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2009 (B)

Homilie zu den Gebeten des 2. Adventsonntag in Großenbuch St. Johannes d. T.

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MIT DER KIRCHE BETEND DEN ERLÖSER ERWARTEN
Wie die Kirche betet, zu Gott redet, offenbart was sie glaubt, wie sie sich vor Gott versteht.

Drei Gebete sind es, in denen der Priester als Vorsteher die Gebete der Gemeinde zusammenfasst. Das Tagesgebet am Schluss der Eröffnung der Messfeier; das Gabengebet am Schluss der Bereitung der Gaben und Herzen; und das Schlussgebet am Ende der Eucharistiefeier.
Vor jedem dieser Gebete ruft uns der Priester zu: »Lasset uns beten« oder »Wir wollen beten«. Wir alle sind damit gemeint. In den Ausführungs-Bestimmungen der Liturgie heißt es, dass nach der Einladung zum Gebet eine Gebetsstille folgen soll. In dieser Stille soll jede und jeder Gott noch einmal sagen, was ihm besonders auf der Seele brennt oder am Herzen liegt. Es soll vor Gott zur Sprache kommen, was uns bei der Eröffnung, beim Bußakt aufgegangen ist; oder beim Gabengebet, was wir Gott jetzt geben wollen; oder beim Schlussgebet, was uns in der Begegnung mit dem Herrn in seinem Opfer und Mahl wichtig geworden ist für unseren Alltag. Der Priester schließt also unser Beten mit dem Tagesgebet, dem Gabengebet oder dem Schlussgebet ab.

➤ das Tagesgebet am 2. Advent lautet:

Allmächtiger und barmherziger Gott, Deine Weisheit allein zeigt uns den rechten Weg.
Lass nicht zu, dass irdische Aufgaben und Sorgen uns hindern, deinem Sohn entgegenzugehen.
Führe uns durch dein Wort und deine Gnade zur Gemeinschaft mit ihm, der in der Einheit des Heiligen Geistes mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.
  • Das Tagesgebet steht unter dem Thema des Weges: »Deine Weisheit allein zeigt uns den rechten Weg,... deinem Sohn entgegenzugehen. Führe uns...« Das Thema Weg ist dem Advent eigentümlich: Wir gehen dem Herrn entgegen, seiner zweiten Ankunft, bei der er die Welt heimholen wird in das Reich seines Vaters.
  • Unterwegs feiern wir Eucharistie ‑ "bis er kommt in Herrlichkeit" ‑ und erfahren bei dieser Feier schon jetzt seine Ankunft bei uns, freilich noch nicht in offenbarer Herrlichkeit, sondern im Glauben und unter sakramentalen Zeichen.
Das Gebet beginnt mit einer doppelten Aussage.

Die erste steckt in der Anrede

Gott ist allmächtig und barmherzig, barmherzige Allmacht und allmächtiges Erbarmen. Beides ist entscheidend wichtig. Denn als sündige Menschen, wie wir uns im Bußakt der Messe bekennen, müssten wir die Allmacht Gottes fürchten, wäre er nicht barmherzig ‑ und könnte uns seine Barmherzigkeit nicht retten, wäre er nicht allmächtig. So aber sind wir tief geborgen in der Allmacht, die Barmherzigkeit ist.

Die zweite Aussage entspringt dem Vertrauen in dieses Geborgensein  

Deine Weisheit allein zeigt uns den rechten Weg. Beide: Weisheit und Weg sind Bildworte für Christus. Er ist Gottes Weisheit, "Widerschein des ewigen Lichtes" und "Bild seiner Vollkommenheit"[1] oder wie es im Hebräerbrief heißt, "Abglanz seiner Herrlichkeit und Abbild seines Wesens".[2]
 Es gibt kein anderes Licht, in dem wir das Ziel, d.h. Gott als unser Heil und unsere Vollendung in Gott, erblicken, und keinen anderen Weg, auf dem wir es erreichen können, als Christus selbst.[3] Vergängliche Lichter sind die in den Geschäftsstrassen. Sie sind höchstens Ausdruck einer ungestillten Sehnsucht nach Licht in den Dunkelheiten des Lebens.
Auf die doppelte Aussage folgt eine doppelte Bitte.

Die erste gründet in der Erfahrung unserer Schwäche und Inkonsequenz.

  • Als Glaubende sehen wir den Weg und kennen das Ziel. Daher brauchen, ja dürfen wir uns auch gar nicht den Aufgaben und Sorgen entziehen, die das Leben in dieser Welt mit sich bringt. Aber wenn wir es zulassen, dass sie allein unsere Kraft und unser Denken beanspruchen, dass sie uns den Blick auf das Ziel verstellen und uns hindern, konkrete Schritte zu tun, die uns Christus näherbringen, dann ist es an der Zeit zu rufen: Lass es nicht zu! Halte uns den Blick und den Weg offen in eine Zukunft, die mehr als nur irdisch ist, und die für uns das Antlitz und den Namen deines Sohnes trägt.

