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2007 (C)

Homilie am Fest der Taufe Jesu in der Filialkirche Rosenbach Pfarrei Neunkirchen zu den Schrifttexten: Jes 42, 5a.1-4.6-7;Tit 2, 11-14; 3, 4-7;Lk 3, 15-16.21-22

Stola: Taufe Jesu durch Johannes d. Täufer
  Entwurf und Ausführung: Monassterio Santa Hildegardis CH-6644 Orselina
Stola: Taufe Jesu durch Johannes d. Täufer
Entwurf und Ausführung: Monassterio Santa Hildegardis CH-6644 Orselina
Der Geist Gottes bewegt Jesus – bewegt uns[1]

Es bewegt sich viel

Es wird zwar geklagt: Die Welt werde immer schlechter und die Menschen immer egoistischer. Aber dann staune ich doch immer wieder und freue mich, wie viele Menschen es gibt, die sich einsetzen für andere, die weder Zeit noch Mühen scheuen und Gutes wirken. (Gott sei Dank auch in unserer Pfarrei.)

Und dann frage ich mich manchmal: Was bewegt diese Menschen, sich so zu engagieren? Ob im Pfarrgemeinderat oder in der Kirchenverwaltung, in der Kontaktgruppe des Altenpflegeheims und im Elternbeirat des Kindergartens oder der Schule, als Kommuniongruppenleiterin oder als Firmhelfer, als CaritassammlerInnen, als Mesner oder als Lektor, als Ministrantin oder Ministrant, als Gruppenleiterin oder Gruppenleiter bei Kolping.

Gleiches gilt für den Einsatz im Sportverein oder bei der Jugend- und Trachtenkapelle oder einem anderen Verein.
Noch intensiver wird dies sichtbar bei den mehr im Verborgenen geschehenden Diensten: wie z.B. beim Besuch von Kranken, pflegebedürftigen Menschen im Altenheim, beim Einkaufen für Menschen, die das nicht mehr selber können und allein sind. Was bringt’s denn außer Mühen, Zeitaufwand und vielleicht Dankeschön oder Vergelt’s Gott? – Nein, es ist ganz und gar nicht selbstverständlich, wenn Menschen sich so einsetzen!

Ich staune über die Geduld und das Durchhaltevermögen, mit denen Schwerkranke und Pflegebedürftige und ihre Angehörigen ihr Schicksal meistern. Woher nehmen sie die Kraft? Auch das ist doch nicht selbstverständlich
Wenn ich mein eigenes Leben oder das von Freunden betrachte, frage ich mich: Wie ist es gekommen, dass ich Priester geworden bin; dass mir der Glaube an Gott so wichtig und hilfreich geworden ist? Es könnte auch ganz anders sein. Die Frage, die sich jeder stellen muss, heißt:


Was gibt Kraft zum Leben

Was gibt Menschen – mich eingeschlossen – die Kraft für ihr Leben und Handeln? Was bewegt Menschen zu ihrem Tun? Sind es nur egoistische Motive?
Deshalb ist es gar nicht so abwegig, diese Fragen einmal im Blick auf Jesus zu stellen? Ist uns sein Leben und Handeln so selbstverständlich, dass es überhaupt nicht mehr zum Staunen und Fragen anregt? Denn auch das Leben und Handeln Jesu ist ganz und gar nicht selbstverständlich! Ich will deshalb heute einmal folgende Fragen an ihn stellen:

  • Was bewegt Dich Jesus, dass du deine Heimatstadt verlässt und von einer Stadt zur anderen wanderst, um von Gott zu sprechen?
  • Was bewegt dich, dass du dich vor allem den „aussichtslosen Fällen“ zuwendest; Dir die Hände schmutzig machst an den Problemen und Krankheiten der Menschen; sodass du schließlich durch den Umgang mit zwielichtigen Gestalten in Verruf gerätst?
  • Was gibt dir die Kraft, auch gegen den Widerstand der Obrigkeit auf deinem Weg zu bleiben? Was gibt dir die Kraft, selbst dem Tod ins Auge zu schauen, ja den Verbrechertod auf dich zu nehmen?


Was macht Jesus zu dem, der er ist?

