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2007 Maria

Homilie zum Fest der Aufnahme Mariens in den Himmel in St. Michael Neunkirchen

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Verwandelte Wirklichkeit

Starke Worte aus dem Mund einer kleinen Frau

  • "Du stürzt die Mächtigen vom Thron und erhöhst die Niedrigen." Starke Worte sind das aus dem Mund einer kleinen Frau aus Nazaret. Die Reichen werden leer ausgehen, die Hochmütigen zerstreut.
  • Kaum dass Maria mit dem Engel gesprochen hat, ihn fragend und demütig antwortend macht sie sich auf zu ihrer Verwandten Elisabeth. Anscheinend hatte sie von deren unerwarteten, an ein Wunder grenzenden Schwangeschaft gehört. Und mit einem an ihr beginnenden Wunder, einer Schwangerschaftt ohne Zutun eines Mannes, durch Gottes Geist und Kraft gewirkt, fühlt sie sich besonders zu Elisabeth hingezogen. Im Magnifikat begegnet uns

Die Stimme der vom Geist Mariens erfüllten jungen Kirche

  • Von Elisabeth wegen ihres Glaubens und Ihres Ja zum Plan Gottes seliggepriesen erheben sich ihr Geist und ihr Herz zu einer gewaltigen Preisung Gottes. Kaum dass Maria glaubt, mit Gott auf ihrer Seite könne ja nichts schief gehen, scheint sie den Mund reichlich voll zu nehmen.
  • Bedenken wir: Es ist die junge vom Geist Mariens erfüllte Kirche, der prophetisch sprechende Evangelist Lukas, die Maria diesen Lobpreis in den Mund legen.
  • Wie dem auch sei, das Magnifikat steht ganz in der Tradition Israels. Mit ähnlichen Worten hatte schon Hanna, die Mutter des Samuel Jahwe selig gepriesen,[1] als sie nach langer Kinderlosigkeit Samuel, den späteren großen Führer und Propheten Israels, geboren hatte.

Im Magnifikat bahnt sich eine Revolution an.

  • Die unbedeutende Frau wird von allen selig gepriesen, und die Reichen, die Mächtigen und Gewaltigen werden entthront. Die neue Zeit Gottes bricht, nur von geisterfüllten Menschen wahrgenommen, herein. Maria und Elisabeth sind die ersten, die das begreifen. Maria und allen, die auf Seiten Gottes stehen, wird Gerechtigkeit zuteil. Endlich!

Im Magnifikat leuchten Mariens Glaube an die Kraft Gottes und unsere Sehnsucht auf

  • Diese Sehnsucht nach Gerechtigkeit, die Lukas Maria in den Mund legt, könnte auch unsere eigene Sehnsucht sein. Papst Benedikt hat in der Predigt zu seiner Amtseinführung am 24. April 2005 auf so einen Wunsch hingewiesen. Er sagte: "Wie oft wünschten wir, dass Gott sich stärker zeigen würde. Dass er dreinschlagen würde, das Böse ausrotten und die bessere Welt schaffen." Aber, so fügte der Papst hinzu: "Nicht die Gewalt erlöst, sondern die Liebe."
  • Der Weg der Gewalt kann nicht der Weg des Gottes sein, der das Schicksal seiner Schöpfung in die Hände einer Frau legte, die die Mutter Jesu sein durfte, wenn sie denn ihre Zustimmung dazu geben sollte.
  • Ein Gott, der bittet und fragt, ist kein Gott, der zwingt und nötigt. Ein Gott, dessen Sohn am Kreuz und durch die Gewalt von Menschen stirbt, ist kein Gott, der Rache und Vergeltung in unserem Auftrag übt.
Und doch fragt der durch die Realität des Lebens skeptisch Gewordene:

Hat sich Maria und die junge Kirche geirrt?

  • Bleiben die Mächtigen etwa nicht mächtig und ungerecht, die Hungernden arm und hungrig? Man kann natürlich - und das heutige Fest legt eine solche Deutung nahe - die Zeit der Gerechtigkeit, in der die Reichen leer ausgehen und die Hochmütigen zerstreut werden, in den Himmel, in die Ewigkeit verlegen.
  • Nicht selten sind Menschen so vertröstet worden. Zu oft ist das Unrecht dieser Welt mit der Aussicht auf eine bessere hingenommen, gerechtfertigt und verlängert worden. Zu oft haben die Reichen und Mächtigen die Armen und Rechtlosen, die kleinen Schwestern und Brüder Marias, haben sie die Demut der Mutter Jesu für ihre Zwecke ausgenutzt.
  • Eine Gerechtigkeit, die am St.Nimmerleinstag Wirklichkeit wird, nutzt auf Erden aber nur denen, die von der Ungerechtigkeit und Ausbeutung profitieren.
  • Der Lobgesang Mariens spricht aber nicht zuerst vom himmlischen Paradies, sondern von irdischer Gerechtigkeit.