Die 2. Bitte gründet im Vertrauen auf die Kraft und Treue Gottes:

  • Er kann und wird uns führen ‑ über alle Grenzen hinaus, die wir aus eigener Kraft nicht überschreiten könnten. Denn sein Wort ist das Wort schöpferischer Allmacht und Gnade, also seiner allmächtigen Nähe, die Liebe und Erbarmen ist: "Es kehrt nicht leer zu mir zurück, sondern bewirkt, was ich will, und erreicht alles, wozu ich es ausgesandt habe".[4] Gottes Wort und seine Gnade führen uns in die Gemeinschaft mit dem uns entgegenkommenden Herrn.

➤ Das Gabengebet

Barmherziger Gott, wir bekennen,
dass wir immer wieder versagen
und uns nicht auf unsere Verdienste berufen können.  Komm uns zu Hilfe, ersetze, was uns fehlt,
und nimm unsere Gebete und Gaben gnädig an.
Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
  • Die Gaben, die dargebracht und auf dem Altar niedergelegt worden sind, sind "Frucht der Erde" und "des Weinstocks" ‑ aber auch "menschlicher Arbeit“ ‑ Zeichen der Kraft und Fruchtbarkeit, die Gott seiner Schöpfung eingestiftet hat, aber auch der Mühe, Sorgfalt und Phantasie des Menschen, dem die Schöpfung anvertraut ist.
  • Trotzdem bekennen wir vor dem barmherzigen Gott, dass wir versagen und uns nicht auf unsere Verdienste berufen können. Was bedeutet dieses Bekenntnis gerade in dem Augenblick, wo der eucharistische Teil der Messfeier begonnen hat?
  • Brot und Wein sind Sinnbild für unser Hingabe und Opferbereitschaft. Das Gabengebet aber sagt, keine irdische Gabe, ja dass nicht einmal die ganze Schöpfung und auch wir selber nicht können der Größe und Heiligkeit Gottes genügen.
  • Es bedeutet ferner, dass alles, was wir darbringen, ihm *längst gehört und selbst unsere Verdienste seine Gaben sind. Im Epheserbrief heißt es „Seine Geschöpfe sind wir. In Christus Jesus dazu geschaffen, in unserem Leben die guten Werke zu tun, die Gott für uns im Voraus bereitet hat.“[5]
  • Die Bitte „Ersetze, was uns fehlt“, bedeutet das Eingeständnis, dass wir sogar hinter dem Guten, das uns mit Gottes Hilfe möglich ist, immer wieder zurückbleiben.
  • Aber im Hinblick auf die Eucharistie hat das Bekenntnis des Unvermögens noch einen tieferen Grund. In dieser Feier bringen wir ‑ unvollkommen genug ‑ uns selbst vor Gott und alles, was wir von ihm empfangen haben. Er aber überbietet unsere Hingabe an ihn in unerhörter Weise: er gibt uns sich selbst in seinem Sohn, sakramental verhüllt in Brot und Wein.
  • In diesem heiligen Tausch sind wir die von Anfang an und bis zum Ende in beglückend beschämender Weise die Beschenkten. Alles was wir geben, ist schon zuvor seine Gabe. Alles, was wir empfangen, kann nur er uns geben. Alles, was wir tun können, ist ihn zu bitten, dass er vollbringe, was wir nicht vermögen.
  • So erschließt sich uns der Sinn der Bitte, die auf das Bekenntnis unseres Unvermögens folgt‑. die Bitte um seine Hilfe, ohne die wir ihn nicht einmal suchen, geschweige denn finden und ihm begegnen könnten; die Bitte zu ersetzen, was uns an Fähigkeit zur Hingabe, an Bereitschaft, in das Opfer Christi einzugehen, fehlt; die Bitte um gnädige Annahme unserer Gebete und Gaben, unserer menschlich irdischen Worte und Zeichen, in denen und durch die er uns seine Gegenwart in Christus schenkt.
  •        Das ist Beten im Namen Jesu "der uns die Feier dieses Geheimnisses aufgetragen hat".[6] Es ist Gebet, das der Erhörung gewiss sein darf.[7] Durch Gottes Heiligen Geist wird bei der Feier der Eucharistie geschehen, worum wir bitten: die Wandlung unserer Gaben in den Leib und das Blut des Herrn, der Advent, die Ankunft Gottes in seiner und unserer Welt "durch Christus, unseren Herrn".

