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2008 Weihnachten (B)

Homilie am Fest des heiligen Stephanus in St. Michael Neunkirchen

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 Jesus Christus unser Tempel

Das Tor des Himmels öffnet sich

Über der Messfeier des 2. Weihnachtstages steht gleichsam als Überschrift: "Das Tor des Himmels öffnete sich für Stephanus. Er zog als erster der Blutzeugen ein und empfing die Krone der Herrlichkeit."

Gott wird Mensch im Zeugnis des Stephanus

  • Lukas lässt den Diakon Stephanus wie einen zweiten Jesus auftreten und nicht als einen, der nur dienende und untergeordnete Funktion bei Tisch hat. Ihm wird wie Jesus ein ungerechter Prozess gemacht mit falschen Zeugen (Apg 6, 11-15), in einer großen Rede vor dem Sanhedrin tritt er als messianischer Lehrer der Schrift auf, wird daraufhin ermordet und tritt noch im Tod wie Jesus (Lk 23,34)für seine Peiniger vor Gott ein.
  • Stephanus ist also ganz und gar nicht der Diakon, als der er gerne gesehen wird. Er kümmert sich nicht allein um die Armen, sondern er tritt mit Macht auf. Seine Rede (Apg 7) ist keine Verteidigungsrede, sondern stellt eher das Programm der Urgemeinde, der Kirche, dar.
  • Aus der biblischen Tradition heraus erklärt er, was Israel ist, was der Tempel und was die Thora aktuell für Israel bedeuten, also wo Gott aktuell zu finden ist. Er wird zum Propheten,deutet Geschichte und gibt Weisung für die Gegenwart.
  • Schließlich geht er ganz auf Konfrontation und so deutet sich hier schon der Bruch zwischen Ekklesia (Kirche) und Synagoge an.

Gott wird Mensch - im Sterben des Stephanus

Das Leben des Stephanus endet mit der Schau des zum Kommen bereiten Menschensohnes zur Rechten Gottes, wie beim Propheten Daniel (Dan 7): Beide setzen auf die Herrschaft der Menschlichkeit, die alle unmenschlichen Systeme ablösen wird.
  • Beide setzen auf diese messianische Sehweise, die Wahrnehmung der Wirklichkeit aus der Sicht des Messias aus dem Sehwinkel der Rettung. »Herrschen« wird dann gleichgesetzt mit »Retten«, sodass wir beim der Bedeutung des Namens Jesus sind: Gott rettet.
  • Nach manchem gescheiterten Aufstand gegen Rom wird solche Rede als eine Bedrohung empfunden, denn bei den religiösen Autoritäten ist eher Konsolidierung und Sammlung jüdischen Lebens angesagt und nicht noch einmal ein Aufstand gegen Rom, der das Aus bedeuten könnte.
  • Und so setzt die Verfolgung ein, die dazu führt, dass Stephanus getötet wird und die Gemeinde Jerusalem verlassen muss. Der Streit um den Ort Gottes auf Erden endet in Blut und Verfolgung, aber gerade durch Flucht aus Jerusalem gelangt das Evangelium von Jesus dem Christus bis an die Grenzen der Erde.

Was also hat zur Steinigung des Stephanus geführt?

  • Einmal der Neid, denn er war voll Gnade und Kraft, tat Wunder und große Zeichen unter dem Volk.[1] Und er stellte den Tempel als Ort der Gegenwart Gottes in Frage. „Doch der Höchste wohnt nicht in dem, was von Menschenhand gemacht ist, wie der Prophet sagt.“[2] Am Anfang hatte die junge Gemeinde noch im Tempel gebetet. Wegen der Feindseligkeiten, die ihnen entgegen schlugen, war dies bald nicht mehr möglich. Auf das Evangelium hörend ging ihnen auf:

Der Mensch ist Ort Gottes auf Erden

Gott wird Mensch - das Bekenntnis zu Jesus als dem Messias, also dem Gesalbten, dem Retter, wird zum

 