Das Ja zu Gott verpflichtet zum Werk der Gerechtigkeit

  • Nur ist die Frage, wann Gott denn endlich sein Werk zu tun gedenkt und Gerechtigkeit schafft, nicht die Frage des Magnificat. Gott hat ja schon gehandelt und seinen Sohn gesandt, Maria hat ja schon ja gesagt zu diesem Werk der Gerechtigkeit. Jetzt ist es an uns, ja zu sagen zu Gottes Angebot - und dann einzustimmen in den Lobgesang der Mutter Gottes.
  • Denn wer Ja sagt zu Gott, mit ganzem Herzen, mehr noch: mit Leib und Seele, Haut und Haaren, so wie Maria, die ihre Existenz der Sache Gottes anvertraut har, dem wandelt sich die Welt.
  • Dem sind die Mächtigen nicht mehr mächtig und gerade die Kleinen und Unscheinbaren wichtig; dem ist der Reichtum nichts mehr wert, der bricht dem Hungrigen das Brot und teilt mit den Armen. Da, wo Gottes Sache im Ja eines Menschen Wirklichkeit werden darf, da ändert sich die Welt, da bricht der Himmel in die rauhe Wirklichkeit ein, da wird unsere Wirklichkeit verwandelt in himmlische Qualität; geschieht Auferweckung.
  • Der Blick auf Maria, die in den Himmel aufgenommen ist, führt nicht in eine menschenferne, lichte Insel der Seligen, sondern mitten in unsere Welt, in unser Leben hinein.
  • Weil das Neue, Gottes Reich, in dem Sohn Mariens, in Jesus dem Christus, schon Wirklichkeit ist, darum können wir das Alte, das Reich des sich selbstsherrlich gebärdeten, des nach Macht und Ansehen gierenden Menschen hinter uns lassen und wie Maria, dem neuen Leben, der neuen Wirklichkeit dienen.
  • Weil Christus auferstanden und Maria als ganzer Mensch in den Himmel aufgenommen wurde, brauchen wir die irdische Grenze des Todes nicht zu fürchten, können wir uns herschenken bis zum letzten Atemzug.

Marianische Frömmigkeit

  • ist so zuerst eine Frömmigkeit im Dienst an den Kleinen und Armen, den Kranken und Schwachen, den Unterdrückten und abhängig gehalten Mitmenschen. Auf Maria kann man nicht schauen, mit Maria kann man nicht beten und dabei den Arbeitslosen, die entwürdigte Frau, das schreiende Kind übersehen.
  • Wer Maria verehrt darf die Ungerechtigkeit der Welt nicht hinnehmen. Wer auf Maria schaut, die Mutter Jesu, die Windeln gewechselt und Wäsche gewaschen hat, die sich gesorgt hat um ihren Sohn, die ihm nachgegangen ist bis unter das Kreuz, muss die Not und das Elend der vielen Menschen sehen und wirksam helfen.
  • Marianische Frömmigkeit ist daher auch eine alltägliche, eine realistische Frömmigkeit.
  • Wer im Ave Maria betet: “Bitte für uns Sünder,” bekennt sich als Sünder, der sich der Fürbitte Mariens anvertraut - aber damit ist die Sünde ja nicht abgeschafft, sondern wir angehalten, etwas gegen sie zu tun. Vor allem bei uns selber.
  • Wer auf Maria schaut, wird das Menschen Mögliche tun. Dann darf mit Maria bitten, dass Gott das Menschenunmögliche in unserer Mitte wagt und Sünde, Schuld und Versagen ein Ende setzt.
  • Marianische Frömmigkeit ist schließlich eine Frömmigkeit der guten Hoffnung. Eine Frömmigkeit, die Gott mehr zutraut, als wir ihm nach menschlichen Maßstäben zutrauen können.
  • Marianische Frömmigkeit ist eine bescheidene und demütige Frömmigkeit, die weiß, dass der Mächtige Großes vorhat mit jeder und jedem von uns, denn sein Name wird dadurch geheiligt. Es muss offenbar werden, dass unser Gott ein Gott für die Menschen ist, der Ihrem Leben ein lohnendes Ziel gibt: Dass die ganze Wirklichkeit verwandelt wird und teil hat an der Fülle seines herrlichen Lebens.


[1] 1 Sam 2,1-11

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