Startseite | Predigten
Boxbild
  Druckversion   Seite versenden

Predigten

Übersicht

2007 (C) Osterzeit

===>> zu den liurgischen und biblischen Texten des 2. Ostersonntags (C)

===>> Frühlingsimpressionen aus Neunkirchen

Homilie zu Apg 5,12 am 2. Ostersonntag in der Sonntagvorabendmesse in St. Michael und am Sonntag um 10.15 in der Filialkirche in Rödlas

Zeichen und Wunder - Der Auferstandene ist mitten unter uns

"Gottes Spuren - Die Wunder der katholischen Kirche"[1]

betitelt Andreas Englisch, seit 1987 Vatikan-Korrespondent, sein neuestes Buch. Ich habe es mit Spannung gelesen. Was ihn dazu brachte dieses Buch zu verfassen, beschreibt er so: "Wunder waren fast zwanzig Jahre lang einfach Teil meines Jobs. Als Vatikan-Korrespondent kann man seiner Arbeit nicht nachgehen, ohne über Wunder sprechen zu müssen.
Im Zusammenhang mit dem Seligsprechungsverfahren für Johannes Paul II habe ich mich ausführlich über jene Wunder informiert, die der polnische Papst gewirkt haben soll.
Außerdem habe ich jahrelang alle wichtigen Wallfahrtsorte der Katholischen Kirche besucht und versucht, neue Einzelheiten über Wunder herauszufinden, bis ich dann selbst so etwas wie ein Wunder erlebte."[2]

Der Text der 1. Lesung aus der Apg ist kein Bericht, sondern eine kurze Zusammenfassung des Wirkens der Apostel.[3] Als Erstes wird gesagt:

"Durch die Hände der Apostel geschahen viele Zeichen und Wunder im Volk."[4]

Mit dieser Aussage verbindet sich die Bemerkung, dass „alle einmütig in der Halle Salomos zusammenkamen.“ Das einmütige gemeinsame vor Gott sein im Lob- und Bittgebet ist die Voraussetzung dafür, dass die Apostel Heilswerkzeug Gottes und seines auferstandenen Christus sein können.

Als Petrus und Johannes vom Hohen Rat wieder freigelassen zu den Ihren kamen, war das erste das Gebet zu Gott.[5] Sie bitten um die Kraft trotz aller Drohungen weiter das Wort Gottes in Freimut verkündigen zu können. Und dass Gott »die Hand ausstrecke zur Heilung« und dass er »Zeichen und Wunder geschehen lasse durch den Namen seines heiligen Knechtes Jesus«.[6]
Dabei fällt auf, dass von »Zeichen und Wundern« gesprochen wird. Wir haben dies sogar in den allgemeinen Sprachgebrauch übernommen, indem wir bei außerordentlichen und unerwarteten positiven Ereignissen sagen: „Es geschehen noch Zeichen und Wunder.“

Was ist damit gemeint?
„Das Wunder ist ein sinnlich wahrnehmbares Geschehen, durch das sich der Einbruch Gottes in die Welt vollzieht.“[7] Es ist nicht das Heilige an sich, sondern ein Zeichen, das auf das Heilige, auf Gott hinweist. Gott zeigt sich darin verhüllt.

Eine besondere Bedeutung kommt Wundern im NT zu.

Das Heilige ist in der Person Jesu von der Ferne in die Nähe gerückt. Seine wunderbare Geburt leitet die Heilszeit ein. Gott ist in der Gestalt Jesu Christi zunächst verhüllt unter den Menschen gegenwärtig.
Den Zugang zu seinem verborgenen Wesen eröffnen die Wunder und Zeichen, die seine Sendung und Messiaswürde beglaubigen. So spricht der Jesus bei Nacht aufsuchende Ratsherr Nikodemus zu ihm: "Rabbi, wir wissen, du bist ein Lehrer, der von Gott gekommen ist; denn niemand kann die Zeichen tun, die du tust, wenn nicht Gott mit ihm ist."[8]

Gott wirkt Wunder durch seinen Messias

Die Gegenwart des sich in der Auferweckung Jesu offenbarenden Gottes zeigt sich vor allem in Krankenheilung und der Befreiung von Besessenen aus der Macht des Teufels, indem die Apostel den Namen Jesu ausrufen oder im Namen Jesu dem Kranken Heilung zusprechen.

Gerade beim Wunder wird deutlich, dass Gott Gedanken des Heils und nicht des Unheils sinnt. Heilung durch Jesus zeigt sich vorherrschend durch Heilungen, die jeglichen Erfahrungsbereich sprengen. Ihre Andersartigkeit wird durch die plötzliche Gesundung organisch Kranker[9], vor allem durch Fernwirkung[10] unterstrichen, die Suggestion und Zauberei ausschließen und die Ereignisse als Ergebnis eines Willensaktes Jesu deutlich werden lassen. Dazu kommt

Der Auftrag Jesu: Heilt die Kranken

Sich auf diesen Auftrag Jesu »Heilt die Kranken“[11] berufend heilen die Apostel Kranke. Den Leuten, die solche Zeichen erleben, sollen sie verkünden, "das Reich Gottes ist nahe." In diesem heilenden Geschehen wird offenbar, dass Gott regiert, seine Königsherrschaft, die Herrschaft seiner sich erbarmenden Liebe, eben sein Reich der Liebe unter uns aufgerichtet wird.

