar und zustimmend darauf angesprochen. Der Blick auf die Chancen richtet den Blick in die Zukunft und macht Mut. Die Chancen und Ansatzpunkte zur Neuen Evangelisierung in einem säkularen Zeitalter bewusst zu machen und aufzugreifen, steht für unsere Kirche noch als große Aufgabe vor uns. Um den notwendigen Mentalitätswandel herbeizuführen, ist noch viel zu tun. Die Bischofssynode zeigt, dass wir mit unserem Kongress in Schönstatt in der Pfingstwoche das richtige und notwendige Thema aufgegriffen haben, das für das Heute entscheidend ist und in die Zukunft führt.

moriah.de: Kommen in den Beiträgen von Bischöfen anderer Länder auch Anliegen vor, die uns in Deutschland auf den Nägeln brennen? Oder ist der Ruf nach Reformen und Erneuerung nur ein deutsches Phänomen?

Erzbischof Zollitsch: Der Ruf nach einer neuen Sprache, neuen Bildern und neuen Wegen in der Verkündigung ist in vielen Stellungnahmen von Bischöfen aus allen Kontinenten zu hören. Viele sprechen es an, dass wir neu auf die Menschen und ihre Anliegen hören müssen, um im Hören auf die Menschen die Leben zeugende Antwort des Evangeliums zu finden und zu formulieren. Viele sprechen von der Demut, die wir brauchen, um den Menschen zu begegnen, sie zu hören und ihnen Wegbegleiter zu sein. Viele sprechen von der Sprache der Liebe und Barmherzigkeit, die das Herz der Menschen erreicht. Viele nennen die Herausforderung, die Wahrheiten des Glaubens, insbesondere den Katechismus der Kirche offensiv zu vermitteln. Und es gibt zunehmend Synodenteilnehmer, die der Frage nachgehen, wie Glauben und Glaubenswissen beim Menschen ankommen und zur Glaubens-Erfahrung werden.

moriah.de: In vielen Kreisen der Kirche in Deutschland, in den Pfarrgemeinden und Diözesen, nicht zuletzt in der Schönstattbewegung wird viel für die Bischofssynode gebetet. Wenn dieses allgemeine Gebet konkreter formuliert werden soll, welches Gebetsanliegen würden Sie dann nen-nen? Um was sollen wir – im Zusammenhang mit der Bischofssynode – konkret beten?

Erzbischof Zollitsch: In den nächsten Tagen werden wir in den Sprachzirkeln daran gehen, die Themen zusammenzutragen, die in die Voten zum Abschluss der Bischofssynode aufgenommen werden sollen. Ich bitte vor allem, diese Beratungen im Gebet zu begleiten und zugleich darum zu beten, dass die Synode nicht nur eine Episode von vielen anderen bleibt, sondern zu einem „Ereignis“ wird, das ausstrahlt und eine Dynamik zur Neuen Evangelisierung freisetzt. Zugleich rege ich an, darum zu beten, dass wir immer mehr Wege finden, wie Glaube und Glaubenswissen für Viele heute zur Glaubens-Erfahrung werden.

moriah.de: Für die weitere Arbeit der Synode und besonders für Ihren persönlichen Beitrag wün-schen wir Ihnen und allen Synodalen die Kraft und Erleuchtung des Heiligen Geistes. Vielen Dank für das Gespräch, Herr Erzbischof.

Die Fragen stellte Pfarrer Oskar Bühler

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  • Statement von Erzbischof Dr. Zollitsch in der Bischofssynode (pdf-Datei)
  • Kurzstatement von Erzbischof Dr. Robert Zollitsch in der Bischofssanode - 16.10.2012 (pdf-Datei)
  • Statement von Erzbischof Dr. Robert Zollitsch in der deutschen Sprachgruppe - 18.10.2012 (pdf-Datei)
  • Statement von Erzbischof Dr. Robert Zollitsch in der deutschen Sprachgruppe - 18.10.2012 (pdf-Datei)
  • Bischofssynode 2012 - Dokumentation - Stellungnahmen
  • Berichte und Stellungnahmen zum Kongress "Wohin ist Gott? - Gott erfahren im säkularen Zeitalter" finden Sie hier.

 
 

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