Unterscheidungsmerkmal zwischen Juden und Christen.
  • Als Lukas die Apostelgeschichte schreibt ist der Tempel in Jerusalem bereits zerstört, und es ist unwahrscheinlich, dass er unter den aktuell herrschenden Verhältnissen je wieder aufgebaut wird.
Für die Jesusgemeinde ist das arme Kind von Bethlehem, der für sie der gekreuzigte und auferstandene
Jesus, der neue Tempel.
In dem nach der Zerstörung des Jerusalemer Tempels verfassten Johannes Evangelium wird dies an zwei Stellen deutlich.
  • Einmal im Gespräch mit der Samariterin. Diese sagt zu Jesus: "Unsere Väter haben auf diesem Berg Gott angebetet; ihr aber sagt, in Jerusalem sei die Stätte, wo man anbeten muss." Jesus Antwortet: "Glaube mir, Frau, die Stunde kommt, zu der ihr weder auf diesem Berg noch in Jerusalem den Vater anbeten werdet." [3]
  • Mit Jesus ist die Stunde da, wo der Vater im Geist und in der Wahrheit angebetet wird. Überall wo sich Menschen im Namen Jesu vom Heiligen Geist erfüllt versammeln ist der lebendige Tempel Gottes. Wird Gott »im Geist und in der Wahrheit angebetet«. Mag dieses Anbeten noch so einfach oder nur im schweigenden Anwesendsein geschehen "der Geist nimmt sich unserer Schwachheit an ... tritt jedoch für uns ein mit Seufzen, das wir nicht in Worte fassen können.[4]
  • Nach der Tempelreinigung wird Jesus von den Hütern des Tempels gefragt: "Welches Zeichen lässt du uns sehen als Beweis, dass du dies tun darfst?" Jesus antwortet: "Reißt diesen Tempel nieder, in drei Tagen werde ich ihn wieder aufrichten." Am Ende der Auseinandersetzung sagt der Evangelist aus der Perspektive der Auferstehung Jesu „er aber meinte den Tempel seines Leibes."[5]

In diesem neuen Tempel will Gott angebetet werden

Als "Glieder seines Leibes"[6] treten wir durch unseren Retter und Heiland, dem wahren Messias Gottes, unserem auferstandenen und bei Vater erhöhten Herrn vor Gott hin.
  • Durch ihn und mit ihm und in ihm ist es möglich, Gott im Geist und in der Wahrheit an jedem Ort der Welt anzubeten.
  • Durch ihn und mit ihm und in ihm steht uns überall der Himmel offen. Denn Jesus Christus ist der wahre Tempel Gottes.
  • Alle Getauften sind durch den in ihnen einwohnenden Heiligen Geist ein lebendiger Tempel Gottes und somit zur Anbetung Gottes berufen, ganz gleich, wo wir wohnen und leben, sollen wir Gott durch Jesus Christus im Heiligen Geist anbeten. Wer das tut, dem steht auch in den schlimmsten Situationen des Lebens der Himmel offen.
Mit der Siegespalme in der Hand weist uns Stephanus auf den in der Mitte des Altares thronenden Herrn in der Gestalt des bei Gott verherrlichten Lammes.
Mit der Siegespalme in der Hand weist uns Stephanus auf den in der Mitte des Altares thronenden Herrn in der Gestalt des bei Gott verherrlichten Lammes.

Schauen wir auf die Statue des heiligen Stephanus

Im Gewand des Diakons steht er von ihnen aus gesehen ganz links durch einen Weihnachtsbaum fast verdeckt auf dem Altaraufbau des ehemaligen Hochaltars. Er legte Zeugnis ab für den in Jesus Mensch gewordenen, gekreuzigten und auferstandenen geliebten Sohn Gottes.
Durch die Werke der Liebe zu den Armen in der Jerusalemer Jesusgemeinde und durch sein Wort vor den Gegnern der Jünger und Jüngerinnen Jesu vollendet er für seine Mörder betend sein Zeugnis für Jesus durch seinen Märtyrertod.

Zum göttlichen Kind in der Krippe zu gehen und in ihm den Heiland anzubeten, heißt auch ja zum Kreuz Christi zu sagen und für den Gott und Vater Jesu Christi das Leben einzusetzen; denn nur so haben wir auch teil an seiner Auferstehung und die Fülle des Lebens bei Gott.

Die rote Farbe des Messgewands am heutigen Fest sagt uns: Das Kind in der Krippe, herangewachsen zum Mann, hat die Liebe zu Gott und zu uns Menschen bis zum äußersten gelebt, bis zur Hingabe seines Lebens.

Diese Liebe feiern wir jetzt in der Eucharistie. Mit ihr will er uns im heiligen Mahl durchdringen. Mit der Siegespalme in der Hand weist uns Stephanus auf den in der Mitte des Altares thronenden Herrn in der Gestalt des bei Gott verherrlichten Lammes.
  • Dem göttlichen Kind in der Krippe, das durch Tod und Auferstehung bei Gott verherrlicht lebt, gebührt wie die gleiche Anbetung durch alle Geschöpfe, also auch durch uns. In der Offenbarung des Johannes heißt es:
“Und alle Geschöpfe im Himmel und auf der Erde unter der Erde und auf dem Meer, alles was in der Welt ist, hörte ich sprechen: Ihm, der auf dem Thron sitzt, und dem Lamm gebühren Lob und Ehre und Herrlichkeit und Kraft in alle Ewigkeit.[7]

 

[1] Apg 6,8
[2] Apg 7,48
[3] Joh 4,20 f.
[4] Röm 8,26
[5] Joh 2,19-21
[6] Eph 5,30
[7] Offb 5,13

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