➤ Schlussgebet

Herr, unser Gott, im heiligen Mahl
hast du uns mit deinem Geist erfüllt.
Lehre uns durch die Teilnahme an diesem Geheimnis,
die Welt im Licht deiner Weisheit zu sehen
und das Unvergängliche mehr zu lieben als das Vergängliche. Darum bitten wir durch Christus, unseren Herrn.
  • In der Eucharistiefeier geschieht Adventus Domini, Ankunft des Herrn bei seiner Gemeinde im sakramentalen Zeichen. D.h. Christus ist kraft seiner Stiftung durch das Wirken des Heiligen Geistes in den irdischen Gaben von Brot und Wein ganz gegenwärtig und schenkt sich in ihnen seiner Gemeinde als Person, als der auferstandene und beim Vater erhöhte Herr.
  • Wir nehmen in dieser Feier jetzt schon am "Hochzeitsmahl des Lammes“ teil, noch nicht in der offenbaren Herrlichkeit der Vollendung aber glaubend im heiligsten Sakrament, in wirklichem Essen und Trinken der heiligen Speise.
  • Das Schlussgebet verkündet die Ankunft des Herrn in der Eucharistie und die Mahlgemeinschaft mit ihm als erfüllt Werden mit dem Geist Gottes. „Im heiligen Mahl hast du uns mit deinem Geist erfüllt.“ Der Geist ist die Frucht aus der Begegnung mit dem Herrn; es ist jener Geist, der im Schoß der Jungfrau das Wunder der Menschwerdung Gottes gewirkt hat, der in der Eucharistie die Gaben von Brot und Wein heiligt, damit sie für uns Leib und Blut des Herrn seien, durch deren Genuss "wir ein Leib und ein Geist werden mit Christus".[8]
  • Die Feier, in der das geschieht, wird Mysterium, Geheimnis genannt. Das ist sie nicht so sehr deshalb, weil das Geschehen unseren leiblichen Augen verborgen bleibt. Ein Mysterium ist sie vor allem deswegen, weil die uns von Gott in Jesus Christus bei dieser Feier geschenkte Liebe so unermesslich reich ist. Nur im Glauben und Vertrauen auf Gottes Wort vermögen wir die alles Erkennen übersteigende Länge und Breite, die Höhe und Tiefe dieses Mysteriums zu ermessen.[9] Es geht hier mehr um ein Geheimnis des Reichtums und der Fülle als der Verborgenheit und des Nichtwissens.
  • Deshalb bitten wir am Schluss der Feier, dass wir im Licht der Weisheit Gottes, die Christus selber ist,[10] die Welt als Schöpfung Gottes sehen lernen.
- Sie kommt aus seinen Händen und soll zu ihm zurückkehren, damit er sie vollende;
- Sie ist die Bühne, auf der das Drama der Heilsgeschichte im Gang ist, in deren Zentrum Christus steht, dessen Brüder und Schwestern wir sind;
- Sie ist die Straße unserer irdischen Pilgerschaft, auf der wir der zweiten Ankunft des Herrn entgegengehen, seiner Wiederkunft in Herrlichkeit am Ende der Geschichte.
  • Wer so im Licht der Weisheit Gottes die Welt gläubig zu sehen lernt, der kann und wird das, was unvergänglich ist, mehr lieben als das Vergängliche. Solche Weltsicht bewahrt uns vor der Vergötzung wie vor der Verachtung der Welt.  Sie erfüllt uns vielmehr mit einer tiefen Liebe und Verantwortung für die Schöpfung. Denn mitten in ihr, deren jetzige Gestalt vergeht,[11] ist dennoch schon anwesend, was unvergänglich bleibt: Es ist anwesend in der Schönheit und Vielfalt des Schöpfungswerkes, das Gott ins Dasein gerufen und das er dazu berufen hat, Vorausbild des "neuen Himmels und der neuen Erde" zu sein.[12]
  • Dieses Unvergängliche ist schon anwesend in den Menschen, die Gott nach seinem Bild und Gleichnis geschaffen[13] und dazu berufen hat, als Brüder und Schwestern seines Sohnes für immer bei ihm zu sein.
  • Dieses Göttliche wirkt sich schon aus in allem, was der Geist Gottes an Liebe, Treue, Phantasie und schöpferischer Kraft im Geist und im Herzen der Menschen wachsen und reifen lässt, damit es bei der großen Ernte am Ende der Zeit in Gottes Ewigkeit eingebracht wird: wenn der Herr wiederkommt.
In der Auslegung dieser drei Gebete der Kirche wird uns klar, was die Kirche glaubt und was wir glauben und von Gott erbitten dürfen. Wir erkennen, dass auch die Gebete der Kirche Verkündigung des Glaubens sind.


[1] Weih 7,26
[2] Hebr 1,3
[3] Joh 14,6
[4] Jes 55,11
[5] Eph 2,10
[6] Hochgebet IV
[7] vgl. Joh 15,7; Mt 7,7
[8] (Hochgebet III; vgl. Eph 4,4).
[9] Vgl Eph 3,18
[10] s. o. zum Tagesgebet
[11] 1 Kor 7,31
[12] Offb 21,1
[13] Gen 1,27

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