Die Antwort lese ich im Evangelium des heutigen Festtages. Sie klingt bei der Taufe Jesu im Jordan an mein Ohr: „Während Jesus betete, öffnete sich der Himmel, und der heilige Geist kam sichtbar in Gestalt einer Taube auf ihn herab, und eine Stimme aus dem Himmel sprach: Du bist mein geliebter Sohn, an dir habe ich Gefallen gefunden.“ [2]

Mit dem Heiligen Geist tun wir westlichen Christen uns ja gewöhnlich schwer. Er ist das große Rätsel unseres Glaubens. Dabei übersehen wir möglicherweise, dass es gar nicht darauf ankommt, den Heiligen Geist zu definieren – also wer er ist und wie er möglicherweise zu beschreiben sei –, sondern dass es auf sein Wirken ankommt.

Wo Leben möglich ist, dort wirkt Gottes Geist, so sagt es die Heilige Schrift ganz am Anfang. „Gottes Geist schwebt über der Urflut“[3], als alles noch Chaos und Wirrwarr war, als die Erde noch nicht bestand. Gottes Geist ist es, der das Durcheinander in Ordnung verwandelt, so dass Leben möglich wird.

Und so beginnt jetzt, da Jesus im Wasser des Jordan steht, um sich taufen zu lassen, wieder ein neuer Anfang, eine neue Schöpfung. Gott schafft durch seinen Geist den neuen Menschen. Jesus steht im Jordan für den Menschen, der dem Chaos, dem Durcheinander verfallen ist, der oft nicht mehr ein noch aus weiß. Diesen Jesus erfüllt Gott mit seinem Geist und verwandelt ihn zu einem Menschen, der offen ist für Gott und deshalb in Ordnung ist.
Das ist die eigentliche Wiedergeburt des Menschen, die durch das Bad der Wiedergeburt und der Erneuerung im Heiligen Geist geschieht.[4] Und wo Gottes Geist in einem Menschen wirkt, da wirkt er segensreich und aufbauend, da tut er anderen gut.

Im ersten Gottesknecht Lied lenkt Gott durch den Propheten Jesaja unsere Aufmerksamkeit auf den

Knecht Gottes

Die urchristliche Predigt hat diesen Text auf Jesus bezogen.
Plastische Bilder und leidenschaftliche Worte zeigen, auf welche Weise Gott durch seinen beauftragten Knecht wirken und die Befreiung der Menschen erreichen will und worin dieses Heil besteht.
Mit »seht«, lenkt Gott unsere ganze Aufmerksamkeit auf seinen Erwählten. Er möchte, dass wir ihn mit seinen Augen, mit dem aus seinem Innersten kommenden Blick der Liebe sehen: „Seht, das ist mein Knecht, den ich stütze; das ist mein Erwählter, an ihm finde ich Gefallen.“

Der erste Vers der Lesung unterstreicht die Zuwendung Gottes zu seinem Knecht und zugleich die Aufgabe, für die er ausgerüstet wird: „Ich habe meinen Geist auf ihn gelegt, er bringt den Völkern das Recht.“ Was damit gemeint ist wird bei Jesaja im 49. Kapitel deutlich. Dort sagt Gott zu seinem Knecht: „Ich will dich zum Licht der Völker machen.“[5] Das hebr. Wort »mispat« meint bei Jesaja »eine Gerichtsverhandlung zwischen Jahwe und den Völkern«. Darin wird »der Anspruch der Götter der Völker auf ihre Göttlichkeit als nichtig erklärt«.[6]

Weiter heißt es vom Knecht Gottes: „Er schreit nicht und lärmt nicht und lässt seine Stimme nicht auf der Straße erschallen.“ Der Gesandte Gottes will nicht wie ein fanatischer Heilsprediger Menschenmassen aufputschen und für seine Ideologie gewinnen (V. 2). Stattdessen wendet er sich dem Einzelnen und Unvollkommenen zu und behütet ihn (V. 3). „Das geknickte Rohr zerbricht er nicht, und den glimmenden Docht löscht er nicht aus.“ Diese Behutsamkeit geht aber auch mit Ausdauer einher (V. 4).[7] „Er wird nicht müde und bricht nicht zusammen, bis er auf der Erde das Recht begründet hat.“ Alle Welt soll durch ihn erkennen: Jahwe allein ist Gott. „Auf sein Gesetz warten die Inseln.“ Der Botschaft des Knechtes entspricht die Sehnsucht nach Rettung und Befreiung bei den Völkern.

