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2010 (C)

Homilie am 2. Sonntag nach Weihnachten in der Sonntagabendmesse in St. Michael Neunkirchen

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Das Mensch gewordene Wort Gottes hat bei uns Wohnung genommen

  • Ein kluger Theologe verbindet die 1. Lesung aus dem Buch der Weisheit mit dem heutigen Evangelium in einem Satz: "Durch die Menschwerdung Jesu Christi will Gottes Weisheit in unserem Leben Wurzeln schlagen und Früchte tragen."
Das aber wird nur gelingen, wenn wir

Abwehren, was uns gefährdet und versucht.

  • Jeder Mensch ist versucht und gefährdet, so wie Goethes Faust ein ichbezogener Mensch zu werden. Leichen, unter anderem die tote Geliebte, sein Gretchen, bleiben auf seinem Weg zurück. In seiner Ichbezogenheit scheitert er schließlich.
  • Josef Eping schreibt im Leitartikel der Wochenzeitung »Christ in der Gegenwart«: "Das Modell des großen Einzelnen ist bei uns lange Zeit kulturprägend gewesen, als Kult der charismatischen Gestalten, der Helden und der Führer - von Arminius über Kaiser Barbarossa bis hin zu Adolf Hitler."[1]
  • Das um sich kreisende Ich verbraucht zwar alles, was um es herum ist, aber verliert gerade dadurch seine Mitte, verfällt dämonischen Mächten. Wer den Sinn des Lebens nur in sich selber sucht, verliert ihn, gerät gefühlsmäßig in die Isolation.
  • Auch der Glaube kann nicht allein gelebt werden. Er braucht das Beispiel und das Zeugnis der Mitglaubenden. Am Leib des Auferstandenen sind wir Glieder und als solche aufeinander angewiesen. Paulus bringt es im Römerbrief auf den Punkt,"so sind wir, die vielen, ein Leib in Christus, als einzelne aber sind wir Glieder, die zueinander gehören." Der frühere Bischof von Aachen Klaus Hemmerle weist den Weg

Vom Individualismus zur Communio

  • Jesus Christus, das Mensch gewordene Wort Gottes hatte seine Mitte in Gott. Jesus lebt nicht für sich. Seine Lebenskraft gewinnt er aus dem innigen betenden Kontakt mit dem Gott Israels, mit Jahwe, den er seinen Vater nennt.
  •  Mit seinen Jüngern und Jüngerinnen ist er für die Menschen da. Alle, die kommen und ihn hören wollen, erfahren, dass sie von Gott geliebt und von ihm angesehen sind. Wollen sie gerettet werden, dann werden sie umkehren zu diesem Gott. Und die Vergebung ihrer Sünden suchen.
  • Jesus zieht nicht als Einzelner durch das Land. Mit seinen Jüngern und Jüngerinnen geht er zu den Menschen. Er lebt die Communio, Leben und Heil stiftende Gemeinschaft. In ihm hat Gottes Wort und Weisheit unter uns Wohnung genommen.[2]
Communio ist die kühne Alternative zum isolierenden Individualismus. (Klaus Hemmerle)
  • Communio meint die Gemeinschaft von Menschen, die mit Christus verbunden und in ihm geeint miteinander kommunizieren und so einen Raum des Vertrauens schaffen, einen Ort des Mitteilens und Teilens, der Solidarität und des Engagements, der inneren Erneuerung und des Zeugnisses nach außen.
  • Communio macht damit Ernst, dass wir Menschen sind, die dieselbe Gnade von Gott erhalten haben, und ein von ihm geheiligtes Volk sind.
Damit dies geschehen kann müssen wir uns