Paulus betont im 1. Korintherbrief, dass Gott seine Kirche mit vielfältigen Charismen beschenkt, darunter auch jene "Krankheiten zu heilen." [12] Um der Wundersucht und dem Betrug vorzubeugen ist die Kirche mit Recht sehr streng, wenn es um die Anerkennung von Wundern geht. Und doch hat sie allein in Lourdes jeweils nach langwieriger Prüfung über 70 Wunder anerkannt.

Die Visionen des Johannes,

niedergeschrieben in der Apokalypse dem letzten Buch des NT, sind ebenfalls wundervolle Zeichen, in denen sich der Herr den sieben Gemeinden in Kleinasien durch den Seher als der Auferstandene, beim Vater Erhöhte, offenbart.[13]
In der Berufungsvision schaut Johannes Christus, den Menschensohn, den Priester und König; den, der lebt und der Macht hat über Leben und Tod, über Welten und Zeiten.[14]
Durch den Mund des Sehers dürfen auch wir hören, wie der Erhöhte Herr zu uns sagt: "Fürchte dich nicht! Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige. Ich war tot, doch nun lebe ich in alle Ewigkeit, und ich habe die Schlüssel zum Tod und zur Unterwelt."[15] Schauen wir nun auf die

Zeichen und Wunder des Auferstandenen.

Der Auferstandene offenbart sich im Evangelium den Seinen wann und wo er will. Keine verschlossene Tür, keine Maurern, auch von Gefängnissen nicht, können ihn aufhalten.
"Empfangt den Heiligen Geist! Wem ihr die Sünden vergebt, dem sind sie vergeben; wem ihr die Vergebung verweigert, dem ist sie verweigert." Die Frucht seines Ostersieges ist Barmherzigkeit und Vergebung.
Der Ostergruß des Auferstandenen heißt „Friede!“; seine Gabe für die Jünger ist der Heilige Geist, der Lebensatem der neuen Schöpfung. In der Kraft des Geistes werden die Jünger das Werk Jesu fortsetzen; sie werden sein Wort verkünden, sein Werk der Barmherzigkeit weiterführen und Sünden vergeben. Ein weiteres Wunder wirkt der Auferstandene.

Er heilt in Thomas die Wunde des Zweifels.

Der gefährlichste Feind des Glaubens und der Liebe ist der Zweifel: die bohrende Frage, ob nicht alles nur Betrug und Selbsttäuschung war.
Gründe und Beweise helfen nicht weiter, sie werden ja ebenfalls in den Zweifel hineingezogen. Helfen kann nur eine große, alles verändernde Erfahrung: die Offenbarung der Wahrheit selbst oder die spontane Mitteilung der Liebe.
Dem „ungläubigen“ Thomas hat Jesus seine Wunden gezeigt, um die Wunde des Zweifels zu heilen. Durch seine Wunden sind auch wir geheilt.[16] Im letzten Zeichen und Wunder des Evangeliums beschert der Auferstandene dem Thomas.

Ein neues Fingerspitzengefühl des Glaubens

"Streck deinen Finger aus - hier sind meine Hände! Streck deine Hand aus und leg sie in meine Seite, und sei nicht ungläubig, sondern gläubig!" Nicht alles, was unsere Finger und Hände berühren, erschließt sich schon in seinem innersten Wesen und Sinn. Erst wenn wir mit den Augen und Ohren des Herzens liebend die Dinge und Ereignisse in uns aufnehmen, erschließen sie sich uns in ihrer Tiefe, werden sie zum Bild und Gleichnis für das Göttliche.
Der Glaube ereignet sich in der Begegnung mit Christus. Diese geschieht im Hören des Wortes und im Bereitsein für den Herrn in der Gemeinschaft der Glaubenden. Der Glaube soll nicht an Erscheinungen und Wundern hängen. Diese werden sich hin und wieder unerwartet und unverdient ereignen. Aber auch dann werden sie nur mit einem durch die Liebe wach gewordenen Herzen als Zeichen des unter uns gegenwärtigen und wirkenden Gottes und seines auferstandenen Christus wahrgenommen und Gott dankend und preisend angenommen.
Alles hängt davon ab, dass wir auf die Knie gehend Jesus Christus als den von Gott gesandten Retter und Erlöser anerkennen; ihn als seinen von den Toten auferweckten geliebten zum Herrn der ganzen Schöpfung erhobenen Sohn anbeten. Wenn wir wie Thomas den Auferstandenen mit "Mein Herr und mein Gott!" anbeten, wird der Herr auch uns ob unseres Glaubens selig preisen: "Selig, die nicht sehen und doch glauben." Wir werden das Wunder des Glaubens an uns erfahren als Zeichen seiner uns für immer umhüllenden erbarmenden und liebenden Gegenwart.

[1] Andreas Englisch, Gottes Spuren – Die Wunder der katholischen Kirche, Verlag C.Bertelsmann 2006
[2] ebd. Umschlagtext
[3] Apg 5,12-16
[4] Apg 5,12
[5] Apg 4,23-31.
[6] Apg 4,30
[7] Bauer, Bibeltheologisches Wörterbuch S.823
[8] Joh 4,23
[9] Mk 1,40 ff
[10] Mt 8,5 ff; Mk 7,24 ff; Joh 4,46 ff
[11] Lk 10,9
[12] 1 Kor 12,28
[13] Offb 1, 9-11a.12-13.17-19
[14] Schott Einf. zur Lesung
[15] Offb 1,17f
[16] Jes 53,3; 1 Petr 2,24

===>> zur Übersicht
===>> Predigt als PDF Datei ansehen oder herunterladen
===>> Gottesdienstvorlage