Im Folgenden spricht der berufende Gott selber. Er ist der Schöpfer des Himmel und der Erde, der Schöpfer der Menschheit, der Israel erwählt hat: „Ich, der Herr, habe dich aus Gerechtigkeit gerufen, ich fasse dich an der Hand. Ich habe dich dazu geschaffen und dazu bestimmt, der Bund für mein Volk und das Licht für die Völker zu sein: blinde Augen zu öffnen, Gefangene aus dem Kerker zu holen und alle, die im Dunkeln sitzen, aus ihrer Haft zu befreien.“ Der Angeredete soll ”Bund für mein Volk“ und „Licht für die Völker“ sein. Er soll Mittel und Werkzeug werden, durch das Gott etwas an anderen ausrichtet. Durch ihn sollen die Völker Licht , Helligkeit und Heil erfahren.


In Jesus ist Geist Gottes am Werk.

Bei seiner Selbstoffenbarung in Nazareth beruft er sich auf ähnlich lautende Stellen beim Propheten Jesaja. „Der Geist des Herrn ruht auf mir; denn der Herr hat mich gesalbt. Er hat mich gesandt."[8] Und die Schriftstelle auslegend sagt Jesus in der Synagoge zu Nazareth: „Heute hat sich das Schriftwort, das ihr eben gehört habt, erfüllt.“[9]
 
Der Geist Gottes bewegt Jesus, wenn er Kranken die Hände auflegt; wenn er mit Menschen spricht, um die man sonst einen Bogen macht; wenn er Menschen ansieht, die sonst keinem unter die Augen zu treten wagen.

Und dieser Geist Gottes ist es, der durch den Jesus Leben schafft, so dass Menschen wieder zu atmen, zu lachen und zu lieben wagen. Dieser Geist ist schließlich auch die Kraft, in der Jesus die Liebe gegen den Hass und die Gewalt setzt. Diese Liebe erfüllt ihn mit einer Hoffnung, die stärker ist als der Tod.
Und so – von diesem Geist, dem Geist Gottes bewegt und angetrieben – beginnt das öffentliche Wirken Jesu.


Dieser Geist wirkt auch in uns.

  Die Kirche versteht sich als Werkzeug des Heils. Als Kirche sind wir der lebendige Leib des Auferstandenen und beim Vater erhöhten Christus. Durch uns, seine Kirche, will er in dieser Welt weiter wirken und lieben. Bis zu den fernsten Inseln, bis an die Grenzen der Erde.
Die Kirche ist kein Ofen der sich selber wärmt, sondern indem sie Wärme, Liebe, Erbarmen und Solidarität schenkt, wird es ihr selber warm, geht es ihr gut. Denn Christus hat ihr, hat uns, seinen Geist verheißen und geschenkt: „Ihn hat er in reichem Maß über uns ausgegossen durch Jesus Christus, unseren Retter.“[10]
 

  • Dieser Geist des Herrn ist die Kraft gegen alle Enttäuschungen und Entmutigungen.
  •  ER ist die Kraft zur Hoffnung gegen alle Hoffnung.
  • ER ist die Kraft zur Liebe, auch dort, wo wir keine Gegenliebe, keine Dankbarkeit zu erwarten haben;
  • Er ist die Kraft, die uns absichtslos das Gute tun lässt.
  • Der Heilige Geist ist das Geschenk Gottes an uns, dass wir glauben, hoffen und lieben können, ja, dass wir leben können.

Denn alle Getauften sind Gottes geliebten Söhne und Töchter. Jeden von uns fasst er bei der Hand, jeder und jede von uns soll sein Werkzeug des Heils für unsere Zeit sein.

[1] Alfred Kraus in : Liturgie konkret digital 2001-01
[2] Lk 3,21f.
[3] Gen 1,2
[4] Tit 3,5
[5] Jes 49,6
[6] C. Westermann, das Buch Jesaja Kap. 40-66, Göttingen 1966, S.79
[7] Gottes Volk, Digital, 2007/01
[8] Jes 61,1f; 29,18; 58,6
[9] Lk 4,21
[10] Tit 3,6
 

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