Die Augen und Ohren des Herzens öffnen lassen

  • In sich überstürzenden Wellen werden wir in den Medien von unzähligen Bildern aus aller Welt überflutet. Wie soll die Seele das aushalten? Manche wenden sich entsetzt ab, andere stumpfen gefühlsmäßig ab.
  • Der Epheserbrief, für Menschen einer antiken Großstadt geschrieben, bittet, "Der Gott Jesu Christi erleuchte die Augen eures Herzens." Dem Schüler des Propheten Jeremia Baruch verheißt Gott, er werde denen, die ihn als Herrn und Gott erkennen "ein verständiges Herz geben und Ohren, die hören."[3]
  • Erst die Herzensaugen lassen mich sehen, was der Verstand allein nicht zu sehen vermag. Erst die Herzensaugen öffnen mein Sehvermögen für die Bilder des Glaubens.
  •  Gleichzeitig sind sie eine Art Augenschutz, damit wir die Geschehnisse in der Welt deuten und einordnen können; damit wir weiterleben können - ohne zu verdrängen und beschönigen zu müssen.
  • Wir werden daher unseren Blick nach innen richten zur Stille und zum Versenken, zum anbetenden Hören, damit uns durch Gottes Licht Erleuchtung zuteil wird. Und dann sehen wir die Dinge und Ereignisse, unsere Mitmenschen, die uns umgebenden Machtverhältnisse neu. Das Wort der Schrift erschließt sich uns auf bisher unbekannte Weise. Wir erkennen, Jesus Christus als das Haupt der Kirche. Von ihm strömen Leben und Orientierung in seinen mystischen Leib hinein, der die Kirche ist.[4]

Jesus Christus ist das Wort Gottes, das zur Tat wurde.

  • In diesem Wort hat Gott seine uralten Verheißungen erfüllt. In diesem Wort ist er den bedürftigen Menschen so liebevoll, so zärtlich nahe gekommen, dass sie ihr Leben verändert haben. Jesus hatte Zufluchtsorte, aber keine feste Wohnung. Er war dort zuhause, wo die Menschen ihn nötig hatten. Das meint »er hat unter uns gewohnt«.
  • Dieses zur Tat gewordene Wort Gottes will uns davon befreien, dem Wort mit Vorurteilen zu begegnen. Dann nämlich geht es zu einen Ohr hinein und zum anderen hinaus. Vorurteile stellen die Ohren auf Durchzug.
  •  Diese Vorurteile können lauten: Das Wort sei zu alt, entspreche nicht mehr heutigen Vorstellungen; den Lektor, die Lektorin mag ich nicht; Der Prediger sei ja auch nur ein sündiger Mensch. Kontaktarme Menschen werden klagen, da sei in ihrer Nähe niemand in ihrem Alter, niemand der die gleichen Probleme habe.
  • Es lässt sich immer etwas finden, warum mir das Wort nicht schmeckt, warum es mir nicht zu Herzen geht. Warum mich die Liturgie langweilt.
  • Ich könnte dem Wort auch anders, positiv gestimmt begegnen: In dem Wort, das jetzt an mein Ohr dringt, will mir Gott mit seiner alle Zeiten überspannenden Weisheit begegnen. Herr, Ich gehöre dir, bin dein Eigentum. In mir will dein Wort und deine Weisheit Wurzel schlagen. Wirke Du jetzt in mir.
  • Gott spricht sich aus in seinem Wort und schafft dadurch eine neue Wirklichkeit, die Gotteskindschaft. Darum preist der Epheserbrief den Gott und Vater unseres Herrn Jesus Christus: "Er hat uns mit allem Segen seines Geistes gesegnet durch unsere Gemeinschaft mit Christus im Himmel."[5]
  • Wir dürfen unter dem Segen des Geistes Gottes leben. Durch unsere Gemeinschaft mit Christus, sind wir jetzt schon im Ewigen im Himmel verankert.
  • Darin gründen in dieser vergänglichen Welt, in unserem vergänglichen Leben unser Glück und unsere Zukunft.


[1] CiG 2010 Nr. 1 S.1
[2] Joh 1,14
[3] Baruch 2,31
[4] Messbuch Maria Laach 2010
[5] Eph 1,3

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